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Stellungnahme

Stellungnahme zur Kostentragung für Zählertausch anlässlich Inbetriebnahme einer EEG-/KWKG-Anlage

20. September 2022

Vorbemerkung

Die Clearingstelle EEG|KWKG hat am 9. August 2022 durch ihre Mitglieder Koch und Dr. Mutlak sowie den technischen Koordinator Loew und ihre Beisitzer Brosziewski und Hartmann gemäß § 23 Abs. 1 Verfahrensvorschriften (VerfO) die Einleitung eines Empfehlungsverfahrens zu untenstehenden Fragen bezüglich der Kostentragung für Zählertausch gem. MsbG anlässlich Inbetriebnahme einer EEG-/KWKG-Anlage beschlossen.

Der BEE bezieht hinsichtlich der Fragen zur Vorbereitung des Empfehlungsverfahrens folgendermaßen Stellung:

 

1. Handelt es sich in den Fällen, in denen ein vorhandener Bezugszähler (Einrichtungszähler) anlässlich der Inbetriebnahme von EEG- oder KWKG-Anlagen gegen eine moderne Messeinrichtung i. S. d. § 2 Nr. 15 MsbG zur messtechnischen Erfassung des von der EEG-Anlage bzw. KWKG-Anlage erzeugten und eingespeisten Stroms (Zweirichtungszähler) getauscht werden muss,

a) um einen Anwendungsfall von § 29 Abs. 3 i. V. m. § 32 MStG, für den (ausschließlich) die in § 32 MsbG genannte Preisobergrenze gilt,

Dafür, dass es sich bei dem vorliegenden Fall des Zählertausches um einen Fall des § 29 Abs. 3 MsbG handelt, sprechen vor allem der Wortlaut, aber auch die Gesetzesbegründung und der Sinn und Zweck des MsbG im Allgemeinen und des § 29 Abs. 3 MsbG im Besonderen.

Nach § 29 Abs. 3 MsbG ist der sachliche Anwendungsbereich für alle Anlagen eröffnet, „soweit nach diesem Gesetz nicht die Ausstattung einer Messstelle mit intelligenten Messsystemen vorgesehen ist und soweit dies nach § 32 wirtschaftlich vertretbar ist.“ Sind diese beiden kumulativen Voraussetzungen gegeben („und“), „haben grundzuständige Messstellenbetreiber Messstellen an ortsfesten Zählpunkten bei Letztverbrauchern und Anlagenbetreibern mindedstens mit modernen Messeinrichtungen auszustatten.“

§ 29 Abs. 3 MsbG enthält damit 2 Voraussetzungen:

1. Ausstattung einer Messstelle mit intelligenten Messsystemen ist nach diesem Gesetz nicht vorgesehen

„und“ (kumulativ)

2. wirtschaftliche Vertretbarkeit gemäß § 32 MsbG

Die wirtschaftliche Vertretbarkeit nach § 32 MsbG ist – wie in der Frage 1 dargestellt – als gesetzlich bestimmte Preisobergrenze in Höhe von maximal 20€ (brutto / jährlich) ausgestattet.

Entscheidend für die Beantwortung der Frage, ob der Austausch eines vorhandenen Bezugszählers gegen einen modernen Zweirichtungszähler ein Fall des § 29 Abs. 3 MsbG darstellt, ist wie die Voraussetzung „soweit nach diesem Gesetz nicht die Ausstattung einer Messstelle mit intelligenten Messsystemen vorgesehen ist“ zu verstehen.

I. Wortlaut

„Vorgesehen" bedeutet nach dem allgemeinen Sprachgebrauch: „zu einer bestimmten Zeit in der Zukunft durchzuführen beabsichtigen; zu einem bestimmten Zweck verwenden, einsetzen zu wollen; festlegen, festsetzen, bestimmen.“1 „Soweit eine Ausstattung nach diesem Gesetz nicht vorgesehen ist“, bedeutet demnach, dass eine Ausstattung vom Gesetzgeber in der Zukunft nicht beabsichtigt bzw. (auch derzeit) nicht gesetzlich festgelegt oder bestimmt ist.

