In der Diskussion um geeignete klimapolitische Maßnahmen hat die Einführung einer umfassenden CO2-Bepreisung seit einigen Monaten wieder verstärkt an Bedeutung gewonnen. Mittlerweile liegt eine Vielzahl unterschiedlicher Konzepte für die Umsetzung vor. In diesem Hintergrundpapier werden sieben Konzepte gegenübergestellt, die über eine Reform der Energiesteuern umgesetzt werden können. Sie unterscheiden sich im Wesentlichen darin, in welchem Umfang die Energiesteuersätze nach den CO₂-Emissionen ausgerichtet werden und wofür das zusätzliche Aufkommen verwendet wird. Die beiden wichtigsten Ansätze in der Diskussion sind derzeit die Senkung des Strompreises und die direkte Rückerstattung als „Ökobonus“, beispielsweise über eine Pro-Kopf-Pauschale. Aus der konkreten Ausgestaltung folgen unterschiedliche Verteilungs- und Lenkungswirkungen. Beide Ansätze ermöglichen eine sozialverträgliche Ausgestaltung, indem sie zu Entlastungen für die unteren Einkommensgruppen führen.
Deutschland wird seine selbst gesetzten Klimaziele im Jahr 2020 deutlich verfehlen. Für den Zeitraum von 2021 bis 2030 drohen aufgrund von Vereinbarungen auf EU-Ebene Strafzahlungen in Höhe von 30 bis 60 Mrd. Euro. Zudem möchte die Bundesregierung noch in diesem Jahr ein Klimaschutzgesetz auf den Weg bringen. Entsprechend hoch ist der politische Zeitdruck. Auch die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland fordern von der Politik ein stärkeres Engagement beim Klimaschutz.
Ein zentrales Instrument, um Klimaschutz und Energiewende voranzubringen, ist eine umfassendere CO₂-Bepreisung. Die Idee ist einfach: wer klimafreundlich lebt, soll entlastet werden, wer einen großen CO₂-Fußabdruck hat, muss mehr zahlen. Die Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Technologie (Ölheizung oder Solarthermie), einen bestimmten Lebensstil (große oder kleine Wohnung) oder eine bestimmte Handlung (Bahn- oder Flugreise) verbleibt beim Konsumenten, er zahlt dafür aber verursachergerechtere Preise. Mit der CO₂-Bepreisung führt eine ökonomische Entscheidung jedoch häufiger zu einem umweltfreundlicheren Ergebnis.
Abb. 1: Grundidee CO₂-Bepreisung (Quelle: FÖS 2019)
Konzepte zur CO₂-Bepreisung liegen von zahlreichen Akteuren vor. Damit sollen die CO₂-Emissionen in Deutschland marktwirtschaftlich und technologieoffen gesenkt werden. Eine CO 2-Bepreisung lässt sich kurzfristig und einfach über eine Reform der Energiesteuern umsetzen, im Gegensatz zu einer Erweiterung des Emissionshandels. In diesem Übersichtspapier werden deshalb sieben Reformvorschläge detailliert betrachtet, die alle über eine Reform der Energiesteuern umgesetzt werden können und sich nach Reformumfang, d.h. der Intensität der Veränderung gegen über heute, von „klein“ nach „groß“ wie folgt einteilen lassen:
Eine zentrale Frage mit Blick auf die Akzeptanz einer CO₂-Bepreisung in Deutschland sind die Verteilungswirkungen. Um Bürgerinnen und Bürger sowie die Wirtschaft insgesamt nicht stärker zu belasten, sollen die Einnahmen wieder zurückgegeben werden. Dies kann beispielsweise über eine Absenkung des Strompreises, über eine direkte pauschale Erstattung (Ökobonus), über die Absenkung von Lohnnebenkosten oder über Investitionen in den Klimaschutz erfolgen. Häufig schlagen die Konzepte auch Kombinationen vor, um Klimawirkung und Sozialverträglichkeit zu maximieren.
Abb. 2: Progressiver Verteilungseffekt Reformkonzepte (Schema) (Quelle: FÖS 2019)
Der Vergleich zeigt, dass alle Konzepte eine sozialverträgliche Ausgestaltung vorsehen und es zu Entlastungen bei unteren Einkommensgruppen kommt. Denn diese tragen weniger zum CO₂-Ausstoß bei als einkommensstärkere Gruppen, profitieren aber besonders von den vorgesehenen Entlastungen. Dadurch ist die Wirkung progressiv, d.h. einkommensschwache Haushalte profitieren stärker als einkommensstarke.
Für besonders betroffene Verbrauchergruppen wie Pendelnde oder Mieter*innen in unsanierten Wohnungen enthalten die Konzepte Vorschläge, wie diese gezielt unterstützt werden können, ohne die Lenkungswirkung zu schwächen. Beispiele sind etwa Änderungen im Mietrecht oder die Fokussierung von Förderprogrammen.
Die Konzepte liegen vor, die Fachwelt und weite Teile der Verbände sind sich einig: um Klimaschutz und Energiewende voranzubringen, braucht es eine umfassendere CO₂-Bepreisung. Und sie kann sozialverträglich umgesetzt werden. Eine aktuelle Umfrage (Germanwatch 2019) zeigt, dass es dafür breite Unterstützung in der Bevölkerung gibt.
Es ist nun an der Politik, politische Mehrheiten zu finden und sich möglichst schnell für einen Weg der Ausgestaltung zu entscheiden. Welches Konzept man wählt, hängt stark von der politischen Bewertung und den Prioritäten ab –insbesondere bezüglich Klimaschutz. Neben der Sozialverträglichkeit muss das Ziel jeder grundlegenden Reform eine hohe Lenkungswirkung sein, um wirksame Treibhausgasminderungen zu erreichen.
Die CO₂-Bepreisung ist eine notwendige Voraussetzung für kosteneffizienten Klimaschutz. Sie allein kann das Erreichen der Klimaziele aber nicht garantieren und ist kein Ersatz für andere klimapolitische Maßnahmen, beispielsweise im Bereich des Ordnungsrechts. Daher sollte sie in einen Politikmix aus anderen Maßnahmen und Instrumenten eingebettet sein.
Ein Preis für CO2: Vergleich verschiedener Konzepte zur CO2-Bepreisung im Rahmen der Energiesteuer
HINTERGRUNDPAPIER im Auftrag von Klima-Allianz Deutschland, Deutscher Naturschutzring und Bundesverband Erneuerbare Energie e.V
Dateiformat: PDF | Dateigröße: 569 KB
Übersicht CO2 - Konzeptvergleich
Übersicht des FÖS zum Vergleich von sieben Konzepten zur CO₂-Bepreisung
Dateiformat: PDF | Dateigröße: 66 KB
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