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Positionspapier

Eckpunkte eines Energy Sharing Modells

5. April 2023

Vorwort

Die Ausbauziele der Erneuerbaren Energien des EEG 2023 sind der Versuch, die energiepolitischen Versäumnisse der letzten Jahre zu korrigieren und über einzelne Maßnahmen den Zubau der Erneuerbaren Energien zu beschleunigen. Zur Erreichung dieser Ausbauziele ist neben der Ausweitung der Ausschreibungsmengen, der Bereitstellung einer größeren Flächenkulisse sowie der Entbürokratisierung von Genehmigungsverfahren die Förderung von akzeptanz- und teilhabefördernder Maßnahmen von entscheidender Bedeutung.

Hierbei spielt das Thema Energy Sharing eine hervorgehobene Rolle, da es bei richtiger Ausgestaltung ermöglicht, dass Bürger*innen nicht mehr nur Erneuerbare-Energien-Anlagen gemeinsam betreiben, sondern den Strom ihrer Anlagen auch gemeinsam vergünstigt nutzen können. Dadurch wird die Entlastung von teilnehmenden Haushalten und Bürger*innen verknüpft mit der unmittelbaren Teilhabe an der Energiewende, wodurch nachweislich die Akzeptanz und die Identifikation mit der Energiewende gestärkt wird. Energy Sharing kann zudem auch das Interesse am Bau von Erneuerbare-Energien-Anlagen im regionalen Kontext steigern und damit Investitionen für die Energiewende mobilisieren. Zusätzlich schafft Energy Sharing Anreize, den eigenen Stromverbrauch an die Einspeisung der gemeinschaftlichen EE-Anlagen auszurichten, wodurch marktlich, volkswirtschaftlich wie auch netztechnisch positive Effekte für die Energiewende erzeugt werden können. Die Energy Sharing Potenzialstudie des iöw zeigt, dass in Szenarien mit Sektorkopplung, d.h. vielfacher Einbindung von Wärmepumpen und Elektrofahrzeugen in die Verteilnetze, Energy Sharing die Netze entlasten kann.1

Die Europäische Union hat Energy Sharing bereits 2019 in der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (Art. 222) mit einer Umsetzungsfrist bis Mitte 2021 verankert. Die Frist lief ohne entsprechende Umsetzung in deutsches Recht ab. So weist weder das EEG 2023 noch ein anderes Energiegesetz bisher eine Regelung zum Energy Sharing auf. Aus diesem Grund enthält der Entschließungsantrag des Bundestags zum EEG 2023 vom 5. Juli 2023 einen Prüfauftrag an die Bundesregierung, Vorschläge für die Einführung von Energy Sharing im Rahmen der nächsten Gesetzgebungsprozesse zu unterbreiten.3 Die Bundesregierung sollte daher umgehend Energy Sharing ermöglichen.

Ziel des vorliegenden Papiers ist die Beschreibung einer energiewirtschaftlich durchdachten Ausgestaltung eines Energy Sharing Modells.

 

1. Grundidee des Energy Sharing

Die Grundidee des Energy Sharing basiert auf den renewable energy communities (REC) aus Artikel 22 der RED II (Richtlinie 2018/2001/EU4 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen) und den citizen energy communities (CEC) aus Artikel 16 der Strommarktbinnenrichtlinie. Die zwei Konzepte sind sehr ähnlich, unterscheiden sich jedoch in einigen Punkten. Da RECs im Gegensatz zu CECs nur erneuerbaren Energien offenstehen, alle Sektoren einschließen und ein regionaler Zusammenhang vorgesehen ist, sollten wir uns in Deutschland auf die Renewable-Energy-Communities (REC) begrenzen.

RECs existieren bereits im deutschen Recht als Bürgerenergiegesellschaften (BEG) in Art. 3 EEG, deren Definition die Merkmale an Renewable-Energy-Communities enthält und daher so beibehalten werden kann. Was jedoch im deutschen Recht fehlt und dringend geschaffen werden muss, ist das Recht von RECs auf Energy Sharing. Bisher sind BEG in Deutschland reine Erzeugungsanlagen in Bürger*innenhand. Beteiligte Bürger*innen können also den Strom ihrer Anlagen nicht selbst nutzen und haben daher auch keinen Anreiz, ihren Verbrauch an den gemeinsam betriebenen Anlagen auszurichten.