Nach dem MsbG sind derzeit Anlagen bis 7 kW nicht verpflichtet, mit intelligenten Messystemen iSv. § 2 Nr. 7 MsbG ausgestattet zu wer-den. Dies ergibt sich aus einem Umkehrschluss aus § 29 Abs. 1 Nr. 2 MsbG.

Ferner „können“ im Leistungsspektrum von 1 bis einschließlich 7 kW Messstellen an ortsfesten Zählpunkten mit intelligenten Messsystemen iSv. § 2 Nr. 7 MsbG ausgestattet werden (§ 29 Abs. 2 Nr. 2 MsbG). „Können“ impliziert einen Entscheidungsspielraum und beinhaltet damit keine gesetzliche Festlegung im Sinne einer gesetzlichen Verpflichtung bzw. Festlegung.

Darüber hinaus stellen sowohl § 29 Abs. 1 als auch § 29 Abs. 2 MsbG auf eine bestehende technische Möglichkeit nach § 30 MsbG ab. Eine solche technische Möglichkeit nach § 30 MsbG setzt wiederum eine Markterklärung des BSI voraus. Die Markterklärung des BSI vom 31.1.2020 wurde am 20.5.2022 mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen, sodass eine Einbauverpflichtung für intelligente Messsysteme – unabhängig von der Größe der Anlage nicht mehr besteht. 2

Ohne Markterklärung gemäß § 30 MsbG ist die Ausstattung einer Messstelle mit einer intelligenten Messeinrichtung zwar für Anlagen mit einer installierten Leistung größer 7 kW in § 29 Abs. 1 Nr. 2 MsbG angelegt. Das Fehlen der Markterklärung führt allerdings dazu, dass es nach dem MsbG derzeit keine Verpflichtung zum Einbau intelligenter Messsysteme gibt. Der Einbau solcher intelligenten Messsysteme ist zwar für die Zukunft geplant; er steht aber unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der Markterklärung. Folglich ist derzeit die Ausstattung mit intelligenten Messsystemen derzeit nicht gesetzlich verpflichtend festgelegt und damit auch nicht vorgesehen.

Folglich handelt es sich – bereits nach dem Wortlaut – auch in den Fällen, in denen ein vorhandener Bezugszähler (Einrichtungszähler) anlässlich der Inbetriebnahme von EEG- oder KWKG-Anlagen gegen eine moderne Messeinrichtung i. S. d. § 2 Nr. 15 MsbG zur messtechnischen Erfassung des von der EEG-Anlage bzw. KWKG-Anlage erzeugten und eingespeisten Stroms (Zweirichtungszähler) getauscht werden muss, um einen An-wendungsfall des § 29 Abs. 3 MsbG.

Die Rechtsfolge, also die Ausstattungsverpflichtung („haben“) von Messstellen mindestens mit modernen Messeinrichtungen trifft explizit nur den grundzuständige Messtellenbetreiber. Vertragliche Vereinbarungen mit Dritten sind nicht adressiert.

II. Gesetzesbegründung

Nach der Gesetzesbegründung unterstreicht § 29 Abs. 3 MsbG „(wie bisher) den Ansatz einer nachhaltigen Komplettmodernisierung der Zählerinfrastruktur in Deutschland, indem eine Ausstattung mit modernen Messeinrichtungen überall dort vorgesehen wird, wo intelligente Messsysteme nicht eingebaut werden.“ 3

Es handelt sich damit um einen Auffangtatbestand, mithilfe dessen gewährleistet werden soll, dass die gesamte Zählerinfrastruktur in Deutschland modernisiert wird. Diese Modernisierung erfolgt mit modernen Messeinrichtungen.

