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Stellungnahme

Kurzstellungnahme zum Entwurf der Formulierungshilfe des „Wind-an-Land-Gesetzes“

13. Juni 2022

Vorbemerkung

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) haben einen gemeinsamen Entwurf der Formulierungshilfe eines Gesetzes zur Erhöhung und Beschleunigung des Ausbaus von Windenergieanlagen an Land („Wind-an-Land-Gesetz“, kurz: WaLG) vorgelegt. Der Gesetzesentwurf zielt auf eine erhebliche Beschleunigung des Ausbaus der Windenergie an Land durch eine Umsetzung des 2 Prozent-Flächenziels ab und setzt somit ein zentrales Ziel des Koalitionsvertrags um. Trotz des erkennbaren Gestaltungswillens der Bundesregierung sowie einiger positiver Veränderungen und Klarstellungen: Der vorliegende Entwurf verfehlt das erklärte Ziel, die notwendigen Flächen auszuweisen und Planungs- und Genehmigungsverfahren substanziell zu beschleunigen.

Der Entwurf der Formulierungshilfe wurde am späten Nachmittag des Freitages, 10. Juni an die Verbände versandt, mit der Möglichkeit zur Stellungnahme bis Montag, den 13. Juni, 9.30 Uhr. Der Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE) kritisiert die äußerst kurze Frist zur Stellungnahme. Eine inhaltliche Kommentierung eines Gesetzes, das für den Erfolg der Energiewende in Deutschland maßgeblich entscheidend ist, kann und sollte nicht innerhalb weniger Stunden über das Wochenende hinweg geleistet werden. Die direkte Einbringung in den Bundestag greift einer geordneten Beteiligung vor. Vielmehr bedarf es der ausführlichen inhaltlichen Begleitung und Kommentierung und zu diesem Zweck einer rechtzeitigen Einbindung der Verbände. Der BEE mahnt die Bundesregierung daher nochmals an ein geordnetes Verfahren zur inhaltlichen Beteiligung der Verbände mit einhaltbaren Fristen sicherzustellen. Nur so kann eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Bundesregierung und Verbänden im Sinne der erfolgreichen Energiewende gelingen.

Die Bundesregierung hat mit dem Osterpaket, dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und weiteren Gesetzestexten einen ambitionierten Ausbaurahmen für die Erneuerbaren Energien ausgegeben. Damit die Ausbauziele von 10 GW jährlich für die Windenergie erreicht werden, müssen sie mit konkreten Maßnahmen unterlegt und flankiert werden. Dies gilt insbesondere für die Windenergie an Land, deren Ausbau in den letzten Jahren erheblich ins Stocken gekommen ist. Grund dafür sind in erster Linie mangelnde Flächen und langsame Planungsund Genehmigungsverfahren. Das Wind-an-Land-Gesetz hat deshalb zum Ziel, den Ausbau der Windenergie erheblich zu beschleunigen.

Zu diesem Zweck macht die Bundesregierung im Wind-an-Land-Gesetz folgende Vorschläge:

  • Mit dem Windflächenbedarfsgesetz (WindBG) werden verbindliche Flächenziele (sogenannte Flächenbeitragswerte) vorgegeben. Ein Gesamtziel Ende 2032 und ein Zwischenziel für 2026 werden ausgegeben. Die Länder haben bis Mitte 2024 Zeit, erste Umsetzungsschritte nachzuweisen.
  • Änderungen im Baugesetzbuch werden vorgeschlagen, um die Flächenziele in das Planungsrecht zu integrieren und die planerische Steuerung zur Erreichung der Ziele zu vereinfachen. Im Falle der Verfehlung der Flächenziele sollen Windenergieanlagen im gesamten Planungsraum privilegiert zulässig sein. Mindestabstandsregelungen gelten weiterhin unter qualifizierten Voraussetzungen, entfallen jedoch im Falle der Zielverfehlung des WindBG. BEE-Kurzstellungnahme zum Entwurf der Formulierungshilfe des „Wind-an-Land-Gesetzes“ des BMWK und des BMWSB 3
  • Änderungen des EEG 2023: Das Mandat des Bund-Länder-Kooperationsausschuss wird erweitert, um das im WindBG vorgesehen Monitoring zu ermöglichen. Der BEE kommentiert im Folgenden den Entwurf zur Formulierungshilfe in Kürze vorbehaltlich einer ausführlichen Bewertung. Für eine detaillierte Darstellung verweisen wir auf die Stellungnahme des Bundesverband WindEnergie (BWE).1
     

Kurzbewertung der Formulierungshilfe des Wind-an-Land-Gesetzes

Generell begrüßt der BEE den Gestaltungswillen und die Entschiedenheit, mit der die Bundesregierung bzw. die zuständigen Ressorts den Ausbau der Windenergie vorantreiben möchten. Trotz einiger Verbesserungen verfehlt der vorliegende Entwurf jedoch das Ziel, den Ausbau der Windenergie substanziell zu beschleunigen. Zwar sind einige Anpassungen erkennbar, jedoch greifen diese zu kurz, um die notwendige Flächenausweisung zu bewerkstelligen und Planungs- und Genehmigungsverfahren erheblich zu beschleunigen.

