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Stellungnahme

Stellungnahme zum Diskussionspapier im Verfahren AgNes

30. Juni 2025

Vorbemerkungen

Die Bundesnetzagentur eröffnete am 12.05.2025 das Verfahren zur Festlegung der Allgemeinen Netzentgeltsystematik Strom (AgNes) unter dem Geschäftszeichen GBK-25-01-1#3. Dabei wird die neue Netzentgeltsystematik/-Regulatorik nach Außerkrafttreten der StromNEV diese ersetzen und soll das bestehende System der Netzentgelte Strom in Deutschland zukunftsfähig an die Erfordernisse der Energiewende anpassen.

Der Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE) begrüßt die Möglichkeit zur Stellungnahme im Rahmen der Konsultation zum Diskussionspapier und möchte der Behörde für die Organisation des gut strukturierten und inhaltlich fundierten Workshop zum Auftakt des Verfahrens Anfang Juni in Bonn danken. Ebenfalls möchten wir uns für die bereits so frühzeit erfolgte Einbindung in den Prozess und für die Möglichkeit der Darlegung unserer ersten Einschätzungen beim Branchenworkshop bedanken. Die zeitige und so breite Einbindung der betroffenen Stakeholder unterstreicht die Bedeutung dieser für alle Akteure im Stromsystem so wichitgen Festlegung und zeigt mit welcher Sorgfalt die Behörde hier vorgeht. Wir hoffen das sich diese Arbeitsweise fortsetzen wird.

Die BNetzA hat im Rahmen des Workshops in Bonn mehrfach deutlich gemacht, welche Argumente bereits überdurchschnittlich Häufig angebracht wurden und darum gebeten, diese nicht mehr zu bedienen.

Dennoch gibt es einige strittige Punkte bei denen die Branche einen anderen Bilckwinkel hat und die im einzelnen näher zu betrachten sind, weshalb in dieser Stellungnahme nicht gänzlich auf eventuell in diese Einordnung fallende Argumente verzichtet wird.

Die Akteure im Netz, deren Nutzungsverhalten und die Erzeugungslandschaft haben sich in den vergangen Jahren extrem verändert. Das aktuelle Netzentgeltregime wird den Anforderung der Energeiwende nicht mehr gerecht, setzt gar vielfach falsche Anreize. Ein Stromsystem mit überwiegend dargebotsabhängigen Erzeugern, mit Energiespeichern und flexiblen Verbrauchern ist folglich eine Reform der Netzentgeltsystematik dringend notwendig.

Im Folgenden legt der BEE seine Einschätzung zu dem im Disussionspapier dargestellten Reformvorschlagen dar und verweist ebenfalls auf die Stellungnahmen seiner Mitgliedsverbände Bundesverband Solarwirtschaft e.V. (BSW), Bundesverband WindEnergie e.V. (BWE) und Fachverband Biogas e.V. (FvB) die sich einigen Themen spezifischer widmen.

1 Allgemeine Anforderungen an eine neue Netzentgeltsystematik

Die Gesellschaft hat sich auf die Umsetzung der Klimaziele bis 2045 verständigt, was nur mit einer raschen Erhöhung der inst. EE-Leistung und steigendem Stromverbrauch erreichbar ist. An diese Vorgaben muss sich das Stromnetz nun in vergleichsweise kurzer Zeit anpassen. Ist die Zeit dabei der limitierende Faktor im System, führt dies unweigerlich zu einer Kostensteigerung. Durch den fortschreitenden EE-Ausbau nimmt der Integrationsdruck auf die Netze weiter zu, die zunehmende Dezentralisierung der Erzeugung sowie der wachsende Einsatz von Sektorenkopplungstechnologien erhöhen den Kostenanstieg weiter. Der notwendige Netzausbau und das Engpassmanagement bilden zentrale Kostenpositionen. Das bestehende Netzentgeltsystem ist dabei primär auf der Refinanzierung der Netzkosten ausgelegt, jedoch bringt es der wachsende Kostendruck allmählich an dessen Grenzen. Zusätzliche Mechanismen wie die EE-Mehrkostenwälzung mussten nachträglich implementiert werden, um die wachsenden Verwerfungen im System zu dämpfen.

Es ist unstrittig, dass Netzausbau allein nicht die volkswirtschaftlich optimale Lösung des Problems darstellen kann. Ein neues Netzentgeltsystem muss also weit mehr leisten als die bloße Refinanzierung des Netzes und zusätzliche Anreize für ein effizientes Verhalten setzen, um mit der knappen Ressource der Netzkapazität entsprechend schonend umzugehen. Es sollte die systemdienliche Nutzung von Strom hinter dem Netzverknüpfungspunkt, etwa durch Direktbelieferung (Industrie), Sektorenkopplung und andere Flexibilitätsoptionen fördern. Dabei ist auch auf die Autonomie „behind the meter" zu achten, sodass auf Steuersignale reagiert werden kann.