Energy Sharing soll genau das ermöglichen. Mit Energy Sharing können Mitglieder von BEG den Strom ihrer gemeinschaftlich betriebenen Anlagen individuell beziehen und den Überschussstrom gemeinsam vermarkten. Reicht der in den eigenen Anlagen produzierte Strom nicht zur Deckung des Strombedarfs aus, werden Reststrommengen von außerhalb der BEG bezogen. Direktverbrauchter Strom, also zeitgleich zur Produktion verbrauchter Strom aus den eigenen Anlagen, ist dabei i.d.R. günstiger als zugekaufter Strom, sodass ein Anreiz für lokale Flexibilität entsteht.

Beim Energy Sharing schließen sich mehrere regionale Stromverbraucher*innen (Bürger*innen, Kommunen und KMUs) zu einer Bürgerenergiegesellschaft zusammen und betreiben im räumlichen Zusammenhang eine oder mehrere Erneuerbare-Energien-Anlagen. Die Bürgerenergiegesellschaft versorgt sich dabei teilweise aus ihren eigenen regionalen erneuerbaren Projekten. Als räumlicher Zusammenhang gelten hierbei entsprechend der Definition aus dem Regionalnachweisregister des UBA die Postleitzahlengebiete, die ganz oder teilweise im Umkreis von 50 Kilometern um die Gemeinde liegen, in dem der Standort der Erneuerbaren-Anlage sich befindet. Als räumlicher Zusammenhang wird der Umkreis um die Standortgemeinde gewählt, weil das Regionalnachweisregister des UBAs, durch das damit Energy Sharing administriert werden könnte, daran anknüpft und die Legaldefinition der Bürgerenergiegesellschaft in § 3 Nr. 15 EEG 2023, die der profitierenden Akteur des Energy Sharing werden könnte, einen Umkreis und keinen Netzebenenbezug wählt. Insbesondere zeigen Erfahrungen aus dem europäischen Ausland, dass eine Anknüpfung an Netzebenen und Netzbetreiber eine Umsetzung von Energy Sharing sehr erschwert. Die Bürgerenergiegesellschaft erhält durch ein viertelstundengenaues Matching den Anreiz, Strom zeitgleich zur Erzeugung vor Ort zu nutzen. Der regional aus den eigenen Erneuerbare-Energien-Anlagen erzeugte Strom wird von den Mitgliedern der Bürgerenergiegesellschaft verbraucht und bildet somit den Energy Sharing-Anteil. Um dies wirtschaftlich abzubilden, ist es notwendig, bestimmte Rahmenbedingungen (siehe Punkt 3) zu realisieren.

Abgrenzung des Vorschlags zum Artikel 21 der Erneuerbaren-Energie-Richtlinie

In Abgrenzung zu dem dargestellten Modell sieht die EU in Artikel 21 der Erneuerbare-Energien-Richtlinie außerdem die Ausweitung der Eigenversorgung von einzelnen Personen auf gemeinsam handelnde Personen (Gemeinsame Eigenversorgung) vor. Mieterstrom und gemeinsame Eigenversorgung werden häufig mit Energy Sharing gleichgesetzt oder verwechselt. Das in Artikel 22 der Erneuerbare-Energien-Richtlinie vorgesehene Energy Sharing ist jedoch als gesondertes Instrument zu betrachten. Während bei Energy Sharing explizit die gemeinschaftliche, regionale Erzeugung und Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen über das Verteilnetz im Vordergrund steht, beziehen sich Mieterstrom, auch in Quartieren, sowie die gemeinsame Eigenversorgung auf die Nutzung von Strom aus einer Erzeugungsanlage, welche im Besitz eines Dritten ist, hinter einem gemeinsamen Netzanschluss.

