Der BEE begrüßt, dass die Fernleitungsnetzbetreiber mit dem Vorlegen des Planungsstands für das künftige überregionale Wasserstoff-Kernnetz an das BMWK und die Bundesnetzagentur bereits vor Erlass des novellierten Energiewirtschaftsgesetzes einen wichtigen Schritt für die Planung der Wasserstoffnetz-Infrastruktur in Deutschland tun.
Im Nachfolgenden wird der BEE die Gelegenheit zur Stellungnahme nutzen und seine Kritikpunkte an den Annahmen zur geplanten Wasserstoffnetz-Infrastruktur vorbringen.
Von der in der Modellierung berücksichtigten Elektrolyseleistung außerhalb von IPCEI/Realla- bor/Offshore soll pauschal nur 50% der Leistung in die Berechnung der benötigten Leistungskapazität des Kernnetzes einfließen. Für IPCEI/Reallabor/Offshore-Projekte hingegen wird abweichend davon die volle geplante Einspeiseleistung (d. h. 100%) zugrunde gelegt. Es wird im konsultierten Planungsstand-Dokument nicht weiter erläutert, wie es zu dieser pauschalen Her- unterskalierung bei Nicht-IPCEI/Reallabor/Offshore-Projekten kommt. Hier ist mehr Transparenz erforderlich.
Der BEE geht davon aus, dass dem Ansatz der Herunterskalierung auf 50 % die Annahme zu Grunde liegt, dass viele der geplanten Projekte außerhalb von IPCEI/Reallabor/Offshore nicht realisiert werden. Dabei wurden jedoch keine Annahmen darüber getroffen, wo und welche der berücksichtigten Projekte (nicht) realisiert werden. Eine pauschale Reduzierung über ganz Deutschland hinweg ist hier nicht zielführend. Sie schafft Intransparenz darüber, wo Infrastruktur vorhanden sein wird und erschwert die konkrete Projektplanung erheblich.
Die vorgesehene 50%-ige Herunterskalierung ist zudem nicht durch entsprechende Angaben in den Entwürfen zur aktuellen EnWG-Novelle gedeckt, hier ist eine pauschale Herunterskalierung nicht vorgesehen.
Im Unterschied zu den 10 GW Elektrolysekapazität, die im Rahmen der NWS für 2030 angenommen wird, geht der vorliegende Planungsstand von 15 GW Elektrolysekapazität aus. Da gemäß den Annahmen wie oben beschrieben pauschal nur 50% der Einspeiseleistungen aus Elektrolyseuren Beachtung finden, ist die angenommene tatsächlich installierte Erzeugungsleistung vermutlich noch höher. Hier ist es wichtig herauszuarbeiten, weshalb die Nationale Wasserstoffstrategie und der Planungsstand signifikant voneinander abweichen.
Der Delegierte Rechtsakt der Europäischen Kommission zu Artikel 27 RED II zu Strombezugs- kriterien für erneuerbaren Wasserstoff und dessen Derivate befindet sich derzeit in der Phase der nationalen Umsetzung. Es ist davon auszugehen, dass die deutsche Bundesregierung die europäischen Vorgaben zeitnah im Rahmen einer Novellierung der 37. BImschV in deutsches Recht umsetzt. In diesem Zusammenhang werden ggf. Vorgaben zur systemdienlichen Elektrolyse gemacht. Diese werden neben den im Delegierten Rechtsakt vorgesehen Kriterien zur Zusätzlichkeit und zeitlichen Korrelation ggf. auch Regelungen zu geographischen Kriterien der Wasserstoffproduktion umfassen.
Die Einführung solcher zusätzlichen geographischen Kriterien hätte einen erheblichen Einfluss auf die regionale Verteilung von Einspeisern in die Gasnetze (Elektrolyseure) und damit auf die Kernnetzplanung. Letztere muss deshalb dringend die Vorgaben aus der nationalen Umsetzung des Delegierten Rechtsakts mit einbeziehen.
Mit den angenommenen Importkapazitäten an Grenzübergangspunkten von 58 GW wurde ein Importpotenzial zugrunde gelegt, dass es ermöglicht, rd. 508 TWh Wasserstoff pro Jahr nach Deutschland zu importieren. Darüber hinaus schaffen die sonstigen Einspeisungen (lt. FNB- Planungsstand im wesentlichen Terminalkapazitäten an den Häfen) ein weiteres Importpotenzial im Umfang von rd. 166 TWh pro Jahr. In Summe soll also mit dem Startnetz bereits ein Import von 674 TWh Wasserstoff pro Jahr bis 2032 ermöglicht werden.
