Logo des BEE e.V.

Webseitensuche

Filteroptionen:

marktaktiendiagramm und indexinformationen mit stadtlicht und strom- und energieanlagenindustrie und geschäftshintergrund
Stellungnahme

BEE-Stellungnahme zur Änderung des Stromsteuergesetzes & der Stromsteuerdurchführungsverordnung

28. April 2024

Vorwort

Am 17.04 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) den Referentenentwurf zu Änderungen im Strom- und Energiesteuerrecht zur Verbändekonsultation gestellt. Der BEE bedankt sich für dich Möglichkeit, Stellung zu nehmen und kommentiert im Folgenden die Erneuerbaren Branche betreffenden Punkte.

1 Änderung des Stromsteuergesetzes (StromStG)

1.1 Nummer 1 a: Definition von Strom aus erneuerbaren Energieträgern (§ 2 StromStG)

Hintergrund und Änderung im Entwurf

Die im vorliegenden Entwurf angegangenen Anpassungen im Energie- und Stromsteuergesetz sind u.a. mit Änderungen im Beihilferecht begründet. Nach Artikel 15 der europäischen Energiesteuerrichtlinie 2003/96/EG können Mitgliedsstaaten „uneingeschränkte oder eingeschränkte Steuerbefreiungen oder Steuerermäßigungen gewähren für elektrischen Strom, der aus Biomasse oder aus Biomasse hergestellten Erzeugnissen gewonnen wird“. Auch nach der kürzlich vorgenommenen Anpassung des EU-Beihilferechts (Artikel 44 Abs. 3 Buchstabe c) AGVO) können Steuerermäßigungen für Strom aus Biomasse weiterhin ausdrücklich gewährt werden, sofern die Anforderungen hinsichtlich der Nachhaltigkeit nach der Richtlinie EU 2018/2001 (RED II) erfüllt werden. Der Referentenentwurf mit seiner kompletten Streichung von Biomasse als erneuerbarem Energieträger geht also über europäische Vorgaben hinaus und gefährdet die Gleichbehandlung von nachhaltiger Biomasse mit anderen erneuerbaren Energieträgern.

Die Streichung von Biomasse aus der Definition von Strom aus erneuerbaren Energieträgern schafft darüber hinaus eine neue Begriffsdefinition für Erneuerbare Energieträger, wo Gesetze auf europäischer (Erneuerbare-Energien-Richtlinie (EU) 2018/2001) und deutscher Ebene (Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2023) den Begriff „Erneuerbare Energien“ bereits klar regeln. Es ist den steuerzahlenden Betrieben schwer vermittelbar, warum Biomasse nach dem StromStG nicht zu den erneuerbaren Energieträgern zählen soll, nach dem EEG aber schon. Aus Sicht des BEE sollte die Grundlage für die Begriffsdefinition im EEG liegen. Dort (und auch in der Richtlinie (EU) 2018/2001) ist Biomasse Teil der Begriffsdefinition für erneuerbare Energieträger.

Auswirkung des Entwurfs

Die Änderung in § 2 StromStG ist deswegen relevant, weil Befreiungstatbestände nach § 9 (1) Nr. 1 & 3 an die Eigenschaft als erneuerbarer Energieträger geknüpft sind. Zahlreiche Anlagen im Bereich der Stromerzeugung aus fester Biomasse aber auch Biogas/Biomethan haben in den vergangenen Jahren diese Befreiungen für selbst verbrauchten Strom bzw. in unmittelbarer Umgebung gelieferten Strom genutzt. Insbesondere die hohen Strompreise in Folge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine haben Unternehmen veranlasst, vermehrt Strom direkt zu nutzen und nicht in das Netz der öffentlichen Versorgung einzuspeisen. Für den Biogasbereich wird geschätzt, dass mind. 1/3 der 10.000 Anlagen als Überschusseinspeiser agieren. Im Bereich fester Biomasse liegt der Anteil der Überschusseinspeiser bei schätzungsweise 1/4 aller Anlagen über 1 MW FWL.

Mit der Änderung im Beihilferecht waren bereits im Kalenderjahr 2024 seitens der Anlagenbetreiber umfangreiche Änderungen mit neuen Antragstellungen verbunden. Im Übergangsjahr 2024 spielt für Biogas-/Biomethananlagen die Größenschwelle 2 MW Feuerungswärmeleistung (FWL), was etwa 800 kW elektrischer Bemessungsleistung entspricht, eine entscheidende Rolle. Für Anlagen mit fester Biomasse liegt diese Schwelle bei 20 MW FWL. Anlagen ab dieser Größe können entsprechende Befreiungen nach § 9 (1) Nr. 1 & 3 StromStG nicht mehr nutzen und müssen andere Alternativen nutzen.