 

2. Rahmenbedingungen für Energy Sharing Modelle

Um Energy Sharing zu realisieren, sollen Bürger*innen, die in der Nähe der Erneuerbare-Energien-Anlagen leben, ein attraktives Angebot erhalten, um direkt von den gemeinsamen Anlagen beispielsweise in Form eines vergünstigten Stromtarifs zu profitieren.

Hierfür ist nicht zuletzt eine betriebswirtschaftliche Grundlage von zentraler Bedeutung. Daher ist die Fortzahlung der Marktprämie für die beteiligten Erneuerbaren Energieanlagen zu gewährleisten.

Dies muss im Einklang zum aktuellen Doppelvermarktungsverbot nach §80 EEG 2023 stehen, daher ist für die Stromkennzeichnung eine Erweiterung der Vermarktungsform “Marktprämie” im EEG zielführend. Hierbei könnte eine Zusatzmitteilung der Strommengen als „Energy-Sharing-Anteil“ zum Nachweis des Energy Sharing gegenüber den Endkund*innen sinnvoll sein.

Die Umsetzung von Energy Sharing führt zudem trotz potenzieller volkswirtschaftlicher Gewinne durch den besseren regionalen Ausgleich von Erzeugung und Verbrauch zunächst einmal zu betriebswirtschaftlichen Mehrkosten für die Bürgerenergiegesellschaften, die das Energy Sharing umsetzen sowie die externen Dienstleister, die die Bürgerenergiegesellschaften bei der Umsetzung unterstützen welche ebenfalls zu decken sind. Die Mehrkosten bei der Umsetzung von Energy Sharing entstehen durch höheren Aufwand für die Abwicklung (1/4 stündliche reale Bilanzierung statt SLP-Profile, usw.), Investitionen in IT, höhere Beschaffungskosten (durch stärkeren Kurzfristhandel, höheres Mengen- und Preisrisiko), höhere Ausgleichsenergiekosten als auch den Marktwertverlust der beteiligten Erneuerbaren Energien.

Um diese Mehrkosten zu decken, bedarf es entweder einer entsprechenden Senkung der Stromnebenkosten für den Energy-Sharing-Anteil oder einer externalisierten Prämie. Zur Hebung notwendiger Flexibiltätspotentiale ist eine Stromnebenkosten-Novellierung wie z.B. der Netzentgelte für alle Verbraucher*innen geboten. Dies zeigt  die Strommarktdesignstudie des BEE als auch anderen Studien. Diese Möglichkeiten allein für Energy Sharing zu nutzen, wäre zu kurz gesprungen, zumal die Umsetzung äußerst komplex werden könnte. Daher ist eine externalisierte Prämie zur Realisierung von Energy Sharing besser als eine Senkung von Stromnebenkosten. Innerhalb Europas gibt es hier bereits solche finanziellen Anreize für Energy Sharing. So erhalten Anlagenbetreiber*innen in Italien beispielsweise neben der Marktprämie eine Energy Sharing Prämie in Höhe von 11 €Cent für jede innerhalb der Gemeinschaft erzeugte und verbrauchte Kilowattstunde.3 Die EU-Kommission hat dies beihilferechtlich genehmigt.

 

3. Ausgestaltung einer Energy Sharing Prämie

Energy Sharing knüpft in vielfältigen Dimensionen an die Ziele der Energiewende an und wirkt so gleich mehrfach vorteilhaft. So werden über Energy Sharing Verbraucher*innen zu Prosumer*innen, indem sie in Bürgerenergiegesellschaften Strom erzeugen und diesen gemeinsam nutzen. Dies ermöglicht eine bessere Bindung mit und Wahrnehmung von den Erneuerbare-Energien-Anlagen in ihrem Lebensumfeld, was zu einer höheren räumlichen Akzeptanz für die Energiewende führt.6 Zudem kann über die Orientierung des regionalen Stromverbrauchs am regionalen erneuerbaren Stromangebot ein Flexibilitätsanreiz erzielt werden, welcher nicht nur marktentlastend, sondern vor allem regional netzentlastend wirken kann.7

