Der Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze (Energiewirtschaftsrechtsänderungsgesetz) wurde am 22. Januar 2021 mit dem Versand des Entwurfs an eine begrenzte Auswahl an Verbänden in die Verbändeanhörung gegeben.
Der Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE) als Vertreter der Erneuerbaren Energiebranche kritisiert, dass der BEE sowie zahlreiche weitere EE-Verbände nicht an der Verbändeanhörung beteiligt wurden. Die gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien sieht unter Paragraf 47 ausdrücklich vor, dass Fachkreise und Verbände zu beteiligen sind, sofern ihre Belange berührt sind. Länder- und Verbändeanhörungen sind ein fester Bestandteil des demokratischen Prozesses im politischen System der Bundesrepublik Deutschland und die betroffenen Stakeholder müssen frühzeitig und angemessen beteiligt werden. Mit der oben beschriebenen Vorgehensweise ist dies jedoch leider nicht gegeben.
Die Erneuerbare Energien-Wirtschaft ist an verschiedenen Stellen von den geplanten Änderungen im Energiewirtschaftsrecht betroffen. Es ist deshalb für uns nicht nachvollziehbar, dass der BEE nicht an der Verbändeanhörung beteiligt wurde und wir deshalb erst verspätet von der Verbändeanhörung erfahren haben. Ferner ist die Frist von nur drei Werktagen deutlich zu kurz für eine umfassende Bewertung des Gesetzesvorschlages. Eine solche kurze Frist ist im BMWi leider mittlerweile üblich und verhindert die sachgerechte Einbeziehung der Verbände. Das BMWi sollte deshalb dringend zu ausreichenden Fristen zurückzukehren.
Der BEE teilt die Einschätzung, dass bei dem zur Konsultation gestellten Gesetzgebungsvorhaben dringender Handlungsbedarf besteht. Eine fundierte und umfassende Beurteilung des vorlegten Gesetzesentwurfs im Rahmen des Konsultationsverfahrens des BMWi war aus den oben genannten Gründen jedoch innerhalb der gesetzten Frist nicht mehr möglich.
Mit der vorliegenden Stellungnahme will der BEE trotzdem wichtige Anmerkungen in die fortschreitende Diskussion zur Reform des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) einbringen.
Der BEE begrüßt, dass mit der Gesetzesnovelle nun endlich eine Definition für die Energiespeicherung im EnWG aufgenommen werden soll.
Die Definition der Strombinnenmarktrichtlinie aus Art. 2 Nr. 59 wird in § 3 Nr. 15c EnWG des vorliegenden Entwurfs allerdings nur in deutlich veränderter Form umgesetzt. Die EUBinnenmarktrichtlinie (EU) 2019/944 definiert „Energiespeicherung“ im Elektrizitätsnetz als die Verschiebung der endgültigen Nutzung elektrischer Energie auf einen späteren Zeitpunkt als den ihrer Erzeugung. Das Kernelement dieser Definition ist die zeitliche Verschiebung. Erzeugung und Nutzung von elektrischer Energie fallen durch die Speicherung beliebig weit auseinander, bleiben aber verknüpft. Die Einspeicherung selbst ist nicht die Nutzung und die Ausspeicherung ist nicht die Erzeugung. Die europarechtlichen Definitionen verwenden bewusst weder die Begriffe „Verbrauch“ oder „verbrauchen“ noch „Erzeugung“ oder „erzeugen“.
Problematisch ist die Verwendung dieser Begriffe in der Definition vor allem, weil sich für die Netzentgelte Konsequenzen hinsichtlich des aus dem Netz bezogenen und zwischengespeicherten Stroms ergeben. Aus Sicht des BEE wäre die Einordnung des Stroms, den ein Speicher aus dem Netz bezieht und wieder einspeist, z.B. zur Erbringung einer Flexibilitätsdienstleistung, nicht mit der Richtlinie vereinbar. Art. 15 Abs. 5 der Richtlinie sieht eindeutig vor, dass bezogener, eingespeicherter und wieder ausgespeicherter Strom nicht mehrfach mit Netzentgelten belegt werden darf.
Anstelle einer von der Strombinnenmarktrichtline abweichenden Definition sollten deshalb aus den genannten Gründen die Definitionen der Art. 2 Nr. 59 und Nr. 60 RL (EU) 2019/944 im Wortlaut in das EnWG übernommen werden.