Für Anlagen bis 2 MW installierter Leistung kommt hier der Nachweis als hocheffiziente KWK-Anlage in Frage. Einige Betreiber sind diesem Weg gefolgt und haben entsprechende Nachweise erbracht, andere müssen den Strom nun versteuern und entlasten diesen nach § 9 b StromStG. Gerade im Bereich der festen Biomasse liegen die Größen meist über 2 MW installierter Leistung, so dass nur die Entlastung nach § 9 b eine Option für Überschusseinspeiser darstellt. Im Gegensatz zur Annahme in der Begründung, wonach Anlagen dieser Größenklasse in der Regel keine Überschusseinspeiser seien, ist dies in der Praxis sehr wohl der Fall. Insbesondere im Bereich von Abfallvergärungsanlagen sind stromintensive Aufbereitungen des Substrats erforderlich.

Mit der Herausnahme der Größengrenze müssen nun alle Biomasseanlagen alternative Wege gehen. Der Gesetzgeber versucht in den Regelungen zur Hocheffizienz Erleichterungen zu schaffen. Diese gelten nur für Anlagen unter 2 MW installierter Leistung. Außerdem beinhaltet das Hocheffizienz-Kriterium neu Anforderungen an die CO2-Emissionen, dessen Nachweisführung nicht klar ist

BEE-Empfehlung

Die Erneuerbaren Branche fordern aus oben genannten Beweggründen, die Definition erneuerbarer Energieträger anzupassen. So sollten Strom aus Anlagen unter den relevanten Größenschwellen der RED bzw. BioSt-NachV weiterhin uneingeschränkt als erneuerbarer Energieträger gelten. Für Anlagen über 2 MW bzw. 20 MW FWL sollte die Eigenschaft mit dem Nachweis der Eigenschaft der Nachhaltigkeit verknüpft werden.

§ 2 StromStG Nummer 7 (Änderung):

Strom aus erneuerbaren Energieträgern: Strom, der ausschließlich aus

  1. Wasserkraft, ausgenommen Strom aus Wasserkraftwerken mit einer installierten Generatorleistung über zehn Megawatt,
  2. Windkraft,
  3. Sonnenenergie,
  4. Erdwärme,
  5. aus Biomasse und Biogas/Biomethan, soweit die jeweilige Biomasse nicht dem Geltungsbereich der BioSt-NachV unterliegt
  6. aus Biomasse und Biogas/Biomethan, soweit die jeweilige Biomasse unter den Geltungsbereich von § 1 BioSt-NachV fällt und die Nachhaltigkeitskriterien und die Kriterien für Treibhausgaseinsparungen der BioSt-NachV erfüllt, erzeugt wird.

Begründung für die Präzisierung des Biomassebegriffs in der Definition von Strom aus erneuerbaren Energieträgern

 

Aus Sicht des BEE ist die Anwendung bestehender Zertifizierungssysteme zum Nachweis der Einhaltung von Nachhaltigkeitsanforderungen sowie Anforderungen zur Treibhausgasminderung durchaus als verhältnismäßig und ohne zusätzlichen Bürokratieaufwand für Wirtschaft und Verwaltung zu betrachten, sofern für den Anlagenbetreiber bereits Verpflichtungen nach § 1 BioSt-NachV bestehen. Mit dem Verweis auf den Geltungsbereich von § 1 BioSt-NachV wird sichergestellt, dass auch bei einem möglichen Absenken der Größengrenze (derzeit 2 MW FWL für Biogas/Biomethan bzw. 20 MW FWL für feste Biomasse) das StromStG nicht zusätzlich zur BioSt-NachV angepasst werden muss.

Es ist schlicht nicht vermittelbar, dass Bioenergieanlagen eine umfangreiche Nachweisführung im Rahmen der BioSt-NachV erfüllen müssen und dies dann nicht bei der Anwendung des Stromsteuerrechts anerkannt wird.

Zur Nachweisführung wird vorgeschlagen, dass die Hauptzollämter das Nachhaltigkeitszertifikat für den jeweiligen Zeitraum verlangen können. Alle Bioenergieanlagen müssen regelmäßig und lückenlos ein Zertifikat besitzen. Diese in der Regel zwei Dokumente pro Jahr könnten zur Nachweisführung dienen.

