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Stellungnahme

Stellungnahme zu den Eckpunkten eines Kraftwerkssicherheitsgesetzes (KWSG)

23. Oktober 2024

Das Wichtigste in Kürze

Der Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE) begrüßt, dass die Bundesregierung ihren Ankündigungen aus der Kraftwerksstrategie (KWS) Taten folgen lassen will und sie in die Gesetzgebungsprozesse überführt. Bereits im März 2024 hatte der BEE in seinem Positionspapier zur KWS eine Konkretisierung und vor allem eine Weiterentwicklung gefordert, um den komplexen Herausforderungen der Energiewende gerecht zu werden.

Besondere Priorität sollte nach Ansicht des BEE auf der Schaffung erneuerbarer Flexibilitäten, dem Aufbau einer dezentralen Backup-Struktur und einem technologieoffenen Ansatz zur Ausschöpfung von Speicherpotenzialen liegen.

Der BEE bekräftigt in dieser Stellungnahme elementare Anforderungen, die in das Kraftwerkssicherheitsgesetz (KWSG) aufgenommen werden sollten:

  • Die Gewährleistung der Versorgungssicherheit muss bei gleichzeitiger konsequenter Weiterverfolgung des Ziels 100 % Erneuerbare Energien bis 2038 und der Klimaneutralität bis 2045 erreicht werden.
  • Bei der Ausschreibung von Kapazitäten zur Stabilisierung und Absicherung der Energieversorgung ist der Weg über die Schaffung dezentraler Flexibilitäten dem über einzelne Reservekraftwerke vorzuziehen. Dies gilt insbesondere dann, wenn diese Reservekraftwerke mit fossilen Energieträgern betrieben werden. Eine Ausschöpfung der flexiblen Potenziale von erneuerbaren Energieträgern, Speichern und Sektorenkopplung ist daher zu priorisieren.
  • Die Ausschreibungskriterien sind daher so zu wählen, dass keine De-Facto-Festlegung auf eine einzelne Technologie oder einen einzelnen Brennstoff erfolgt. Vielmehr müssen alle verfügbaren Erneuerbaren Energien (EE) einschließlich der steuerbaren EE wie Bioenergie, Wasserkraft und Geothermie einbezogen und die Betriebskostenförderung für wasserstofffähige Gaskraftwerke brennstoffneutral mit den Alternativen Biomethan oder methanisierter grüner Wasserstoff ausgestaltet werden.
  • Um die Energieerzeugung klimaneutral zu gestalten, reicht es nicht aus, perspektivisch vermeidbare Restemissionen für fossile Kraftwerke zuzulassen und diese dann mit Carbon Capture and Storage (CCS) und Carbon Capture and Utilization (CCU) zu kompensieren. Die Kapazitäten der CCS-/CCU-Technologien werden in Wirtschaftszweigen benötigt, die ihre Prozesse nicht vollständig dekarbonisieren können.

Obwohl die Zielsetzungen des Kraftwerkssicherheitsgesetzes (KWSG) vom BEE durchaus begrüßt werden, sind die gewählten Wege zu ihrer Erreichung und die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gesetzten Prioritäten kritisch zu betrachten.

Der BEE schlägt schlussfolgernd vor, die Eckpunkte des KWSG so zu überarbeiten, dass der Fokus des Gesetzes zugunsten von technologieoffenen Ausschreibungen für dezentrale, klimaneutrale Flexibilitäten verändert wird, die die Energiewende weiter voranbringen und fossile Abhängigkeiten abbauen.

Vorbemerkungen

Das BMWK hat am 11. September 2024 die seitens der Branche lange erwarteten Eckpunkte für ein Kraftwerkssicherheitsgesetz zur Konsultation gestellt. Der BEE begrüßt, dass die Bundesregierung ihren Ankündigungen aus der Kraftwerksstrategie (KWS) Taten folgen lassen will und sie in die Gesetzgebungsprozesse überführt.

Die Erneuerbaren Energien sind systemsetzend für den Strommarkt der Zukunft. In den ersten neun Monaten des Jahres 2024 konnten bereits rund 56 Prozent des gesamten in Deutschland verbrauchten Stroms (brutto) durch Erneuerbare Energieträger gedeckt werden. Aus Sicht des BEE ist es unabdingbar, diesen Anteil schnellstmöglich auf 100 Prozent zu steigern. Dies ist klima-, umwelt-, wirtschafts- und industriepolitisch geboten. Nur heimische Erneuerbare Energien liefern saubere, preiswerte und sichere Energie.

Benötigt werden eine Konkretisierung und vor allem eine Weiterentwicklung der KWS, um den komplexen Herausforderungen der Energiewende gerecht zu werden. Der BEE hat bereits im März 2024 darauf hingewiesen, die Erneuerbaren Potenziale quantifiziert und Lösungsansätze skizziert.

Der Zeit- und Handlungsdruck für die bereits im März 2024 angekündigte Kraftwerksstrategie wächst, dennoch sollte von Schnellschüssen abgesehen werden, die zu Investitions- und Planungsunsicherheiten führen und den weiteren Ausbau Erneuerbarer Energien empfindlich gefährden könnten. Auch von bestimmten, prämissenabhängigen Vorfestlegungen ist Abstand zu nehmen, solange nicht alle Prämissen sorgfältig geprüft sind.

