Am 20.05.2022 hat die EU-Kommission ihren offiziellen Entwurf zum Delegierten Rechtsakt zur Umsetzung der Bestimmungen in Art. 27 (3) der EU-Erneuerbare Energien-Richtlinie II (RED II) vorgelegt. Hierin werden detaillierte Regeln für die Herstellung erneuerbarer flüssiger und gasförmiger Kraftstoffe nicht-biologischen Ursprungs festgelegt.
Obwohl dieser delegierte Rechtsakt technisch gesehen nur für erneuerbare Kraftstoffe im Verkehrssektor relevant ist, wird erwartet, dass er die Regeln für die Erzeugung von erneuerbarem Wasserstoff in allen Sektoren bestimmt. Die Bestimmungen in diesem Rechtsakt sind aus diesem Grund von großer Bedeutung.
Der Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE) begrüßt die Möglichkeit zur Stellungnahme zum genannten delegierten Rechtsakt und bewertet im Folgenden die einzelnen Artikel des vorliegenden Verordnungsentwurfs.
Im Art. 2, Abs. 4 des vorliegenden Entwurfs des delegierten Rechtsakts wird die erste europäische Legaldefinition für erneuerbaren Wasserstoff gegeben: “‘renewable hydrogen’ means hydrogen derived only from renewable energy sources other than biomass” („Erneuerbarer Wasserstoff ist Wasserstoff, der ausschließlich aus anderen erneuerbaren Energiequellen als Biomasse gewonnen wird“.)
Biomasse soll also kein erwünschter erneuerbarer Energieträger sein und daher von der Erzeu- gung von erneuerbarem Wasserstoff ausgeschlossen werden. Eine Begründung, warum "flüssige und gasförmige Kraftstoffe" nur nicht-biologischen Ursprungs sein sollten, liefert der vorliegende Entwurf nicht.
Forderung des BEE:
Wasserstoff auf Basis von Biomasse - insbesondere biogene Reststoffe ohne weitere Verwendungsmöglichkeiten - und Biogas sollte dringend in die Definition von erneuerbarem Wasserstoff einbezogen werden. Es wird kein vernünftiger Grund benannt, warum "flüssige und gasförmige Kraftstoffe" nur nicht-biologischen Ursprungs sein sollten.
Konkrete Änderungsvorschläge im Verordnungstext:
Für Strom aus direkt angeschlossenen Anlagen legt der vorliegende Entwurf folgende Anrechenbarkeits-Kriterien fest:
Für aus dem Netz bezogenen Strom, legt der vorliegende Entwurf folgende Anrechenbarkeits-Kriterien fest:
Forderung des BEE:
Zusätzlichkeit wird im vorliegenden Entwurf u.a. durch den Förderstatus eine EE-Anlage definiert, siehe oben. Dieser Ansatz würde es beispielsweise EE-Anlagen, die in der Vergangenheit durch das deutsche Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gefördert wurden, aber keinen Anspruch mehr auf diese Förderung haben, von der Stromlieferung für erneuerbaren Wasserstoff ausschließen.
Anstatt bestehende EE-Anlagen nach Ablauf ihres gesetzlich gewährten Vergütungszeitraums rückzubauen, sollten diese zur Herstellung des dringend benötigten erneuerbaren Wasserstoffs verwendet werden dürfen.
Aus diesem Grund sollte das Schlüsselkriterium für die Zusätzlichkeit nicht sein, ob die EE-Anlage in der Vergangenheit Förderungen erhalten hat oder nicht, sondern ob der verwendete Strom gefördert wird oder nicht.