Aus Sicht des BEE muss ein neues Netzentgeltsystem vorrausschauend festgelegen, wie eine langfristige, faire und effiziente Regulierung eines nicht freien Marktes erzielt werden kann. Dabei muss die Regulierung ein klares übergeordnetes Ziel verfolgen und darf nicht durch Vermischung von verschiedenen Agenden in ihrem Wirken geschwächt werden. Das System muss rechtssicher, systemdienlich und flexibilitätsanreizend sein und sollte ein lokales Signal sowie ein Netzzustandssignal integrieren. Dabei sollte auf einfache Implementierung geachtet werden.

Ein neues Netzentgeltsystem – gleich der genauen Ausgestaltung – muss zudem die realen Verhältnisse anerkennen und dahingehend mehrstufig oder mehrphasig ausgelegt sein. Besonders dynamische Entgeltkomponenten setzen einen hohen digitalen Durchdringungsgrad der im Netz agierenden Akteure und auch im Stromnetz selbst voraus - zusätzlich erfordern sie massentaugliche digitale Geschäftsprozesse da Abrechungs- und Geschäftsprozesse der Netzbetreiber (NB) die Informationen der Nutzer auch abbilden können müssen. Allein die derzeitige Rolloutquote bei der modernen Messeinrichtung (mME) und beim Smart Meter Gate Way (SMGW) lässt jedoch ein auch nur ansatzweises Erreichen des notwendigen Digitalisierungsgrads bis zum Start der neuen AgNes im Jahr 2029 bezweifeln.1 Jedoch kann ein vollständig auf entsprechend fein granulare Netzzustandssignale angewiesenes Netzentgelt nicht wirken, wenn es diese Signale nicht an den Netznutzer weitergeben kann. Deswegen empfiehlt der BEE die Netzentgeltsystematik mehrstufig zu konzipieren und so Übergänge orientiert an der Beobachtbarkeit und Steuerbarkeit im Netzsystem zu ermöglichen.2

1.1 Kriterien an ein Zielbild im europäischen Rahmen

Die BNetzA ist in der Ausgestaltung einer neuen Netzentgeltsystematik recht frei, was einen großen Raum für Ideen und Diskussionen bildet, welcher durchaus positiv zu bewerten ist. Jedoch muss auch ihre endgültige Festlegung den europarechtlichen Ansprüchen und Grundsätzen an eine Tarif-/Gebührenstruktur genügen, welche sich aus der Elektrizitätsbinnenmarkt-Richtlinie (EBM-RL), der Elektrizitätsbinnenmarkt-Verordnung (EBM-VO), der Energieeffizienzrichtlinie (EnEff-RL) und weiteren Normen ergeben.

Aus diesen lassen sich folglich 4 einfache Grundsätze für ein neues Netzentgeltsystem ableiten, die die BNetzA nun mit ihrem Zielbild/Leitbild der Reform vereinen muss:

  1. Kostenorientierung (Art. 18 Abs. 1 UAbs. 1 S. 1 EBM-VO)
  2. Diskriminierungsverbot (Art. 18 Abs. 1 UAbs. 1 S. 1 EBM-VO)
  3. Transparenz (Art. 18 Abs. 1 UAbs. 1 S. 1 EBM-VO)
  4. Effizienz (Art. 27 EnEff-RL)

Dabei gestattet das Europarecht durchaus Abweichungen von den zentralen Grundsätzen einer Gebühr, wenn diese dabei in verhältnismäßiger Weise einem anderen Tarifgrundsatz dient, oder aber andere legitime Regulierungsziele adressiert. Diese Rechtfertigungsgründe gilt es sorgfältig zu identifizieren und in der Begründung anzuführen, jedoch auch auf die Vorgaben aus den jüngsten Novellierungen auf EU-Ebene abzustimmen bzw. diese zu respektieren.

Der BEE mahnt hier also an, dass eine neue NE-Systematik nicht zu einem Hemmnis für den EE-Ausbau werden oder aber diesen verlangsamen darf. Vielmehr müssen Tarifmethoden die Umsetzung der in den nationalen Energie- und Klimaplänen festgelegten Ziele – nationale Klimaziele der Bundesrepublik Deutschland setzen einen Anteil von 100 % EE in der Stromerzeugung bis 2045 fest – unterstützen, die Integration von EE fördern, Energiespeicherung sowie die Nutzung von Flexibilitäten und flex. Anschlüssen unterstützen.3

1.2 Änderungsbedarf im Zielbild

Die BNetzA setzt sich in ihrem Diskussionspapier selbst vier zentrale Ziele - Kostenorientierung, Anreizwirkung, Umsetzbarkeit und Finanzierungsbeteiligung – um ein neues Entgelt kostenreflexiv zu gestalten. Es ist wichtig das die Behörde in ihrem Zielkorridor diese gegeneinander abwiegt, da nicht alle vier gleichzeitig erreichbar sein werden. Auch wenn jede Entgeltoption hinsichtlich Ihrer Eignung zur Erreichung der Ziele separat untersucht wird, liegt der Schwerpunkt leider zu oft auf dem Aspekt der Finanzierungsbeteiligung. Mit diesem Fokus auf die reine Verbreiterung der Kostenträgerbasis verfolgt die BNetzA nach Ansicht des BEE aber den falschen Ansatz.