Im Folgenden legt der BEE seine vorläufige Einschätzung des Gesetzesentwurfs dar.

1 Übergeordnete Anforderungen des BEE an das Kraftwerkssicherheitsgesetz des BMW

1.1 Dezentrale Flexibilitäten schaffen statt einzelner Reservekraftwerke

Der BEE hat wiederholt gefordert, dass der Gesetzgeber die Kraftwerksstrategie (KWS) weiterentwickeln sollte, insbesondere unter Berücksichtigung kosteneffizienter erneuerbarer Flexibilitätspotenziale. Die BEE-Strommarktdesignstudie weist für das Jahr 2030 einen Bedarf an gesicherter Erzeugungsleistung (inkl. bereits existierender Anlagen) von 45-47 Gigawatt (GW) aus, der auch langfristig auf diesem Niveau bleibt. Im KWSG ist jedoch nur ein Neubau von maximal 10,5 GW vorgesehen. Der BEE weist darauf hin, dass bis 2030 zusätzlich 38 GW an erneuerbarer Flexibilität (Bioenergie, Wasserkraft, Geothermie, Kraft-Wärme-Kopplung, Batteriespeicher) möglich sind, die eine Weiterentwicklung der KWS in eine Flexibilitätsstrategie erfordern.

Ansonsten ist unklar, ob und inwieweit der darüberhinausgehende Kapazitätsmechanismus den ausreichenden Zubau von flexibler gesicherter Leistung anreizen kann, um die Bedarfslücke zu schließen und Versorgungsengpässe zu vermeiden.

1.2 Einstufung von Wasserstoff neu evaluieren

Der Fokus des BMWK auf wasserstofffähige Erdgaskraftwerke riskiert einen fossilen Lock-in sowie hohe Strompreise aufgrund der mangelnden Verfügbarkeit von importiertem blauem Wasserstoff und dem erst langsam in Gang kommenden Hochlauf von heimischem grünem Wasserstoff. Die starke H2-Nutzungskonkurrenz durch andere Sektoren wie der Industrie oder dem Schiffs- und Flugverkehr verstärkt die Knappheitssignale auf dem Wasserstoffmarkt und könnte zusätzlich preistreibend wirken. Aufgrund der für einen funktionierenden Strommarkt notwendigen Merit-Order, die den Strommarktpreis an die Gestehungskosten des zuletzt nachgefragten Kraftwerks koppelt, würde das Preisniveau in Zeiten eines geringen erneuerbaren Angebots auf dem Strommarkt dauerhaft ansteigen und zu höheren volkswirtschaftlichen Kosten führen.

Wie vom BEE dargelegt, gibt es ausreichend erneuerbare Alternativen zum einseitigen Wasserstoffpfad. Das Positionspapier des BEE zur KWS zeigt, dass die erneuerbaren Flexibilitätspotenziale die geplante Leistung an Wasserstoffkraftwerken übersteigen. Flexibilisierte Biogasanlagen können bis 2030 kurzfristig 6 GW und langfristig 24 GW zusätzliche Kapazität bereitstellen. Wasserkraft könnte kurzfristig 1-2 GW und langfristig 3-3,5 GW Flexibilität bieten. Durch den weiteren Ausbau von Wind- und Solarenergie wird weniger Residuallast benötigt, weshalb eine dezentrale Backup-Struktur vorteilhaft ist. Bis 2030 können neben der zusätzlichen Leistung aus Bioenergie rund 14 GW aus Großbatteriespeichern sowie 13 GW aus Heimspeichern bereitgestellt werden. Die Grafik unten zeigt die verschiedenen erneuerbaren Flexibilitätspotenziale. Bei passender Gesetzgebung können die dezentralen Technologien den Großteil des zukünftigen Flexibilisierungsbedarfs decken.

 

 

1.3 Am Ziel von 100 % Erneuerbaren Energien festhalten

Der BEE hat in Studien dargelegt, dass ein dezentrales Backup auf Basis von Erneuerbaren Energien, Speichern und Technologien zur Sektorenkopplung in klimaneutraler Form eine kostengünstigere und systemfreundlichere Versorgung bieten kann als der derzeitige Fokus auf gasbetriebene Großkraftwerke. Dies gilt insbesondere für die in Konsultationsdokument 2 ausgeschriebenen Kapazitäten, für die kurz- und mittelfristig keine Umstellung auf erneuerbare Brennstoffe verlangt wird. In Kombination mit den in Konsultationsdokument 1 beschriebenen Kapazitäten wird mit den vorliegenden Eckpunkten eines Kraftwerkssicherheitsgesetzes eine Stromproduktion von 300 TWh aus fossilem Erdgas und lediglich 50 TWh aus Wasserstoff gefördert. Außerdem fehlt eine Abgrenzung, welcher Herstellungsvariante der Wasserstoff entspringen soll. Der BEE sieht grünen Wasserstoff als die einzige vertretbare und zukunftsweisende Variante an.