1.2 Nummer 1 e: Definition von hocheffizienten Anlagen (§ 2 Nr. 10 StromStG)

Ziel des Gesetzgebers bei der Neufassung von § 2 Nr. 10 StromStG ist die Vereinfachung der Nachweisführung für KWK-Anlagen. Diese ist grundsätzlich zu begrüßen und relevant für Bioenergieanlagen. Aufgrund der Streichung von Biogas/Biomasse aus der Definition von Strom aus erneuerbaren Energieträgern ist diese Eigenschaft bedeutsam für alternative Steuerbegünstigungen (insbesondere § 9 (1) Nr. 3 StromStG. Problematisch bei der Änderung ist jedoch, dass für den Nachweis der Hocheffizienz die Einhaltung eines Emissionswertes von 270 g CO2/kWh nachgewiesen werden soll. Dieser Wert wird laut Begründung von fossil betriebenen KWK-Anlagen erreicht. Für EE-Brennstoffe ist dort festgehalten, dass die Einhaltung des Grenzwertes „unproblematisch“ sei. Da die Nachweisfrage offenbleibt, droht hier neuer Bürokratieaufwand, die anderweitige Erleichterungen übersteigt. Bioenergieanlagen ermitteln nicht automatisiert einen CO2-Footprint.

BEE-Empfehlung:

Im Gesetz bzw. alternativ sollte festgehalten werden, dass KWK-Anlagen auf Basis von Biomasse nach § 2 BiomasseV den CO2-Emissionswert von 270 g CO2/kWh unterschreiten und dieses Kriterium für den Nachweis als hocheffiziente Anlage damit als erfüllt gilt.

 

2 Zu Artikel 3 Änderung Stromsteuer-Durchführungsverordnung (StromStV)

Die Neuregelung des §9 Absatz 1 Nummer 2 begrüßen wir sehr, da somit klargestellt ist, dass auch Strom, der zur Sicherstellung der Betriebsbereitschaft von Anlagen benötigt wird, als Kraftwerkseigenverbrauch anzusehen ist und daher von der Steuer befreit ist. Trotzdem möchte der BEE eine Erweiterung der Nummer 2 vorschlagen, damit auch folgende Konstellation unter die Nummer 2 subsumiert werden kann:

2.1 Einspeisesituation mit Querlieferungen (Pooling-Parks)

Problematisch bleiben die Stromsteuerbefreiungstatbestände für erneuerbare Parks, in denen mehrere Anlagen von verschiedenen juristischen Personen betrieben werden, welche die Infrastruktur des erneuerbaren Parks gemeinsam nutzen (meist über eine gemeinsame Infrastrukturgesellschaft), alle Anlagen am gleichen Netzverknüpfungspunkt angebunden sind und die Betreiber gemeinsam über die Infrastruktur/Umspannwerksgesellschaft mit Strom aus dem öffentlichen Netz versorgt werden.

Für die weiteren Ausführungen soll dies anhand von Windparks näher erläutert werden, können, aber sich auch auf andere Technologien in einem erneuerbaren Park bzw. auch Mischparks unterschiedlicher erneuerbaren Technologien in einem erneuerbaren Park beziehen.

Diese Anlagen versorgen sich genau wie in jedem anderen Park in bestimmten Situationen mit Strom. Da hierbei aber nicht von einem „Selbstverbrauch“ gesprochen werden kann (verschiedene Anlagen auch über Gesellschaftsgrenzen hinweg, versorgen sich nach Notwendigkeit und Möglichkeit gegenseitig mit Strom, was allerdings in direkter räumlicher Nähe geschieht), würden diese Konstellationen nicht unter die Befreiung der Nummer 2 fallen.

Praktisch bedeutet dies, dass die Anlagenbetreiber, den untereinander gelieferten Strom gegenüber dem Hauptzollamt als stromsteuerpflichtigen Strom melden müssten, um sich anschließend davon befreien zu lassen (ausgehend von der Annahme, diese Konstellation falle unter § 1a Absatz 7 StromStV).  Der überwiegende Teil dieser Stromlieferungen dürfte nach § 9 Absatz 1 Nummer 2 von der Stromsteuer befreit sein. Allein über die einzelnen Verbraucher der Windenergieanlage, z.B. Befahranlage oder Beleuchtung wird aktuell immer wieder mit den Hauptzollämtern gestritten. Aber auch bei diesen Strommengen handelt es sich praktisch um minimale Verbräuche bzw. dienen diese zumindest mittelbar der Sicherstellung der Betriebsbereitschaft der Anlagen.

Auch bezüglich der Verantwortung der Infrastrukturgesellschaften ergeben sich in der Praxis größere Anwendungsprobleme und Verwaltungsaufwände: Es dürften Infrastruktur-/UW-Gesellschaften häufig gemäß § 1a Absatz 1a StromStV für den Bezugsstrom aus dem Netz nicht mehr als Versorger gelten. Sie treten in der Regel gegenüber dem Versorger als Verbraucher auf, leiten Strom nur an Windparkgesellschaften weiter und rechnen ihnen gegenüber ab (Kostenerstattung). Insoweit gelten dann auch die „nachgelagerten“ WEA-Betreiber als Letztverbraucher, § 1a Absatz 4 Nr. 2 StromStV. Das bedeutet, dass für den Strombezug aus dem Netz auch in solchen Konstellationen allein der externe Stromlieferant „stromsteuerrechtlich zuständig“ bleibt. Er hat den Strom dann grundsätzlich versteuert zu liefern. Dies ändert aber ausdrücklich nichts an der Möglichkeit der WEA-Betreiber, für den Bezugsstrom Entlastungsanträge nach § 12a StromStV zu stellen (§ 1a Absatz 1a Satz 3 StromStV), da der Strom hier wiederum zur Stromerzeugung eingesetzt wird.