Daher kommt der Ausgestaltung einer Energy Sharing-Prämie zur Optimierung dieser Ziele ein hohes Gewicht zu. Bürgerenergiegesellschaften, die Energy Sharing nutzen möchten, erhalten eine feste Prämie pro direkt verbrauchter Kilowattstunde. Mit Direktverbrauch ist der Strom gemeint, der in den gemeinsamen Anlagen produziert und gleichzeitig von den Teilnehmer*innen verbraucht wird. Je höher der Energy-Sharing-Anteil am gesamten Stromverbrauch, desto höher ist in Summe die Prämienauszahlung. Eine pauschale feste Prämie pro Haushalt ist weniger geeignet, da sie zwar die Akzeptanz steigern würde, jedoch nicht die gewünschte regionale Flexibilitätswirkung mit sich bringen und zudem die Gefahr eines minimalen Energy-Sharing-Anteil bergen würde.

Wie in der iöw-Studie gezeigt, können Windenergieanlagen durch höhere Volllaststunden viel höhere Energy-Sharing-Anteile erreichen als reine Photovoltaik-Energy-Sharing-Projekte.8 Je installiertem Kilowatt kann bei Windenergieanlagen also ein höherer Energy-Sharing-Anteil erreicht werden. Damit je installiertem Kilowatt eine ähnliche Prämiensumme erreicht wird, ist eine Unterscheidung der Prämien für die durch die jeweiligen EE-Technologien gedeckten Verbrauchsmengen notwendig, z.B. eine höhere für PV als für Wind.9 So kann sichergestellt werden, dass eine ausreichende Prämie für die jeweilige EE-Technologie realisiert und das vollständige Potenzial von Energy Sharing ausgereizt wird.

Zudem sollte die Energy-Sharing-Prämie eine ausreichende monetäre Anreizwirkung für die Endkund*innen bieten.

 

4. Möglichkeiten zur Teilnahme am Energy Sharing

Ziel von Energy Sharing ist es, eine größtmögliche Schnittmenge zwischen erneuerbarer Erzeugung und regionalem Verbrauch zu realisieren. Daher sind die Stromerzeugung und der Stromverbrauch gesondert zu betrachten.

Im Bereich der Stromerzeugung sollte es möglich sein, Kleinstanlagen von wenigen Kilowatt bis hin zu größeren Megawatt-Projekten im Besitz von Bürgerenergiegesellschaften in das Energy Sharing zu integrieren. Grundsätzlich ist Energy Sharing technologieoffen zu gestalten, sodass alle erneuerbaren Erzeugungstechnologien sowie Power-to-X- und Speicheranlagen teilnahmeberechtigt sind.

Da Energy Sharing sowohl zeitnah eine schnelle Breitenwirkung hinsichtlich der Akzeptanz von Erneuerbare-Energien-Anlagen, auch im Bestand, erzielen soll, gleichzeitig die Vorteile des Modells auch die Entstehung zusätzlicher Erzeugungsanlagen anreizen soll, ist eine differenzierte Betrachtung zwischen Bestands- und Neuanlagen sinnvoll. Um die Breitenwirkung von Energy Sharing schnell zu realisieren, sollte es in den ersten Jahren nach Einführung eines Energy Sharing Rahmens möglich sein, dies auch zu 100% aus erneuerbaren Bestandsanlagen zu bewirtschaften. Im Laufe der Jahre sollte dann der prozentuale Anteil von Neuanlagen im Stromprodukt eines Energy Sharing Modells erhöht werden, so dass Neuanlagen spätestens 2030 die Hälfte der Energiemengen des Energy-Sharing-Produkts ausmachen. Hierbei gelten repowerte Anlagen als Neuanlagen, um bei diesem wichtigen Bestandteil der Energiewende keine zusätzlichen Hürden aufzubauen.

Wichtig ist hierbei der räumliche Zusammenhang der Erneuerbaren-Energien-Anlagen zu den Endverbraucher*innen. Dieser wird als gegeben angesehen, sofern die Endverbraucher*innen sich in Postleitzahlengebieten befinden, die sich ganz oder teilweise im Umkreis von 50 Kilometer10 um die Gemeinde befinden, in dem der Standort der Erneuerbaren Anlage sich befindet. Zum Nachweis der Einhaltung dieses Kriteriums kann in Anlehnung an das Regionalnachweisregister eine ähnliche Datenbankstruktur beim Umweltbundesamt verwendet werden.

