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Stellungnahme

Stellungnahme zum Reservierungsmechanismus Netzkapazität

5. Januar 2024

Vorbemerkungen

Der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) begrüßt die Möglichkeit zur Stellungnahme bezüglich der Konsultation des Konzeptes zur Reservierung von Netzanschlusskapazitäten im Rahmen des BMWK-Branchendialogs „Beschleunigung von Netzanschlüssen“. 

Bereits die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass die erfolgreiche Reservierung von Netzanschlusskapazitäten eine kritische Phase für viele Projekte ist, unter anderem auch weil keine homogene Regelung besteht. Weiter steigende Ausbauzahlen werden dieses Problem zunehmend verschärfen, sodass es die Branche der Erneuerbaren Energien (EE) begrüßt, wenn an dieser Stelle ein Stakeholder übergreifender, bundeseinheitlicher Konsens gefunden wird, der das Problem entschärfen kann.

Der BEE möchte an dieser Stelle allerdings darauf hinweisen, dass es bereits einen Hinweis “Ermittlung Netzanschlusspunkt [NAP] für Anlagen nach EEG/KWKG” vom Forum Netztechnik/Netzbetrieb im Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE FNN) aus dem Jahr 2021 gibt. Dieser Hinweis enthält unter anderem Ausführungen zur Leistungsreservierung. Da der VDE nach § 19 Abs. 4 des Energiewirtschaftsgesetz mit der Entwicklung von technischen Mindestanforderungen zum Netzanschluss betraut ist, wurde auch der angesprochene Hinweis zur Ermittlung des NAP in einem Stakeholder übergreifenden Gremium diskutiert, dass sich aus Verbänden, Netzbetreibern und Projektierern aus der EE-Branche zusammengesetzt hat. Der BEE geht davon aus, dass die Kompromisse, die bereits bei der Erstellung des VDE/FNN Hinweises erzielt wurden, auch Einzug in den weiteren Prozess halten und als erweiterbare Grundlage verwendet werden können.

Grundsätzlich begrüßen wir den Vorschlag eines gestuften Konzeptes zur Reservierung von Netzanschlussleistung, schlagen allerdings die Einführung einer weiteren „Stufe 0“ vor, die unserer Meinung nach in den bisherigen Überlegungen nicht aufgegriffen wird. Die Stufe 0 soll keiner zeitlichen Reihenfolge zugeordnet werden, sondern als Ergänzung zu den bestehenden Reservierungsstufen gelten.

 

Reservierungsstufe 0

Sowohl Biomasse als auch Photovoltaik- und Windenergieanlagen müssen bei einer Beteiligung an den Ausschreibungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) Sicherheiten hinterlegen. Diese variieren zwischen den Technologien und betragen bis zu 60 €/kW installierter Leistung im Falle der Biomasseausschreibungen. Der Gesetzgeber hat somit bereits die Möglichkeit geschaffen, eine Ausschreibungsbeteiligung ohne ernsthaftes Interesse am späteren Anlagenbetrieb zu unterbinden. § 55 EEG 2023 regelt die Pönalen, die aus den hinterlegten Sicherheiten durch potentielle Anlagenbetreiber zu leisten sind, wenn bestimmte Fristen überschritten werden. Damit wurde ein gestaffeltes System geschaffen, an dessen Ende der Verfall des Zuschlages steht, um eine verspätete Inbetriebnahme der Anlagen zu unterbinden. Da ein erhaltener Zuschlag in den EEG-Ausschreibungen ortsgebunden ist, besteht somit ein direkter Zusammenhang mit der Reservierung bestimmter Anschlusskapazitäten. Der BEE fordert aus diesem Grund, dieses bereits in der Praxis implementierte Pönalisierungssystem ausreichend zu berücksichtigen. Dazu ist es notwendig, dass die Fristen des EEG auch bei der Reservierung der Netzanschlusskapazität berücksichtigt werden. Diese Fristen müssen als “Stufe 0” immer parallel zu den weiteren Möglichkeiten der Leistungsreservierung stehen. Besteht ein Zuschlag nach dem EEG, hat der potentielle Betreiber bereits ausreichend Sicherheiten hinterlegt, um nicht an der späteren Umsetzung des Projektes zu zweifeln. Weitere Nachweise dürfen daher nicht erforderlich sein, um die entsprechende Leistungsreservierung für die Gültigkeitsdauer des Zuschlages zu sichern.

 

1 Reservierungsstufe 1 - Vorreservierung

Grundsätzlich begrüßt der BEE den Vorschlag, dass Netzbetreiber nach Übermittlung des Ergebnisses der Netzverträglichkeitsprüfung nach § 8 Absatz 6 oder 7 EEG den ermittelten Netzverknüpfungspunkt für 6 Wochen für den Anschlusspetenten reservieren müssen.