In der Konstellation der Pooling-Windparks besteht ein hoher Verwaltungsaufwand für die Hauptzollämter und die Betreiber, ohne dass die Hauptzollämter merklich Stromsteuer generieren würden. Dies beruht darauf, dass beide Versorgungsformen – externer Bezug und interner Austausch – stromsteuerlich erfasst und formal bearbeitet werden müssen, was aufgrund der Struktur (Formalisierung und redundante Vorgänge, zudem durch komplexe Anforderungen und Formulare verstärkt, welches ein Mengen- und Qualitätsproblem generiert, das den Steuerpflichtigen oftmals aufgrund formaler Widersprüche oder Fehler in die Situation bringt, dass ihm inhaltlich zustehende Erstattungen nicht gewährt werden) Diese Situation ist unbefriedigend. Es wäre daher sinnvoll, diese Konstellationen auch unter Nummer 2 zu definieren. Dies ist möglich, indem man folgende Ergänzung in den Gesetzestext aufnimmt:

 

Strom, der in Anlagen mit einer elektrischen Nennleistung von mehr als zwei Megawatt aus erneuerbaren Energieträgern erzeugt und

  1. vom Betreiber der Anlage am Ort der Erzeugung zum Selbstverbrauch,
  2. in anderen Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern mit elektrischer Nennleistung von mehr als zwei Megawatt, die über denselben Verknüpfungspunkt mit dem Netz verbunden sind,
  3. von Neben- und Hilfsanlagen der Anlage oder anderer Anlagen zur Stromerzeugung mit einer elektrischen Nennleistung von mehr als zwei Megawatt aus erneuerbaren Energieträgern, die über denselben Verknüpfungspunkt mit dem Netz verbunden sind, entnommen wird.“

Die Erweiterung der Ausnahme der Befreiung von der Stromsteuerpflicht beim „Kraftwerkseigenverbrauch“ auf den beschriebenen Erzeugungssachverhalt würde an die Grundsätze des Stromsteuerrechts anknüpfen und dürfte daher auch aus europarechtlicher Beihilfesicht unproblematisch sein.

Für problematisch halten wir den neuen § 9 Abs. 1b StromStG. U.E. scheint hier eine weitere Unklarheit in das Gesetz eingeführt zu werden, ob versteuert bezogener Strom weiterhin (wenigstens) zur Entlastung i.S.d. § 12 a StromStV angemeldet werden kann. Durch die Verwendung des Wortes unwiderruflich scheint dies ausgeschlossen zu sein, auch wenn dies gem. Begründung nicht die Intention sein soll.

2.2 Weiterbetriebskonstellation / neue Vermarktungsmodelle

Schließlich glauben wir auch, dass insbesondere vor dem Hintergrund des Weiterbetriebes von Windkraftanlagen nach dem Auslaufen der EEG-Vergütung auch eine steuerfreie Drittbelieferung bei sog. „Insellösungen“ notwendig und sinnvoll ist. Bisher gab es nur selten Konstellationen, in denen ein Windpark kein Anschluss an das öffentliche Netz hatte und damit als „Insellösung“ eingeordnet und damit Drittbelieferungen von der Stromsteuer befreit wurden.

Für die Zeit nach der EEG-Vergütung (gerade ab dem Jahr 2020) werden die Anlagenbetreiber neue Vermarktungskonzepte erschließen müssen. Hierzu werden Direktbelieferungen von Dritten zählen. Ohne eine stromsteuerliche Befreiung sind vielfach sinnvolle und praktikable Versorgungsmethoden über direkte Leitungen betriebswirtschaftlich nicht darstellbar.

Wenn die Stromentnahme in diesem Fall aus einer ausschließlich mit Erneuerbaren Energien gespeisten Leitung erfolgt, sollte hier eine Stromsteuerbefreiung gewährt werden.

Dies stünde auch nicht im Widerspruch mit europarechtlichen Regelungen und ist auch unter folgenden Überlegungen sinnvoll: Die Bundesregierung hat sich darauf verständigt, den Anteil Erneuerbarer Energien erheblich zu erhöhen.