Eine Reform die vorrangig danach schaut, ob der Kreis der betroffenen Zahler groß genug wird, kann bei weiterem Netzausbaubedarf nicht für eine Dämpfung des Netzentgeltanstiegs sorgen, da ein lokales und zeitliches Signal zu schwach ist oder aber fehlt. Für den BEE ist es bei der Konzeptionierung und Ausgestaltung eines neues Netzentgeltsystems daher zwingend, dass primär die Steuerungs- und Lenkungswirkung eines Entgelts bestimmend ist. Die Wahl des richtigen Instruments muss also auf Basis der größtmöglichen, erzielbaren Anreizwirkung erfolgen. Hierfür scheint das Kriterium der Netzdienlichkeit gut geeignet, welches im Folgenden näher erläutert wird.

2 Netzdienlichkeit

Die Kosten des Engpassmanagements stellen in der Betrachtung und Ausgestaltung einer neuen Netzentgeltsystematik einen entscheidenden Faktor dar – mit zunehmendem Anteil an ungesteuerter dezentraler Erzeugung und Nutzung im Netz, steigt der Regelungsbedarf für einen stabilen Betrieb. Derzeit darf der NB diesen Kostenblock wälzen und ihn so über das Netzentgelt auf den Letztverbraucher umlegen, was in der Vergangenheit zu einem zusätzlichen Anstieg der Netzentgelte geführt hat.

Ein Netzengpass stellt dabei aus systemischer Sicht eine Ineffizienz in der Netzbewirtschaftung dar, wobei diese Strukturell oder temporär bedingt sein kann. In jedem Fall aber ist es für eine Energiesystem kostenoptimal, Redispatchanforderungen zu minimieren.

Unter dem Begriff der Netzdienlichkeit versteht der BEE also jenes Verhalten von Erzeugungsanlagen, Speichern und Verbrauchern, dass zur Stabilität und effizienten Nutzung des Stromnetzes beiträgt. Dazu zählt insbesondere die flexible Leistungsanpassung zur Vermeidung von Netzengpässen/Redispatchmaßnahmen sowie ein einspeise- oder entnahmeoptimiertes Verhalten in Abhängigkeit des Netzzustands. Netzdienliche Anlagen unterstützen so mit ihrer Fahrweise aktiv die sichere und zuverlässige Systemführung und wirken in erster Linie netzengpassreduzierend oder netzengpassvermeidend. Sie entlasten damit also das Stromnetz, senken den Bedarf an kostenintensiven Eingriffen zur Netzstabilisierung und reduzieren den Netzausbaubedarf – tragen zur Senkung der Netzkosten bei. Nicht netzdienliches Verhalten hingegen bewirkt eine Verstärkung von bereits bestehenden Engpässen, oder verursacht neue Engpässe.

Es gilt diese positive Eigenschaft bzw. Verhaltensweise in einer neuen Netzentgeltsystematik zu berücksichtigen und gezielt anzureizen. Bspw. sind Technologien wie Bioenergie- oder Wasserkraftanlagen im Einsatz flexibel und steuerbar - können somit netzdienlich wirken.

Ein netzdienliches Netzentgeltsystem sollte prioritär ein lokales Steuerungssignal (zur Adressierung struktureller Ineffizienzen), ein Lenkungssignal mit zeitlicher Komponente (zur Adressierung nutzerspezifischer Ineffizienzen) oder aber beide Zustände ansprechen können. In der weiteren Analyse dieser Stellungnahme zum AgNes-Diskussionspapier wird sich fortan auf die hier dargelegte Auslegung der Netzdienlichkeit bezogen.

Der BEE spricht sich an dieser Stelle für eine einheitliche, technische und rechtsichere Festlegung der Begrifflichkeiten Netz- und Systemdienlichkeit i.S. der Betriebsweise bzw. der Fahrweise von Stromerzeugungsanlagen aus. Ein gemeinsames Verständnis für diese Eigenschaften ist dringend notwendig – auch um die Gespräche im AgNes Prozess weiter voranzubringen und das Verfahren zu vereinfachen. Die BNetzA könnte hier die Branche mit der Ausarbeitung beauftragen - auch eine Beteiligung des BMWE erscheint sinnvoll. Die EE-Branche ist gerne behilflich und stünde für eine Zusammenarbeit bereit.

