Der Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE) begrüßt die Möglichkeit zur Kommentierung der Stromspeicherstrategie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) vom 08.12.2023 und nimmt hierzu wie folgt Stellung.
Mit der BMWK-Stromspeicherstrategie liegt nunmehr ein Dokument vor, das die geplanten Maßnahmen der Bundesregierung zum notwendigen Ausbau der Stromspeicherkapazitäten und deren Systemintegration zusammenführt. Die genannten Maßnahmen und Handlungsfelder sind aus Sicht des BEE überwiegend sinnvoll und zielen in die richtige Richtung.
Bedauerlich ist jedoch, dass die Stromspeicherstrategie an vielerlei Stellen im Vagen verbleibt und konkrete Zuständigkeiten und Zeitpläne für die Umsetzung einzelner Maßnahmen vermissen lässt. Das vorliegende Dokument kann daher aus Sicht des BEE nur ein Anfang sein. So sollte sich die in Kapitel 3.14. angesprochene Versachlichung und Konkretisierung nicht nur auf die lobenswerte, angestrebte Neumodellierung der „Langfristszenarien für die Transformation des Energiesystems in Deutschland“ mit stärkerem Batteriewachstum beziehen, sondern auch auf alle anderen Prozesse und Zuständigkeiten. Zu diesem Zweck schlägt der BEE vor, einen “Branchendialog Stromspeicherausbau und -integration” einzuberufen, in dem das BMWK mit der Branche die notwendigen nächsten Schritte in einem regelmäßig stattfindenden Format diskutieren kann.
Die Nutzung aller Flexibilitäten ist von größter Wichtigkeit für die Integration der fluktuierenden Erneuerbaren Energien (EE), also insbesondere von Wind und PV, und damit für den Erfolg der Energiewende. Unverständlich ist deshalb, warum das BMWK bei der Auflistung der aus seiner Sicht zukünftig “dominierenden” Quellen der Stromversorgung die Bioenergie, die Wasserkraft und auch die Geothermie als flexibel einsetzbare Stromerzeugungstechnologien unerwähnt lässt. Importe von erneuerbarem Strom und Kraftwerke zur Rückverstromung grünen Wasserstoffs, die aus Sicht des BEE nur eine untergeordnete Rolle spielen sollten, werden hingegen an dieser Stelle vom BMWK explizit genannt.
Unzweifelhaft ist jedoch, dass Stromspeicher durch ihre Fähigkeit mit höchster Effizienz zeitflexibel Strom aus dem Netz zu entnehmen und wieder einzuspeisen neben den oben genannten anderen Flexibilitäten wie bspw. der Bioenergie eine besonders wichtige Flexibilitätsoption darstellen und deren Ausbau und Systemintegration für den Erfolg der Energiewende von größter Bedeutung ist.
In der von den Fraunhofer-Instituten IEE und ISE durchgeführten und vom BEE in Auftrag gegebenen Strommarktdesignstudie wurde nachgewiesen, dass schon ein leicht zu geringer Ausbau an Flexibilitäten bereits einen großen Einfluss auf die Marktwerte der Erneuerbaren Energien hätte.1 So würden bei einer zu geringen Verfügbarkeit von Flexibilitäten wie bspw. Stromspeichern insbesondere die Zeiten mit negativen Strompreisen und damit die §51-EEG-Energiemengen deutlich ansteigen, was die Betriebswirtschaftlichkeit der betroffenen Anlagen enorm einschränken würde. Die Gefährdung der Betriebswirtschaftlichkeit von EE-Projekten im Allgemeinem hätte wiederum hohe volkswirtschaftliche Kosten zur Folge.
Im Folgenden sollen beispielhaft einige der in der Stromspeicherstrategie angesprochenen Handlungsfelder und Maßnahmen aufgegriffen und bewertet werden. Der BEE macht jedoch darauf aufmerksam, dass es für einen erfolgreichen Hochlauf und eine Systemintegration von Stromspeichern nicht genügt, ein Bündel an Einzelmaßnahmen zu implementieren, sondern dass diese in eine größere Gesamtstrategie, die alle Teile des Energiesystems umfasst, eingebunden sein müssen.