Der Ausbau der Windenergie an Land wird beim Erreichen der nationalen Energie- und Klimaziele eine zentrale Rolle spielen. Es wird jedoch nicht ausreichen, lediglich den im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) definierten jährlichen Ausbaupfad zu realisieren. Es bedarf hingegen deutlich größerer Anstrengungen. Denn einerseits wächst der Bedarf an CO2-freiem Strom, da dieser zukünftig auch zur Dekarbonisierung der anderen Sektoren (Wärme, Mobilität, Industrie) herangezogen werden wird. Andererseits werden neue Flächen vielerorts nur zögerlich ausgewiesen und Genehmigungsverfahren verlangsamen sich. Neubauprojekte weisen daher zunehmend eine lange Planungsdauer auf oder werden gar nicht realisiert.

Im Sinne einer effizienten Flächennutzung muss deshalb neben dem Neubau von Anlagen auch ein ambitioniertes Repowering, also der Ersatz alter durch neue Anlagen, angestrebt und der Weiterbetrieb von Windenergieanlagen nach Ende ihrer Vergütungsdauer in den Blick genommen werden.

An Standorten ohne Repoweringoption – etwa, weil die Flächen außerhalb heute definierter Vorranggebiete liegen oder aufgrund restriktiver planungs- und genehmigungsrechtlicher Regelungen wie bspw. erweiterter Abstandsvorgaben – stellt der Weiterbetrieb die einzige Möglichkeit zur weiteren Nutzung der Fläche und dort bestehender Infrastruktur dar.  Windenergieanlagen im Weiterbetrieb weisen auch nach Ablauf ihrer Vergütungsdauer einen beträchtlichen Nutzen für das Gesamtsystem auf. Sie genießen überwiegend eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung, leisten einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz und schonen durch die weitere Nutzung bestehender Infrastruktur Ressourcen. Nicht zuletzt verschafft der Weiterbetrieb Politik und Planungsbehörden Zeit für die Ausweisung neuer Flächen, für die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren und den Ausbau der Netzinfrastruktur.

Ein Weiterbetrieb ist jedoch nur dann möglich, wenn die Betreiber ihre Betriebskosten am Markt erwirtschaften können. Der zuletzt erkennbare Anstieg des Börsenstrompreises hat die Erlössituation zwar verbessert, jedoch lassen sich daraus noch keine verlässlichen Prognosen für die kommenden Jahre ableiten. Es zeichnet sich auch wieder ab, dass sich der Börsenstrompreis wieder auf dem niedrigen Niveau einpegeln wird und es nicht möglich sein, einen großen Teil der Bestandsanlagen rentabel weiterzubetreiben, was zu ihrem Rückbau führen würde.

Der Weiterbetrieb von Windkraftanlagen nach dem Ausscheiden aus der EEG-Vergütung ist daher bereits volkswirtschaftlich und zu Gunsten des Gesamtsystems geboten. Die Anlagen sind ganz überwiegend weiterhin betriebsfähig und können nicht immer durch neue Anlagen ersetzt werden. Durch das Herausfallen aus der EEG-Vergütung kann für die fraglichen Anlagen auch nicht von einer beihilferelevanten Überförderung ausgegangen werden.

Wir schlagen daher folgende finale Formulierung in § 9 Absatz 1 Nummer 1 vor:

„Strom, der in Anlagen mit einer elektrischen Nennleistung von mehr als zwei Megawatt aus erneuerbaren Energieträgern erzeugt und

a. vom Betreiber der Anlage am Ort der Erzeugung zum Selbstverbrauch,

b. in anderen Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern mit elektrischer Nennleistung von mehr als zwei Megawatt, die über denselben Verknüpfungspunkt mit dem Netz verbunden sind,

c. von Neben- und Hilfsanlagen der Anlage oder anderer Anlagen zur Stromerzeugung mit einer elektrischen Nennleistung von mehr als zwei Megawatt aus erneuerbaren Energieträgern, die über denselben Verknüpfungspunkt mit dem Netz verbunden sind, oder

d. aus einer direkten, ausschließlich mit Erneuerbaren Energieträgern gespeisten Leitung entnommen wird.

In der Gesetzesbegründung könnte zusätzlich noch erläutern werden, wann eine „grüne Leitung“ im Sinne des § 9 Absatz 1 Nr. 1  StromStG gegeben ist. Kernpunkte dürften sein, dass weder tatsächlich noch kaufmännisch-bilanziell Graustrom in die Leitung gelangen kann, was zumeist nur bei „echten Insellösungen“ der Fall sein dürfte.