3 Beurteilung der Anpassungsoptionen für eine neue Netzentgeltsystematik

3.1 Einspeisenetzentgelte

Jegliche Erzeugungsanlagen, die in ein Stromnetz integriert werden, verursachen ebenso wie neue Verbraucher Kosten für den Netzanschluss und/oder Netzausbau. Auch ist nicht bestreitbar, dass die für die Erreichung der nationalen Klimaziele notwendige Geschwindigkeit beim EE-Ausbau und der EE-Integration hohen Kostendruck verursacht, welcher sich in steigenden Netzausbaukosten widerspiegelt. Vor diesem Hintergrund scheint die Fragestellung nach der Beteiligung von Einspeisern an der Finanzierung der Netzkosten zunächst logisch. Dabei sollte jedoch immer das damit verfolgte Ziel klar vorangestellt werden.

Das in jüngster Vergangenheit häufig bemühte Narrativ der Pauschalisierung von EE als Kostentreiber in der Debatte um steigende Netzkosten muss in der Diskussion unbedingt vermieden werden und ist nicht sachgerecht - ignoriert es doch differenzierte Netzrealitäten sowie technischen und regulatorischen Fortschritt. Dezentrale Erzeugung z.B. PV im Quartier, Nahfernwärme aus WEA oder aber neue Mechanismen wie NVP-Überbauung durch flexible Netzanschlussvereinbarungen helfen das Netz zu entlasten bzw. Netzausbau zu vermeiden, statt ihn zu befeuern.

Die BNetzA diskutiert mehrere Varianten eines mögliches Einspeisenetzentgelts (ENE), wobei der BEE bereits dargelegt hat, dass ein solches nicht rein auf die Finanzierung der Netzkosten abstellen kann, sondern primär Steuerungs- und Anreizwirkung verfolgen muss. Derzeit existieren wenig bis keine Anreize für EE-Anlagen und Speicher die knappe Ressource der verfügbaren Netzkapazität in ihre Planung effizient mit einzubeziehen. Um den Netzausbau effizienter zu gestalten, sollten die Preiselemente eines möglichen ENE also eine gezielte Lenkungswirkung in Bezug auf Ort und Zeitpunkt entfalten. Dabei muss aber auch sichergestellt sein, dass die durch ein ENE zusätzlich anfallenden Kosten einer Anlage über deren gesamte Laufzeit transparent und verlässlich darstellbar sind, um eine solide Abbildung in der Investitions- und Finanzplanung zu ermöglichen.

Investitionsschutz und der Umgang mit Bestandsanlagen

Eine ENE stellt für Projektierer und Anlagenbetreiber zusätzliche Kosten dar, die ihre LCOE (Stromgestehungskosten) erhöhen. Ohne eine entsprechende Anpassung des Höchstwerts der EEG-Ausschreibungen oder des anzulegenden Wertes könnte die Wirtschaftlichkeit des Projekts dann nicht mehr gegeben sein. Der durch diese zusätzlichen Kosten entstehende erhöhte Förderbedarf wäre dann über den Bundeshaushalt zu finanzieren.

Zugleich sind Erzeuger außerhalb des Förderrahmens nicht in der Lage diese zusätzlichen Kosten zu wälzen. PV- und Windparks, die über PPAs finanziert werden, so wie Offshore Windparks sind selbst nicht preissetzend und können daher die Erhöhung ihrer Grenzkosten nicht adäquat im Day-Ahead zurück verdienen, wodurch sich ihre Profitabilität verringert. Dies würde entweder mit einem Rückgang der Ausbaugeschwindigkeit von Projekten ohne Subvention oder zu erhöhtem Subventionsbedarf bei diesen Projekten führen.

Betreiber von Bestandsanlagen könnten ohne nachträgliche Anpassung des anzulegenden Werts ebenfalls nicht die entstandenen Mehrkosten einpreisen bzw. weitergeben – dabei sollte berücksichtigt werden, dass Betriebsgesellschaften i.d.R. mit kleinem Umlaufvermögen ausgestattet sind und eine nachträgliche, zusätzliche Ausgabe nicht werden bedienen können. EE-Projekte sind zudem überwiegend Fremdkapitalfinanziert, weshalb eine Finanzierung hier erhebliche Ansprüche an die Planungssicherheit und die Prognose der anfallenden Betriebskosten stellt. Volatile schwer kalkulierbare Kosten lassen sich nur mit entsprechend hohem Risikoaufschlag einbinden, was zu steigenden Zinsen und sinkender Investitionsbereitschaft führen könnte – insgesamt also das Finanzierungsumfeld erheblich beeinflusst.