Eine EE-Anlage mit Batteriespeicher versetzt ihren Besitzer nicht nur in die Lage, den selbst produzierten Strom effektiver zu nutzen und bedarfsgerecht einzuspeisen, sondern eröffnet auch die Option, Netzdienstleistungen zu erbringen. Die innovative, vielfältige Nutzung von Speichern („Multi-Use-Speicher“) ist aber momentan im EEG und EnWG nicht vorgesehen.
Nach aktueller Rechtslage kann nämlich nur für Strom aus Stromspeichern, die ausschließlich Strom zwischenspeichern, der aus erneuerbaren Energien oder Grubengas stammt, die EEG-Förderung in Anspruch genommen werden, vgl. § 3 Nr. 1 EEG. Dieses sogenannte Ausschließlichkeitsprinzip findet sich zudem in § 19 Abs. 1 EEG 2023, der den Anspruch auf eine Förderung ebenfalls vom ausschließlichen Einsatz Erneuerbarer Energien abhängig macht.
Zuletzt ist in § 13 Abs. 4 InnAusV geregelt, dass bei Anlagenkombinationen, die eine Förderung auf Basis eines Zuschlages aus den Innovationsausschreibungen gelten machen möchten (§ 39n EEG 2023), der zwischengespeicherte Strom ausschließlich in den anderen Anlagenteilen erzeugt werden darf.
Dieser Förderanspruch für den zwischengespeicherten Strom entfällt, sobald der Speicher neben dem Speichern von selbst produziertem Grünstrom für netzdienliche Flexibilitätsdienstleistungen wie z. B. Regelenergie genutzt wird. Da beim Anbieten von Netzdienstleistungen (kurzzeitig) Netzstrom (Graustrom) in den Speicher geladen wird, ist die vom EEG geforderte „Ausschließlichkeit“ nicht mehr gewährleistet. Kunden mit Solaranlage und Speicher dürfen ihren EE-Strom zwar nach wie vor speichern und auch danach noch verbrauchen. Sie verlieren jedoch den Anspruch auf eine Förderung für den später wieder in das Netz eingespeisten EE-Strom, sobald sie mit ihrem Speicher zusätzlich weitere Netzdienstleistungen anbieten, etwa das Erbringen von Regelenergie. Bereits kleinste Mengen Netzstrom (Graustrom), die in den Speicher gelangen, lassen den gesamten dort in einem Kalenderjahr gespeicherten Grünstrom „ergrauen“ („Ergrauen des Grünstroms“). So entsteht ein Zielkonflikt hinsichtlich der zwei wichtigsten Funktionen von Speichern im Energiesystem: Sie sollen erstens emissionsfreien Strom zur Verfügung stellen, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht. Sie sollen zweitens das Netz stabilisieren. Beides ist technisch gemeinsam möglich. Aufgrund des Ausschließlichkeitsprinzips müssen sich Speicher heute aber für eine der beiden Funktionen entscheiden. Das ist nicht zielführend und verteuert die Energiewende unnötig.
Gemäß Art. 21 Abs. 2 lit. a. RED II (Renewable Energy Directive II) soll der Gesetzgeber zudem sicherstellen, dass Betreibern von Speicheranlagen das Recht zukommt, ihren eigenen Erneuerbaren Strom selbst zu erzeugen, zu speichern und auch danach noch als Erneuerbare Energie zu verkaufen. Zugleich sollen sie gemäß Art. 15 Abs. 5 lit. d) auch das Recht haben, mit ihrem Speicher mehrere Dienstleistungen gleichzeitig zu erbringen – wie etwa Netzdienstleistungen. Die deutsche Rechtslage, nach der der Erzeuger von Erneuerbarer Energie sich zwischen „Grünstrom speichern und später nutzen” oder „mit dem Speicher Netzdienstleistungen erbringen” entscheiden muss, ist damit nicht mehr vereinbar.
BEE-Empfehlung:
Aufgrund der grundlegenden Bedeutung für die Marktteilnahme der einfachen Haushaltskunden mit Solaranlagen und Speichern sollten der § 19 Abs. 3 EEG und der § 13 Abs. 4 InnAusV wie nachfolgend dargestellt geändert werden. Nur so ist sichergestellt, dass Speicher die zentrale Funktion, die ihnen die Richtlinie für die Energiewende zuweist, auch in der Praxis effektiv entfalten können.