Folgendes Positivbeispiel könnte aufgenommen werden: Windstrom aus einem Park wird an einen Dritten geliefert wird und für den Engpass, dass die Windenergieanlagen nicht genügend Strom produzieren, ein Pflanzenöl-BHKW ersetzend Strom produziert. Dessen Produktion würde etwaigen Stromengpässen der WEA entgegenwirken, sodass immer nur Grünstrom vorhanden ist.

2.3 Absatz 4 StromStG

Betreiber von erneuerbaren Energieanlagen benötigen eine Erlaubnis, wenn sie nach § 9 Absatz 1 Nr. 1 oder Nr. 3 befreiten Strom entnehmen wollen.

Für die weiteren Ausführungen soll dies anhand von Windparks näher erläutert werden, können aber sich auch auf andere Technologien in einem erneuerbaren Park bzw. auch Mischparks unterschiedlicher erneuerbaren Technologien in einem erneuerbaren Park beziehen

Gemäß § 2 i.V.m. § 1a Absatz 7 könnten viele Windanlagenbetreiber aber eine Erlaubnis nicht beantragen, könnten den Strom nicht bereits steuerbefreit verbrauchen, sondern müssten diesen wiederum anmelden und nachträglich entlasten lassen. Dies widerspräche dem Zweck der Novelle, eine Verwaltungsvereinfachung herbeizuführen.

Strom, der nach Nummer 1 von der Stromsteuer befreit ist, sollte daher unabhängig von der Einordnung als „Klein-Versorger“ nach § 1a Absatz 7 StromStV bei Vorliegen einer entsprechenden Erlaubnis nach § 9 Absatz 4 StromStG steuerfrei entnommen werden können.

Die Entlastungstatbestände des § 12a StromStV sollten dann lediglich als Möglichkeit herangezogen werden können, wenn die Beantragung einer Erlaubnis versäumt wurde.

Die in § 12a Absatz 3 StromStV aufgeführte Regelung, wonach zukünftig bei Inanspruchnahme der Stromsteuerbefreiung nach § 9 Absatz 1 Nr. 2 StromStG eine Pauschale angesetzt werden kann soll nun mit Streichung des Satzes 3 entfallen. Die Regelung, Pauschalen ansetzen zu können war eine deutliche Erleichterung und Verringerung des bürokratischen Aufwandes. Zweck dieser Bestimmung war die Verringerung von Bürokratie und eine Verwaltungsvereinfachung.

Dieser Zweck wäre erreicht worden, wenn

1.die vorangehende Steueranmeldung erleichtert wird durch Pauschalangaben und

2.die Angabe der Pauschale auch bedeutet, dass sich der Anlagenbetreiber dann nicht mehr mit dem zuständigen Hauptzollamt über die verschiedenen Stromverbraucher (und ob diese den Strom zur Stromerzeugung verbrauchen) auseinandersetzen muss.

Zu Punkt 1. – Steueranmeldung:

Aktuell werden viele WEA-Betreiber von den HZA regelmäßig unter § 1a Absatz 7 StromStV subsumiert. Dieser lautet wie folgt (sog. „Klein-Versorger“):

„Für Strom, der in Anlagen mit einer elektrischen Nennleistung von mehr als 2 Megawatt aus Windkraft, Biomasse oder Sonnenenergie erzeugt wird, gilt Absatz 6 mit der Maßgabe entsprechend, dass derjenige, der den Strom erzeugt, auch für den erzeugten und zum Selbstverbrauch entnommenen Strom als Versorger gilt.“

§ 1a Absatz 6 besagt für Betreiber von Anlagen mit einer installierten Leistung von unter 2 MW:

„Wer

1. Strom innerhalb einer Kundenanlage in Anlagen mit einer elektrischen Nennleistung von bis zu 2 Megawatt erzeugt,

2. diesen Strom an Letztverbraucher ausschließlich innerhalb dieser Kundenanlage leistet und

3.darüber hinaus ausschließlich nach § 3 des Gesetzes zu versteuernden Strom ausschließlich von einem im Steuergebiet ansässigen Versorger bezieht und diesen ausschließlich innerhalb dieser Kundenanlage leistet,

gilt nur für den erzeugten und dann geleisteten Strom als Versorger. Für den bezogenen Strom gilt er als Letztverbraucher im Sinne des § 5 Absatz 1 Satz 1 des Gesetzes. Wird der bezogene Strom innerhalb dieser Kundenanlage geleistet, so gelten die Absätze 1a und 4 Nummer 2 entsprechend.“

Eine Einordnung als „Klein-Versorger“ nach § 1a Absatz 6 und 7 StromStV hat für den Betreiber verschiedene Rechtsfolgen. So braucht er dann keinen Versorgerschein mehr, sondern „nur noch“ eine Tätigkeitsanzeige beim Hauptzollamt, § 2 Absatz 3 StromStV. Die diesbezüglichen Formulare (1412, 1412a) sind jedoch überaus komplex und fordern umfassende Informationen vom Anlagenbetreiber. Sie sind jedenfalls nicht deutlich schlanker ausgestaltet, als die Formulare zur Beantragung einer „vollen“ Versorgererlaubnis (Formulare 1410, 1410a).