Ein Fokus auf Neuanlagen allein würde hingegen bestehenden Anlagen einen deutlichen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Die Einbindung von Bestandsanlagen in ein ENE oder BKZ-System stellt folglich in jeglicher Hinsicht ein schwer zu lösendes Dilemma dar. Mit den, wie im Diskussionspapier vorgestellten Ausgestaltungsoptionen ist für den BEE ein auch für Bestandsanlagen anwendbares ENE-Modell derzeit nicht vorstellbar. Um den Vertrauensschutz und die Investitionssicherheit in EE-Projekte und die Energiewende nicht zu gefährden, lehnen wir daher zu diesem Zeitpunkt eine Einbindung von Bestandsanagen in ein ENE ohne positive finanzielle Anreizwirkung ab.4

Anforderungen an ein ENE

Der BEE vertritt die Ansicht, dass bei der Ermittlung eines möglichen ENE, neben der räumlichen Steuerung auch der Zeitpunkt der Einspeisung angesprochen werden sollte – also die Fahr- bzw. Betriebsweise einer Anlage hier ein maßgebliches Kriterium darstellen muss. Anlagen, deren Betrieb nachweislich netzdienlich (i.S. der vom BEE aufgestellten Kriterien) erfolgt müssen in einem solchem Entgeltsystem berücksichtigt werden. Dafür könnten sie von reduzierten ENE profitieren oder aber gänzlich davon befreit werden. Ein solches differenziertes System würde zugleich einen Anreiz für eine netzdienliche Betriebsweise schaffen – ein positiver Nebeneffekt mit systemischer Relevanz.

Auch wenn mit einem entsprechend ausgestalteten ENE mehr Effizienz im Netz angereizt werden kann, sollte zu diesem Zeitpunkt der offenen und freien Diskussion auch die Möglichkeit in Betracht gezogen werden, ob sich nicht durch effizientere Einbindung von EE-Anlagen in das Netz Effizienzen im System heben lassen und so mehr Wohlfahrtsgewinn entstehen kann als durch eine Beteiligung der Einspeiser an der Netzkostenfinanzierung.

An welchen Kosten sollten sich Einspeiser über Einspeiseentgelte beteiligen?

Welchen spezifischen Netzkostenanteil (im weitesten Sinne) ein ENE nach geltenden Recht decken sollte ist trivial zu beantworten, da der Rahmen durch die Eigenschaft der Kostenreflexivität bereits gesetzt ist. Ganz und gar nicht trivial, ist es hingegen die geeigneten Kostenstellen zu identifizieren, weswegen die weitere Diskussion an diesem Punkt ansetzen sollte. Die von der BNetzA derzeit dargestellten Überlegungen sind noch nicht Zielführend, da sie mit dem Ziel aufgestellt wurden, eine größtmögliche Finanzierungsfunktion zu erreichen. Jedoch, wie bereits dargelegt, ist dieser Ansatz ungeeignet, um auf ihn eine neue Netzentgeltsystematik aufzubauen – Steuerungs- und Anreizwirkung müssen die determinierenden Eigenschaften eine Netzentgelts bilden.5

Eine paritätische Teilung der Netzkosten ist weder aus der einen noch aus der anderen Eigenschaft abzuleiten. Die Deckungssumme auf einzelne Systemdienstleistungen wie Redispatch, Verlustenergiekosten oder Regelenergie anzulegen wäre spezifischer, widerspräche aber dem Prinzip der Kostenreflexivität bzw. Verursachungsgerechtigkeit, sowohl i.S. des Verständnisses auf europäischer Ebene („cost reflexivity“), als auch im „sachlich richtigen Zusammenhang“ wie es die Behörde auslegt. Die „sachgerechte Zuordnung von Kosten zu typisierten Nutzergruppen“ erfordert eben auch eine in der Sache gerechte Zuweisung. So sind Bspw. angesprochene Redispatchkosten eines Netzgebiets nicht pauschal alleinig den Erzeugern zuzuordnen, sondern in erster Linie fehlender Übertragungskapazität. Strukturelle Engpässe, welche nicht im Verschulden des Erzeugers liegen, fänden so keine Berücksichtigung. Eine Ineffizienz, die in der Vergangenheit verursacht wurde, kann nicht fair durch ein zukünftiges ENE adressiert werden.

Die BNetzA stellt 4 mögliche Ausgestaltungsoptionen eines möglichen ENE zur Diskussion, welche nun im Folgenden ausführlicher betrachtet werden.

3.1.1 Arbeitspreis

Der im Diskussionspapier vorgestellte Mechanismus eines ENE auf Basis eines Arbeitspreises zielt darauf ab, eine Gebühr auf eingespeiste Arbeit in €/kWh zu zahlen. Der BEE sieht bei diesem Instrument die Anforderungen an ein geeignetes ENE nicht gegeben. Jede eingespeiste Kilowattstunde wird gleich bepreist, somit wird kein Anreiz zur netzdienlichen Fahrweise oder räumlichen Steuerung gesetzt. Zusätzlich werden flexible und systemdienliche Anlagen benachteiligt gegenüber durchgängig laufenden Anlagen. Zudem reflektiert ein kWh-basiertes Entgelt nicht die tatsächliche Netzbeanspruchung.