Im Übrigen bleibt die Grundstruktur, nämlich, dass das Ausschließlichkeitsprinzip in Bezug auf die Definition des Begriffs der „Anlage“ in § 3 Nummer 1 EEG gilt, erhalten. So werden Multi-Use-Speicher im Gegensatz zu reinen EE-Speichern keine EEG-Anlagen (§ 3 Nummer 1, zweiter Halbsatz EEG), die Änderung betrifft also nur die entsprechenden Grünstrommengen. Weitere, nicht auf die Förderung des Stroms bezogene Privilegien des EEG, z. B. in Bezug auf den vorrangigen Netzanschluss- und Netzzugang, können für Multi-Use-Speicher nicht in Anspruch genommen werden. Es wird angeregt, hierfür an anderer Stelle, z. B. in einer Netzzugangsverordnung für Speicher, eigene, speziell auf Speicher zugeschnittene Regelungen zu schaffen.
Konkret schlägt der BEE folgende Änderung des § 19 Abs. 3 EEG vor (Änderungsempfehlungen im Fettdruck):
(3) Der Anspruch nach Absatz 1 besteht auch, wenn der Strom vor der Einspeisung in ein Netz zwischengespeichert worden ist, wobei der Stromspeicher nicht ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energien aufnehmen muss. In diesem Fall bezieht sich der Anspruch auf die Strommenge, die aus erneuerbaren Energien stammt und aus dem Stromspeicher in das Netz eingespeist wird. Die Höhe des Anspruchs pro eingespeister Kilowattstunde bestimmt sich nach der Höhe des Anspruchs, der bei einer Einspeisung ohne Zwischenspeicherung bestanden hätte. Der Anspruch nach Absatz 1 besteht auch bei einem gemischten Einsatz mit Speichergasen. Die Sätze 1 bis 4 sind für den Anspruch nach Absatz 1 Nummer 3 entsprechend anzuwenden.
Mit der Einführung des § 39 EEG 2019 wurden Innovationsausschreibungen ins Leben gerufen. Mithilfe dieses Instruments sollen neue technische Konzepte und Ansätze der Förderung Erneuerbarer Energien erprobt werden. Insbesondere sollen netz- und systemdienliche Anlagenkombinationen unter Einbindung von Speicherlösungen gefördert werden.6 Das Konzept der Innovationsausschreibung birgt großes Potential, neue Geschäftsmodelle an der Schnittstelle von Versorgungssicherheit und Netzstabilisierung zu pilotieren.
Mit dem EEG 2023 wurde eine wichtige Änderung bezüglich der Innovationsausschreibungen vorgenommen: Die fixe Marktprämie wurde auf eine gleitende umgestellt, ohne jedoch den Höchstwert entsprechend anzupassen. Zwar hat die Bundesnetzagentur – wie für die anderen Anlagensegmente auch – den Höchstwert um 25 Prozent angehoben. Dies war jedoch entsprechend der Anhebung der Höchstwerte der anderen Segmente lediglich ein Ausgleich der gestiegenen Anlagen- und Zinskosten und kein Ausgleich für die Vergütungssenkung im Rahmen der Förderumstellung. Zudem ist die Anhebung auf zwölf Monate befristet.
Der BEE macht zudem darauf aufmerksam, dass die vergangenen Ausschreibungen sehr unterschiedlich verlaufen sind. Während die beiden Ausschreibungsrunden im Dezember 2022 und Mai 2023 stark unterzeichnet waren, hat sich die Situation mit der letzten Ausschreibungsrunde im September 2023, in der das Ausschreibungsvolumen voll ausgeschöpft wurde, wieder verbessert.
Bei den bezuschlagten Projekten aus der letzten Ausschreibungsrunde handelt es sich jedoch ausschließlich um PV-Speicher-Kombinationen. Seit Einführung der Innovationsausschreibungen im Jahr 2020 wurde zudem lediglich ein Projekt mit Windbeteiligung bezuschlagt. Die im Vergleich zur Photovoltaik unterschiedliche Kostenstrukturen bei Windprojekten hat somit zu einem faktischen Ausschluss dieser Technologie von diesem Förderinstrument geführt, ein Umstand, der bei der angestrebten Weiterentwicklung der Innovationsausschreibungen besondere Berücksichtigung erfahren sollte.
