Durch die weitreichenden gesellschaftlichen Einschränkungen im Kontext der Covid-19- Pandemie ergeben sich für Hersteller, Zulieferer und Projektierer erhebliche Unsicherheiten. Liefer- und Personalengpässe sowie rechtliche Unsicherheiten führen zu Verzögerungen bei der Realisierung wichtiger neuer Projekte sowie zu erheblichen Risiken im Betrieb von Erneuerbaren Energieanlagen. Diese verschärfen die bereits vor der Krise schon bestehenden Problematiken hinsichtlich der Rahmenbedingungen für die Erneuerbaren Energien erheblich. Die Branche der Erneuerbare Energien ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, der aktuell hochgradig gefährdet ist. Die Wechselwirkungen mit Maßnahmen zur Bewältigung der Covid-19-Krise, ein generell zu niedriges Ausbautempo sowie teils restriktive Rahmenbedingungen im Betrieb addieren sich und führen langfristig zu erheblich stärkeren Verlusten bei Arbeitsplätzen sowie Wertschöpfung im Inland.
Auch die Branche der Erneuerbaren Energien ist sich ihrer Verantwortung zur Eindämmung des Virus bewusst. Der Schutz von Mitarbeitern steht dabei an erster Stelle. Wir stehen auch weiterhin als konstruktiver Partner zur Bewältigung dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe zur Verfügung. Dennoch dürfen Umstände höherer Gewalt, wie die vorherrschende Covid-19- Pandemie, nicht dazu führen, dass für die Volkswirtschaft und den Klimaschutz überaus bedeutsame Projekte in ihrer Umsetzung bedroht werden. Der Politik kommt dabei insbesondere in akuten Krisensituationen eine besondere Verantwortung zu. Auch in Krisenzeiten muss Politik Handlungsfähigkeit und Querschnittsdenken beweisen, um die schwerwiegenden Auswirkungen der Maßnahmen zur Bewältigung der Covid-19-Krise auf den kurzfristigen Ausbau Erneuerbarer Energien abzufedern.
Aus dieser Verantwortung ergeben sich kurzfristige dringende Aufgaben, die trotz Einschränkungen im Politikbetrieb auf den Weg gebracht werden müssen, damit weiterer volkswirtschaftlicher Schaden abgewendet werden kann. Diese sind zügig anzugehen, um den bereits erheblichen Ausbaueinbruch bei der Windenergie an Land nicht zu verstärken, einen vergleichbaren Markteinbruch beim Ausbau der PV-Dachanlagen zu vermeiden und die für das Energiesystem der Zukunft wichtige Rolle der Biomasse zu sichern.
Wir begrüßen ausdrücklich, dass sich die Bundesnetzagentur kurzfristig zum Umgang mit Realisierungsfristen und Pönalen im EEG geäußert hat. Die Erklärungen der Bundesnetzagentur schaffen jedoch keine Rechtssicherheit für die betroffenen Projekte und Anlagen. Auch langfristig ist, mit Blick auf möglicherweise erneut eintretende Krisensituationen, nach transparenten Kriterien ein verbindlicher Rechtsrahmen für die betroffenen Akteure zu schaffen. Zudem wurden einige Aspekte, wie beispielsweise die Technische Anschluss-Richtlinie, sowie die Frist zur Geltendmachung der Flexibilitätsprämie bei Biogasanlagen, nicht adressiert. Es bedarf daher dringend einer umfassenden gesetzlichen Regelung für den Umgang mit den im EEG geregelten Antrags- und Realisierungsfristen sowie Pönalen in der aktuellen Corona-Pandemie sowie für zukünftige Krisensituationen.
Ergänzung des § 85 EEG2017 um einen neuen Absatz 2a
Es wird daher vorgeschlagen, grundsätzlich die Festlegungskompetenz der BNetzA für solche Sonderfälle zu erweitern. Zusätzlich soll sie auf Antrag Fristverlängerungen gewähren können. Auch zukünftig kann es zu Ereignissen kommen, die eine Fristverlängerung erfordern, die zurzeit noch nicht absehbar sind. Hier sollte nicht jedes Mal eine Gesetzesänderung erforderlich sein.