3.1.2 Leistungspreis

Der im Diskussionspapier vorgestellte Mechanismus eines ENE auf Basis eines Leistungspreises zielt darauf ab, einen Preis auf die eingespeiste Höchstlast oder installierte Erzeugungsleistung in €/kW zu erheben. Der BEE sieht bei diesem Instrument die Anforderungen an ein geeignetes ENE nicht gegeben, denn es erlaubt keine Differenzierung der Betriebsweise einer Anlage und stellt so ein Flexibilitätshindernis darstellt.

3.1.3 Grundpreis

Der im Diskussionspapier vorgestellte Mechanismus eines ENE auf Basis eines Grundpreises zielt darauf ab einen pauschalen Betrag pro Jahr je Netzanschluss und differenziert nach Netzanschlussebene in €/a zu erheben. Der BEE sieht bei diesem Instrument die Anforderungen an ein geeignetes ENE nicht gegeben, da ein pauschales Entgelt nicht den tatsächlichen Netzzustand oder eine netzdienliche Fahrweise reflektiert. Ein solches ENE würde einzig auf die Verbreiterung der Finanzierungsgrundlage des Netzentgelts abzielen, ohne ein lok. Signal zu setzen – was der eigentlichen Intentionen entgegenläuft. Ein Grundpreis stellt zwar das am einfachsten umzusetzende Instrument dar, jedoch sind pauschale Gebühren immer ineffizient und potenziell unfair, da Bspw. preissensiblere Gruppen bei einheitlichen Preisen stärker belastet werden.

3.1.4 Kapazitätspreis

Der im Diskussionspapier vorgestellte Mechanismus eines ENE auf Basis eines Kapazitätspreises zielt darauf ab im Voraus ein vertraglich vereinbarte nutzbare Netzanschlusskapazität zu einem bestimmten Betrag in €/kW zu buchen. Dabei kann die Kapazität jährlich angepasst werden. Zur Einhaltung der vertraglich vereinbarten Kapazität würde eine Überschreitung dann mit Pönalen belegt oder durch eine feste Einspeisebegrenzung technisch begrenzt.

Ein so ausgelegtes ENE gründet aus Sicht des BEE auf dem richtigen ökonomischen Ansatz, da es den richtigen Parameter – Anschluss- und Übertragungskapazität im Netz – bepreist. Mit der richtigen Ausgestaltung kann es den Raum für flexibles Verhalten am NVP setzen und die Nutzung der Anschlusskapazität optimieren. Bspw. könnten Bestandsanlagen durch einen Kapazitätspreis nicht genutzte Leistung freigeben, die so zur Überbauung zur Verfügung stehen würde. Auch eine Optimierung des Anlagenbestandes bzw. der Einspeisung durch Co located Speicher wäre so anreizbar.

Ein ENE auf Kapazitätsbasis kann sowohl Einspeisern als auch NB nutzen. Da nur eine fest vereinbarte Kapazität ganzjährig vom NB zur Verfügung gestellt werden muss ist eine bessere Planung des Netzes möglich. Für den Erzeuger könnte sich so die Anzahl der verfügbaren Einspeisefenster tendenziell erhöhen, da im besten Falle die Notwendigkeit für Engpassmanagement reduziert wird.

Trotz der vielen positiven Eigenschaften, die ein Kapazitätspreis in sich vereint, existieren auch einige Nachteile, die in der Betrachtung nicht unerwähnt bleiben können. Die zeitliche Variabilität welche zum einen vorteilhaft ist, erweist sich gleichzeitig auch als Hindernis.

Ein während der Projektlaufzeit variabler Kapazitätspreis ist schwieriger vorab zu kalkulieren und erhöht so die Risikoaufschläge und Zinsen, erschwert also den Finanzierungsrahmen des Projekts. Eine denkbare Option, um notwendige Planbarkeit herzustellen wären Preiskorridore mit festgelegten Laufzeiten, innerhalb derer der NB den Kapazitätspreis festsetzen kann. So wäre ein Risikoaufschlag nach oben hin begrenzt, da die Wahl einer worst case Annahme in der Planung rational ist.

Hürden werden durch den relativ hohen Umsetzungs-/Erfüllungsaufwand gesetzt. Monitoring- und Transaktionskosten, die durch die aufwändige Parametrierung und den Bestellvorgang anfallen, könnten den volkswirtschaftlichen Nutzen eines Kapazitätspreises übersteigen und so keine effiziente Lösung bieten.

Aus Sicht des BEE sollte ein Kapazitätspreis in jedem Fall die Verhaltensweise von Anlagen anreizen bzw. belohnen und ein lokales Signal transportieren – möglich durch regional differenzierte Preise.