Des Weiteren führt die derzeitige Regelung, dass der Speicher ausschließlich Strom aus der angeschlossenen erneuerbaren Quelle beziehen darf, dazu, dass der ökonomische Nutzen von Batteriespeichern massiv eingeschränkt wird und die Einsatzmöglichkeiten begrenzt bleiben. Daher ist es von enormer Bedeutung Innovationsausschreibungen dahingehend weiterzuentwickeln, den Anlagen die Möglichkeit zu geben, Regelenergie anzubieten, indem sie zusätzlich Strom aus dem Netz beziehen dürfen.
BEE-Empfehlung:
Der BEE begrüßt die in seiner vorliegenden Speicherstrategie geäußerte Absicht des BMWK, die Anreize für erzeugungsnahe Speicher im Rahmen von Innovationsauschreibungen zu überprüfen und zu erweitern. Diesbezüglich hat der BEE folgende konkrete Handlungsempfehlungen:
Solche getrennten Ausschreibungen für Wind-Speicher-Kombinationen würden eine stärkere Beteiligung der Windenergie an den Innovationsausschreibungen ermöglichen, und zur Folge haben, dass mehr Speicherlösungen geschaffen werden, welche wiederum die notwendige Diversifizierung unserer Stromerzeugung begünstigen. Diversifizierung erhöht die gesamte Systemstabilität und reduziert volkswirtschaftliche Kosten durch weniger Redispatch-Eingriffe
Zurückzuführen ist die derzeit technologieneutrale Ausgestaltung der Ausschreibungen auf das im europäische Beihilferecht, insbesondere die Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien der EU-Kommission (KUEBLL). Diese schreiben vor, dass technologieneutrale Ausschreibungen die Regel sind, und Abweichungen davon begründet und von der EU-Kommission genehmigt werden müssen.
Separate Ausschreibungen können jedoch unter bestimmten Umständen von der EU-Kommission genehmigt werden. Dies insbesondere der Fall sein, “wenn sich einerseits aufgrund struktureller Unterschiede und Kostenstrukturen im Vergleich der jeweiligen Erzeugungstechnologien immer dieselbe Technologie durchsetzen würde, andererseits aber der Mitgliedstaat, etwa aus Gründen der Diversifizierung oder wegen Netzeinschränkungen und der Netzstabilität, auf eine ausgewogene Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien angewiesen”2 ist. Beide Tatbestände treffen auf die derzeitige Situation zu.
Beihilferechtlich begründete und notwendige technologiespezifische Ausschreibungen sind daher dringend geboten. Die Vorgabe, dass der Netzstrombezug durch an Innovationsausschreibungen teilnehmende Anlagenkombinationen nicht gestattet ist, sollte darüber hinaus zurückgenommen werden. Eine sinnvolle Weiterentwicklung in diesem Zusammenhang, wäre die Streichung des § 13 Abs. 4 Innovationsausschreibungsverordnung. Eine solche Anpassung würde es ermöglichen, Speicher vielseitiger einzusetzen und ihre Flexibilität optimal für das Stromsystem zu nutzen. Diese Überarbeitung ist dringend geboten und durch moderne Messtechnologien umsetzbar. Diese ermöglichen es, den Anteil regenerativ erzeugten und zwischengespeicherten Stroms genau zu differenzieren.
Im Rahmen der Innovationsausschreibungen sollte den Anlagen dringend die Möglichkeit zum Strombezug aus dem Netz eingeräumt werden. Nur so können sie beispielsweise Regelenergie anbieten und zur Systemstabilität beitragen.
Ein weiteres Hindernis für die Marktintegration von Stromspeichersystemen ist die Regelung in
§ 118 Abs. 6 EnWG. So sind gemäß diesem Paragrafen Stromspeicher für einen Zeitraum von 20 Jahren ab Inbetriebnahme von den Netzentgelten befreit. Zwar wurde mit Beschluss des Deutschen Bundestages vom 10.11.2023 die Frist um bis zu 3 Jahre verlängert, nämlich für bis zum 4. August 2029 in Betrieb genommene Speicher. Jedoch wurden weitergehende Festlegungen auch schon vor Ablauf dieser Frist der Bundesnetzagentur überlassen. Um die für Investitionen nötige Rechtssicherheit zu erreichen, ist aber eine dauerhafte Entfristung der Befreiung von Netzentgelten nötig.