Für Endkund*innen ist eine Teilnahme an einem Energy Sharing Produkt in folgendem Rahmen möglich:

a) Ausgestaltung des Stromproduktes

Das Stromprodukt für die Endkund*innen muss einen Anteil an erneuerbaren Strommengen aus den von der Bürgerenergiegesellschaft betriebenen Anlagen im räumlichen Zusammenhang enthalten. Nur dieser Energy-Sharing-Anteil ist berechtigt, die entsprechende Energy Sharing Prämie zu erhalten.

Die Bürgerenergiegesellschaft muss hierbei nicht selbstständig zwingend alle Aufgaben eines EVU für das Stromprodukt erfüllen, sondern kann diese an externe Dienstleister, bspw. ein EVU, auslagern.

b) Viertelstündliche Bilanzierung

Zum Nachweis der Energy-Sharing-Anteil und somit auch der Bestimmung der Prämienhöhe ist eine viertelstündliche Bilanzierung auf Basis von realen Messungen des Stromverbrauchs als auch der Stromerzeugung notwendig.

Aufgrund des verzögerten Roll-out der intelligenten Messsysteme (iMSys) ist dies in den Haushalten aktuell nur über einen freiwilligen Einbau eines iMSys möglich, welcher sich gegenüber heutigen SLP Zählern in höheren Kosten sowohl bei Investkosten als auch bei Betriebskosten (jährliche Kosten) widerspiegelt. Diese höheren Kosten sind den Endkund*innen zu erstatten.11

c) Größtmögliche Reichweite von Energy Sharing und Anreizwirkung für Flexibilität

Damit möglichst viele Verbraucher*innen an den potenziellen Energy-Sharing-Anlagen teilhaben können, wird pro Haushalt nur ein gewisser Leistungsanteil der Anlagen für die Energy Sharing-Nutzung zugelassen. Damit wird zudem verhindert, dass kleinere Bürgerenergiegesellschaften mit großen eigenen Anlagenleistungen ohne jede Verhaltensänderung immer auf einen Energy Sharing-Anteil von nahezu 100 Prozent kommen könnten und so überproportional profitieren. Der Umfang der zugelassenen installierten Leistung sollte dabei in ähnlicher Größenordnung wie typische individuelle Eigenversorgungsanlagen ausgestaltet werden. Dieser Ansatz ermöglicht ein Level Playing Field für alle beteiligten Akteur*innen: Teilnehmende an einem Energy Sharing-Projekt können ähnliche Strommengen aus regionalen EE-Anlagen nutzen wie Betreiber*innen individueller Eigenversorgungsanlagen. Zudem wird so sichergestellt, dass immer die gewünschten Flexibilitätsanreize zur Orientierung des eigenen Strombedarfs an der zeitgleichen erneuerbaren, regionalen Erzeugung generiert werden, unabhängig von der jeweiligen Größe und den betriebenen Anlagen der Bürgerenergiegesellschaft.

 

5. Fazit

Um die Ausbauziele der Erneuerbaren Energien zu erreichen, ist neben der Entbürokratisierung von Genehmigungsverfahren und der Ausweitung der Ausschreibungsmengen auch die Förderung von akzeptanz- und teilhabefördernden Maßnahmen von entscheidender Bedeutung. Hierbei spielt das innovative Energy Sharing eine hervorgehobene Rolle, das regionalen Stromverbraucher*innen (Haushalten, Kommunen und KMUs) ermöglicht, sich zu einer Bürgerenergiegesellschaft zusammenzuschließen und gemeinsam Erneuerbare-Energien-Anlagen zu betreiben. Dadurch werden Preisentlastungen bei den Bürger*innen mit der unmittelbaren Teilhabe an der Energiewende verknüpft, wodurch nachweislich Akzeptanz geschaffen wird und Investitionen mobilisiert werden können. Zudem werden Preissignale für eine sinnvolle EE-Integration generiert. Aus diesen Gründen wurde die Umsetzung des Energy Sharings von der Europäischen Union bereits bis Mitte 2021 gefordert (Art. 22 der Erneuerbare-Energien-Richtlinie). Die Bundesregierung sollte umgehend das Energy Sharing umsetzen und ähnlich wie Italien und Österreich die bestehenden Potenziale ausschöpfen.