In Art. 33 der Strombinnenmarktrichtlinie Strom wird die Grundsatzentscheidung getroffen, dass der Betrieb von Ladepunkten grundsätzlich dem Markt zuzuordnen ist und nicht dem regulierten Netzbetrieb. Diese grundsätzliche Einordnung des Ladepunktbetriebs als wettbewerbliche Tätigkeit unterstützt der BEE. Sie stärkt das Vertrauen in den Markt und stellt klar, dass sich die Ladeinfrastruktur in Deutschland in einem wettbewerblichen Markt befindet, der schon heute funktioniert. Darüber hinaus reizen eine Vielzahl von Förderprogrammen die Errichtung von Ladeinfrastruktur bereits an. Dabei verknüpfen sie attraktive mit weniger attraktiven Standorten.
Der vorliegende Referentenentwurf des Energiewirtschaftsrechtsänderungsgesetzes bekennt sich zum grundsätzlichen Verbot des Betriebs von Ladepunkten durch Netzbetreiber. Allerdings beschäftigen sich weite Teile des Gesetzestexts mit Regelungen zum Fall des Marktversagens, in dem die Netzbetreiber ausnahmsweise dazu ermächtigt werden sollen, selbst Ladepunkte zu errichten und zu betreiben. Diese Fokussierung lässt den Schluss zu, dass der Gesetzgeber den Fall des Marktversagens als wahrscheinlich erachtet und ihn gleichsam in Kauf nimmt. Diesem Eindruck sollte unbedingt vorgebeugt werden.
Der BEE geht davon aus, dass die Ausnahmegenehmigungen für den Betrieb von Ladepunkten durch Netzbetreiber in der Praxis nicht zur Anwendung kommen werden. Um den marktlichen Hochlauf nicht zu gefährden, sollte das EnWG sicherstellen, dass bei der Ausgestaltung der Rechtsverordnung ein konkreter Nachweis des fehlenden Interesses von Wettbewerbern am Aufbau von Ladeinfrastruktur zwingende Voraussetzung für einen temporären Eingriff des Netzbetreibers ist. Des Weiteren fehlt sowohl in der Gesetzesbegründung als auch im Gesetz die Ausgestaltung der Rückführung des regulierten Rahmens der Ladeinfrastruktur in den wettbewerblichen Markt. Darüber hinaus sollte die Rechtsverordnung klare Kriterien zur Abgrenzung des betroffenen Gebietes (nicht dem gesamten Netzgebiet) und des Betrachtungszeitraums festlegen und sicherstellen, dass sich die Regulierungsbehörde mit der Kartellbehörde und den betroffenen Kommunen abstimmen muss.
Der BEE begrüßt, dass der Gesetzgeber in § 7 EnWG (für Verteilnetzbetreiber) bzw. § 8 EnWG (für Übertragungsnetzbetreiber) die Vorgaben der Strombinnenmarktrichtlinie übernimmt, die besagen, dass weder Verteilnetzbetreiber noch Übertragungsnetzbetreiber grundsätzlich dazu berechtigt sind Eigentümer einer Energiespeicheranlage zu sein oder diese zu errichten, zu verwalten oder zu betreiben. Zu ergänzen ist in der vorliegenden Formulierung noch, dass Netzbetreiber auch nicht dazu berechtigt sein sollten, Energieformen ineinander umzuwandeln. Die Errichtung und der Betrieb von Elektrolyseuren beispielsweise sollten unbedingt ebenfalls ausschließlich dem Markt vorenthalten sein.
Der Gesetzgeber gewährt jedoch die Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot des Betriebs von Energiespeicheranlagen durch Netzbetreiber, soweit die Notwendigkeit zur Errichtung eines solchen Speichers für den sicheren Systembetrieb nach § 11 Absatz 1 Satz 1 EnWG vorliegt und nach erfolgter Ausschreibung kein marktlicher Anbieter, weder die Dienstleistung noch die Errichtung, anbieten oder zu angemessenen Kosten anbieten kann.