Stromspeichern kann eine relevante Rolle in der Energiewende nur dann zukommen, wenn gespeicherter Strom nicht per Definition gegenüber unmittelbar erzeugtem Strom wirtschaftlich benachteiligt ist. Denn auf unmittelbar erzeugten Strom werden keine Netzentgelte erhoben. Zuvor gespeicherter Strom wäre dagegen stets mit etwa 80 EUR Netzentgelt pro MWh belastet. Die fossilen Erzeuger wären damit stets uneinholbar gegenüber den Speichern im Vorteil. Eine generelle Befreiung von Netzentgelten bei Stromspeichern entspricht auch dem EU-rechtlich verankerten Ziel und der dortigen Definition von Speichern als neue eigene Säule im Stromsystem.BEE-Empfehlung:
Konkret schlägt der BEE folgende Änderung des § 118 Abs. 6 EnWG vor. § 118 Abs. 6 EnWG entfiele in seiner jetzigen Form und würde ersetzt durch die folgende Formulierung:
6) Energiespeicheranlagen sind hinsichtlich des Bezugs der zu speichernden elektrischen Energie von den Entgelten für den Netzzugang freigestellt. Die Freistellung nach Satz 1 wird nur in dem Umfang gewährt, in dem die elektrische Energie zur Speicherung in einer Energiespeicheranlage aus einem Transport- oder Verteilernetz entnommen und die zur Ausspeisung zurückgewonnene elektrische Energie zeitlich verzögert wieder in das Netz eingespeist wird.
Das BMWK nennt in seiner Stromspeicherstrategie nicht kalkulierbare Kosten für den Netzanschluss bereits als klares Hemmnis für einen schnelleren Hochlauf von Großbatteriespeichern. Auch wird darauf hingewiesen, dass derzeit eine regionale Verteilung von Speicherkapazitäten angereizt wird, die den Anforderungen an das Gesamtsystem nicht gerecht wird.
Der BEE will die Einschätzungen des BMWK in diesem Zusammenhang und die Notwendigkeit zu rechtlichen Änderungen in diesem Bereich voll unterstützen. Den Anforderungen an Baukostenzuschüsse mangelt es an Transparenz und Einheitlichkeit. So ist die Höhe des Baukostenzuschusses über Deutschland hinweg sehr unterschiedlich verteilt und im Süden des Landes typischerweise deutlich höher als im Norden. Für einen Speicher mit 100 MW Anschlussleistung variiert der zu zahlende Baukostenzuschuss zwischen ca. 5 Mio. Euro in Norddeutschland und 14 Mio. Euro in Süddeutschland.3 In der Praxis ist es nicht möglich, verlässliche Prognosen über einen (ggfs. sehr teuren) Baukostenzuschuss zu treffen. Dies führt zu großer Investitonsunsicherheit und erschwert den effektiven Einsatz von Speichersystemen. In jedem Fall jedoch macht der Baukostenzuschuss einen erheblichen Teil der Investitionskosten aus und stellt viele Bauvorhaben, insbesondere im süddeutschen Raum, in Frage.
Die Erhebung von Baukostenzuschüssen für Batteriegroßspeicher ist zudem ganz grundsätzlich nicht nachvollziehbar, wenn diese Speicher sich nicht negativ auf den Netzausbau auswirken. Beim Baukostenzuschuss handelt es sich laut BNetzA “um eine einmalige Zahlung für den Ausbau des allgemeinen Netzes, die im Rahmen der Anschlusserstellung an den Netzbetreiber zu entrichten ist.” So stellt der Baukostenzuschuss “einen verursachungsorientierten Beitrag für die erstmalige Bereitstellung und Vorhaltung einer definierten Netzanschlussleistung des Anschlussnehmers dar. Mit dem Baukostenzuschuss sollen Kosten gedeckt werden, die für die Erstellung und Verstärkung der örtlichen Verteileranlagen einschließlich der Transformatorenstationen anfallen.”4
Batteriegroßspeicher werden jedoch, in Abstimmung mit den Netzbetreibern, ausschließlich an leistungsfähigen Netzknotenpunkten gebaut. Die Speicher belasten die Netze in der Regel nicht zusätzlich, sondern entlasten sie. Insgesamt nehmen die Kosten für allgemeine Netzausbaumaßnahmen durch den Bau von Batteriegroßspeichern eher ab, nicht zu. Die Erhebung von Baukostenzuschüssen für Batteriegroßspeicher ist deshalb in Fällen, in denen es zu einer Entlastung des Netzes durch den Bau kommt, nicht gerechtfertigt.