Dafür müssen aber Einspeiser auch je nach Einspeiseverhalten unterschiedlich behandelt werden dürfen. Die BNetzA sieht gewisse rechtliche Schwierigkeiten, doch das europäische Recht gibt hier durchaus Spielraum. So ist es gestattet, dass Tarife sich aufgrund unterschiedlicher Einspeiseprofile i.S. von netzdienlichem Verhalten unterscheiden dürfen. Dadurch ist auch eine Unterscheidung nach Netznutzern und deren Verhalten in der Tarifstruktur/Entgeltstruktur vorstellbar und nicht nur, wie von der BNetzA angeführt, ausschließlich zwischen umrichterbasierter Einspeisung und der Einspeisung über rotierende Generatoren denkbar. Separate Tarifstrukturen, die das flexible Fahrverhalten von Anlagen wie z.B. von Biogasanlagen oder Wasserkraftanlagen im netzdienlichen Rahmen adressieren sind so möglich. Ein entsprechend angepasster Kapazitätspreis kann so auch netzdienliches Verhalten ansprechen.6

Kapazitätspreis und Baukostenzuschuss (BKZ) stellen aus Sicht des BEE zwei sich ergänzende Instrumente dar, die zugleich lokale Steuerung und netzdienliche Fahrweise/Betriebsweise adressieren können. Sollte sich die BNetzA zu einer additiven Einbindung von Erzeugern über ein ENE und BKZ entschließen, so müsste ein geeignetes Instrument beide Mechanismen in den beschriebenen Eigenschaften bzw. Charakteristiken kombinieren.7

3.2 Baukostenzuschuss

Eine örtliche Steuerung ist bei Bestandsanlagen nicht mehr möglich, weswegen die BNetzA diese auch von vornherein bei der Diskussion eines einspeiserbezogenen BKZ ausnimmt. Bei Neuanlagen wäre dies jedoch mit regionaler Differenzierung und Berücksichtigung der Netzebene möglich – eine Einschätzung, die wir tendenziell teilen.

Der BEE verweist dennoch auch auf die bereits jetzt existierenden Steuerungsmechanismen bzw. Flächenlimitierung im Windzubau durch das Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) und das Referenzertragsmodell § 36h EEG - womit auch die Möglichkeit der Nutzung der windschwächeren Flächen im Süden Deutschlands besteht.8

Ein BKZ stellt eine einmalige Netzzugangsgebühr dar – grundsätzlich also für den Projektierer oder Betreiber, sowie Finanzierer und NB einfacher zu kalkulieren und in die Investitionsentscheidung einzubeziehen als schwankende ENE. Das Instrument erscheint so auf den ersten Blick hin einfach zu konstruieren, doch dieser Eindruck täuscht. Die Schwierigkeit besteht darin, wie die Höhe eines solchen BKZ sinnvoll und gerecht ermittelt werden kann.

Ein Preis für den Netzzugang muss sich nach der aktuellen Netzsituation bezüglich Anschluss- und Transportkapazität sowohl für Erzeugung als auch Verbrauch richten. Dabei darf jedoch nicht alleinig auf die jeweilige Netzebene eines NB in der Gesamtheit abgestellt werden. Vielmehr sollte die Orientierung an den Netzengpasssituationen im Netzgebiet erfolgen – pauschale BKZ je NB sind jedoch nicht zielführend. Ein positiver BKZ, also die Zahlung einer Gebühr in Abhängigkeit der Leistung in €/kW wäre bei netzbelastenden oder Netzausbau verursachenden Anschlüssen zu entrichten. Allerdings darf der Preis-spread zwischen hoch ausgelasteten Netzen und gering ausgelasteten Netzen nicht zu groß werden, damit ein Ausbau in ländlichen Regionen auch weiterhin wirtschaftlich attraktiv bleibt.

Um knappe Ressourcen wie Netzanschlusskapazität aber auch die Netztransportkapazität besser zu nutzen, wäre es ebenfalls denkbar Bestandanlagen bis zu einem gewissen Teil in eine BKZ-Systematik einzubeziehen. Dies könnte über ein Bonussystem erreichbar sein, welches sie motiviert derzeit nur wenig genutzte Netzkapazität freizugeben. Bspw. könnte das durch eine Auszahlung (negativer BKZ) an den Anschlussinhaber umgesetzt werden. Dabei wäre dies für den NB aufkommensneutral, würde es durch den neuen Netznutzer gezahlt werden und zusätzlich die Überbauung und somit optimierte Nutzung von bestehenden Netzanschlüssen anreizen.