Der BEE erkennt das Risiko von Marktversagen unter bestimmten Umständen an, weist aber in Bezug auf die Prüfung der Angemessenheit der Kosten („Angemessen sind die Kosten, wenn sie die Kosten für die Errichtung, die Verwaltung und den Betrieb einer vergleichbaren Anlage im Eigentum eines Netzbetreibers nicht übersteigen.“) darauf hin, dass die Kosten des Netzbetreibers, die er für Errichtung, Betrieb usw. ansetzt, nur bedingt mit dem Preis, den der Marktteilnehmer anbietet, vergleichbar sind. Dies ist vor allem deshalb der Fall, weil der regulierte Bereich andere Grundvoraussetzungen für Investitionstätigkeiten als der nicht-regulierte Bereich hat. Dies umfasst zum Beispiel Voraussetzungen zur Fremdkapitalbeschaffung, zur möglichen Wälzung von Kosten, zur Berücksichtigung von Opportunitätskosten und dem Einpreisen von Risikoprämien.
Aus diesen Gründen sollte die Errichtung und der Betrieb von Energiespeicheranlagen nur dann erlaubt sein, wenn die Kosten des Marktteilnehmers um ein Vielfaches höher liegen als die äquivalenten Kosten des Netzbetreibers für die gleiche Dienstleistung.
In einem solchen absoluten Notfall sollte zeitlich sowie geografisch eng begrenzt, die Errichtung und der Betrieb durch den Netzbetreiber erlaubt sein. Die entsprechenden Tatbestände zum Vorliegen der dafür notwendigen Voraussetzungen müssen eindeutig definiert sein. Eine schnellstmögliche Überführung des Betriebs der entsprechenden Anlagen muss angestrebt werden. Betrieb und Errichtung von Elektrolyseuren durch Netzbetreiber sollte hingegen gänzlich verboten werden.
Grundsätzlich muss es das vorrangige Ziel des Gesetzgebers sein, die Rahmenbedingungen zu verbessern, um so ein funktionierendes Marktumfeld zu schaffen, das regulatorische Eingriffe nicht notwendig macht. Hierzu können fair und transparent gestaltete Ausschreibungen mit entsprechenden Vergütungs- und Vermarktungsmöglichkeiten ein wichtiges Instrument sein.
Die Erweiterung des Konzepts „Nutzen statt Abregeln“ für Betreiber von KWK-Anlagen auch außerhalb des ehemaligen Netzausbaugebietes ist begrüßenswert. Die Regelung ist deshalb positiv zu betrachten, weil sie das Stromnetz gleich doppelt entlastet: Im Falle eines Netzengpasses schaltet der Übertragungsnetzbetreiber das Power-to-Heat-Modul beim KWKAnlagenbetreiber an und es wird Strom aus dem überlasteten Stromnetz gezogen und in EEWärme umgewandelt. Gleichzeitig wird die KWK-Anlage runtergefahren.
Die Regelungen nach § 13 Absatz 6a zur Realisierung der Energiewende und Sektorenkopplung bleiben jedoch weit hinter ihren Möglichkeiten zurück. So sollte die Regelung nicht nur für Übertragungsnetzbetreiber sondern auch für Verteilernetzbetreiber nutzbar sein. Letztere müssen beispielsweise durch die Steuerung von Anlagen im eigenen Netz unterstützend für die Übertragungsnetzbetreiber tätig werden oder einen Netzengpass im eigenen Verteilernetz bewirtschaften können.
Zudem sollte § 13 Absatz 6a auch auf andere flexible Verbraucher wie Ladeinfrastruktur und Elektrolyseure angewendet werden können.
In § 14 c Abs. 4 des vorliegenden Gesetzentwurfs heißt es, dass die Bundesnetzagentur „für bestimmte Flexibilitätsdienstleistungen eine Ausnahme von der Verpflichtung zur marktgestützten Beschaffung festlegen“ kann, „sofern eine solche Beschaffung nicht wirtschaftlich effizient ist oder zu schwerwiegenden Marktverzerrungen oder zu stärkeren Engpässen führen würde.“
Der BEE erkennt das Risiko von Marktversagen und die Notwendigkeit des regulatorischen Eingriffs unter besonderen Umständen an. Leider hat der Gesetzgeber versäumt, diese besonderen Umstände zu beschreiben und zu definieren. Weder wird klargestellt, um welche Art von Flexibilitätsdienstleistungen es sich handelt, noch wird definiert was unter „wirtschaftlich nicht effizient“ und „schwerwiegenden Marktverzerrungen“ zu verstehen ist.
Bei der Berücksichtigung der Netzanschlussbegehren in §14d sollten Netzbetreiber bei der Netzverträglichkeitsprüfung von Einspeisebegehren für regelbare marktgesteuerte Einspeiser (bspw. flexible BHKW, die mit Biogas, oder Biomethan betrieben werden) von einem Betrieb in Zeiten geringer EE-Einspeisung ausgehen. Wenn eine bestehende Biogasanlage für einen Leistungszubau ein solches Netzanschlussbegehren stellt, ist in der Regel von einer Entlastung der Netze auszugehen. Ablehnungen sollten daher vom Netzbetreiber begründet werden.