Zudem gelten leicht vereinfachte Dokumentations- und Aufzeichnungspflichten, vgl. § 4 Absatz 8 StromStV. Außerdem ist der Betreiber für den vom Stromlieferanten aus dem Netz bezogenen Strom nicht mehr „stromsteuerrechtlich zuständig“, wie er es als Versorger eigentlich wäre (vgl. § 5 StromStG und die diesbezüglichen obigen Ausführungen). Der Betreiber muss dann nicht mehr den Bezugsstrom zur Steuer anmelden, sondern kann die Steuer wie ein normaler Verbraucher an den Stromlieferanten entrichten. Dieser muss sich dann um die Abwicklung mit dem Hauptzollamt kümmern.

Es bleibt aber auch bei einer Einordnung als „Klein-Versorger“ dabei, dass man für die vor Ort erzeugten und verbrauchten Strommengen zuständig bleibt. Das schreiben § 1a Absatz 6 und 7 StromStV ausdrücklich vor. Es müssen also auch weiterhin jährliche Steueranmeldungen bezüglich der selbst erzeugten und verbrauchten bzw. an Dritte abgegebenen Strommengen abgegeben werden und die Steuer hierfür entrichtet werden. Zudem muss eine plausibilisierte Abschätzung des Stromverbrauchs der Einzelanlage gemeldet werden. Es handelt sich bei der Klein-Versorger-Regelung also lediglich um eine Ausnahmeregelung für bestimmte Strommengen (Netzbezug). Nicht etwa stellen die Regelungen die Betreiber ganz generell von ihren stromsteuerrechtlichen Pflichten frei.

Die wohl bedeutsamste Rechtsfolge der Einordnung als „Klein-Versorger“ ist für viele Betreiber aber sicherlich folgende: Nach § 12 Absatz 4 StromStV ist dann nur noch eine Steuerbegünstigung in Form einer nachträglichen Steuerentlastung von bereits versteuerten Strommengen möglich (§ 12a StromStV). Die Steuerentlastung wird lediglich auf Antrag gewährt (Formular 1454), und zwar nur, wenn die entsprechenden Strommengen zunächst angemeldet und versteuert wurden.

Erst anschließend kann der Betreiber sich die Stromsteuer über den Entlastungsantrag zu-rückholen. Praktisch bedeutet dies, dass betroffene Anlagenbetreiber sehr aufwendig Strommengen angeben müssen, von deren Besteuerung sie am Ende ohnehin befreit werden.

So wird in der Betriebserklärung beispielsweise abgefragt, wieviel Strom die Anlage (von ihrem selbst erzeugten Strom) während des Betriebs verbraucht und ähnliches. Ähnlich komplexe und teilweise kaum sinnvoll zu beantwortende Angaben finden sich in den Formularen zur Anzeige der Tätigkeit als Klein-Versorger.

Daher wäre die Einführung von Pauschalen auch für die Angabe von Strommengen in der Steueranmeldung sinnvoll und würde der Intention des Gesetzgebers Bürokratieabbau zu fördern entsprechen.

Alternativ ließe sich das ganze Verfahren auch dadurch verschlanken und entbürokratisieren, in dem zum einen die internen Querlieferungen grundsätzlich von der Stromsteuer befreit würden. Zum anderen könnte auf den Außenbezug pauschal ein Abzug von der Stromsteuer definiert werden, mit dem betriebsfremde Verbräuche erfasst würden – etwa 10 Prozent des rechnerischen Betrags der Stromsteuer auf den Außenbezug. Wenn diese pauschale Erfassung vom Versorger sogleich erfasst und abgeführt würde, der Rest der Stromsteuer sogleich erlassen würde, würde der Verwaltungsaufwand auf beiden Seiten deutlich verringert. Wenn mit der Betriebsaufnahme der Betreiber sicherstellt, dass seine Anlagen als stromerzeugende Anlagen von der Stromsteuer befreit sind (Anmeldung beim Hauptzollamt), könnte das Verfahren darauf reduziert werden, dass der Versorger mit der Lieferung zugleich 10 Prozent der rechnerisch erfassten Stromsteuer berechnet und an das HZA abführt. Alle weiteren Meldungen und Anträge könnten dann unterbleiben. Sollte es aus hier nicht zu diskutierenden Gründen notwendig sein, Mengen etwa zum Selbstverbrauch zu melden, könnten solche Meldungen durch Pönalen erzwungen werden. Die Mengen könnten zudem durch anlagenspezifische Pauschalen plausibilisiert werden.