Zudem führt der Gesetzgeber im Rahmen des § 33 MsbG aus:

„Auch bevor der grundzuständige Messstellenbetreiber in der konkreten Konstellation seiner Einbauverpflichtung nach § 29 Absatz 1 nachgekommen ist, können Netzbetreiber, Direktvermarktungsunternehmer oder Anlagenbetreiber vom grundzuständigen Messstellen-betreiber die Leistungen und Handlungen nach § 33 Absatz 1 verlangen. Die Kostentragungspflicht ist differenziert ausgestaltet und richtet sich danach, ob nicht ohnehin ein Einbaupflichtfall nach § 29 besteht. Besteht keine Einbaupflicht, etwa, weil eine Anlage unter der 7 Kilowatt-Grenze des

§ 29 Absatz 1 Nummer 2 liegt, trifft den Anlagenbetreiber keine Kostentragungspflicht; diese liegt ausschließlich bei dem jeweiligen Auftraggeber im Sinne von [§ 33] Absatz 1 Satz 1. Das Wahlrecht des Anlagenbetreibers als Anschlussnutzer nach § 5 bleibt bei alledem unberührt.“ 4

III. Sinn und Zweck

Ein grundlegendes Prinzip des MsbG ist es, einen Rollout „um jeden Preis“5 zu vermeiden. Des Weiteren braucht es ein „vernünftige[s] Verhältnis“6 zwischen Kosten und Nutzen. Kein Marktteilnehmer darf mit unverhältnismäßigen Kosten belastet werden. Dies gilt insbesondere für Letztverbraucher und Erzeuger, bei denen die modernen Geräte eingebaut werden. Sie dürfen – so führt es die Gesetzbegründung ausdrücklich aus – „nicht mit unverhältnismäßigen Kosten belastet werden“.7

Insbesondere die in § 32 MsbG normierte Preisobergrenze von nicht mehr als 20€ (brutto / jährlich) schafft diesen ausgewogenen Ausgleich und verhindert eine unverhältnismäßige Belastung von Letztverbrauchern und Erzeugern.

Dies gilt insbesondere dann, wenn keine Verpflichtung zum Einbau von intelligenten Messsystemen besteht. In diesen Fällen stellt die Ausstattung mit modernen Messeinrichtungen das mildere Mittel dar, um den Gesetzeszweck der nachhaltigen Komplettmodernisierung der Zählerinfrastruktur in Deutschland zu erreichen.

Dies gilt insbesondere dann, wenn keine Verpflichtung zum Einbau von intelligenten Messsystemen besteht. In diesen Fällen stellt die Ausstattung mit modernen Messeinrichtungen das mildere Mittel dar, um den Gesetzeszweck der nachhaltigen Komplettmodernisierung der Zählerinfrastruktur in Deutschland zu erreichen.

Im Übrigen wird in §§ 5 und 13 der Anreizregulierungsverordnung geregelt, dass die Kosten des Messstellenbetriebs (einschließlich der Installation moderner Messeinrichtungen) in die Netzentgelte einfließen. Die entstehenden Kosten werden also mittelbar über die Netzentgelte finanziert.

b) um einen Anwendungsfall des § 33 Abs. 1 Nr. 1 MsbG, für den der grundzuständige Messstellenbetreiber ein angemessenes Entgelt i. S. d. § 33 Abs. 2 MsbG verlangen kann,

In dem vorliegenden Fall handelt es sich nicht um einen Fall des § 33 Abs. 1 Nr. 1 MsbG. Es bleibt beim Auffangtatbestand des § 29 Abs. 3 MsbG. Dafür spricht bereits der Wortlaut. Gestützt wird der Wortlaut durch systematische Argumente sowie Ausführungen in der Gesetzesbegründung.

I. Wortlaut

Nach dem Wortlaut von § 33 Abs. 1 Nr. 1 MsbG kann z.B. ein Anlagenbetreiber „die Ausstattung von Messstellen mit modernen Mess-einrichtungen und Smart-Meter-Gateways“ verlangen.