Die Pflicht zur Veröffentlichung umfangreicher Netz-Strukturmerkmale durch die Netzbetreiber begrüßt der BEE. Über die genannten Merkmale hinaus sollten die Netzbetreiber zur Identifizierung netzdienlicher Standorte von Elektrolyseuren jedoch auch noch Angaben zu Häufigkeit, abgeregelter Strommenge und genauen Standorten von EinspeisemanagementSignalen machen. Des Weiteren sollte das Lastintegral des jeweiligen Netzbetreibers über alle Netzebenen abgebildet werden müssen.
Wichtig ist darüber hinaus, dass alle Daten, insbesondere Lastverläufe in maschinenauslesbaren Dateiformaten (csv, txt) veröffentlicht und herunterladbar werden, so dass diese einfach von unabhängiger Stelle überprüft und genutzt werden können.
Des Weiteren sollte die Transparenzpflicht bei Flächennetzbetreibern (nicht Stadtnetzbetreibern) um die Veröffentlichung der stündlichen Windgeschwindigkeit in unterschiedlichen Nabenhöhen an mehreren Standorten im jeweiligen Netz erweitert werden. Hintergrund dieser zentralen Forderung ist die Schaffung einer transparenten, volkswirtschaftlich günstigsten und für jedermann einsehbaren Datengrundlage zur Berechnung von Ausfallenergiemengen (§ 15 EEG 2021) und weiteren Entschädigungsmengen (zum Beispiel Redispatch 2.0) flächendeckend über Deutschland.
Die Regulierung von Wasserstoffinfrastruktur ist als Voraussetzung für den erfolgreichen Markthochlauf der deutschen Wasserstoffwirtschaft grundsätzlich zu begrüßen. Allerdings ist in diesem Zusammenhang zu hinterfragen, ob eine eigenständige Regulierung reiner Wasserstoffnetze notwendig ist. Vor dem Hintergrund, dass grüner Wasserstoff Erdgas langfristig in all seinen Anwendungsgebieten ersetzen sollte, wäre eine einheitliche Regulierung von Erdgas- und Wasserstoffnetzen einfacher - einschließlich der Möglichkeit einer gewissen Quersubventionierung der beiden Infrastrukturen.
Der BEE begrüßt die in diesem Paragrafen eindeutig formulierte Trennung zwischen Erzeugung/Verbrauch und Netzbetrieb. Die geforderte Entflechtung sollte jedoch auch vollständig auf gesellschaftsrechtlicher Ebene erfolgen.
Betreiber von Wasserstoffnetzen können Dritten den Anschluss oder den Zugang verweigern, wenn sie nachweisen, dass ihnen dieser aus betriebsbedingten oder sonstigen Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Es ist jedoch unklar, was „betriebsbedingte oder sonstige Gründe“ im Einzelnen sind. Anstelle dieser problematischen Formulierung sollte deshalb an dieser Stelle die Formulierung der Gasnetzzugangsverordnung 2019, Teil 6, § 34, Abs. 2, Satz 1 übernommen werden: „[…] soweit sie nachweisen, dass ihnen der Anschluss oder der Zugang technisch unmöglich oder wirtschaftlich unzumutbar ist."
Eine wichtige Grundlage der Prüfung der Bedarfsgerechtigkeit von Wasserstoffinfrastrukturen ist eine Prüfung von Angebot und Nachfrage. Bei der Prüfung des Angebots von Wasserstoff sollte im Blick behalten werden, dass der Markthochlauf von Wasserstoff kein Selbstzweck ist, sondern der Erreichung der Klimaziele dient. Der Aufbau von Wasserstoffinfrastruktur sollte sich deshalb an der Verfügbarkeit von Grünen Wasserstoff orientieren.
In Absatz 4 dieses Paragrafen sollte darüber hinaus klargestellt werden, dass durch die Umrüstung einer Erdgasinfrastruktur zu einer Wasserstoffinfrastruktur, die im EnWG und der Gasnetzzugangsverordnung festgelegte vorrangige Einspeisung von Biogas in Gasnetze nicht ausgehebelt wird und weiter Bestand hat.
