Betreiber von erneuerbaren Erzeugungsanlagen und anderen Stromerzeugungsanlagen sind grundsätzlich verpflichtet, Strommengen zu erfassen und zu melden, für die sie die volle oder anteilige EEG-Umlage abführen müssen – sofern solche Mengen in ihren Anlagen vorkommen. Diese Frage betrifft insbesondere solche Strommengen, die in den Anlagen erzeugt und direkt im laufenden Betrieb verbraucht werden oder auch solche Strommengen, die zwischen den Anlagen desselben Erzeugungsparks oder auch zwischen mehreren gemeinsam angeschlossenen Erzeugungsparks fließen. Kurzum: Es geht um Strommengen die „hinter dem Netzverknüpfungspunkt“ erzeugt und vor der Einspeisung in das Stromnetz parkintern verbraucht werden. Grundsätzlich sind solche Konzepte der sogenannten „Überschusseinspeisung“ zu begrüßen, da sie den Bezug aus dem öffentlichen Netz reduzieren. Schwierigkeiten bereitet jedoch in der Praxis die Erfassung, die rechtliche Einordnung. sowie die Abgrenzung der verschiedenen in Betracht kommenden Strommengen. Hierfür gelten im EEG spezielle Regelungen (sog. „Messen und Schätzen“ nach § 62b EEG 2021).
Da in vielen Fällen ein eigenes Messkonzept zur Erfassung und Abgrenzung aller spezifischen Verbräuche nicht möglich bzw. mit einem unvertretbaren wirtschaftlichen Aufwand verbunden ist, gibt es mit §62b Abs.2 Nr. 2 EEG 2021 einen Ausnahmetatbestand.
EEG-Umlage-pflichtige Strommengen waren grundsätzlich schon immer per Messung zu erfassen und auch von solchen Strommengen abzugrenzen, für die Befreiungen oder Reduzierungen galten – allerdings gab es hierzu lange keinen klaren gesetzlichen Vorgaben. Seit 2018 ist dies nun ausdrücklich im EEG geregelt, wobei zusätzlich klargestellt wurde, dass unter bestimmten Voraussetzungen auch Schätzungen von Strommengen möglich sind (vgl. § 62b EEG 2021). Diese Option betrifft – vereinfacht gesagt – solche Fälle, in denen EEG-Umlage- pflichtige Strommengen messtechnisch nicht sinnvoll von befreiten Strommengen abgegrenzt werden können. Die wichtigsten diesbezüglichen Regelungsinhalte im Überblick:
§ 62b Absatz 1 EEG 2021 stellt zunächst als Grundsatz auf
§ 62b Absatz 2 EEG 2021 regelt dann Ausnahmen von der Pflicht zur Strommengenabgrenzung (NICHT: Erfassung!) in besonderen Fällen:
§ 62b Absatz 5 EEG 2021 enthält zudem Vorgaben für den Nachweis der sogenannten Zeitgleichheit. So ist für eine Eigenversorgungsprivilegierung nachzuweisen, dass der begünstigte Strom in derselben Viertelstunde erzeugt und verbraucht wurde. Hieraus können ebenfalls – je nach Einzelfall unterschiedlich komplexe – Anforderungen an ein EEG-konformes Messkonzept folgen.
§ 104 Absatz 10 und 11 EEG 2021 enthalten zudem Schutz- und Übergangsvorschriften für solche Fälle, in denen in der Vergangenheit kein EEG-konformes Messkonzept zur Erfassung und Abgrenzung EEG Umlage- belasteter Strommengen vorhanden war. Insoweit gilt eine Übergangsfrist zur Nachrüstung von ggf. benötigten Zählern bis zum 31.12.2021. Bis dahin gelten noch weitreichende Schätzbefugnisse (über die Grenzen von § 62b EEG 2021 hinaus), allerdings nur, wenn bis zum genannten Stichtag etwaige erforderliche Zähler nachgerüstet werden. Wird dies bei der EEG-Umlage-Meldung 2022 nicht nachgewiesen oder dargelegt, wieso nach § 62b EEG 2021 weiterhin geschätzt werden darf, drohen Nachforderungen für die Vorjahre, für die das Schätzprivileg dann rückwirkend wieder entfallen soll.
Für nähere Erläuterungen und Hintergrundinformation zu der aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingung wird hierbei auf das BWE Hintergrundpapier Meldepflicht zur EEG-Umlage für Windenergieanlagen und Windparks verwiesen. Ziel dieses Papieres ist der Vorschlag einer geeigneten Veränderung der aktuellen gesetzlichen Rahmens um einen praktikablen, transparenten und rechtsicheren Weg beim Schätzen zu realisieren.
Über den §62b Abs.2 Punkt 2 EEG 2021 existiert für Anlagenbetreiber die Möglichkeit bei „unvertretbaren Aufwand“ bzw. bei wirtschaftlicher Unzumutbarkeit abweichend vom §62b Abs. 1 EEG eine Abgrenzung der verbrauchten Strommengen nicht über mess- und eichrechtskonforme Messeinrichtung realisieren zu müssen. Für die dennoch notwendigen Angaben zur Abgrenzung der Strommengen bietet der Gesetzgeber unter dem §62b Abs. 3 bis Abs. 5 EEG 2021 die Möglichkeit der eigenen Schätzung, welche allerdings an bestimmte Bedingungen in der Aufbereitung der Schätzung gekoppelt ist. Diese Rahmenbedingungen sind aus Sicht des BEE wenig praktikabel und bieten nicht zuletzt die Gefahr trotz bestem Wissen und Gewissen des Anlagenbetreibers falsch zu schätzen.