Die vorliegende Stromspeicherstrategie formuliert die Absicht, zu prüfen, ob § 8 EEG (Netzanschlussvorrang für „Grünstromspeicher“) auf alle Energiespeicher ausgeweitet werden soll. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass eine solche Öffnung nur für Energiespeicher gelten darf, die systemdienlich agieren, also solche, die das System entlasten, Netzkosten verringern und EE-Fluktuationen mildern.
Darüber hinaus können Netzanschlüsse am effizientesten genutzt werden, wenn sie von PV-, Windkraft- und Speicheranlagen gemeinsam genutzt werden. Solche hybriden Netzverknüpfungspunkte senken Netzausbaukosten und tragen zu mehr Systemstabilität bei. Der BEE ist der Überzeugung, dass nur durch die Verbindung von erneuerbaren Erzeugungstechnologien und Speichern an der Quelle, also vor dem Netz, die Systemstabilität gewahrt werden und die Netzentgelte beherrschbar bleiben können.
Des Weiteren sollte der Netzanschlussprozess unbedingt ganzheitlich gedacht und digitalisiert werden. Dazu zählt der physische Netzanschluss vor Ort inklusive aller nötigen Dokumente, sowie der darauffolgende IT-seitige Netzanschluss (bspw. die Umstellung auf die ¼ stündliche Bilanzierung).
Der BEE begrüßt grundsätzlich das Bestreben, die Akzeptanz von EE-Projekten vor Ort gezielt zu stärken. In Fällen, in den Kommunen bereits aufgrund von erneuerbaren Anlagenparks auf ihrem Territorium von finanziellen Ausgleichszahlungen nach § 6 EEG profitieren, sollte jedoch auf zusätzliche finanzielle Kompensationen nach § 6 EEG für die begleitenden Stromspeicher verzichtet werden.
BEE-Empfehlung:
Der BEE begrüßt, dass das BMWK auch Maßnahmen zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren von Batteriespeichern umsetzen will.
Hierbei sollte zum einen das Wegenutzungsrecht für die Verlegung von Netzanschlusskabeln betrachet werden: Gemäß Gesetzentwurf zum Solarpaket (§ 11a EEG-E) soll ein solches Recht, inklusive der Festlegung der einmaligen Entschädigung in Höhe von 5 Prozent des Verkehrswerts der Fläche des Schutzstreifens, für EE-Anlagen eingeführt werden. In § 11b wird zudem das Recht zur Überfahrt zur Errichtung von EE-Anlagen geschaffen, welches sich jedoch bisher nur auf die Errichtung von Windkraftanlagen begrenzt. Der BEE begrüßt diese für die Verfahrensbeschleunigung und Kostensenkung zentrale Maßnahme. Batteriespeicher, die nicht in unmittelbarer zu einem EE-Park errichtet werden, werden von dem bisherigen Regelungsvorschlag nicht erfasst. Solch große Potentiale zur Beschleunigung der Projektierungszeiten durch Bürokratieabbau sollten genutzt werden.
Um unverhältnismäßige bauliche Anforderungen beim Ausbau der Speicherkapazitäten zu beseitigen, sollten außerdem die EltBauVO sowie das BauGB an den entsprechenden Stellen angepasst werden. Die Sicherheitsvorschriften der EltBauVO schießen weit über das Ziel und stellen eine neue bürokratische und dazu kostenintensive technische Hürde für den Ausbau von Speichereinheiten im Privat- und Kleingewerbesegment dar. Die bisherige Nichtberücksichtigung von Speichereinheiten im § 35 BauGB Abs. 1 ist zudem nicht nachvollziehbar.
Die Ausgestaltung der neuen Beschaffungssysteme für die Systemstabilität orientiert sich zum Teil noch zu stark an den alten Technologien und deren Einsatzstoffen. Hier muss technologieoffener vorgegangen werden.
BEE-Empfehlung:
Der BEE begrüßt, dass das BMWK die Diskussionen aus der „Plattform Klimaneutrales Stromsystem“ einbeziehen will, um Stromspeicher als Flexibilitätsoption im Markt und im Netz zu stärken.
Der für den Erfolg der Energiewende notwendige Speicherausbau kann in der Tat nur dann stattfinden, wenn den Projektierern von Speicherprojekten alle Möglichkeiten zur Sicherstellung der Betriebswirtschaftlichkeit gegeben werden. Hierzu sollten alle Nutzungsoptionen von Speichern verfügbar gemacht werden.