Wie in den Ausführungen zu § 11a EnWG (s.o.) beschrieben, sieht der BEE die Gefahr, dass der Fall des Marktversagens von den Netzbetreibern als Vorwand genommen wird, um die klare Trennung zwischen Netz und Erzeugung/Speicherung aufzubrechen und auch selbst Power-toGas-Anlagen, wie beispielsweise Elektrolyseure, zu betreiben.
Unter dieser Maßgabe sieht der BEE die Ausführungen in § 28p Absatz 2 kritisch. Es muss sichergestellt sein, dass Netzbetreiber nicht selbstständig Elektrolyseure projektieren und betreiben und gleichzeitig (in Ausübung ihrer Pflicht als Netzbetreiber) verpflichtende Anforderungen für diese Tatbestände definieren. Letzteres würde eine unzulässige Diskriminierung Dritter bedeuten.
Der BEE sieht die Einführung dynamischer und variabler Tarifstrukturen grundsätzlich positiv, da durch Preissignale eine Steuerungswirkung des Verbrauchs hin zu Zeiten mit hohem EEStromangebot angereizt werden kann.
Entscheidend ist jedoch die richtige Ausgestaltung der Preisstrukturen sowie die technische Umsetzung. Starre tageszeitabhängige Tarife sind im Sinne der dezentralen Energiewende problematisch. Denn zum einen reizt sie Verhaltensänderung einer großen Anzahl von Verbrauchern an ohne Berücksichtigung des aktuellen EE-Angebots, zum anderen kann die gleichzeitige Aktivierung vieler Verbraucher eine Herausforderung für den Netzbetrieb darstellen. Tarifstrukturen sollten sich in Zukunft immer auch am Angebot von EE-Strom orientieren.
Wichtig ist zudem, dass die hier vorgelegten Bestimmungen zu variablen Tarifen zu den im Prozess befindlichen Regelungen zu Netzentgelten (§ 14a, Spitzenglättung) passen. Die verschiedenen Bestimmungen zu Flexibilitätsmärkten sollten aufeinander abgestimmt und kompatibel sein, so dass insgesamt Rahmenbedingungen geschaffen werden, die die notwendige Anpassung von Verbrauch und EE-Angebot unterstützen.
Der BEE unterstützt die in diesem Paragrafen vorgelegten Änderungen zur Stromkennzeichnung.
§ 118 Abs. 6 S. 7 EnWG regelt, dass Anlagen, in denen durch Wasserelektrolyse Wasserstoff erzeugt oder in denen Gas oder Biogas durch wasserelektrolytisch erzeugten Wasserstoff und anschließende Methanisierung hergestellt worden ist, nicht von den Netzentgelten befreit werden. Dieser Satz sollte erweitert werden und festlegen, dass Elektrolyseure, Power-to-HeatAnlagen und andere Sektorenkopplungstechnologien von den Netzentgelten befreit werden oder zumindest nur eine reduzierte Abgabe zu leisten haben, wenn sie sich auf ein Netzsignal hin netzdienlich verhalten.
Der vorliegende Entwurf beabsichtigt, den in Art. 15 der EU-Richtlinie 2019/944 geforderten „aktiven Kunden“ im nationalen Recht umzusetzen. Der „aktive Kunde“ wird insbesondere für Verbraucher und Verbraucherinnen von Bedeutung sein, die in Solaranlagen und Speicher investieren. Denn damit wird die Möglichkeit geschaffen, aktiv an der Energiewende teilzunehmen.
Diese Kunden starten meist als einfache Eigenverbraucher, haben jedoch häufig den Wunsch, auch an den Elektrizitätsmärkten teilzunehmen - sei es im Wege regionaler StromGemeinschaften oder als Teilnehmende an einem virtuellen Kraftwerk. Dies wird Ihnen durch überbordende Bürokratie seitens der Netzbetreiber und ein kaum noch zu überblickendes Dickicht an gesetzlichen Regelungen enorm erschwert.
Eine Marktteilnahme ist zwar theoretisch in einigen Fällen möglich, aber nur nach Regeln, die einst für große Kraftwerke geschrieben wurden. Dadurch wird die zur Erreichung der Klimaziele notwendige Stärkung des Prosuming als eine tragende Säule der Energieversorgung unterlaufen.