Nur wenn das „und“ nicht als „und“, sondern – entgegen des Wortlauts – als „oder“ interpretiert werden muss, könnte ein Anwendungsfall des § 33 Abs. 1 Nr. 1 MsbG überhaupt gegeben sein. Es stellt sich also die Frage, ob das „und“ des Gesetzeswortlauts als „oder“ oder als „und“ auszulegen ist: die moderne Messeinrichtung und das Smart-Meter-Gateway. § 33 Abs. 1 „Nr. 1 sieht nicht einfach die Sonderausstattung von Messstellen mit intelligenten Messsystemen vor, sondern nimmt unmittelbar die beiden wesentlichen Bestandteile eines intelligenten Messsystems in Bezug – namentlich die moderne Messeinrichtung und das Smart-Meter-Gateway. Dies könnte so interpretiert werden, dass auch eine separate Ausstattung nur mit einem der beiden Bestandteile verlangt werden kann. Andererseits verknüpft der Normwortlaut die Ausstattung dieser beiden Bestand-teile kumulativ durch Verwendung der Konjugation „und“. Für die Auslegung des vorgesehenen Ausstattungsumfangs dürfte daher entscheidend sein, was im Fall der jeweiligen Messstelle erforderlich ist, um insgesamt die gesetzlich intendierte Anbindung beziehungs-weise Steuerbarkeit technisch zu realisieren. Ist ein Smart-Meter-Gateway bereits vor Ort, so wird die Zusatzausstattung mit einer modernen Messeinrichtung, die an das Smart-Meter-Gateway angebunden wird, ausreichend sein. Fehlt es umgekehrt an einem Smart-Meter-Gateway, so wird dieses zusätzlich einzurichten und die bereits vorhandene moderne Messeinrichtungen daran anzubinden sein. Fehlen beide Bestandteile so wird das komplette intelligente Messsystem nach Nummer 1 auszustatten sein.“ 8

Ferner steht und fällt die Anwendbarkeit von § 33 Abs. 1 MsbG nach dessen Wortlaut bereits mit dem Vorliegen der Markterklärung gemäß § 30 MsbG. Eine solche wurde im Mai 2022 mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

Zudem ist der Wortlaut in § 33 Abs. 1 MsbG auch nicht so zu lesen, dass der grundzuständige Messbetreiber ein „angemessenes Entgelt für […] moderne Messeinrichtungen und intelligente Messeinrichtungen […] verlangen“9 kann. Der Passus „moderne Messeinrichtungen und intelligente Messeinrichtungen“ gehört systemisch zum vorstehenden grundzuständigen Messstellenbetreiber, sodass der Anspruchsgegner dieser Vorschrift der „grundzuständige Messstellenbetreiber für moderne Messeinrichtungen und intelligente Messsysteme“10 ist.

Des Weiteren stellt der Wortlaut in § 33 Abs. 1 Nr. 1-3 MsbG jeweils auf „Smart-Meter-Gateways“ ab und verknüpft dies über eine „Und-Verknüpfung“ mit der technischen Möglichkeit und notwendigen Steuerungseinrichtungen nach dem EEG oder KWKG. Notwendige Steuerungseinrichtungen nach dem EEG werden beispielsweise in § 9 Abs. 1 und Abs. 1a EEG 2021 näher bestimmt und dort wird ebenfalls jeweils auf ein Smart-Meter-Gateway abgestellt. Die Bezugnahme auf das Smart-Meter-Gateway und dessen technische Möglichkeiten ziehen sich damit als Gemeinsamkeit durch alle 4 Nummern des § 33 Abs. 1 MsbG.

All das spricht dafür, dass auch in § 33 Abs. 1 Nr. 1 MsbG beide technischen Komponenten (moderne Messeinrichtung und smart-Meter-Gateway) kumulativ im Sinne des vom Gesetzgeber verwendeten „und“ zu verstehen sind. Ein Abweichen hätte der Gesetzgeber einfach mit einem „oder“ erreichen können.

II. Sinn und Zweck / Gesetzesbegründung

Nach dem Sinn und Zweck der §§ 29ff. MsbG kann ein angemessenes Entgelt und damit ein höheres als das in § 32 MsbG festgelegte Entgelt nur in Ansatz gebracht werden, wenn dann auch ein Mehrwert für den Verbraucher bzw. Anlagenbetreiber gegeben ist.11 Dieser Mehrwert12 besteht im Kontext des § 33 MsbG namentlich im „Smart-Meter-Gateway“, also in einem intelligenten Messsystem.