Konkrete Änderungsvorschläge im Verordnungstext:
„Regarding renewable hydrogen produced from electricity sourced from the grid, its production should incentivise, through a power purchase agreement, the deployment of renewable electricity that does not receive financial support since the renewable hydrogen is already being supported by being eligible to count towards the obligation on fuel suppliers set out in Article 25 of Directive (EU) 2018/2001.“
EE-Strom aus direkt angeschlossenen Anlagen muss zur Anrechenbarkeit folgende Kriterien erfüllen:
Netzbezogener EE-Strom muss zur Anrechenbarkeit folgende alternative Kriterien erfüllen:
oder
Die Notwendigkeit zur Erfüllung einer der oben genannten alternativen Kriterien entfällt, wenn der Strom aus einer Gebotszone kommt, in der der durchschnittliche Anteil von Strom aus erneuerbaren Energien im vorangegangenen Kalenderjahr über 90 % lag, und die Elektrolyse nicht eine maximale Stundenzahl überschreitet, die im Verhältnis zum Anteil von EE-Strom steht. Diese Höchststundenzahl ergibt sich aus der Multiplikation der maximalen Volllaststundenzahl des Elektrolyseurs mit dem Anteil des EE-Strom, der im Vorjahr in der Gebotszone gemeldet wurde (Art. 4, 1).
Forderung des BEE:
EE-Strom aus direkt angeschlossenen Anlagen:
Ein Elektrolyseur, der über eine direkt angeschlossene EE-Anlage Strom bezieht, sollte alternativ auch Strom aus dem Netz beziehen dürfen, sofern die Kriterien in Art. 4 erfüllt sind. Die Erfüllung dieser Kriterien stellt sich, dass nur erneuerbarer Strom zur Herstellung des Wasserstoffs verwendet wird. Eine Beschränkung der Installationen auf Direktleitungsbezüge wäre dann nicht zu rechtfertigen.
Netzbezogener EE-Strom:
Alternativ zu den oben genannten, im vorliegenden Entwurf enthaltenen Optionen, sollte auch eine Volllaststundenbegrenzung zur Erfüllung des Zeitkriteriums herangezogen werden können.
Konkrete Änderungsvorschläge im Verordnungstext:
Netzbezogener EE-Strom muss zur Anrechenbarkeit folgende alternative Kriterien erfüllen:
Mitgliedsstaaten können strengere geographische Kriterien einführen, um die Vereinbarkeit mit der Wasserstoff- und Stromnetzplanung zu gewährleisten (Art. 4, 5).
Forderung des BEE:
Entscheidend ist, dass Elektrolyseure an Standorten mit einem hohen Dargebot fluktuierender Erneuerbaren Energien dem Energiesystem als Flexibilität zur Verfügung stehen und zeitgleich ein zügiger Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur gewährleistet ist.
Um die systemische Integration der Wasserstoffproduktion sicherzustellen, sollten die Mitgliedsstaaten deshalb gem. Art. 4, 5 des vorliegenden Entwurfs Kriterien einführen, die die Netzdienlichkeit eines Standorts mit berücksichtigen.
Der vorliegende Entwurf legt in Art. 4, 4 fest, dass alle oben genannten Kriterien für erneuerbaren Strombezug (Zusätzlichkeit, zeitliche Korrelation, räumliche Korrelation) während Redispatch-Perioden entfallen, sofern die Elektrolyse den Bedarf an Redispatch um die verbrauchte Strommenge mindert.
Forderung BEE:
Der vorliegende Entwurf macht nicht in ausreichender Weise klar, wie der Nachweis durch die Übertragungsnetzbetreiber geführt werden kann, dass durch die Elektrolyse der Bedarf an Redispatch um die verbrauchte Strommenge vermindert wurde. Hier sollte es auf nationaler Ebene klare Regelungen geben, die eine eindeutige Nachweisführung sicherstellen. Zudem müssen auch bei Nutzung von Elektrolyseuren im Redispatch-Fall die Unbundling-Regeln zwischen Netzbetreibern und Elektrolysebetreibern greifen.