Wir schlagen folgenden neuen § 85 Absatz 2a vor:
Die Bundesnetzagentur kann auf Antrag im Einzelfall oder von Amts wegen allgemein für bestimmte Gruppen von Anlagen die Fristen nach § 36e, § 37d Abs. 2 Nr. 2, § 39d, § 54 Abs. 1,
§ 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 55 Abs. 1 Satz 2, § 55 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 55 Abs. 2 Satz 2, § 55
Abs. 3 Nr. 2 sowie § 55 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und § 55 Abs. 4 Satz 2 verlängern. Die Verlängerung soll für alle Fristen, die für eine Anlage oder eine Gruppe von Anlagen gelten, einheitlich erfolgen. Eine Verlängerung ist auch mehrfach zulässig. Die Verlängerung soll insbesondere dann erfolgen, wenn die Einhaltung der Fristen durch den Eintritt von Ereignissen oder Umständen höherer Gewalt erschwert wird. Diese Befugnisse der Bundesnetzagentur gelten entsprechend für Ausschreibungen nach den Rechtsverordnungen nach § 88c oder § 88d.“
Begründung § 85 Absatz 2a EEG:
Um kurzfristig auf Ereignisse oder Umstände höherer Gewalt, die die Einhaltung der Frist nach
§ 36 Absatz 1 erschweren, reagieren zu können, wird der Bundesnetzagentur die Möglichkeit der Fristverlängerung durch Festlegungsverfahren oder auf Antrag im Einzelfall eingeräumt. Hier sollen Fälle abgedeckt werden, in denen die Bieter die Realisierungsfrist aufgrund von äußeren, von ihnen nicht zu beeinflussenden Ereignissen oder Umständen Höherer Gewalt nicht einhalten können. Dies etwa, weil der Anlagenhersteller wie im Rahmen der Covid-19-Pandemie den Bieter nicht beliefern kann, da Lieferketten durch behördlich angeordnete Maßnahmen wie die zeitweise Stilllegungen von Produktionsstätten, Schließungen von Häfen unterbrochen sind und weitere Einschränkungen hinsichtlich Export und Import bestehen oder der Anlagenhersteller aufgrund von Insolvenz nicht lieferfähig ist oder nur mit Verzögerungen liefern kann, die die Einhaltung der Frist erschweren.
In der Gesetzesbegründung sollte ferner klargestellt werden, dass eine bestimmte Gruppe von Anlagen auch eine Anlagengruppe sein kann, die an einzelnen oder mehreren Ausschreibungsrunden erfolgreich teilgenommen hat.
In dem Vorschlag ist auch die Möglichkeit der BNetzA enthalten, die Pönalefrist nach § 55 EEG entsprechend anzupassen. Dies ist im Rahmen der Insolvenz von Herstellern oder von höherer Gewalt wie der Covid-19-Pandemie erforderlich, da andernfalls die Wirtschaftlichkeit des Projektes auch bei Erhalt einer Fristverlängerung nicht mehr gegeben ist.
Ferner ist für die Wirtschaftlichkeit eines Projektes mit verlängerter Realisierungsfrist problematisch, dass die Vergütungsdauer von 20 Jahren nach Ablauf der 30-monatigen Realisierungsfrist beginnt, unabhängig von einer möglichen Verlängerung der Realisierungsfrist nach § 85 Absatz 2a EEG2017 (§ 36i EEG2017). Es könnte daher dazu kommen, dass ein Projekt noch nicht gebaut ist, noch kein Strom eingespeist wird und die Vergütungsdauer trotzdem bereits beginnt und sich dadurch praktisch verkürzt. Die Fristverlängerung darf daher keine Verkürzung des Förderzeitraums nach sich ziehen. Andernfalls würde eine Teilentwertung des Zuschlags stattfinden und der Bieter für die von ihm nicht zu vertretende Gründe der Fristverlängerung bestraft werden.