Generell sind nach Ansicht des Gesetzgebers nur intelligente Mess-systeme „auch ein Instrument für mehr Energieeffizienz. Der Letztverbraucher kann nämlich durch ihren Einsatz in zweierlei Hinsicht unmittelbar profitieren: Zum einen erhält er präzise Informationen über seine Verbrauchsverhalten. Dies kann ihn zu energiesparendem Verhalten motivieren. […] Zum anderen ermöglichen intelligente Messsysteme die Umsetzung variabler Tarife, in denen der Letztverbraucher wirtschaftliche Anreize zu Verbrauchsverlagerungen erhält. Variable Tarife können hierbei für das Stromversorgungssystem netz- wie marktdienliche Zwecke haben.“ 13

Die Informationen zum Verbrauchsverhalten sind bei einer modernen Messeinrichtung nicht so präzise, um Einsparungen effektiv umsetzen zu können. Es besteht bei bloßen modernen Messeinrichtungen infolge der eingeschränkten Funktionalität keine Möglichkeit zur Um-setzung variabler Tarife und damit auch zur Kostenreduktion. Nur die Möglichkeit der Kostenreduktion auf der einen Seite kann infolge der Einsparpotenziale auf der anderen Seite höhere angemessene Kosten rechtfertigen.

Auch systematische Gründe des § 33 Abs. 2 MsbG sprechen dafür, dass es um über §§ 29-32 MsbG hinausgehende Funktionen und Mehrwerte gehen muss. Nur solche rechtfertigen aus der Sicht des Gesetzgebers höhere Entgelte: „§ 33 sichert den netzdienlichen und marktorientierten Mehrwert des Einsatzes intelligenter Messsysteme ab.“14

 

Macht es für die Beantwortung der vorstehenden Frage einen Unterschied, ob es sich um Erzeugungsanlagen

  • mit einer installierten Leistung von mehr als 1 kW bzw. mehr als 7 kW handelt und

  • ob der Zählertausch vor bzw. nach einer Markterklärung gemäß § 30 MsbG erfolgt?

Für die Beantwortung der vorstehenden Frage machen die getroffenen Differenzierungen keinen Unterschied.

Auch eine Markterklärung gemäß § 30 MsbG hätte nicht die Anwendbarkeit von § 33 Abs. 1 Nr. 1 MsbG zur Folge, da – wie oben dargestellt – die beiden wesentlichen Bestandteile eines intelligenten Messsystems kumulativ vorliegen müssen.

 

2. Sofern es sich bei dem Zählertausch um einen Anwendungsfall von § 33 Abs. 1 Nr. 1 MsbG (s. o. Frage 1 (b)) handelt: Welche Kosten darf ein angemessenes Entgelt i. S. d. § 33 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 MsbG enthalten? Insbesondere: Kann eine einmalige Gebühr für den Tausch des Zählers ein angemessenes Entgelt gemäß § 33 Abs. 2 i. V. m. Abs. 1 Nr. 1 MsbG darstellen?

Selbst wenn man davon ausgeht, dass ein angemessenes Entgelt verlangt werden kann, sollte die Angemessenheit des Entgelts – mangels Mehrwert für Letztverbraucher bzw. Anlagenbetreiber – 20€ (brutto / jährlich) nicht überschreiten.

 

3. Kann die in § 32 MsbG festgelegte Preisobergrenze für eine moderne Messeinrichtung, die in beide Richtungen misst (Zweirichtungszähler), einmal oder zweimal (mithin je Zählrichtung) vom Messstellenbetreiber in Rechnung gestellt werden?

Die Preisobergrenze kann für jeden Zählpunkt in Anspruch genommen werden. Ein Zweirichtungszähler stellt einen Zählpunkt dar, so-dass die Preisobergrenze auch nur einmal in Rechnung gestellt wer-den kann – also höchstens 20€ (brutto / jährlich) einmal und insgesamt für beide Zählrichtungen. Das ergibt sich vor allem bereits aus dem Wortlaut und den damit zusammenhängenden Prinzipien der Mess- und Marktlokation. Aber auch die Gesetzbegründung, systematische und teleologische Erwägungen sprechen für verhältnismäßige, einmal in Rechnung gestellte Entgelte und Kosten.

I. Wortlaut

Die in § 32 festgelegte Preisobergrenze kann nach dem Wortlaut „Zählpunkt“ und den damit zusammenhängenden Prinzipien der Mess- und Marktlokationen nur einmal in Rechnung gestellt werden.

