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Positionspapier

BDW-Empfehlungen für kurzfristige Maßnahmen der Wasserkraft zur Bekämpfung der aktuellen Energiekrise

9. September 2022

BDW-Empfehlungen für kurzfristige Maßnahmen der Wasserkraft zur Bekämpfung der aktuellen Energiekrise

Bundesverband Deutscher Wasserkraftwerke e.V. (BDW)

Maßnahmenvorschläge zur Bekämpfung der aktuellen Energiekrise

Die aktuell dramatisch hohen Strompreise, die Verbraucher und Industrie gleichermaßen stark belas-ten, sind durch die teure Verstromung von Erdgas in Gaskraftwerken bedingt. Die Lösung dieses Problems liegt daher im Aufbau von mehr Erzeugungskapazitäten, die kostengünstig Strom bereitstellen und damit die teure Gas-Verstromung unnötig werden lassen. Das können am besten die Erneuerbaren Energien leisten, die nicht nur preisgünstig Strom erzeugen, sondern gleichzeitig helfen, die Klimakrise zu bekämpfen. Der Schlüssel zur Lösung der Energie(-preis)-krise besteht also im konsequenten, schnellen und massiven Ausbau der Erneuerbaren Energien. Dies wird zwar erst mittelfristig Wirkung entfalten und bedarf eines neuen, klimaneutralen Strommarktdesigns auf europäischer Ebene. Indem aber schnell und unbürokratisch Maßnahmen zur Ausschöpfung noch gegebener Leistungspotenziale der bestehenden erneuerbaren Erzeugungskapazitäten ermöglicht werden, können die Strompreise schon kurzfristig effektiv gesenkt werden. Der BEE hat hierzu Maßnahmenvorschläge für alle Erneuerbaren unterbreitet1. An dieser Stelle soll daher auf mögliche Maßnahmen der Wasserkraft fokussiert werden, die schnell, einfach und effektiv umgesetzt werden könnten:

1. Technische Leistungsverbesserungen: Durch den Austausch technischer Komponenten von Wasserkraftanlagen, wie z. B. Generator- und/oder Steuerungstechnik, ließen sich kurzfristig zusätzliche Leistungssteigerungen realisieren. Die Digitalisierung und Automatisierung der Prozesssteuerung, gerade in kleineren Anlagen, ermöglichte es, die Effizienz zu steigern, marktorientiert zu produzieren sowie Regelenergie bereitzustellen. Gleichzeitig würden damit die Möglichkeiten zur flexiblen Nutzung des Wasserkraftstroms verbessert, um diesen netzdienlich und -stabilisierend zum Nutzen des Gesamtsystems einzusetzen. Auch die temporäre Inbetriebsetzung derzeit z. B. aufgrund ausgesetzter Genehmigungen oder laufender Genehmigungsverfahren stillstehender Anlagen oder Anlagenteile würde den Leistungsbeitrag der Wasserkraft erhöhen können. Durch die Umrüstung auf netzbildende Generatortechnik wären zudem inselfähige Anlagen als Beitrag zur Krisensicherheit (Schwarzstartfähigkeit und Notstromversorgung) realisierbar.

2. Erhöhung der Stauziele: Kraftwerke, die schon heute über variable Stauklappen auf den Wehrkronen verfügen, können vielfach schon sofort die Erhöhung ihrer Stauziele zur Leistungssteigerung nutzen und einbringen. Die noch nicht über solche Vorrichtungen verfügenden Kraftwerke ließen sich zügig nachrüsten, wobei eine Stauzielerhöhung um ca. 10% an nahezu allen Standorten realistisch umsetzbar wäre, teilweise sogar deutlich mehr. Dabei resultiert aus einer Stauzielerhöhung um 10% eine ebenso hohe Leistungserhöhung. Durch die variable Nutzung der Stauklappen kann die Wasserkraft zudem zusätzlich Flexibilität für das Gesamtsystem bereitstellen. Gleichzeitig lässt sich mit der Stauzielerhöhung eine wirkungsvolle Maßnahme zur Klimaanpassung realisieren, da mehr Wasser in der Landschaft zurückgehalten wird. Darüber hinaus kann in vielen Fällen durch Räumung von mit der Zeit gebildeten Sedimentablagerungen im Unterwasser der Anlagen ebenfalls die Fallhöhe vergrößert und damit die Leistung gesteigert werden.

3. Anpassung des Mindestwassers: Durch eine zeitlich begrenzte, vorübergehende Absenkung der Mindestwasservorgaben für Ausleitungskraftwerke auf das gewässerökologisch vertretbare Mindestmaß könnte die zur Stromerzeugung zur Verfügung stehende Wassermenge erhöht werden. So würde eine z. B. Halbierung der aktuellen Mindestwasservorgaben überschlägig zu einer Leistungserhöhung der Anlagen um etwa 5% p. a. führen. Die gewässerökologische Verträglichkeit der Maßnahme ließe sich dadurch gewährleisten, dass das Mindestwasser lediglich auf das zu den Laich- und Wanderzeiten zur Erhaltung des Fischlebens erforderliche Minimum reduziert würde.

Auch wenn der Gesamtbeitrag der Wasserkraft im Vergleich zu anderen Technologien zunächst gering erscheinen mag, so wäre mit diesen Maßnahmen doch eine Leistungssteigerung von in Summe ca. 1 - 2 TWh Strom p. a. kurzfristig mobilisierbar. Diese Leistung stünde stetig und verlässlich, flexibel und netzdienlich einsetzbar zur Verfügung. Über die geplante Novellierung des EnSiG ließen sich die vorgeschlagenen Maßnahmen unter Bezugnahme auf § 2 EEG im Wasserhaushaltsgesetz (WHG) rechtlich regeln und verankern. Mittelfristig sind zudem durch die Beschleunigung und Vereinfachung von wasserrechtlichen Genehmigungsverfahren2, aber auch die Verbesserung des EEG-Förderrahmens, insbesondere für die kleine Wasserkraft3, Leistungssteigerungen durch die Modernisierung des Anla-genbestands und den Ausbau an bereits bestehenden Stauanlagen zu erreichen. In der derzeitig ange-spannten energiepolitischen Lage gilt es, jede verfügbare kWh erneuerbaren Stroms zu erzeugen, um die teure Gasverstromung zu beenden. Die Wasserkraft kann hierzu einen Beitrag leisten und steht bereit, um bei der Bekämpfung der gegenwärtigen Energiepreiskrise mitzuhelfen.


1 BEE: Befreiungspaket für die Erneuerbaren Energien statt fossiler Energiekrise, Pressekonferenz vom 6.9.2022 in Berlin: https://www.bee-ev.de/service/pressemitteilungen/beitrag/befreiungspaket-fuer-die-erneuerbaren-energien-statt-fossiler-energiekrise

2 DIHK: Praxisprobleme bei Genehmigungsverfahren zum Repowering von Wasserkraftanlagen – DIHK-Vorschläge zur Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie, Berlin, 28.6.2022

3 BDW: Empfehlungen zur EEG-Novelle 2022/2023, Berlin, 2.2.2022: https://www.wasserkraft-deutschland.de/presse/stellungnahmen/eeg-novelle-2022.html

Ansprechpartner*in

Dr. Helge Beyer
Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE)
Fachreferent Erneuerbare Energiesysteme im BEE und Geschäftsführer des BDW


E-Mail an Dr. Helge Beyer schreiben


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