Da die Vorhabenträger aber mit der gesetzlichen Vergütungsdauer die Wirtschaftlichkeitsberechnungen vorgenommen und darauf ihr Projekt ausgerichtet haben, sind diese wirtschaftlichen Einbußen projektgefährdend.
§ 36i EEG sollte daher gestrichen werden. Dann wäre der Verweis in § 3 GemAV und § 5 Absatz 3 Nr. 1 InnAusV auf § 36i EEG zu streichen.
Bei einer Streichung des § 36i wäre dann auch die Fristverlängerung aufgrund von Beklagung nach Gebotsabgabe umfasst. Dies halten wir für erforderlich und interessengerecht. Sollte das aktuell nicht kurzfristig umsetzbar sein, müsste die Diskussion hierzu auf eine spätere EEG- Novelle verlagert und nun kurzfristig § 36i dahingehend ergänzt werden, dass zumindest aufgrund von unverschuldeten Fristverlängerungen im Rahmen der Covid-19-Pandemie keine Verkürzung der gesetzlichen Vergütungsdauer erfolgt.
Ergänzung des § 36i (am Ende in Fettdruck):
„Abweichend von § 25 Satz 3 beginnt der Zeitraum nach § 25 Satz 1 spätestens 30 Monate nach der Bekanntgabe des Zuschlags an den Bieter oder im Fall des § 36g nach der Bekanntgabe der Zuordnungsentscheidung nach § 36g Absatz 3 Satz 4 auch dann, wenn die Inbetriebnahme der Windenergieanlage an Land aufgrund einer Fristverlängerung nach § 36e Absatz 2 erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt. Die Frist nach Satz 1 verlängert sich um den Zeitraum der durch die Bundesnetzagentur nach § 85 Absatz 2a festgesetzten Fristverlängerung.“
Viele Biogasanlagen und Holzheizkraftwerke sind aus verschiedenen Gründen auf eine kontinuierliche Belieferung mit Einsatzstoffen angewiesen. Der mit der Corona-Pandemie einhergehende Personalmangel im Transportwesen birgt deshalb die Gefahr, dass Anlagen zum Teil immense finanzielle Einbußen erleiden, wenn die benötigten Substrate nicht oder nicht rechtzeitig angeliefert werden können. In all seinen Varianten sieht das EEG in irgendeiner Form einen Mindesteinsatz bestimmter Stoffe vor, insbesondere von Gülle (und Festmist). Verspätete oder unregelmäßige Lieferungen führen rasch zum unwiderruflichen Verlust des existenziellen Vergütungsbestandteils.
Die Verordnung zur Bestimmung Kritischer Infrastrukturen nach dem BSI-Gesetz (BSI- Kritisverordnung - BSI-KritisV) legt fest, welche Dienstleistungen wegen ihrer besonderen Bedeutung für das Funktionieren des Gemeinwesens im Sektor Energie kritisch sind. Auf diese Verordnung beziehen sich auch Verordnungen der Länder zum Schutz vor der Ausbreitung des Coronavirus. Hierin werden in § 2 „Sektor Energie“ in Absatz 1 die Energieversorgung in folgenden Bereichen als kritische Dienstleistungen festgelegt:
In Nr. 3 muss der Begriff „Heizöl“ durch „Brennstoffen“ oder „Heizstoffen“ ersetzt werden, damit nicht nur Betreiber von Kesseln, die mit Öl und Gas, sondern auch mit festen Brennstoffen (v.a. Holzkesseln) befeuert werden, weiter mit Heizstoffen versorgt werden können. Dies ist notwendig, damit auch sie nicht im Kalten sitzen müssen.
Als Folgeänderung ist Absatz 3 („Die Kraftstoff- und Heizölversorgung wird in den Bereichen Rohölförderung und Produktherstellung, Öltransport sowie Kraftstoff- und Heizölverteilung erbracht.)“ auf die Erzeugung anderer Heizstoffe (z.B. in Pelletwerken) ausgeweitet werden.