§ 32 MsbG lautet: „Die Ausstattung einer Messstelle mit einer modernen Messeinrichtung nach § 29 Abs. 3 MsbG ist wirtschaftlich vertretbar, wenn für den Messstellenbetrieb für jeden Zählpunkt nicht mehr als 20 Euro brutto jährlich in Rechnung gestellt werden.“

Einige der in § 32 MsbG enthaltenen Rechtsbegriffe werden in den Begriffsbestimmungen näher erläutert. Dazu zählen z.B. die Mess-stelle und der Zählpunkt:

  • Die Messstelle ist in § 2 Nr. 11 MsbG legal definiert als „die Gesamtheit aller Mess-, Steuerungs- und Kommunikations-einrichtungen zur sicheren Verarbeitung von Messdaten und zur sicheren Anbindung von Erzeugungsanlagen und steuer-baren Lasten an Zählpunkten eines Anschlussnutzers.“

Die Bezugnahme auf die Messstelle und damit auf die Gesamtheit aller Mess-, Steuerungs- und Kommunikationseinrichtungen verdeutlicht, dass eine Messstelle mehrere Zählpunkte („an Zählpunkten“ – plural) umfassen kann. Dementsprechend spricht § 32 MsbG auch von „an jedem Zählpunkt“. Damit ist aber noch nicht geklärt, ob an jedem dieser Zählpunkte nur einmal oder eben bei Zweirichtungszäh-lern zweimal die festgelegte Preisobergrenze in Rechnung gestellt werden kann.

  • Allerdings wird auch der Begriff des „Zählpunkts“ gesetzlich näher bestimmt. Es handelt sich gemäß § 2 Nr. 28 MsbG um den „Punkt, an dem der Energiefluss messtechnisch erfasst wird.“

Es wird im Rahmen des Zählpunkts auf „den Energiefluss“ abgestellt. Auch bei einem Zweirichtungszähler kann die Energie jeweils nur in eine Richtung fließen. Alternativ zum Zwei-Richtungszähler könnte – wie in anderen europäischen Ländern üblich - das sogenannte „Net Metering“ verwendet werden. Dabei handelt es sich ebenfalls um einen Zähler, der sowohl vorwärts als auch rückwärts läuft. Folglich wird der eingespeiste Strom mit den zuvor bezogenen Energiemengen verrechnet. Zumal zumindest der „Rollout“ von Smart Metern europarechtlich durch das Dritte Binnenmarktpaket vorgegeben ist, sollten auch bei den modernen Messeinrichtungen Ungleichbehandlung mit anderen Ländern vermieden werden. Bei diesen „rückwärts laufenden“ Zählern würde man wohl auch keine Abrechnung zweimal in Rechnung stellen, sondern eben dann diesen einen vorhandenen Wert auslesen.

Für eine nur einmalige Abrechnung spricht ferner, dass jeder Zähl-punkt nur mit einer einzigen, individuellen Zählpunktbezeichnung (ZPB) versehen wird. Wie sich aus der „Anwendungshilfe. Die neue Marktlokations-Identifikationsnummer, Fragen und Antworten des BDEW vom 8. Mai 2018 (Version 1.6)“15 ergibt, ist bei einem Einbau eines Zweirichtungszählers ebenfalls nur eine Messlokation „Zweirichtungszähler“ angelegt. Ob es sich um ei-ne Erzeugung oder um einen Verbrauch handelt, ist lediglich aus der Marktlokation ersichtlich. Explizit wird in der genannten Anwendungshilfe dargelegt, dass „der Messlokation genau eine ZPB“ zuzuordnen ist.16

Wie diese eine Messlokation abzurechnen ist, wenn diese im Fall eines Zweirichtungszählers über eine andere Marktlokation abgerechnet wird, wird in einer weiteren Anwendungshilfe des BDEW “Umsetzungsfragenkatalog zur Marktkommunikation (GPKE, GeLi Gas, WiM Strom, WiM Gas, MPES, MaBiS, NB-Wechsel, MMM-Abrechnung), Version 1.32“17 verdeutlicht: Es darf nur entweder die erzeugende oder eine andere Marktlokation abgerechnet werden – aber nicht beide im Sinne von „zweimal“.

Folglich kann die in § 32 MsbG festgelegte Preisobergrenze nach dem Wortlaut „Zählpunkt“ und den damit einhergehenden Mess- und Marktlokationen nur einmal in Rechnung gestellt werden.