Erläuterndes Fallbeispiel zu § 1a Absatz 7 StromStV:

Insbesondere wenn der Windpark lediglich von einer juristischen Person betrieben wird und keine Drittlieferungen erfolgen, vertreten wir die Auffassung, dass § 1a Absatz 7 StromStV bereits nicht anwendbar ist. Da Absatz 7 auf Absatz 6 verweist und nach Auffassung des BWE hier nicht nur ein Rechtsfolgenverweis vorliegt, müssten auch die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 6 vorliegen (Wortlaut der Norm vgl. oben). Bei einem Windpark mit nur einem Betreiber und keinen Drittverbrauchern kann aber schlecht von einer „Kundenanlagen“ im energiesteuerrechtlichen Sinne gesprochen werden.

Wir würden auch hier eine Klarstellung sehr begrüßen.

Zu Punkt 2 – Klarstellung Umfang der Pauschale:

Wir würden anstelle einer Streichung des §12a Absatz 3 Satz 3 daher folgende Formulierung des aktuellen § 12a Absatz 3 Satz 3 StromStV vorschlagen:

„Bei der Geltendmachung der Steuerbegünstig nach § 9 Absatz 1 Nr. 2 StromStG kann der Steuerschuldner wahlweise folgende Pauschalen in Bezug auf die im Entlastungsabschnitt erfolgte Bruttostromerzeugung der jeweiligen Stromerzeugungsanlage geltend machen:

  1. Für Strom, der aus Windkraft erzeugt wird: x Prozent (…)

Dies würde zu einem erheblichen Bürokratieabbau beitragen und damit eine deutliche Vereinfachung im Umgang mit dieser Thematik erlauben. Im Bezug auf die Bewertung sinnvoller Prozentsätze zur Abbildung der Realität zu den steht der BEE gemeinsam mit seinen Spartenverbänden sehr gerne als Ansprechpartner zur Verfügung.

Der Versuch der Bürokratieentlastung gegenüber „Klein-Versorgern“ wiegt o.g. Probleme leider nicht ansatzweise auf, da „Kleinversorger“ die steuerfreien Mengen dennoch erfassen und bereithalten für den Fall, dass das HZA die Anmeldung wünscht.

Portraitbild von Dr. Matthias Stark
Ansprechpartner*in

Dr. Matthias Stark
Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE)
Leiter Fachbereich Erneuerbare Energiesysteme


E-Mail an Dr. Matthias Stark schreiben
0151 17123012


weitere Beiträge dieses Autors ansehen

Verwandte Artikel

11.04.2024
Metalltreppe in der Biogasanlage Wollbrandshausen von Nahem
BEE-Stellungnahme zum Green Paper des BMWK zur Transformation der Gas-/Wasserstoffverteilernetze

BEE-Stellungnahme zum Green Paper des BMWK zur Transformation der Gas-/Wasserstoffverteilernetze vom 14.03.2024

Mehr lesen
11.04.2024
Stromleiter vor einem blauen Himmel und roten Lichtern mit weißen eingezeichneten Verbindungspunkten
BEE-Studie zu Netzverknüpfungspunkten

Deutschland sitzt auf einem gewaltigen Schatz ungenutzter Kapazitäten für den Netzanschluss von Erneuerbaren-Kraftwerken. Das zeigt die Studie zur…

Mehr lesen
31.01.2024
Stromtrasse mit Windrädern vor Sonnenuntergang im Hintergrund
BEE-Stellungnahme zum Eckpunktepapier der BNetzA zur gerechteren Verteilung von EE-bedingten Netzkosten

Bewertung des Eckpunktepapiers „Festlegung zur Verteilung von Mehrkosten aus der Integration von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren…

Mehr lesen

Logo des BEE e.V.
Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE)
EUREF-Campus 16
10829 Berlin
Telefon: +49 30 275 8170 0
Telefax: +49 30 275 8170 20
E-Mail: info(at)bee-ev.de

Bundesverband Erneuerbare Energie e.V.

Als Dachverband vereint der Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE) Fachverbände und Landesorganisationen, Unternehmen und Vereine aller Sparten und Anwendungsbereiche der Erneuerbaren Energien in Deutschland. Bei seiner inhaltlichen Arbeit deckt der BEE Themen rund um die Energieerzeugung, die Übertragung über Netz-Infrastrukturen, sowie den Energieverbrauch ab.

Der BEE ist als zentrale Plattform aller Akteur:innen der gesamten modernen Energiewirtschaft die wesentliche Anlaufstelle für Politik, Medien und Gesellschaft. Unser Ziel: 100 Prozent Erneuerbare Energie in den Bereichen Strom, Wärme und Mobilität.

Cookies