Der BEE hat in seiner Studie zum neuen Strommarktdesign, die von den Fraunhofer-Instituten IEE und ISE durchgeführt wurde, aufgezeigt, dass bei der Schaffung geeigneter rechtlicher Rahmenbedingungen die genannten dezentralen Flexibilisierungstechnologien in der Lage sind, den Großteil des zukünftigen Flexibilisierungsbedarfs zu decken. Dadurch bleibt nur ein minimaler Bedarf an zusätzlicher zentraler Kraftwerkskapazität, um die Stabilität des Energiesystems zu gewährleisten. Dieser Restbedarf muss auf dem Weg zu einer 100-Prozent-Erneuerbaren Energieversorgung kontinuierlich weiter gesenkt werden. Das BMWK sieht im Kraftwerkssicherheitsgesetz vor, die Betriebskostenförderung enden zu lassen, sofern die fossile Stromerzeugung bei unter einem Gigawatt ankommt. Der BEE lehnt dies ab, weil dadurch perspektivisch ein Anreiz gesetzt würde, die fossilen Kapazitäten länger laufen zu lassen, nur um über diesem Schwellenwert zu bleiben.

1.4 CCS und CCU aus der fossilen Energieerzeugung heraushalten

Die Bundesregierung geht in ihrer Carbon-Management-Strategie davon aus, dass CCS und CCU notwendig sind, um in Deutschland bis zum Jahr 2045 Klimaneutralität zu erreichen und darüber hinaus ab 2050 sogar Netto-Negativ-Emissionen zu ermöglichen. Dabei darf der Einsatz dieser Technologien die bisherigen Anstrengungen für Erneuerbare Energien nicht untergraben und fossile Geschäftsmodelle nicht verlängern. Demnach sollen auch ehemals ausschließlich mit fossilen Brennstoffen betriebene Kraftwerke mit gasförmigen Energieträgern oder Biomasse keine Förderung erhalten.

Der BEE begrüßt diese Zielsetzungen ausdrücklich, sieht sie jedoch in den vorliegenden Eckpunkten des Kraftwerkssicherheitsgesetzes nicht konsequent umgesetzt. Beide Konsultationsdokumente enthalten nicht unwahrscheinliche Szenarien, in denen der Einsatz von CCS an Gaskraftwerken ohne Wasserstoffversorgung explizit vorgesehen ist. Da außerdem die Farbe des genutzten Wasserstoffs nicht definiert ist, fehlt für CCS in einem weiteren Bereich der Energieversorgung ein expliziter Ausschluss. Beide Anwendungsfälle laufen Gefahr, die fossile Energieerzeugung zu verlängern, fossile Abhängigkeiten zu verfestigen und die Energiewende insgesamt auszubremsen. Beim Wasserstoff kommt hinzu, dass sich der Markt bereits für eine grüne Produktion entschieden hat. In den letzten Wochen wurden Investitionsentscheidungen für substanzielle Elektrolyseprojekte in Deutschland getroffen, während blaue Wasserstoffprojekte sich verzögern oder ganz abgesagt werden. Dieser Entwicklung gilt es auch regulatorisch Rechnung zu tragen.

Ergänzend dazu ist die Planung der Bundesregierung zur CO2-Speicherung nicht ausreichend fortgeschritten. Weder die geografische Verteilung der Speicherstätten noch die Zuständigkeiten für die Durchführung sind bisher definiert. Demnach kann über die Umsetzbarkeit von CCS in der fossilen Energieerzeugung nur spekuliert werden.

 

BEE-Empfehlungen

  • Der BEE fordert das BMWK auf, mit dem Kraftwerkssicherheitsgesetz die kosteneffizienten Potenziale der Erneuerbaren Energien aktiv zu fördern. Das KWSG ist zu einer umfassenden Flexibilitätsstrategie weiterzuentwickeln.
  • Das Kraftwerkssicherheitsgesetz muss daher um entscheidende Elemente ergänzt werden, damit folgende Maßnahmen umgesetzt werden können:
    • Konsequente Weiterverfolgung der Transformation zu 100 % Erneuerbaren Energien bis 2038
    • Abkehr von der Nutzung von CCS und CCU in der fossilen Energieerzeugung
    • Abkehr von der Nutzung aller Farben des Wasserstoffs, die nicht grün sind
    • Beschleunigung von Planung und Genehmigung für den Bau und Betrieb von Elektrolyseuren, verbunden mit dem Abbau regulatorischer Hemmnisse für alle Optionen erneuerbarer Flexibilität
    • Reform des Strommarktdesigns, um das bisherige zeitliche Förderdesign für Erneuerbare Energien in eine Mengenabsicherung zu überführen
    • Entwicklung einer umfassenden Speicherstrategie

2 Zum Konsultationsdokument „Neue Ausschreibungen für wasserstofffähige Gaskraftwerke und Langzeitspeicher für Strom“

2.1 Grundsätzliches

Nach Auffassung des BMWK werden die steuerbaren Erneuerbaren Energien wie Bioenergie, Wasserkraft und Geothermie als Alternativen zu Wasserstoff die Rolle einer kosteneffizienten Langzeitspeicherung nicht oder nur begrenzt erfüllen können. Stattdessen wird die Erzeugung, Speicherung und Rückverstromung von Wasserstoff perspektivisch als die kostengünstigste und effektivste Variante angesehen. Damit wird das Potenzial der steuerbaren EE erneut unterschätzt.