II. Begründung (Genese)

Der Gesetzgeber möchte mit den Vorgaben im MsbG eine Modernisierung der Zählerinfrastruktur in Deutschland erreichen, um die Messeinrichtungen und Messsysteme an die Anforderungen einer dezentralen Energieerzeugung anzupassen. Zweirichtungszähler sind demnach eine an die Erfordernisse der dezentralen Energieerzeugung angepasste Entwicklung. War früher ein einfacher Bezugs-zähler ausreichend, so ist in Zeiten der dezentralen Stromerzeugung der Zweirichtungszähler Standard. Der Gesetzgeber spricht zwar von erhöhten Anforderungen an die einzusetzenden Mess- und Kommunikationstechnologien, aber nicht von erhöhten Kosten:

„Während in der Vergangenheit Elektrizität nur in einer Richtung floss und Informationen über die Stromflüsse sehr limitiert waren, ist das dezentrale Stromversorgungssystem der Zukunft durch bidirektionale Informations- und Stromflüsse gekennzeichnet. Auf der Verbraucher-seite finden ebenfalls erhebliche Veränderungen statt: Einst passive Stromkonsumenten entwickeln sich mehr und mehr zu sogenannten „Prosumern“, die aktiv an der Gestaltung des Stromversorgungssystems teilnehmen. In der Summe erhöhen diese Veränderungen ins-besondere die Anforderungen an die einzusetzenden Mess- und Kommunikationstechnologien und Datenverarbeitungssysteme.“18

Letztverbraucher und Erzeuger sollen vielmehr von Einsparpotenzialen profitieren. Der Gesetzgeber spricht in Bezug auf Erzeugungsanlagen von „nutzenorientierten unterschiedlichen Preisobergrenzen“ 19 in Bezug auf intelligente Messsysteme. Damit muss hinsichtlich moderner Messeinrichtungen erst recht gelten, dass sich auch hier die Entgelte in einem verhältnismäßigen Rahmen bewegen.

III. Systematik

§ 32 MsbG steht im engen Zusammenhang mit § 29 Abs. 3 MsbG. Diese Norm stellt einen Auffangtatbestand dar. Darin werden alle je-ne Fälle zusammengefasst, die per se nicht anderen ausdrücklich geregelten Fallkonstellationen unterfallen. Der Gesetzgeber möchte diese Anlagen ebenfalls mit modernen Messeinrichtungen ausstatten können, möchte im Gegenzug aber auch die wirtschaftliche Belastung dieser nicht ausdrücklich vom Gesetz erfassten Anlagen so gering wie möglich ausgestalten.

In systematischer Hinsicht kann auch § 31 Abs. 5 MsbG herangezogen werden. Darin ist geregelt, dass bei mehreren Messstellen innerhalb eines Gebäudes die Entgelte für jeden einzelnen Zähler nicht addiert werden dürfen, sondern nur eine „höchste fallbezogene Preisobergrenze“ in Rechnung gestellt werden darf. Das verdeutlichen die Beispiele, welche die BNetzA auf ihrer Homepage veröffentlicht hat:20

IV. Sinn und Zweck

Der Sinn und Zweck des MsbG insgesamt, aber auch in Bezug auf die zentralen Vorschriften des MsbG – die §§ 29ff. MsbG – liegt darin, dass es keinen Rollout „um jeden Preis“ 21 geben darf. Dazu hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im Jahre 2013 ei-ne Kosten-Nutzen-Analyse22 in Auftrag gegeben und der Gesetzgeber stützt die Preisobergrenzen im MsbG auf die Ergebnisse dieser Studie. Grundlegendes Prinzip des MsbG ist das „vernünftige Verhältnis“23 zwischen Kosten und Nutzen. Kein Marktteilnehmer darf mit unverhältnismäßigen Kosten belastet werden. Dies gilt insbesondere für Letztverbraucher und Erzeuger, bei denen die „modernen Geräte“ (also sowohl intelligente Messsysteme als auch moderne Messeinrichtungen) eingebaut werden. Letztverbraucher und Erzeuger – so führt es die Gesetzbegründung ausdrücklich aus – „dürfen nicht mit unverhältnismäßigen Kosten belastet werden“.24 Dementsprechend:

„Der Gesetzgeber hat folglich die Aufgabe, die Kosten für Einbau und Betrieb beider Varianten zu regulieren. Die hierzu gewählten Instrumente sollten gewährleisten, dass die erwarteten Kosten der Messstellenbetreiber zur Durchführung des Rollouts durch die Entgelte der Letztverbraucher amortisierbar sind. Die Entgelte der Letztverbraucher müssen aber auch in einem angemessenen Verhältnis zu den erwarteten Energieeinsparungen und Lastverlagerungen stehen, von welchen die Letztverbraucher selbst unmittelbar profitieren. Dies kann mit den aktuell bestehenden, rein netzbetriebsbezogenen Regulierungsinstrumenten nicht gewährleistet werden.“25

Die vom Gesetzgeber in der Kosten-Nutzen-Analyse eruierten Einspar- und Verlagerungspotenziale können auch mit einer modernen Messeinrichtung nicht erreicht werden. Dem Gesetzgeber kommt es mit den Regelungen des MsbG allerdings insbesondere darauf an, dass die Entgelte „in einem angemessenen Verhältnis zu den erwarteten Energieeinsparungen und Lastverlagerungen stehen, von welchen die Letztverbraucher selbst unmittelbar profitieren.“26 Mit bloßen modernen Messeinrichtungen können Zählerstände vom Netzbetreiber ausgelesen werden. Für aktive Energieeinsparungen und Lastverlagerungen und damit auch für mögliche Einsparungen sind diese Messeinrichtungen allerdings nicht geeignet. Diese Anforderungen können nur intelligente Messsysteme leisten.

 

 

1 Duden | vorsehen | Rechtschreibung, Bedeutung, Definition, Herkunft (August 2022).

2 Bundesnetzagentur - Beschlusskammern - Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) (August 2022).

3 BT-Drs. 18/7555, S. 2.

4 BT-Drs. 18/7555, S. 91 (Hervorhebung nicht im Original).

5 BT-Drs. 18/7555, S. 2.

6 BT-Drs. 18/7555, S. 2.

7 BT-Drs. 18/7555, S. 2.

8 Salevic/Zöckler, in: Säcker (Hrsg.) Berliner Kommentar zum Energierecht. Band 4. MsbG, 4. Aufl. 2017, § 33 Rn. 15.

9 Zur Angemessenheit des Entgelts vgl. auch § 33 Abs. 2 MsbG.

10 Vgl. auch Salevic/Zöckler, in: Säcker (Hrsg.) Berliner Kommentar zum Energie-recht. Band 4. MsbG, 4. Aufl. 2017, § 33 Rn. 9.

11 Vgl. auch BT-Drs. 18/7555, S. 91.

12 Vgl. auch BT-Drs. 18/7555, S. 91.

13 BT-Drs. 18/7555, S. 62.

14 BT-Drs. 18/7555, S. 91.

15 Quelle: *Awh_20180508_MaLo-ID-FAQ-Version-1-6.pdf (bdew.de) (August 2022).

16 Quelle: Awh_20191009_VDE-AR-N-4400-Marktkommunikation.pdf (bdew.de) (August 2022).

17 Quelle: Umsetzungsfragenkatalog Marktkommunikation BK6-18-032 (bdew.de) (August 2022).

18 BT-Drs. 18/7555, S. 62.

19 BT-Drs. 18/7555, S. 61.

20  https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Vportal/Energie/Metering/start.html  (18.08.2022).

21 BT-Drs. 18/7555, S. 2.

22 Dies Kosten-Nutzen-Analyse wurde 2013 erstellt und im Dezember 2014 aktualisiert (abrufbar unter: www.bmwi.de/DE/Mediathek/publikationen,did=586064.html und www.bmwi.de/DE/Mediathek/publikationen,did=689168.html).

23 BT-Drs. 18/7555, S. 2.

24 BT-Drs. 18/7555, S. 2.

25 BT-Drs. 18/7555, S. 2 (Hervorhebungen nicht im Original).

26 BT-Drs. 18/7555, S. 2.

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