Aus Sicht des BEE wäre es daher für alle Parteien sinnvoll eine solche Schätzung vorab anhand von standardisierten Werten klar zu definieren. Somit sind klare Rahmen sowohl für Anlagenbetreiber als auch Netzbetreiber in einem solchen Sonderfall gegeben. Bei Bedarf können hierbei auch Nachjustierungen an den standardisierten Schätzwerten vorgenommen werden. Das hier vorgestellte Modell stellt hierbei eine Ergänzung zu den bisherigen Rahmen des Messens (nach §62b Abs.1 EEG 2021) bzw. dem Formulierungsvorschlag des BWE zur Verwendung der SCADA Werte zur Erfassung / Abgrenzung von intern Verbräuchen.
Das vom BEE vorgeschlagene Modell standardisierter Schätzwerte basiert auf zwei Stufen, die nachfolgend kurz erläutert werden sollen.
1.Stufe: Kleinstverbräuche über alle erneuerbaren Technologien
Innerhalb der ersten Stufe wird ein Sockelbetrag für alle Kleinstverbräuche definiert. Dabei wird dieser Sockelbetrag bei jeder erneuerbaren Technologie in gleicher Höhe angewendet. Hintergrund dieses Ansatzes ist, dass jede Technologie über die gleichen Kleinstverbräuche verfügt. Hierzu zählen unter Anderem Beleuchtung, temporärer Verbrauch an diversen Steckdosen, Strommengen für vor Ort installierte IT und andere Kleinstverbräuche.
Mittels diesem Sockelbetrag an Jahresverbrauch werden alle Kleinstverbräuche erfasst, was sowohl für Anlagenbetreiber als auch Netzbetreiber eine sinnvolle und transparente Vereinfachung darstellt.
2. Stufe: Technologieabhängige Verbraucher
Jede erneuerbare Technologie besitzt separate Verbraucher denen wiederum Durchschnittsverbräuche zugewiesen werden können.
In Abbildung 1 ist dies am Beispiel der Bioenergie dargestellt.
Jede Biogasanlage verfügt über Verbraucher wie den Feststoffeintrag, Rührwerke, Pumpen und Steuertechnik. Die Höhe des Stromverbrauchs dieser Verbraucher ist wissenschaftlich gut erfasst und beträgt laut Biogasmessporgramm III aus dem Jahr 2021 von der Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe e.V. und gefördert durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gerundet 9 %. Abbildung 1 zeigt auf welche Verbraucher dieser Strombezug prozentual verteilt wird. Eine Besonderheit stellt in diesem Fall das BHKW dar. Der Stromverbrauch wird dem Strom zur Stromerzeugung zugeordnet, welcher grundsätzlich von der EEG-Umlage befreit ist. Gemäß der „Verordnung zur Durchführung des Stromsteuergesetzes“ beträgt der Strom zur Stromerzeugung aus KWK-Anlagen bei einer elektrischen Nennleistung bis zu 100 kW 3 % und über einer elektrischen Nennleistung von 100 kW 2% der produzierten Strommenge. Damit ließe sich für den Bioenergiebereich folgende Unterscheidung im Bezug zur Bestimmung der Höhe der EEG Umlagepflicht folgendes definieren:
Zusätzlich zu diesen Verbrauchern, welche sich auf jeder Biogasanlage finden lassen, kommen spezifische Komponenten wie eine Hygienisierung im Bereich der Bioabfallvergärung oder eine Substrataufbereitung bei der Vergärung von landwirtschaftlichen Reststoffen wie beispielsweise Stroh. Potentiell wäre es hierbei sinnvoll zusätzliche Unterklassen für diese spezifischen Komponenten zu definieren.
Abbildung 1:Prozentualer Stromverbrauch der Komponenten am gesamten Eigenstromverbrauch in % [Böhm, 2013]
Ähnliche stabile Rahmenverbräuche sind auch bei anderen erneuerbaren Technologien in einzelnen Verbrauchern zu erkennen. So würde ein Lift im Turm einer Windenergieanlage in Bezug auf Nutzung und Dauer sehr ähnliche Jahresverbräuche aufweisen wie der Lift im Turm einer anderen Windenergieanlagen. Gleiches gilt für Lüfter im Generator, Azimutantriebe und ähnliche größere Verbraucher. Auch im Falle der Solarenergie sind solche stabile Rahmenverbräuche einzelner Verbraucher zu erkennen.
Das Ziel des BEE ist es daher gemeinsam mit den Netzbetreibern, Anlagenbetreibern und Hauptzollämter den Sockelbetrag für die Stufe 1 zu definieren als auch die entsprechenden Gruppen und Klassen der in Stufe 2 näher zu definierenden technologiespezifischen Verbrauchern und deren standardisierten Jahresverbräuche.
Mit diesem Rahmen können sowohl für alle Parteien ein automatisierter Rahmen geschaffen werden, der neben einer erhöhten Transparenz für alle Parteien auch die Händelbarkeit der Thematik deutlich vereinfacht und zudem einen verlässliche juristischen Rahmen schafft. Zusätzlich ließen sich darüber hinaus durch die in Stufe 2 vorgenommene Definition standardisierter Jahresverbräuche von größeren technologieabhängigen Verbräuchern auch eine Einteilung dieser anhand der Unterscheidung nach Kraftwerkseigenverbrauch und Eigenverbrauch realisieren.
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