Grundsätzlich sollte durch sofortiges Inkraftsetzen starker Kriterien für den erneuerbaren Strombezug (insb. starker Kriterien bei der räumlichen Korrelation, d.h. Elektrolyse vor allem an Standorten mit einem hohen Dargebot fluktuierender Erneuerbaren Energien) darauf hingewirkt werden, dass der Redispatch-Bedarf als solcher vermindert wird. Die durch die Senkung der Redispatch-Kosten freiwerdenden Gelder wiederum können in den schnelleren Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur investiert werden.
Der vorliegende Entwurf legt in Art. 7 fest, dass bestimmte Anrechenbarkeitskriterien erst ab dem 1. Januar 2027 Gültigkeit haben. Im Einzelnen sind dies:
Der vorliegende Entwurf legt darüber hinaus in Art. 8 fest, dass Elektrolyseure, die vor dem 1. Januar 2027 in Betrieb gehen, Bestandschutz genießen. Diese Elektrolyseure müssen dementsprechend auch nach 2027 keine Zusätzlichkeitsanforderungen gem. der Art. 4, 2 a) und b) sowie lediglich eine monatliche Zeitgleichheit gem. Art. 7 nachweisen.
Forderung des BEE:
Das in Art. 7 festgelegte Aussetzen der Zusätzlichkeitsanforderungen gem. Art. 4, 2 a) und b) sowie Art. 4, 2 c i) bis 2027, kombiniert mit dem in Art. 8 definierten Bestandschutz, bedeutet, dass die Elektrolyseure, die vor 2027 in Betrieb gehen, jeglichen über PPA kontrahierten Strom aus EE-Anlagen nutzen können und lediglich eine monatliche Zeitgleichheit zwischen EE-Erzeugung und Elektrolyse nachweisen müssen.
Die beschriebenen Übergangsbestimmungen widersprechen dem in Erwägungsgrund 2 genannten Grundprinzip für die Produktion von erneuerbarem Wasserstoff, wonach der große Bedarf an zusätzlicher erneuerbarer Stromerzeugung nur durch strikte Zusätzlichkeitsanforderungen gewährleistet werden kann. Sie schaffen fossile Pfadabhängigkeiten und einen Wettbewerbsnachteil für Elektrolyseure, die ab dem 1.1.2027 in Betrieb gehen. Elektrolyseure, die den Anteil fossiler Energien jetzt im Strommarkt erhöhen, blockieren den Hochlauf von Elektrolyseuren, die tatsächlich zur CO2-Reduktion und zur systemdienlichen Wasserstoffproduktion beitragen. Außerdem werden Installationen mit Direktleitung zwischen EE-Stromerzeugung und Elektrolyse diskriminiert, da der Bestandschutz in Art. 8 gilt nur für netzbezogenen Strom gilt.
Der BEE fordert, dass zumindest die stündliche Korrelation zwischen EE- und Wasserstofferzeugung (Art. 4, 2 c i) ab sofort, und nicht erst 2027, Gültigkeit hat.
Aus dem oben genannten Grund des Wettbewerbsnachteils für ab dem 1.1. 2027 in Betrieb genommene Elektrolyseure lehnt der BEE zudem einen allgemeinen Bestandschutz hinsichtlich der Art. 4, 2 a) und b) für Elektrolyseure, vor diesem Stichtag in Betrieb genommene Elektrolyseure ab.
Konkrete Änderungsvorschläge im Verordnungstext:
Für den Fall, dass der Bestandsschutz für Elektrolyseure in Artikel 8 beibehalten wird, dürfen direkt angeschlossene Anlagen nicht benachteiligt werden. Die mit dem derzeit vorliegenden Verordnungstext eingehergehende Diskriminierung dieser Anlagen ist völlig ungerechtfertigt. Daher sollte zwingend aufgenommen werden, dass die Ausnahmen in Artikel 8 auch für Elektrolyseure mit direktem Leitungsanschluss nach Artikel 3 gelten.