Diese Energieträger sind nicht nur als alternative Quellen von Bedeutung, sondern auch als notwendige Säulen für eine stabile und nachhaltige Energieversorgung. Um dies zu erreichen, müssen erneuerbare Flexibilitäten geschaffen werden, sowohl durch dezentrale Errichtung als auch durch die Ausschöpfung aller Speicherpotenziale. Insbesondere für Letzteres fällt den steuerbaren Erneuerbare Energien eine Schlüsselrolle zu, da ihre Einsatzmöglichkeiten als Großspeicher die von Batteriespeichern optimal ergänzen. Gegenüber der Erzeugung, Speicherung und Rückverstromung von Wasserstoff haben sie außerdem einen Finanzierungsvorteil, da die Kosten für ihre Speicherung nicht durch Steuergelder getragen werden müssen, sondern beispielsweise auf bestehende Methanspeicher zurückgegriffen werden kann.

2.2 Ausschreibungskriterien für Investitionskostenförderung anpassen

Ungeachtet der alleinigen Fokussierung auf wasserstofffähige Gaskraftwerke zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit sieht der BEE offene Fragen bei den vom BMWK festgelegten Ausschreibungskriterien. Dies betrifft zunächst die Investitionskostenförderung. So ist nicht nachvollziehbar, warum die Umstellung auf 100 % Wasserstoff erst im 8. Betriebsjahr erfolgen muss, wenn in Verbindung mit dem Ausschreibungszeitraum bis 2026 und der Realisierungsfrist von 6 Jahren dadurch eine Umstellung nach 2038 ermöglicht wird. Dies würde einen späteren Zeitpunkt bedeuten, als der letzte Entwurf vorsah und gleichzeitig dem erklärten Ziel von 100 % Erneuerbaren Energien bis 2038 widersprechen.

Eine weitere zu hinterfragende Anforderung für förderungsberechtigte Investitionen in Kraftwerke stellt die Mindestleistung von 10 Megawatt elektrische Leistung dar. Diese erfüllt keinen erkennbaren Zweck, sondern sorgt lediglich für eine weitere Bevorzugung von Wasserstoff gegenüber anderen Erneuerbaren Energieträgern mit hohem Speicherpotenzial. Der BEE plädiert hier für eine technologieoffene Herangehensweise, die auch steuerbare EE mit einbezieht.

Drittens ist die Realisierungsfrist für Langzeitspeicher zu prüfen, da nach Ansicht des BEE nach Zuschlagserteilung eine Inbetriebnahme auch früher möglich ist. Ein zu hoher Grenzwert würde hier eine zumeist vollständige Ausnutzung und damit eine zeitliche Verschiebung des flächendeckenden Einsatzes von Batteriespeichern bedeuten, da für deren Preisentwicklung ein kontinuierlicher Abwärtstrend zu erwarten ist.

2.3 Ausschreibungskriterien für Betriebskostenförderung anpassen

Das zweite Feld, in dem der BEE die Ausschreibungskriterien des BMWK hinterfragt, beschreibt die Betriebskostenförderung von wasserstofffähigen Gaskraftwerken. Hier fällt insbesondere auf, dass langfristig auch ein nicht-erneuerbarer Energieträger wie blauer Wasserstoff eingesetzt werden kann. Dies ist umso verwunderlicher, als für H2-Sprinter-Kraftwerke zwar ein Betrieb mit alternativen erneuerbaren Brennstoffen wie Biomethan oder grünen Wasserstoffderivaten explizit gestattet ist, die Betriebskostenförderung in diesem Fall aber ausgeschlossen werden soll.

Neben den generellen Vorteilen einer technologieoffenen Herangehensweise bietet eine Öffnung des zulässigen Energieträgerspektrums folgende Vorteile:

  • Biomethan ist ein heimischer Energieträger, der zu geringeren Kosten als Wasserstoff erzeugt, in der bestehenden Gasinfrastruktur transportiert und zügig in ausreichenden Mengen aus nationaler und europäischer Produktion bereitgestellt werden kann. Zudem fällt als Koppelprodukt der Biomethanerzeugung klimaneutrales CO2 an, das z.B. zur Produktion von grünen Wasserstoffderivaten genutzt werden kann.
  • Wasserstoffderivate auf Basis von grünem Wasserstoff haben zwar höhere Produktionskosten als reines H2, sind jedoch nicht auf eine Umrüstung der Gasinfrastruktur angewiesen. So kann beispielsweise grünes synthetisches Methan in der bestehenden Gasinfrastruktur transportiert werden.