Es gibt allerdings Bedenken aus der EE-Branche, dass eine solche Regelung ohne weiteren Nachweis der Ernsthaftigkeit missbräuchlich genutzt werden könnte. Bereits in der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass sich Netzanschlussanfragen zum Teil auf stark eingegrenzte Regionen wie dem Nord-Osten Deutschlands konzentrieren. Können dann entsprechende Anschlusskapazitäten ohne weiteren Nachweis für sechs Wochen reserviert werden, könnten einzelne Akteure ganze Regionen für sich beanspruchen, indem lediglich genügend Anfragen versendet werden, ohne dass im Anschluss ein nennenswerter Anteil der angefragten Projekte auch umgesetzt wird. Es könnte allerdings auch sein, dass ein solches Instrument von einem Dritten völlig missbräuchlich genutzt wird, um z.B. freie Netzkapazitäten in Deutschland zeitgleich zu reservieren und somit den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu hemmen. Würden entsprechende Anfragen dann kaskadenartig nach und nach gestellt werden, könnten Kapazitäten legal über einen längeren Zeitraum blockiert werden, ohne dass ein ernsthaftes Interesse an der Projektumsetzung bestehen würde. Dies ist weder im Sinne von Projektierern noch potentiellen Anlagenbetreibern, welche die angefragten Projekte auch umsetzen möchten.

 

2 Reservierungsstufe 2 - Nachweis Nutzungsberechtigung

Der BEE begrüßt, dass der Anschlusspetent die Nutzungsberechtigung der erforderlichen Grundstücke für die angemeldete Anlage gegenüber dem Netzbetreiber nachweisen kann, um so die Reservierungsdauer um 6 Monate zu verlängern. Auch, dass die Nachweispflicht für EE-Anlagen in der Niederspannung entfällt, ist positiv zu bewerten. Es erscheint allerdings fraglich, ob diese Zeitspanne ausreichend ist, um einen wirklichen Mehrwert zu bieten. In der Regel sind 6 Monate nicht ausreichend, um entsprechende Projektnachweise (z.B. schriftliche Nachweise von Behörden, Kauf-, Nutzungs-, oder Pachtverträge u.ä.)  zu erbringen. Soll neben „Reservierungsstufe 3“ eine unbürokratische Möglichkeit der Leistungsreservierung geschaffen werden, wäre eine Reservierungsdauer von mindestens 12 Monaten notwendig.

 

3 Reservierungsstufe 3 - Nachweis Planungsreife

Der BEE begrüßt, dass nach der Reservierungsstufe 2 weitere Möglichkeiten zur Verlängerung der Reservierung von jeweils bis zu einem Jahr bestehen. Die Praxis zeigt, dass vom Anschlussbegehren bis zur Inbetriebnahme eines Projektes je nach Technologie mehrere Jahre vergehen können. Verlängerungen der reservierten Netzkapazität geben damit die nötige Planungssicherheit. Bestehende Fristen, z. Bsp. Realisierungsfristen aus Ausschreibungen sollten jedoch über ihre volle Länge anerkannt werden, auch wenn diese über ein Jahr hinausgehen (siehe Abschnitt „Reservierungsstufe 0“).

3.1 Nachweis Projektfortschritt

Der Nachweis des Projektfortschritts seitens des Anschlusspetenten ist ein probates Mittel zum Nachweis der Ernsthaftigkeit eines Projektes. Wir halten es allerdings nicht für notwendig, zulässige Nachweise erneut branchenübergreifend zu diskutieren. Wie eingangs bereits erwähnt, gibt es bereits den VDE FNN Hinweis “Ermittlung Netzanschlusspunkt [NAP] für Anlagen nach EEG/KWKG”, der ein entsprechendes Kapitel mit Nachweisen der Planungsreife bzw. Ernsthaftigkeitsnachweisen erhält (Seite 26, Kapitel 9.1). Da der Hinweis bereits branchenübergreifender Konsens war, schlägt der BEE vor, die entsprechenden Möglichkeiten zu übernehmen oder zu erweitern. Gerade im Sinne neuer auf den Markt tretenden Technologien, Marktmechanismen und/ oder angepasster Regulierungen muss eine schnelle Überarbeitung bzw. Anpassung der Kriterien möglich sein.

Da Anschlusspetenten beim Nachweis der Planungsreife von Dritten (Behörden, Lieferanten) abhängig sind, sollte in diesem Fall eine Verlängerung, bei Nichtverschulden eines ausbleibenden Projektfortschrittes, möglich sein. Der BEE bittet dazu um die Beachtung der allgemeinen Hinweise am Ende dieser Stellungnahme.