Von den zur Eindämmung des Virus verhängten Reise- und Ausgangsbeschränkungen sind für den Betrieb, Wartung und Errichtung von Anlagen unverzichtbare Fachkräfte über alle Technologien hinweg betroffen. Dies betrifft insbesondere länderübergreifende Grenzübertritte. Diesem Service- und Wartungspersonal muss jedoch weiterhin Zugang zu Anlagen, Leitwarten und wichtiger Infrastruktur ermöglicht werden, damit ein reibungsloser Betrieb der Anlagen und eine sichere Energieversorgung gewährleistet werden kann.
Für Anlagen bis 750 kWp droht durch das baldige Erreichen des 52-GW-Deckels ein Ausbaueinbruch. Erste Projekte werden schon jetzt nicht mehr weitergeplant oder platzen dauerhaft, weil der Solardeckel vor einer möglichen Inbetriebnahme erreicht werden könnte. Durch die Corona-Krise mussten wichtige, bereits beschlossene und angekündigte Entscheidungen verschoben werden. Die verzögerte Abschaffung des 52 GW-Deckels ist deshalb überfällig und unverzüglich gesetzgeberisch in einem Eilverfahren noch vor der parlamentarischen Sommerpause und unabhängig von einer großen EEG-Novelle umzusetzen. Derzeit reduziert sich der anzulegende Wert für PV-Neuanlagen monatlich um 1,4 Prozentpunkte. Damit verschlechtert sich die Rentabilität für neue Projekte deutlich und wird selbst bei einer Beseitigung des 52-GW-Deckels vermutlich bereits im Sommer zu einem Einbruch der PV-Nachfrage führen. Dies konterkariert die Zielsetzung des Klimaschutzprogramms 2030, die Photovoltaik in den nächsten Jahren deutlich stärker auszubauen.
Projekte, die aktuell in Realisierung befinden, stehen zudem aufgrund von unerwarteten Engpässen sowie durch Verzögerungen beim Netzanschluss durch die Netzbetreiber vor der Herausforderung eines sinkenden anzulegenden Werts durch die spätere Inbetriebnahme. Die Degression der Vergütung sollte deshalb bis Ende des Jahres ausgesetzt werden. Die genannten Umstände betreffen ebenso Anlagen aus dem Bereich der Geothermie. Daher ist für diese ein Aussetzen der Degression nach §45 EEG 2017 von Nöten.
Stromerzeugungsanlagen, welche bis zum 27.04.2019 eine Bau- oder BImSch-Genehmigung erhalten haben oder für die bis zu diesem Datum ein Netzanschlussbegehren gestellt wurde, nach § 118 Abs. 25 EnWG bis zum 30.06.2020 in Betrieb genommen werden, gelten als
„Bestandsanlagen“ im Sinne des NC RfG und können nach den in der Vergangenheit gültigen Netzanschlussrichtlinien (u.a. BDEW Mittelspannungsrichtlinie, TAB Hochspannung 2015) angeschlossen werden.
Zurzeit zeichnen sich in der Bioenergie-, PV- und Windenergiebranche zahlreiche Fälle ab, in denen die Auswirkungen der Corona-Pandemie zu deutlichen Verzögerungen im Projektablauf führen, die nicht im Einflussbereich der Projektierer oder Betreiber liegen (Z. B. bei der Lieferung von Nieder- sowie Mittelspannungsschaltanlagen, Transformatoren und weiteren Komponenten, Einreiseverbot von Mitarbeitern beauftragter Dienstleistungsunternehmen aus dem Ausland, Netzbetreiber können kein Personal für Außentermine zur Inbetriebsetzung bereitstellen). Sollten die Anlagen diesen Stichtag nicht einhalten, müssen die neuen Anwendungsregeln des VDE (VDE-AR-N 41xx:2018) herangezogen werden, was bei laufenden Projekten, auf Grund der teilweise komplett anderen technischen Anforderungen, im Normalfall wirtschaftlich nicht darstellbar ist. Hier ist eine kurzfristige Lösung erforderlich, die in einem gesonderten Schreiben an das BMWi formuliert wurden.
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Der Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE) und sein Mitgliedsverband Bundesverband Solare Mobilität (BSM) begrüßen die im Konjunkturpaket der…