Darüber hinaus ist für alle wasserstofffähigen Gaskraftwerke eine Betriebskostenförderung der Differenzkosten über Differenzkontrakte (CfDs) vorgesehen. Wie der BEE bereits mehrfach angemerkt hat, ist diese Form der Abschöpfung fiktiver statt realer Erlöse mit einem erhöhten Strompreisrisiko verbunden. Außerdem sehen die Eckpunkte des Kraftwerkssicherheitsgesetzes eine tägliche Anpassung der Kostendifferenz zwischen Wasserstoff und Erdgas vor. Da sich die Einkäufe langfristig am Terminmarkt orientieren werden (wie es bisher auch bei Erdgas der Fall ist), steigert dieser tagesbasierte Mechanismus das Strompreisrisiko zusätzlich und ist dementsprechend kritisch zu betrachten.

2.4 Flexibilitätspotenziale der steuerbaren EE nutzen

Die Potenziale kosteneffizienter erneuerbarer Flexibilitäten sind am größten bei der Nutzung der steuerbaren Erneuerbaren Energieträger. Der BEE hat bereits durch die Studie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) vom September 2024 nachgewiesen, dass eine Rückverstromung von Wasserstoff nicht die effektivste Form der Flexibilisierung ist. Dementsprechend ist in der Folge eine technologieoffene Betrachtung der Alternativen aufgeführt.

2.4.1 Biogasanlagen und Bioenergie

Die Studie der FAU vom September 2024 belegt, dass nachhaltige Biomasse-Potenziale in Deutschland ausreichend vorhanden sind, um im Strom-, Wärme- und Verkehrssektor eingesetzt zu werden. Der BEE kann daher die Position des BWMK, langfristig von einer rückläufigen Stromerzeugung aus Bioenergie auszugehen, nicht nachvollziehen und hält einen Phase-Out der Bioenergie aus der Stromerzeugung und den Wärmenetzen für unrealistisch und klimapolitisch kontraproduktiv. In Deutschland gibt es über 9.500 Biogasanlagen, die bereits heute einen wesentlichen Beitrag zur Energie- und Wärmeversorgung leisten. Die Technologie liefert Strom auch dann, wenn Wind und Sonne nicht ausreichend zur Verfügung stehen und bietet deshalb eine ideale Ergänzung. Dabei sollte insbesondere die regionale Nutzung im Vordergrund stehen, da Bioenergie meist dezentral verfügbar ist. Auch hier spricht sich der BEE für eine gezielte Schaffung dezentraler Flexibilitäten aus. Eine industrielle Verwendung gestaltet sich hingegen schwierig, da die Qualität der verschiedenen Biomassen sehr heterogen ist und damit die Nutzbarkeit in Industrieprozessen nicht flächendeckend gewährleistet werden kann.

Das BMWK begründet die rückläufige Stromerzeugung aus Biomasse damit, dass nachhaltige Biomasse begrenzt ist und in anderen Sektoren als der Stromerzeugung dringender benötigt wird. Der BEE hält dagegen einen deutlichen Zuwachs der Bioenergieerzeugung und des Biomasseeinsatzes in der Energieversorgung für möglich und sinnvoll. Eine Analyse der Bioenergiebranche zeigt, dass insgesamt von einem verfügbaren nachhaltigen Bioenergiepotenzial von rund 1.500 PJ im Jahr 2030 auszugehen ist. Gegenüber der aktuellen Nutzung von 936 PJ wird dabei die energetische Biomassenutzung aus landwirtschaftlichen Rohstoffen nur leicht steigen und sich in der Flächennutzung tendenziell weg von Ackerflächen hin zu Grünland und Biodiversitätsflächen (wiedervernässte Moorflächen, Agroforst) entwickeln. Insgesamt wird die energetisch nutzbare landwirtschaftliche Fläche in der Hauptnutzung in etwa konstant bleiben und zusätzliche Potenziale aus der Nebennutzung (z. B. Zweitkulturen, Agroforst) unter dem Gesichtspunkt der Co-Benefits für Umwelt- und Naturschutz hinzukommen.

Die energetische Nutzung von holzartiger Biomasse wird stärker zunehmen, bedingt durch eine voraussichtlich konstante private (Scheit-)Holznutzung und den Ausbau moderner, effizienter Holzenergieformen wie Wärmenetze oder Prozess- und Industrieanwendungen, die mit (klimawandelbedingten) Schadholzmengen sowie Sortimenten aus dem Waldumbau zur Klimaanpassung stammen. Die größten Zuwächse sind bei konstanter stofflicher Nutzung im Bereich der Rest-, Neben- und Abfallstoffe zu erwarten.