Ob sich Erneuerbare Eigenverbraucher zukünftig in den Markt integrieren oder sich aus diesem zurückziehen, hängt entscheidend davon ab, ob die Marktteilnahme verhältnismäßig einfach und kostengünstig ist. Der Gesetzgeber sollte sich deshalb nicht darauf zurückziehen, dass eine Marktteilnahme theoretisch möglich ist und kein rechtlicher Anpassungsbedarf besteht, sondern dringend Regeln definieren, die eine Marktteilnahme mit verhältnismäßigem Aufwand und Kosten möglich machen.
In Art. 22 Abs. 4 der Erneuerbare Energien-Richtlinie II (RED II) schreibt die Europäische Kommission ihren Mitgliedsstaaten vor, ein Rechtsrahmen für Bürgerenergiegemeinschaften (Renewable Energy Communities (RECs)) zu schaffen. Mitgliedsstaaten müssen dementsprechend einen machbaren und attraktiven Rahmen bereitstellen, in dem Verbraucher*innen angereizt werden RECs zu gründen oder sich darin zu engagieren. Die Bundesregierung führt im EnWG die Rolle des Aggregators (§ 3 Nummer 1a) ein und definiert Vertragsverhältnisse und dessen Rolle (§ 41e). In der Begründung verweist die Bundesregierung auf bereits bestehende Rechtsformen:
Artikel 16 der Richtlinie (EU) 2019/944 sieht vor, dass Zusammenschlüsse von Bürgerinnen und Bürgern am Strommarkt gemeinsam agieren dürfen. Die Richtlinie nennt diese Zusammenschlüsse „Bürgerenergiegemeinschaften“. Der Zusammenschluss von Bürgern zu juristischen Personen ist im deutschen Recht bereits möglich, zum Beispiel auch im Rahmen einer Genossenschaft. Es ist vor dem Hintergrund nicht notwendig, zu diesem Zweck eine neue Rechtsform zu schaffen.
Dementsprechend wird die Bundesregierung keine weiteren Maßnahmen treffen, um RECs für Verbraucher*innen attraktiv und machbar zu machen. Das ist aus Sicht des BEE unzureichend. RECs sollten z.B. durch verminderte Stromnebenkosten in einer Form angereizt werden. Darüber hinaus sollten RECs die Möglichkeit haben, über Netzdienlichkeit und kluge Nutzung von Flexibilitäten weiter zu profitieren.
Sowohl Art. 16 der Strombinnenmarktrichtlinie als auch Art. 22 der Erneuerbare EnergienRichtlinie II (RED II) sehen die Einführung eines Rechtsrahmens für Stromübertragung innerhalb von Zusammenschlüssen von Bürgerinnen und Bürgern (Energy Sharing) vor. Die Bundesregierung steht damit in der Pflicht, eine neue Form der Stromvermarktung zu schaffen, die getrennt von klassischen Versorger-Endkunden-Stromlieferungen zu verstehen ist. Im Sinne der Rechtssicherheit und des sinnvollen Zusammenwirkens von EEG und EnWG ist es notwendig, auch im EnWG einen Rechtsrahmen für Energy Sharing zu schaffen.
Mit dem Clean Energy Package (CEP) hat die EU einen neuen Rahmen für die Rechte zur Nutzung von PV-Anlagen und Speichern für Haushaltskunden erlassen. Unter anderem sieht die EU vor, dass gespeicherter Strom in Zukunft nicht mehr mehrfach mit Abgaben und Umlagen belastet werden darf. Da das deutsche Energierecht keine Speicherung, sondern nur die Erzeugung und den Verbrauch von Strom kennt, werden Speicher bei der Einspeicherung von Strom als Endverbraucher behandelt. In der Folge müssen in der Praxis oft alle Abgaben und Umlagen einmal bei der Einspeicherung des Stroms und einmal bei dem anschließenden tatsächlichen Verbrauch der Strommenge gezahlt werden. Die existierenden Ausnahmen für Speicher in §61l EEG erfordern eine oft derart komplexe und aufwändige Umsetzung, dass sie so gut wie keine praktische Anwendung finden.