Im Einzelnen lassen sich die Vorschläge wie folgt kommentieren:

  • Generell begrüßt der BEE, dass die Rahmenbedingungen zur Erreichung des 2% Flächenziels ausformuliert. Es ist wichtig, dass der Gesetzgeber Rechtsverbindlichkeit in die Flächenbereitstellung bringt und diese abschließend regelt. Politisch ist dies natürlich ein zentrales Zeichen mit hoher Signalwirkung.
  • Auch das hierbei einige Regelungen aufgenommen wurden, dass für die Rechtswirksamkeit einer Gebietsausweisung unbeachtlich ist, ob und welche sonstigen Flächen im Planungsraum für die Ausweisung von Windenergiegebieten geeignet sind, ist durchaus positiv zu benennen.
  • Die verbindlichen Flächenziele (sogenannte Flächenbeitragswerte) im WindBG, die den Ländern vorgegeben werden, sind prinzipiell positiv zu bemerken.
  • Der BEE begrüßt, dass mit den im Gesetz vorgegebenen Mengenvorgaben und deren Einbettung u.a. in das Planungsrecht nach dem BauGB eine Art Privilegierung für die Windenergie geschaffen wird.
  • Zudem treten bei Verfehlung der jeweiligen Flächenbeitragswerte entsprechende Rechtsfolgen ein. Somit würden in einem solchen Fall im gesamten Planungsraum Windenergieanlagen im Außenbereich genehmigungsfähig. Das schließt u.a. ein, dass landesspezifische Punkte (u.a. Mindestabstandsregeln) für diesen Rahmen nicht anwendbar sind. Der BEE sieht dies prinzipiell als sinnvollen Mechanismus an.

Nachzubessern ist aus Sicht des BEE insbesondere:

  • Die Vorsehung eines Zwischenziels sieht der BEE kritisch, da dies insgesamt zu erheblichen Verzögerung bei der Ausweisung verfügbarer Flächen führen könnte und somit die Gefahr birgt, die 10 GW-Ausbauziele in den kommenden Jahren nicht zu erreichen. Zudem wird für die Länder mit dem Zwischenziel ein Anreiz für zwei unnötig gedoppelte, über viele Jahre andauernde Planungsphasen geschaffen, anstelle die Flächenbeiträge direkt innerhalb eines Planungszyklus bereitzustellen.
  • Die Rechtsfolge der Zielverfehlung (Außenbereichspriviligierung) greift erst frühestens 2027 und damit deutlich zu spät. Wertvolle und entscheidende Jahre werden erneut vertan. Zudem birgt dieses Instrument für Planer keine ausreichende Planungssicherheit, da die Regelung auch potenziell wieder hinfällig werden könnte, wenn ein Land zwischenzeitlich wieder auf den 2-Prozent-Kurs einschwenkt. Dieses Risiko wird dazu führen, dass die Beplanung derartiger Flächen gar nicht erst angegangen wird.
  • Der BEE fordert kurzfristig eine sofortige Außenbereichsprivilegierung bis das 2% Flächenziel erreicht ist. Nur wenn im bestehenden Rechtssystem die Ausschlusswirkung ab sofort (!) entfällt, wird ausreichend Planungssicherheit für die Windenergie geschaffen. Die Ausschlusswirkung für das Repowering muss sofort entfallen (in §35 Abs. 3 BauGB).2
  • Der BEE empfiehlt die uneingeschränkte Aufhebung der Ausschlusswirkung für Repowering im BauGB: Repowering kann zwar nach & 245e BauGB keine Ausschlusswirkung mehr vorgehalten werden. Allerdings gibt es weiterhin Verzögerungsumstände auf der Planungsebene, nach denen Repowering ausgesetzt oder verzögert werden kann. Dies ist nicht zielführend, denn so wird keine Rechtssicherheit für Altstandorte geschaffen. Der Gesetzgeber verpasst die Chance auf die Hebung eines kurzfristigen Potentials von 45 GW durch Repowering. Der BEE empfiehlt daher in § 245 die Einschränkung der Planungsgrundzüge (Satz 1) und die Möglichkeiten für Gemeinden, Repowering zu blockieren (Sätze 2-4), zu streichen.
  • Ausbaublockaden und -verzögerungen durch Nutzung von Plansicherungsinstrumenten sind weiterhin möglich. Vor allem die Veränderungssperre und die Zurückstellung von Baugesuchen zur Durchsetzung der Regionalplanung (§§ 14,15 ROG) blockieren den Ausbau. Der BEE empfiehlt daher die Aussetzung dieser Instrumente.3 Der Gesetzgeber muss ab sofort planerische Sicherheit schaffen. Dies ist nur möglich, sofern nach Ausweisung eines Gebiets in der Regionalplanung entgegenstehende Bauleitplanung sofort ihre Wirkung verlieren.
  • Abstandsregelungen auf Länderebene wie in § 249 Abs. 3 BauGB verhindern den Ausbau von Windenergieanlagen und sind unverzüglich aufzuheben. Die gesetzlichen Mindestanforderungen (wie z.B. Mindestabstände) und weitere Schutzgüter, die sich aus der existierenden Rechtsprechung ergeben, sind ausreichend.
  • Der Vorrang in der Schutzgüterabwägung, wie im § 2 EEG 2023 bereits formuliert, sollte auch Eingang in die Fachgesetze erhalten und dementsprechend in das BauGB und im ROG-E aufgenommen werden.
  • Der BEE kritisiert die Streichung von Go-To-Gebieten aus der Entwurfsversion und fordert deren Umsetzung. Der Vorschlag der EU-Kommission in dem Änderungsentwurf der EE RED-II “Go-To-Gebiete” auszuweisen, in denen Windenergieanlagen ohne artenschutzrechtliche Prüfung errichtet und betrieben werden können, würde dem beschleunigten Ausbau dienen und ist von der Bundesregierung umzusetzen.

1 Siehe BWE Stellungnahme zum Wind-an-Land-Gesetz vom 13.06.2022.
2 Siehe BWE Stellungnahme zum Sommerpaket.
3 Siehe BWE-Stellungnahme zum Änderungsentwurf zum Raumordnungsgesetz und BWE Stellungnahme zum Sommerpaket.

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