Aktuell werden 84 Terrawattstunden (TWh) aus 5,9 GW Biogas-Stromerzeugungskapazitäten gewonnen. Zukünftig können Biogasanlagen durch eine Flexibilisierung ihrer Betriebsweise im Rahmen des EEG ihre Leistung deutlich steigern, ohne den Biomasseverbrauch und die Biogasproduktion zu erhöhen oder zusätzliche EEG-Marktprämienansprüche zu generieren. Dies erhöht die Leistung und den möglichen Ausbau von Blockheizkraftwerken sowie die Installation von Gas- und Wärmespeichern. Nach Schätzungen des Fachverbandes Biogas e.V. können Biogasanlagen im Jahr 2030 12 GW gesicherte flexible Leistung bereitstellen und besonders in Zeiten mit geringer Wind- und Solarstromeinspeisung unterstützen. Mit den richtigen Anreizen kann der flexibilisierte Biogaskraftwerkspark bis 2030 einen wesentlichen Teil der erforderlichen Kraftwerkskapazitäten abdecken, wodurch der Bedarf an teuren H2-fähigen Gaskraftwerken sinkt. Dies ermöglicht eine flexible, strommarktgeführte Fahrweise. Ohne eine Berücksichtigung im Kraftwerkssicherheitsgesetz endet jedoch zwischen 2024 und 2026 für knapp die Hälfte des Bioenergieanlagenbestandes der erste EEG-Vergütungszeitraum. Ohne eine Anschlussperspektive werden insbesondere die Biogasanlagen stillgelegt und mehrere GW gesicherte Leistung verloren gehen. In den Biomasse-Ausschreibungen können die Anlagen sich zwar potenziell einen zweiten EEG-Vergütungszeitraum von 10 Jahren sowie einen Investitionszuschuss („Flexibilitätszuschlag“) ersteigern, das Volumen sowohl für die Ausschreibungen als auch für Flexibilisierungen in Form von technischer Umrüstung ist jedoch viel zu gering und muss entsprechend erhöht werden.

Aktuell werden in Deutschland gut 90 TWh Biogas erzeugt, von denen 11 TWh als Biomethan ins Gasnetz eingespeist werden. Der BEE geht davon aus, dass in den nächsten Jahren durch den verstärkten Einsatz von Substraten, die keine zusätzliche Konkurrenz zur Nahrungs- und Futtermittelproduktion darstellen, die Biogasproduktion bis auf 130 TWh ausgeweitet und klassische Energiepflanzen teilweise ersetzt werden können. Mittelfristig kann folgender Substratmix angenommen werden. Gemäß einer Studie von Guidehouse Economics beträgt das langfristige Potential solcher Stoffe in Deutschland etwa 150 TWh, sodass perspektivisch der Einsatz klassischer Energiepflanzen weiter reduziert und/oder die Biogasproduktion ausgeweitet werden kann. Das bei der Gasaufbereitung abgeschiedene biogene CO2 kann wiederum genutzt werden, um aus elektrolytisch erzeugtem Wasserstoff synthetisches erneuerbares Methan herzustellen.

Neue Biogas- und Biomethan-Blockheizkraftwerke unterstützen zusätzlich die Wärmeversorgung, ohne die Wärmevermarktung einzuschränken. Auch Holzheizkraftwerke spielen eine entscheidende Rolle für eine dezentrale Struktur aus erneuerbaren, gesicherten Leistungen. Die Nutzung von Biomasse in dezentralen Biogasanlagen und Holzheizkraftwerken ist technisch ausgereift und gesellschaftlich akzeptiert. Viele Biomassesortimente eignen sich am besten für den Einsatz in dezentralen KWK-Anlagen oder Heizwerken. Dazu zählen dezentral anfallende Biomasse (Gülle, Bioabfälle und Erntereste) inklusiver solcher, die in landwirtschaftliche Kreisläufe zurückgeführt werden kann, um deren Gärrest als klimaneutralen, CO2-bindenden Dünger zu verwenden, Energiepflanzen für die Biogasproduktion, die die Wirtschaftlichkeit von güllevergärenden Anlagen verbessern, sowie Rest- und Schadhölzer und Paludikulturen. Die zugehörigen Wärmenetze bieten Flexibilität, da überschüssiger Strom aus Wind- und Solarenergie in Wärme umgewandelt und gespeichert wird, was den Strombedarf in Hochverbrauchszeiten senkt. Laut Fachverband Biogas e.V. könnte durch die Flexibilisierung die Stromerzeugung aus Biomasse bis 2045 auf 24 GW gesteigert werden, wobei bis 2030 bereits 12 GW gesicherte Kapazität aus bestehenden Biogasanlagen verfügbar wären. Diese Kapazitäten können kurzfristig zur Dekarbonisierung des Stromsektors beitragen, ohne zusätzliche Rohstoffe zu benötigen.

2.4.2 Wasserkraft

Die planbare und flexibel steuerbare Wasserkraft kann im neuen Strommarktdesign entscheidend zur Flexibilisierung der Erzeugerseite beitragen. Laut einer Studie der Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE) und des Bundesverbandes Deutscher Wasserkraftwerke (BDW) können durch eine flexible Stauraumbewirtschaftung von bestehenden Speicher-, Pumpspeicher- und Laufwasserkraftwerken in Deutschland kurzfristig zusätzliche Flexibilitäten von etwa 1-2 GW bereitgestellt werden. Diese Potentiale können durch den Einsatz von steuerbaren Wehrklappen zur Regulierung natürlicher Abflussschwankungen technisch kostengünstig genutzt werden. Eine dynamische Nutzung der Stauziele von +/- 10 % reicht hierfür bereits aus. Durch die Reaktivierung und Modernisierung von Altstandorten sowie den Gewässerausbau könnte die Wasserkraft in Deutschland kurzfristig noch weitere Flexibilitätsleistung bereitstellen. Mittel- bis langfristig könnten zusätzliche Flexibilitätspotenziale der Wasserkraft in der Größenordnung von etwa 3-3,5 GW systemdienlich erschlossen werden. Dies zeigen u. a. aktuelle Zwischenergebnisse einer wissenschaftlichen Studie, die derzeit an der TU Braunschweig erarbeitet wird.