Der BEE sieht es deshalb kritisch, dass diese Doppelbelastung von ein- und wieder ausgespeichertem Netzstrom von Prosumern mit Netzentgelten, EEG-Umlage und weiteren Abgaben bestehen bleiben soll. Diese Doppelbelastung ist weithin bekannt und muss gemäß Art. 15 Abs. 5 lit. b der RL (EU) 944/2019 umfassend abgeschafft werden. Die Doppelbelastung von gespeichertem Strom verzerrt den Wettbewerb auf den Märkten für Flexibilität zwischen (Erneuerbaren) Prosumern und fossilen Kraftwerken massiv zugunsten der Kraftwerke. Sie verstößt damit auch gegen die Grundsätze der Nichtdiskriminierung auf diesen Märkten gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. a und c (Regelreservemarkt), Art. 7 Abs. 2 lit. a (Day-Ahead Markt und IntradayMarkt), und Art. 18 Abs. 1 (keine Negativanreize zur Teilnahme an der Laststeuerung) der Verordnung (EU) 2019/943.
Der BEE fordert, die aktuelle EnWG-Novelle zu nutzen, die Doppelbelastung von Speichern mit Abgaben und Umlagen praxisgerecht und effektiv abzuschaffen. Speicher sollten dazu gemäß den Vorgaben aus den EU-Richtlinien und entsprechend ihrer Bedeutung für das Energiesystem als Speicher und nicht mehr als Erzeuger und Verbraucher behandelt werden.
Den aktuellen Regelungen des deutschen Energierechts zufolge ergraut sämtlicher gespeicherter Grünstrom, sobald ein Speicher auch Netzdienstleistungen erbringt. Eine messtechnische Abgrenzung der eingespeicherten Grünstrommengen von den eingespeicherten Graustrommengen ist nicht erlaubt. Kunden mit Solaranlage und Speicher dürfen also ihren Solarstrom heute speichern und auch danach noch als Erneuerbare Energie veräußern – beispielsweise nachts, wenn die Sonne nicht scheint. Dies ist eine sinnvolle Regel zur Verstetigung der volatilen Erneuerbaren Energien. Sie verlieren jedoch dieses Recht, sobald sie mit diesem Speicher zusätzlich weitere Dienstleistungen anbieten, etwa das Erbringen von Regelenergie („grün-zu-grau“). Bereits kleinste Mengen Graustrom, die in den Speicher gelangen, lassen allen dort gespeicherten Grünstrom für ein Kalenderjahr „ergrauen“.
Dabei steht diesen Kunden gemäß Art. 21 Abs. 2 lit. a. RED II das Recht zu, ihren eigenen Erneuerbaren Strom selbst zu erzeugen, zu speichern und auch danach noch als Erneuerbare Energie zur verkaufen. Zugleich haben Sie gemäß Art. 15 Abs. 5 lit. d) nun das Recht, mit ihrem Speicher mehrere Dienstleistungen gleichzeitig zu erbringen. Die deutsche Rechtslage, nach der sich der Erzeuger von Erneuerbarer Energie entscheiden muss „Grünstrom speichern und später veräußern oder mit dem Speicher Netzdienstleistungen erbringen?“ ist damit nicht mehr vereinbar. Die Umsetzung des für Erneuerbare Prosumer mit Speicher essenzielle Recht auf Multi-Use (d.h. Mehrfachnutzung der Speicher in verschiedenen Energiemärkten), Art. 15 Abs. 5 lit. d) RL (EU) 944/2019 fehlt jedoch in dem vorliegenden Referentenentwurf.
Um die Vorgaben der EU zur Ermöglichung von Multi-Use und der Erbringung von Flexibilität mit dezentralen Speichern umzusetzen, muss diese Regelung der „Ergrauung von Grünstrom“ abgeschafft werden, sodass Solarstrom auch bei Einsatz eines Speichers seine GrünstromEigenschaft behält. Dabei ist zu beachten, dass die Privilegien in der RED II zur Eigenversorgung aus Erneuerbaren Energien sich auf die „Elektrizität“ und nicht etwa auf „die Anlage“ oder „den Speicher“ beziehen. Der EE-Strom, der in einen Speicher eingespeichert wird, darf seine Privilegien nicht verlieren, wenn dort auch Graustrom eingespeichert wird. Es muss vielmehr eine bilanzielle Betrachtung des gespeicherten Stroms erfolgen.
Aufgrund der grundlegenden Bedeutung für die Marktteilnahme der einfachen Haushaltskunden mit Solaranlage und Speichern sollten die Absätze 1, 2 und 5 des Artikel 15 RL (EU) 2019/944 im Wortlaut in einen eigenen Parafragen im EnWG übernommen werden. Nur so ist sichergestellt, dass sie die zentrale Funktion, die ihnen die Richtlinie für die Energiewende zuweist, auch in der Praxis effektiv entfalten können.
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