3.2 Zahlung Reservierungsbetrag

Die genannte Option einer Reservierung gegen eine Sicherheitszahlung von 10 €/kW und Monat lehnt der BEE ab. Im Rahmen dieser Stellungnahme wurde bereits ausgeführt, dass mit dem Ausschreibungssystem des EEG bereits ein funktionierendes System inkl. entsprechender Sicherheitszahlungen und Pönalen implementiert wurde, dass die Umsetzung der einzelnen Projekte sicherstellt. Weitere Sicherheitsleistungen werden als nicht sinnvoll erachtet, da die Liquidität der Projektierer und potentiellen Anlagenbetreiber unnötig stark eingeschränkt wird und ein neues System von Sicherheitszahlungen nur zu umständlicheren Prozessen führen würde, wo die Branche Vereinfachungen benötigen würde. Unabhängig davon, würde nach Branchenrückmeldung die Höhe von 10 €/kW und Monat die Liquidität so einschränken, dass die Umsetzung der Projekte gefährdet ist, denn auch im weiteren Verlauf wie z.B. einer Beteiligung an EEG-Ausschreibungen werden Sicherheitszahlungen oder Bürgschaften benötigt.

Sollte sich das BMWK dazu entschließen, entgegen den vorgebrachten Bedenken doch eine entsprechende Sicherheitszahlung zuzulassen, ist zumindest das bereits vorgestellte Konzept anpassungswürdig. Der BEE und seine Mitglieder verstehen die Ausführungen zur Sicherheitszahlung so, dass durch eine Zahlung von 10 €/kW und Monat die Anschlussleistungsreservierung ohne weitere Kriterien bis zu einem Jahr erfolgen kann. Erfolgt keine Projektumsetzung nach Ablauf der Reservierungsfrist (max. ein Jahr) verfällt die Reservierung und damit die Sicherheitszahlung umgehend. Dieses Vorgehen birgt unvorhersehbare Risiken für Projektierer. Sollte die Möglichkeit einer Sicherheitszahlung bestehen, muss diese zwingend mit weiteren Nachweisen kombiniert werden können und über weitere Jahre erweiterbar sein.

Beispiel:

Wird für eine Anlage mit 1.000 kW Leistung die Anschlussleistung zunächst ohne weiteren Nachweis der Planungsreife für 6 Monate reserviert, muss der Anschlusspetent eine Sicherheit von 60.000€ hinterlegen. Nach den sechs Monaten kann die Ernsthaftigkeit des Anliegens durch die Vorlage von Genehmigungen oder der Bestellbestätigung von Schlüsselkomponenten nachgewiesen werden. Ergibt sich aus diesen Nachweisen eine längere Zeitspanne als ein Jahr (was z.B. beim Kauf von Transformatoren regelmäßig eintritt), darf die ursprünglich geleistete Sicherheitszahlung von 60.000€ nicht automatisch nach 12 Monaten verfallen, sondern muss grundsätzlich verrechnet werden, wenn das Projekt tatsächlich umgesetzt wird.

 

4 Allgemeine Hinweise

Anschlusspetenten sind beim Nachweis der Planungsreife überwiegend von Dritten abhängig. Bei der Bestellung von Komponenten oder behördlichen Nachweisen (z.B. BImSchG, Bebauungsplan) kann es immer wieder zu unvorhersehbaren Verzögerungen kommen, auf die der Anschlusspetent bzw. Anlagenbetreiber keinen Einfluss hat. Für den Fall eines Versäumnisses der Fristen durch Dritte, schlägt der BEE eine Härtefallregelung vor – durch z.B. ein Nachweisschreiben des Dritten oder bestehende Korrespondenzen mit dem Dritten, dass interne Prozesse des Dritten zu Verzögerungen führten und mit einer Umsetzung der Prozesse bis zu einem bestimmten Datum zu rechnen ist.

Das Inkrafttreten des Reservierungsmechanismus ist zurzeit auf den 01.01.2025 datiert. Der BEE schlägt hierbei vor, dass z.B. jährlich sowohl die Stufen der Reservierungen mit den jeweiligen Fristen als auch die Nachweisführung des Projektfortschrittes überprüft werden. So könnte ein Gremium aus Stakeholdern zum 01.01.2026 respektive bestehender Erfahrungswerte Fristen und Nachweise ergänzen und anpassen. Damit könnte der Prozess fortführend angepasst werden, um die Ersthaftigkeit der Leistungsreservierung prüfen zu können, ohne dabei unnötige Risiken für die Anschlusspetenten zu generieren. Hierfür muss aber sichergestellt werden, dass Anlagen mit bestehenden Reservierungen bzw. deren Reservierungsprozess durch potentielle Anpassungen der Mechanismen nicht schlechter gestellt werden können.

Portraitbild von Paul Jannaschk
Ansprechpartner*in

Paul Jannaschk
Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE)
Referent für Energienetze


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https://www.bee-ev.de

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