Es gibt bislang auf europäischer Ebene keine gesetzlichen Regelungen für die Definition von erneuerbarem Wasserstoff. Mit dem delegierten Rechtsakt zu Art. 27 Abs. 3 der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (RED II) legt die Europäische Kommission Kriterien für die Anrechnung von erneuerbarem Wasserstoff in Treibstoffen vor. Hierbei handelt es sich nicht um eine allgemeingültige Definition von erneuerbarem Wasserstoff. Der vorliegende delegierte Rechtsakt ist jedoch die Blaupause für die übergreifende Definition von erneuerbarem Wasserstoff.
Der BEE hat klar gemacht, dass er das grundsätzliche Ansinnen der EU-Kommission zur Bereitstellung einer allgemeingültigen Definition von erneuerbarem Wasserstoff begrüßt. Auch die von der Kommission vorgeschlagenen Kriterien für den erneuerbaren Strombezug sieht der BEE in ihrer Grundausrichtung positiv, da sie dem Hochfahren einer systemdienlichen, auf erneuerbaren Energien basierenden Wasserstoffwirtschaft dienen können.
Es wurde in der vorliegenden Stellungnahme jedoch auch auf verschiedene Kritikpunkte hingewiesen, verbunden mit der Forderung nach konkreten Änderungen im Verordnungstext.
Hierzu zählt insbesondere der Hinweis, dass für die erneuerbare Wasserstoffproduktion alle zur Verfügung stehenden erneuerbaren Energiequellen genutzt werden sollten. Insbesondere wurde darauf hingewiesen, dass die Regelungen des vorliegenden Entwurfs eine Nutzung von EE-An- lagen, die in der Vergangenheit eine Förderung erhalten haben, zur erneuerbaren Wasserstoffproduktion unmöglich machen. Um bestehende EE-Anlagen nach Ablauf ihres gesetzlich gewährten Vergütungszeitraums zur Herstellung des dringend benötigten erneuerbaren Wasserstoffs verwendet zu dürfen, sollte das Schlüsselkriterium für die Zusätzlichkeit nicht sein, ob die EE-Anlage in der Vergangenheit Förderungen erhalten hat oder nicht, sondern ob der verwendete Strom gefördert wird oder nicht.
Des Weiteren hat der BEE klar gemacht, dass es keinen nachvollziehbaren Grund für einen Ausschluss von Biomasse bei der erneuerbaren Wasserstoffproduktion gibt. Biomasse und Biogas sollten daher durch eine Streichung des Zusatzes „of non-biological origin“ an den verschiedenen Stellen im Entwurf in die Definition von erneuerbarem Wasserstoff mit einbezogen werden.
Im Hinblick auf die Kriterien zur zeitlichen Korrelation schlägt der BEE vor, ein weiteres alternatives Kriterium aufzunehmen, dass eine Volllastundenbegrenzung analog zur Regelung in Art. 4, 1 vorsieht. Bei der räumlichen Korrelation weist der BEE auf die Wichtigkeit weitergehender nationaler Regelungen hin, die die Systemdienlichkeit von Elektrolysestandorten berücksichtigen.
Schlussendlich – und dieser Punkt ist besonders hervorzuheben wurde auf die Risiken der im vorliegenden Entwurf vorgeschlagenen Übergangsbestimmungen in Art. 7 und Art. 8 hingewiesen. Diese Übergangsbestimmungen fördern einen Markthochlauf von Elektrolyseuren und führen zu einer Zunahme der CO2-intensiven Stromerzeugung aus fossilen Brennstoffen. Dies widerspricht klar den allgemeinen Zielen der Red II. Art. 8 und schafft fossile Pfadabhängigkeiten sowie einen Wettbewerbsnachteil für systemdienlich agierende Elektrolyseure, die ab dem 01.01.2027 in Betrieb gehen. Aus diesem Grund fordert der BEE die ersatzlose Streichung des Art. 7, Satz 2 (Aussetzen der stündlichen Zeitgleichsanforderung zwischen EE-Stromerzeugung und Elektrolyse bis 2027) und des Art. 8 (Bestandschutz für vor 2027 in Betrieb genommene Elektrolyseure) des vorliegenden Entwurfs.
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