Damit die Wasserkraft ihren Beitrag zur Energiewende leisten kann, müssen jetzt die richtigen politischen Weichen gestellt werden. Dabei steht neben der Sicherung des derzeitigen Anlagenparks die Erschließung noch bestehender Potenziale zur Erhöhung des Leistungsbeitrages der Wasserkraft im Vordergrund. Letztere bestehen vor allem in der Modernisierung vieler Bestandsanlagen (Repowering durch technische Verbesserung und Digitalisierung), aber auch im ökologisch verträglichen Ausbau der Wasserkraft durch die Reaktivierung von Anlagen an bereits bestehenden Wehranlagen. Technische Lösungen wie Fischschutz und Fischtreppen sichern dabei den Artenschutz und eine gewässerökologisch verträgliche Stromerzeugung. Im Zusammenhang mit der zunehmenden Digitalisierung und Automatisierung der Versorgungsnetze verfügt die Wasserkraft somit noch über ein hohes Innovations- und Transformationspotenzial, das es für die Zukunft zu nutzen gilt.

2.4.3 Geothermie

Als letzte der hier aufgeführten steuerbaren Erneuerbaren Energien soll das Potenzial der Geothermie für die Versorgungssicherheit im Stromsektor hervorgehoben werden. Thermalwasser kann zur Stromerzeugung genutzt werden, was ab Temperaturen von 100 °C wirtschaftlich ist. Geothermie-Stromkraftwerke stabilisieren das Netz und fördern zudem die Umsetzung geothermischer Wärmeprojekte, da eine Wärmeauskopplung einfach realisierbar ist. Derzeit liegt die installierte elektrische Leistung bei 46 Megawatt (MW) mit einer Bruttostromerzeugung von 0,245 TWh im Jahr 2022. Angesichts der steigenden Zahl von Aufsuchungsgenehmigungen ist davon auszugehen, dass die Strombereitstellung aus Geothermie in Zukunft deutlich zunehmen wird. Laut BEE-Strommarktdesignstudie könnte die Geothermie bis 2050 insgesamt 3 GW erreichen.

2.5    Flexibilitätspotenziale der Batteriespeicher nutzen

Im Konsultationsdokument 1 werden neben den Kapazitäten für wasserstofffähige Gaskraftwerke auch Kapazitäten für Langzeitstromspeicher im Umfang von 500 MW ausgeschrieben. Der BEE begrüßt die Förderung von Langzeitstromspeichern, hält jedoch die Höhe der ausgeschriebenen Kapazitäten für deutlich zu gering. Insbesondere mit Blick auf die bereits beschriebenen Speicherpotenziale der steuerbaren Erneuerbaren Energien sollten hier technologieoffen Kapazitäten von mehreren Gigawatt geschaffen werden.

Der BEE und der Bundesverband Solarwirtschaft e.V. (BSW) haben in ihren Stellungnahmen verschiedene Verbesserungsvorschläge für die regulatorischen Rahmenbedingungen von Stromspeichern unterbreitet. Dazu gehört die Vereinheitlichung der Baukostenzuschüsse, die ausschließlich für Speichersysteme mit negativen Auswirkungen auf den Netzausbau gelten sollten. Wichtig ist, den regulatorischen Rahmen so zu gestalten, dass Speicher mehrere Funktionen gleichzeitig erfüllen können, z. B. zur Eigenbedarfsoptimierung und zur Bereitstellung von Systemdienstleistungen. Hierfür sind die Aufhebung der Ausschließlichkeitsanforderungen gemäß § 19 Abs. 3 EEG und § 13 Abs. 4 InnAusV sowie zusätzliche regulatorische Erleichterungen erforderlich. Darüber hinaus sollte der Gesetzgeber die Möglichkeiten zur Teilnahme von Speichern am Strommarkt verbessern und Anreize für netzdienliches Verhalten schaffen, insbesondere bei der Ein- und Ausspeicherung von Windstrom.

Darüber hinaus sollten Großbatteriespeicher gesondert in das Kraftwerkssicherheitsgesetz aufgenommen werden. Trotz der zunehmenden Anerkennung des enormen Potenzials von Speichertechnologien wird die Marktdynamik nach wie vor unterschätzt. So zeigt eine aktuelle Studie von Frontier Economics, dass die Kapazität von Großbatterien bis 2030 um bis zu 15 GW bzw. 57 GWh steigen könnte. Diese Großspeicher haben das Potenzial, Netzkosten und Marktpreise im Strommarkt zu stabilisieren. Auch der Bereich der Heimspeicher zeigt ein enormes Wachstum: Im Jahr 2023 wurde eine kumulierte Speicherkapazität von 4,6 GWh installiert, was einem Anstieg von 153 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Es gilt, das Wachstumspotenzial aller Speichertechnologien möglichst schnell freizusetzen und systemdienlich zu nutzen.