Diese hohe Auslegung steht im erheblichen Widerspruch zu den Zielen der NWS und den Langfristszenarien bis 2030. Die NWS sieht einen Importbedarf im Umfang von 50-70% des Ge- samtwasserstoffbedarfs vor. Bei einem errechneten Gesamtwasserstoffbedarf von 95 bis 130 TWh im Umfang ist dies ein Importvolumen von max. 91 TWh pro Jahr. Die BMWK-Langfristszenarien prognostizieren sogar noch niedrigere Gesamtwasserstoffbedarfe zwischen 27 (T45- Strom) und 72 TWh (T45-H2) für das Jahr 2030, woraus sich entsprechend niedrigere Importvolumina ergeben. Der Importbedarf, der in der NWS und in den Langfristszenarien ermittelt worden ist, wird damit im vorliegenden Planungsstand zum H2-Kernnetz um ein Vielfaches überschritten.
Selbst unter der Annahme, dass 50 bis 70% des Gesamtwasserstoffbedarfs importiert werden müssen, sind die Importkapazitäten also erheblich zu hoch ausgelegt. Der BEE kritisiert jedoch darüber hinaus genau diese Grundannahme. In seiner Strommarktdesignstudie aus dem Jahr 2021 hat der BEE gezeigt, dass mittelfristig bei Setzung der richtigen Rahmenbedingungen ein Großteil der Wasserstoffbedarfe durch heimische Wasserstoffproduktion gedeckt werden kann
Obwohl die KWK-Anlagen mit einem Leistungsbedarf von 62 GW in die Planung eingegangen sind, werden im Bereich der Speicher nur 8 GW an Ausspeicherleistung berücksichtigt. Da die geologischen Potenziale zur Wasserstoffspeicherung sich im europäischen Kontext vor allem auf Deutschland konzentrieren, erscheint die Speicherannahme als bei Weitem nicht ausreichend bzw. sachgerecht.
Zum Zeitpunkt von Spitzenlasten ist davon auszugehen, dass Wasserstoffspeicher zur Deckung des Wasserstoffbedarfs der KWK-Anlagen ausspeichern werden. Eine Einspeicherleistung im Umfang von rd. 8 GW im Moment der Spitzenlast anzunehmen, ist deshalb und auch in Bezug zu den angenommenen 62 GW Leistungsbedarf der KWK-Anlagen deutlich zu gering angesetzt und nur schwer nachzuvollziehen. Entsprechend sollten die Umwidmungen von Erdgasspeichern auf Wasserstoff sowie der Neubau von Wasserstoffspeichern in den Blick genommen werden. Für eine effiziente Wasserstoffinfrastruktur ist eine sinnvolle und zeitgleiche Anpassung von Wasserstoffspeichern an Ausbaustufen entlang des Kernnetzes unerlässlich. Auf diese Weise wird eine optimierte bedarfsgerechte Netzplanung sichergestellt.
Der aktuelle Planungsstand entspricht noch nicht dem finalen Entwurf des Wasserstoff-Kernnetzes. Die dargestellte Karte (vgl. Abbildung 4 des Planungsstand-Dokuments) zeigt zunächst verschiedene Lösungsvarianten für die Erfüllung der Transportaufgaben auf. Das heißt, dass es noch Veränderungen an dem jetzigen Stand geben wird. Insbesondere die zentralen Pipelines zur Versorgung des ostdeutschen und südostdeutschen Wirtschaftsraumes sowie die Ost-West-Neubauleitungen (gestrichelte Linien) sollten jedoch neben dem H2-Netz in Westdeutschland unbedingt in der ersten Stufe des Kernnetzes berücksichtigt werden.
Für den weiteren Prozess wäre darüber hinaus auch hilfreich, wenn die Projektlisten veröffentlicht werden, die der Modellierung zugrunde liegen. Damit können die Stakeholder überprüfen, ob ihre Projekte (z.B. Elektrolyseurprojekte, Wasserstoffspeicherprojekte) in die Planung eingegangen sind und ob Transportanforderungen für diese Projekte erfüllt werden. Für eine solche Prüfung bedarf es einer erhöhten Transparenz und einem erhöhten Detaillierungsgrad auch bei den Leitungsübersichten, der Deutschland-Karte sowie den Teilübersichten.
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