Mit einem Anteil von knapp 50 Prozent am Bruttostrombedarf sichern die Erneuerbaren Energien schon heute in relevantem Umfang die Stromversorgung. 2030 sollen es gemäß den Zielen der Bundesregierung 80 Prozent sein und schon wenige Jahre später 100 Prozent. Spätestens 2045 werden Erneuerbare den gesamten Bedarf in allen Sektoren decken.
An ihren Bedürfnissen müsse sich daher auch das Strommarktdesign der Zukunft orientieren, so die EE-Verbände. Das bestehende Strommarktdesign stamme aus einer alten Welt fossiler und atomarer Großkraftwerke. Entsprechend würden mit zunehmendem Anteil eines vornehmlich dezentralen EE-Anlagenparks die Schwächen des Systems deutlich. Sie reichten von negativen Börsenstrompreisen, über das Abschalten statt Nutzen des wertvollen Grünstroms bis hin zu fehlenden Anreizen zur Nutzung von Flexibilitätsoptionen. Dies mindere künftig zunehmend die Rentabilität von EE-Anlagen und wirke sich auch volkswirtschaftlich nachteilig aus. Das habe die Studie zum klimaneutralen Stromsystem gezeigt, die der BEE gemeinsam mit den Fraunhofer Instituten ISE und IEE im Jahr 2021 erarbeitet hat.
Erklärtes Ziel der Plattform Klimaneutrales Stromsystem sei es, den Wandel des deutschen Strommarkts – eingebettet in den europäischen Binnenmarkt – hin zu einem nachhaltigen und wirtschaftlich tragfähigen System zu gestalten, in dessen Struktur die EE-Ausbauziele effizient umgesetzt werden können, die Sektorenkopplung vorangebracht und die Versorgung mit klimafreundlicher und bezahlbarer Energie zu jeder Zeit gesichert werde. Aus Gründen der Resilienz sei es geboten, dabei in einem hohen Maße heimische Ressourcen zu nutzen.
Ein starres Strommarktsystem ist nach Einschätzung der EE-Verbände dafür ungeeignet. Der BEE hatte erst jüngst im Rahmen einer EU-Konsultation die Vorzüge eines flexiblen Systems dargelegt, das Erzeuger-, Verbraucher- und Speicherseite gleichermaßen berücksichtigt. Zweiseitige Differenzverträge (Contracts for Difference, CfD), wie sie derzeit von der EU-Kommission diskutiert werden, würden sich hingegen bremsend auf die Investitionsbereitschaft und auf den notwendigen Umbau des Energiesystems auswirken.
Dr. Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE):
„Flexibilität ist die zentrale Währung des zukünftigen Strommarkts. Das dezentrale Back-up aus flexibel steuerbarer Bioenergie, Wasserkraft, Geothermie, Speichern, grüner Kraft-Wärme-Kopplung und Sektorenkopplung ist neben Netzausbau und Lastmanagement der intelligente Partner von Wind- und Solarenergie. Um auch bei der Förderung flexibel auf die Bedürfnisse der Erneuerbaren zu reagieren und marktliches Verhalten anzureizen, ist das bestehende starre Modell der Zeit- auf eine Mengenförderung umzustellen und damit Investitionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette auszulösen.“
Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW):
„Um die gewaltigen Potenziale der Solarenergie nutzbar zu machen, müssen Marktbarrieren bei der Errichtung von Millionen neuen Solaranlagen und Speichern schnell eingerissen werden. Ihre bedarfsgerechte Fahrweise kann durch gezielte Anreize, kluge Marktregeln und ein smartes Energiemanagement erreicht werden. Ein modernes Strommarktdesign muss planungssicher, unbürokratisch und barrierearm ausgestaltet sein. Zukunftstauglich ist es dann, wenn es für Erzeuger, Verbraucher und Prosumer gleichermaßen attraktiv ist, wenn es Großinvestoren und Bürgergenossenschaften anspricht. Sie alle werden für den Umbau des Energiesystems gebraucht. Gut, dass sich die Bundesregierung dieser Herkulesaufgabe jetzt stellt.“
Hermann Albers, Präsident des Bundesverbands Windenergie (BWE):
„Im Bereich der Energieerzeugung aus Wind gilt es, die zahlreichen Möglichkeiten der Windenergie zur Sektorenkopplung zu nutzen. Windenergie kann mittels Elektrolyseuren zur Erzeugung von grünem Wasserstoff genutzt werden und somit eine der Schlüsseltechnologien für die Transformation energieintensiver Industrien, wie der chemischen Industrie oder der glasverarbeitenden Industrie werden. Andere Lösungen zur Entlastung der Netze an besonders windreichen Tagen sind das Laden von E-Autos mittels Strom aus Wind oder die Erzeugung von Wärme. Die Schaffung möglichst umfangreicher Verknüpfungen der Sektoren ist auch eine Investition in die Flexibilisierung des Stromnetzes. Hier muss die Maßgabe klar sein: Jede erzeugte Kilowattstunde grünen Stroms muss auch genutzt werden.“
Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüro Bioenergie (HBB):
„Biogasanlagen, Biomethan-BHKW und Holz(heiz)kraftwerke liefern bereits heute einen signifikanten Beitrag für eine sichere und verlässliche Stromversorgung und stellen gleichzeitig erneuerbare Wärme bereit. Zukünftig muss dieses Alleinstellungsmerkmal der Bioenergie noch gezielter genutzt werden: Durch die Bereitstellung gesicherter, flexibler und regelbarer Leistung können Bioenergieanlagen dezentral und deutschlandweit Netze stabilisieren. Bioenergie ist damit der unverzichtbare Partner für den Ausbau fluktuierender erneuerbarer Energien.“
Die Plattform Klimaneutrales Stromsystem war im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP ebenfalls im Jahr 2021 angekündigt und für das erste Jahr im Amt erwartet worden. Die Verbände der Erneuerbaren Energien hatten seitdem mehrfach auf die Bedeutung einer Reform des Stromsystems hingewiesen und einen zeitnahen Start der Plattform angemahnt.
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