3 Zum Konsultationsdokument "Ausschreibungen für steuerbare Kapazitäten für einen Beitrag zur Versorgungssicherheit"

Im Konsultationsdokument 2 werden zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit Kapazitäten in Höhe von 5 GW ausgeschrieben, die nicht explizit an Wasserstoff oder an eine andere Technologie gebunden sind. Das BMWK begründet dies mit Technologieoffenheit, schränkt diese jedoch durch die definierten Modalitäten auf den Einsatz von fossilem Erdgas ein. Da für die Wasserstoffverstromung im Vergleich zu Erdgas ein deutlich späterer Übergang in den profitablen Betrieb zu erwarten ist, steigert die Ausschreibung aus dem zweiten Konsultationsdokument die Attraktivität der fossilen Energieerzeugung. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse von Aurora Energy Research.

Steuerbare Erneuerbare Energien werden erneut de facto ausgeschlossen, obwohl sie für die Sicherstellung der Versorgungssicherheit die kostengünstigste und effektivste Alternative darstellen und Klimaneutralität von Beginn an sichern. Sie würden darüber hinaus dezentrale Flexibilitäten schaffen und das erklärte Ziel von 100 % Erneuerbaren Energien bis 2038 konsequent weiterverfolgen, anstatt die fossilen Abhängigkeiten von Erdgas aufrechtzuerhalten. Der BEE hält dies grundsätzlich für einen problematischen Ansatz, für den auch die genannten Dekarbonisierungstechnologien keine Lösung darstellen. Der perspektivische Einsatz von CCS und CCU ist hier wie in allen Bereichen der fossilen Energieerzeugung abzulehnen und dem Ersatz durch CO2-armes Gas fehlt eine trennscharfe Abgrenzung. Für das Konsultationsdokument 2 sieht es der BEE deshalb als notwendig an, die Ausschreibungskriterien so anzupassen, dass eine echte Technologieoffenheit und Treue zur Zielsetzung von 100 % Erneuerbaren Energien bis 2038 gewährleistet sind.

4 Fazit

Die Eckpunkte des BMWK zum Kraftwerkssicherheitsgesetz verfolgen mit der Ausrichtung auf Versorgungs- und Planungssicherheit sowie der Förderung zusätzlicher Kapazitäten für die Energieerzeugung in Deutschland gleich mehrere Zielsetzungen, die der BEE ausdrücklich begrüßt. Die zugrundeliegende Ausgestaltung und Priorisierung der einzelnen Alternativen lassen jedoch Fragen und kritische Punkte offen, die im Rahmen der öffentlichen Konsultation dringend geklärt werden müssen.

Hervorzuheben ist zunächst die Notwendigkeit der echten Technologieoffenheit. Die Fokussierung auf wasserstofffähige und nicht-wasserstofffähige fossile Gaskraftwerke ist nicht nachvollziehbar und geht zu Lasten der steuerbaren Erneuerbaren Energien, die das Energiesystem günstiger, resilienter und klimafreundlicher machen. Deren Potenzial wird in den beiden Konsultationsdokumenten erneut stark unterschätzt, was der BEE insbesondere vor dem Hintergrund der wiederholten Verweise auf die Möglichkeiten der steuerbaren EE in der Vergangenheit stark kritisiert. Hier bedarf es einer Überarbeitung der Modalitäten und einer Abkehr von der Bevorzugung von Wasserstoff und fossilem Erdgas als Energieträger.

Zweitens muss das Ziel 100 % Erneuerbare Energien bis 2038 konsequent weiterverfolgt werden. Der Erfolg einer vollständigen Energiewende darf durch keine einzige Maßnahme gefährdet, abgeschwächt oder ausgebremst werden. Eine Ausschreibung fossiler Kapazitäten ist aus Sicht des BEE daher inakzeptabel und muss durch Erneuerbare Energieträger vollständig ersetzt werden.

Abschließend soll der notwendige Ausschluss von CCS und CCU aus der fossilen Energieerzeugung betont werden. Da CCS und CCU geografischen, finanziellen und technischen Grenzen unterliegen, sollte sich ihr Einsatz aus Sicht des BEE auf jene Anwendungsbereiche beschränken, in denen eine vollständige Dekarbonisierung nicht möglich ist. Die Ausschreibungskriterien aus dem Kraftwerkssicherheitsgesetz müssen deshalb unter Einhaltung der Klimaneutralität angepasst werden, ohne dass dabei ein Restbedarf für die Einspeicherung von CO2-Emissionen bestehen bleibt.

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Bundesverband Erneuerbare Energie e.V.

Als Dachverband vereint der Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE) Fachverbände und Landesorganisationen, Unternehmen und Vereine aller Sparten und Anwendungsbereiche der Erneuerbaren Energien in Deutschland. Bei seiner inhaltlichen Arbeit deckt der BEE Themen rund um die Energieerzeugung, die Übertragung über Netz-Infrastrukturen, sowie den Energieverbrauch ab.

Der BEE ist als zentrale Plattform aller Akteur:innen der gesamten modernen Energiewirtschaft die wesentliche Anlaufstelle für Politik, Medien und Gesellschaft. Unser Ziel: 100 Prozent Erneuerbare Energie in den Bereichen Strom, Wärme und Mobilität.

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