 


1 iöw Studie, Energy Sharing: Eine Potenzialanalyse, S. 51-61, 74, https://www.buendnis-buergerenergie.de/fileadmin/user_upload/downloads/Studien/Energy_Sharing_Eine_Potenzialanalyse_02052022.pdf

2 https://eurlex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32018L2001&from=DE

3 Beschlussempfehlung des Ausschusses für Klimaschutz und Energie, Drucksache 20/2580, S. 8, 10, https://www.clearingstelle-eeg-kwkg.de/sites/default/files/2022-07/20_Beschlussempfehlung_Ausschuss_Klimaschutz_Energie_20-2580.pdf

4 https://eurlex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32018L2001&from=DE

5 siehe https://www.roedl.de/themen/erneuerbare-energien/2021/mai/neue-ee-geschaeftsmodelle-italien

6 Zu dem positiven Zusammenhang zwischen finanzieller Beteiligung und Akzeptanz gegenüber EE-Anlagen: Hübner/Pohl/Warode et al., Akzeptanzfördernde Faktoren erneuerbarer Energien, 2020, S. 30; Warren/McFadyen, Land Use Policy 27, 2010, S. 204 ff.; Pedersen/van den Berg/Bakker et al., The Journal of the Acoustical Society of America 126, 2009, S. 634 ff.; Devine-Wright, Journal of Community & Applied Social Psychology 19, 2009, S. 426 ff.; Weidinger, in: Handbuch Klimaschutzrecht (Hrsg. Rodi), § 30 Rn. 8 ff., 33 ff.

7 iöw Studie, Energy Sharing: Eine Potenzialanalyse, S. 51-61, 74, https://www.buendnis-buergerenergie.de/fileadmin/user_upload/downloads/Studien/Energy_Sharing_Eine_Potenzialanalyse_02052022.pdf

8 iöw Studie, Energy Sharing: Eine Potenzialanalyse, S. 48-51, 74, https://www.buendnis-buergerenergie.de/fileadmin/user_upload/downloads/Studien/Energy_Sharing_Eine_Potenzialanalyse_02052022.pdf

9 Steuerbare Erneuerbare Energien könnten ebenfalls für Energy Sharing genutzt werden. Für diese wäre die Ausgestaltung der Prämienhöhe sowie die für das Energy Sharing maximal anrechenbare Leistung (s.u.) zu verringern, da deren direkt planbare Lieferung nochmal einen deutlich höheren Energy Sharing-Anteil je installiertem Kilowatt ermöglicht.

10 Der 50 km Radius wird im Rahmen des Regionalnachweisregisters und in § 3 Nr. 15 EEG 2023 verwendet. Daran knüpft der Energy Sharing Vorschlag an. Für das Regionalnachweisregister siehe § 2 Nr. 13 Herkunfts- und Regionalnachweis-Durchführungsverordnung.

11 Bis zum eigentlichen Roll-Out von iMSys sind die Installationskosten über eine einmalige Pauschale dem Endkunden als auch die Mehrkosten über die monatlichen Zusatzkosten zu erstatten. In dem sich aktuell im parlamentarischen Verfahren befindenden Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende (GNDEW) ist eine Deckelung der Preisobergrenze (POG) auf 20 Euro vorgesehen. Sollte dies so im Gesetz verankert werden, dann wäre bei denen vom Roll-Out betroffenen Endkunden keine zusätzliche Kostenerstattung erforderlich. Eine Kostenerstattung wäre nur noch bei solchen Endkunden notwendig, welche nicht über den Roll-Out erfasst würden (also Endverbraucher mit einer geringen Jahresverbrauchsmenge).

Portraitbild von Dr. Matthias Stark
Ansprechpartner*in

Dr. Matthias Stark
Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE)
Leiter Fachbereich Erneuerbare Energiesysteme


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0151 17123012


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