Die Gebäude-Allianz ist eine verbandsübergreifende Initiative, koordiniert vom NABU Naturschutzbund Deutschland e.V. Die Initiative wird getragen von über 30 Umweltorganisationen, Verbraucherinitiativen, Wirtschaftsverbänden, Gewerkschaften und Unternehmen. Ziel ist, mit dem Gebäudesektor das bisher vernachlässigte Drittel der Energiewende zum festen Bestandteil einer integrierten Klimaschutz- und Energiepolitik zu machen.
Gegenwärtig ist eine Trendwende allerdings noch nicht erkennbar: der Gebäudesektor hat die im Klimaschutzgesetz festgelegten Emissionsgrenzen für Treibhausgase für 2020 nicht eingehalten. Das Bundesbauministerium muss nun Sofortmaßnahmen vorlegen, um die Emissionsziele für die Folgejahre zu erfüllen.
Um das Sektorziel nicht immer weiter zu verfehlen und den Vereinbarungen aus dem Abkommen von Paris gerecht zu werden, braucht es einen Paradigmenwechsel. Mit kleinen Anpassungen sind die hoch gesteckten Ziele des Gebäudesektors für 2030 und 2050 nicht zu erreichen. Es bedarf von der Bundesregierung entschiedener und wirksamer Schritte hin zu ambitioniertem Klimaschutz im Gebäudesektor. Diese eindeutige und langfristig ausgerichtete Weichenstellung ist auch notwendig, um in den entsprechenden Gewerken Kapazitätsaufbau und Qualifizierung zu stimulieren.
Die Gebäude-Allianz schlägt dazu notwendige Maßnahmen und Weichenstellungen vor, um den Sektor verlässlich auf Zielkurs zu bringen. Wohn- und Nicht-Wohngebäude müssen stärker und gezielter als bisher von den drei Säulen „Information und Beratung“, „Fördern“ und „Fordern“ adressiert werden.
Dabei sollten sowohl für private Eigentümer*innen, als auch für die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft und die öffentliche Hand Anreize gesetzt werden, ihre Immobilien sozialverträglich auf einen zielkonformen Standard zu sanieren.
Die Bewohner*innen und Nutzer*innen der energetisch schlechtesten Gebäude leiden unter den höchsten Energierechnungen. Gleichzeitig sind dies auch die Gebäude mit dem höchsten Einsparpotenzial, die deshalb mit Priorität angegangen werden müssen. Um die Modernisierungsrate deutlich zu steigern, braucht Deutschland ergänzend zum bestehenden Instrumentenmix energetische Mindeststandards für genau diese schlechtesten Bestandsgebäude: auf einem leistbaren Niveau, mit ausreichenden Vorlaufzeiten, unter Vermeidung von Lock-in-
Effekten und immer flankiert von passenden Förderangeboten, um die Sozialverträglichkeit zu gewährleisten und eine Übererfüllung der Standards auf Zielniveau anzureizen. Das schafft endlich klare Leitplanken für Investitionen und die Mobilisierung von Fachkräften bei großer Flexibilität für die Eigentümer*innen, wie die Standards erreicht werden. Parallel sollten die energetischen Neubaustandards auf das erforderliche Niveau zur Erreichung der Energie- und Klimaziele angehoben und dabei mögliche Wirtschaftlichkeitslücken im Einzelfall durch Förderung geschlossen werden.
Die bestehenden und zunehmend erfolgreichen Förderprogramme zur energetischen Gebäudemodernisierung müssen bedarfsgerecht verstetigt und ausgebaut werden, um die Modernisierungsdynamik zu verstärken. Gleichermaßen soll so bezahlbarer, zukunftsfähiger und resilienter Wohn- und Gewerberaum für alle und eine hohe Sanierungstiefe ermöglicht werden. Förderung und Ordnungsrecht müssen viel stärker auf nachgewiesene Ergebnisse ausgerichtet werden, um einen optimalen Betrieb von Immobilien und damit niedrige Betriebskosten für die Nutzer*innen in der Praxis zu erreichen. Zu mehr Transparenz gehören auch vergleichbare und aussagekräftigere Energieausweise, ein entsprechend geförderter, breiter Roll-Out individueller Sanierungsfahrpläne für alle Gebäude sowie eine nationale Gebäude-Datenbank, um ein besseres Monitoring der Energiewende-Fortschritte im Immobiliensektor zu gewährleisten.