Ein Beispiel für eine solche Nutzungsoption ist der Einsatz von Speichern im Rahmen des so genannten “Nutzen statt Abregeln”-Paragrafen (§13k EnWG 2023). Leider wird in dieser jüngst verabschiedeten Regelung die Nutzung eines Speichers laut Gesetzesbegründung aber explizit verboten. Der Ausschluss von Speichern ist in diesem Zusammenhang nicht nur der Sicherstellung der Betriebswirtschaftlichkeit von Speichersystemen und damit dem benötigten Speicherausbau abträglich, sondern auch europarechtswidrig. Denn: Nach Art. 3 und Art. 13 der VO 2019/943 dürfen weder Strommärkte noch Redispatch-Mechanismen Speicher ausschließen.
BEE-Empfehlung:
Die Ausführungen zur Energiespeicherdefinition sind aus Sicht des BEE leider noch nicht zielführend. Erstens wurde die Definition aus der Richtlinie EU 2019/944 gerade nicht 1:1 in das EnWG übernommen. Die Richtlinie enthält die Definition für die Energiespeicherung, also einer Aktivität. Das EnWG enthält dagegen die Definition für die Energiespeicheranlage, also einer Anlagenart. Wie wichtig diese Unterscheidung ist, zeigt sich in den nachfolgenden Ausführungen des BMWK. Demnach soll die eigentliche Speicherfunktion im Zeitversatz zwischen dem Verbrauch (durch den Speicher) und der Erzeugung (durch den Speicher) liegen. In einem von Erneuerbaren Energien geprägten System liegt jedoch die Speicherfunktion vielmehr im Zeitversatz zwischen der Erzeugung (durch eine EE-Anlage) und dem Verbrauch (durch einen Endverbraucher). Der Speicher verbraucht und erzeugt Energie nicht um seiner selbst willen, sondern um eine zeitliche Lücke zwischen der initialen Erzeugung und dem tatsächlichen Endverbrauch zu überbrücken. Eine regulatorische Einordung kann nicht zu belastbaren Ergebnissen kommen, wenn sie diese Schlüsselfunktion außer Acht lässt und den Speicher wie jeden anderen Verbraucher oder jeden anderen Erzeuger behandelt.
Aus diesem Grund geht auch die Behauptung fehl, dass Speicher durch diese Definition nicht schlechter gestellt sein können als andere Verbraucher und Erzeuger. Erstens werden Speicher gegenüber anderen Erzeugern schlechter gestellt, wenn sie für ihren „Brennstoff“, den gespeicherten Strom, in erheblichem Umfang Netzentgelte, Abgaben und Umlagen zahlen müssen, die Erzeuger aus Primärenergie nicht zahlen müssen. Im Ergebnis wäre gespeicherter Strom auf den Strommärkten immer um Größenordnungen teurer als primär erzeugter Strom.
Der Speicher ist lediglich – wie von der EU-Definition vorgesehen – ein Instrument der zeitlichen Verschiebung zwischen der Erzeugung und dem Verbrauch. Wo diese Aktivität der Energiespeicherung nicht eingeschränkt wird, kann subsidiär auf die Regeln für Erzeuger und Verbraucher zurückgegriffen werden – etwa bei den technischen Anschlussregeln für die Wechselrichter der Speicher.
Der BEE begrüßt die Einrichtung einer übersichtlichen Speicherstatistik im Rahmen der Speicherstrategie.
Der BEE begrüßt, dass das BMWK in seiner Stromspeicherstrategie die Resilienz von Lieferketten thematisiert. Den Fokus allein auf die Batteriezellfertigung zu lesen, wäre jedoch zu eng.
BEE-Empfehlung:
Insbesondere das Zusammenspiel der Komponenten, das Energiemanagement und die Einbindung in virtuelle Kraftwerke sollten für die Systemintegration eine entscheidende Rolle spielen. Wenn entsprechend Resilienzkriterien für EE-Anlagen eingeführt werden, sollten diese auf begleitende Speichertechnologien erweitert werden.
1 https://www.klimaneutrales-stromsystem.de/pdf/Strommarktdesignstudie_BEE_final_Stand_14_12_2021.pdf
3 Der Baukostenzuschuss für Speicher muss weg! Die Bundesregierung ist gefordert. (kyon-energy.de)
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