Die kommenden Jahre werden entscheidend sein, um eine erneuerbare Kehrtwende im Wärmesektor anzustoßen. Für die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung stehen bereits heute erprobte und effiziente Technologieoptionen zur Verfügung. Jetzt gilt es vor allen Dingen, die Hemmnisse für ihren konsequenten und flächendeckenden Einsatz schnellstmöglich zu adressieren und abzubauen. Aufgrund der langfristigen Investitionszyklen im Heizsektor ist es entscheidend, fossile Lock-In Effekte zu vermeiden.
Klimaneutral hergestellter Wasserstoff und seine Folgeprodukte sind auf absehbare Zeit knappe und teure Energieträger, welche mit hohen Umwandlungsverlusten bei der Erzeugung und Nutzung einhergehen. Deshalb spricht alles dafür, sie im Energiesystem immer nur so effizient und selektiv wie möglich einzusetzen. Die notwendigen Fortschritte bei der Energieeffizienz in Gebäuden und die schnellstmögliche Umstellung des Wärmemarkts auf bereits vorhandene bewährte und zukunftsfähige Technologien dürfen hingegen keinesfalls verzögert werden. Diesen Lösungen sollte nun durch politische Weichenstellungen zum Durchbruch verholfen werden, statt mit Verweis auf vermeintliche zukünftige Entwicklungen wertvolle Zeit zu verlieren und durch verpasste Gelegenheitsfenster die notwendigen Effizienzsteigerungen aufs Spiel zu setzen.
Im Zuge der Wärmewende wird neben dezentralen Lösungen (z. B. Wärmepumpen) die erneuerbare Nah- und Fernwärme vor allem in Ballungsräumen eine wichtigere Rolle spielen. Daher gilt es in Bestandsnetzen schnellstmöglich Effizienzsteigerungen und die Integration erneuerbarer Energien zu realisieren. Darüber hinaus müssen energieeffiziente Quartiere konsequenter gefördert und die regionale und kommunale Planungsebene gestärkt werden. Um Nah- und Fernwärme für
Verbraucher*innen attraktiver zu machen, müssen die Verbraucherrechte in diesem Bereich deutlich ausgebaut werden.
Die Lenkungswirkung der CO2-Bepreisung, Klimaschutzinvestitionen im Gebäudebereich anzuregen, wird im Mietwohnbereich völlig verfehlt, wenn die CO2-Kosten zu 100 Prozent an die Mieter*innen durchgereicht werden. Vermieter*innen hingegen haben dadurch keinen direkten Anreiz für Investitionen in Energieeffizienz und Klimaschutzmaßnahmen. Die vollständige Umlage der CO2- Bepreisung auf die Mieter*innen muss darum umgehend abgeschafft werden. Die CO2-Bepreisung muss vielmehr so weiterentwickelt werden, dass sie, ergänzend zu Fördermitteln und Mindeststandards/Ordnungsrecht, eine hohe und angemessen verteilte Lenkungswirkung entfaltet. Dazu müssen die Gebäudeeigentümer*innen zu Investitionen in Energieeffizienz und Erneuerbare Energien angeregt werden.
Entscheidend für die Akzeptanz ist eine aufkommensneutrale und sozialverträgliche Ausgestaltung. Die Einnahmen müssen selbstnutzende Hauseigentümer*innen an anderer Stelle entlasten und für die Förderung sozialverträglicher energetischer Modernisierungsmaßnahmen verwendet werden.
Im Gebäudesektor kommt der öffentlichen Hand eine besondere Vorbildfunktion zu. Deshalb darf von ihr ab 2023 aus unserer Sicht nur noch klimaneutral gebaut werden. Die energetische Modernisierungsrate der öffentlichen Hand muss verbindlich auf jährlich 3 Prozent angehoben werden und die Sanierungsprojekte müssen ein 2050-zielkompatibles Niveau anstreben. Bevor ein Gebäude der öffentlichen Hand abgerissen werden darf, muss verpflichtend eine Lebenszyklusanalyse durchgeführt werden, um zu prüfen, ob eine Sanierung nicht vorzuziehen wäre. Denn Klimaschutz erfordert neben energieeffizienten, emissionsarmen Lösungen für den Betrieb auch ressourcenschonende und nachhaltige Bauweisen, da bei der Herstellung, der Verarbeitung und dem Rückbau von Baukomponenten ca. 8 Prozent der deutschen Treibhausgasemissionen freigesetzt werden. Mit der Unterstützung einer gesteigerten Nutzungs-Flexibilität und -Dauer sowie hochwertigen Recyclings bzw. einer Wieder- oder Weiterverwendung der Baustoffe muss die öffentliche Hand zum Wegbereiter einer nachhaltigen Bauwirtschaft werden.
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