Die Einbindung von FCA (Flexible grid connection agreements) wie sie derzeit in den Niederlanden gedacht werden - zeitlich flexible Netzanschlussvereinbarungen bei denen die die nutzbare Anschlusskapazität gegen eine Entgeltreduzierung/-rabatt variiert – ist ebenfalls eine denkbare Option, um die Fahrweise der Anlage bzw. deren netzdienliches Verhalten zu belohnen. Ein neutraler BKZ in Höhe von 0 € erscheint angebracht. Diese, sozusagen kostenfreie, wieder verfügbare Netzanschlusskapazität wäre nun von Speichern oder sehr flexiblen Erzeugern wie Biogasanlagen nutzbar und könnte die Auslastung bestehender Netze weiter erhöhen. Voraussetzung hierfür ist natürlich eine vertragliche Regelung über die Einspeisung in netzneutralen oder netzdienlichen Zeitfenstern.

Ein so ausgelegter BKZ dient vorrangig immer noch zur räumlichen Steuerung, kann aber ebenfalls die Fahrweise/Betriebsweise in ersten Schritten adressieren und so Investitionen in Flexibilitäten nicht negativ beeinflussen.

Lässt man diese zeitliche Komponente der Netzdienlichkeit außen vor, kann dies sogar zu Fehlanreizen führen. So wäre es Bspw. sehr schwer das dringend benötigte Flexibilitätspotential des Biogasbestands mit einem pauschalen BKZ zu heben. Die Biogasbranche erhält hierfür derzeit einen Flexibilitätszuschlag. Dieses Instrument soll es belohnen eine möglichst hohe installierte Leistung bei gleichzeitig geringer Höchstbemessungsleistung ans Netz zu bringen. Erst diese Überkapazität bzw. Überbauung am NVP bewirkt, dass Biogasanlagen netzdienlich betrieben werden können. Muss der Betreiber einer Anlage nun zur Leistungserhöhung oder bei Neuanschluss einen BKZ rein auf die Leistung abgestellt zahlen, müsste ein erheblicher Teil der Flexibilitätssubvention (finanzielle Anreiz) für den Netzzugang aufgewendet werden müssen, was die Wirtschaftlichkeit des Projektes erheblich einschränkt. Man hätte so erneute Ineffizienzen durch zwei gegenläufige Anreizinstrumente geschaffen. Insofern erscheint die Lösung durch einfache vertragliche Regelung zwischen NB und Anschlussnehmer die kostengünstigere Lösung darzustellen.

Die Einführung eines BKZ ist unstrittig mit gewissen Schwierigkeiten verbunden und muss sorgsam durchdacht werden. Dennoch erkennt der BEE dessen Eignung unter Voraussetzung des richtigen Designs an und ist bereit, bei der Ausgestaltung eines solchen Instruments konstruktiv zu unterstützen. Allerdings ausschließlich im Rahmen einer Netzentgeltsystematik deren Fokus – wie bereits dargelegt – auf der Steuerungs- und Anreizwirkung liegt.

3.3 Dynamische Netzentgelte

Ein volldynamisches Netzentgelt welches Ort und Zeit zugleich adressiert, stellt sicherlich hinsichtlich der Anreizung zur optimalen Planung und Betriebsweise von Anlagen das wirksamste Instrument dar, da es den aktuellen Netzzustand durch seine Volatilität direkt abbilden kann.

Die tatsächlichen Einspeisekosten sind stark mit dem Zeitpunkt der Einspeisung korreliert. Ein mögliches Einspeisenetzentgelt welches dynamisch ausgestaltet ist, würde in Zeiten geringer Netzauslastung auf 0 € sinken und so gezielt netzdienliches Verhalten fördern. Da diese Zeiträume häufig mit niedrigen Spotmarktpreisen einhergehen. Ein dynamisches Entgelt könnte also marktorientiertes und netzorientiertes Verhalten zusammenführen und eine bedarfsgerechte Einspeisung anreizen.

Jedoch bringt seine Implementierung auch erhebliche Schwierigkeiten durch eben jene Volatilität mit sich. Seine kumulierte Summe ist bspw. nur schwer schätzbar, was über die langen Finanzierungsperioden von EE-Anlagen also nur mit großen Unsicherheiten prognostiziert werden würde, wodurch die Finanzierungskosten – Risikoaufschlag und Zinsen - erheblich steigen würden. Zusätzlich bedarf ein volldynamisches Entgelt, wie bereits erwähnt, einen hohen digitalen Durchdringungsgrad, welcher Kosten bei den jeweiligen Akteuren wie NB, Lieferanten und Letztverbraucher verursacht. Nutzen bzw. Einsparungen durch Dynamisierung müssen also deren Erfüllungsaufwand wenigstens aufwiegen. Dahingehend ist von einem fallenden Grenznutzen zusätzlicher Dynamisierung auszugehen und das Erreichen eines vollständig dynamischen Tarifs für alle Netznutzer fraglich.

Eine teilweise Anwendung auf einzelne Komponenten eines Entgelts oder aber bestimmte Netznutzer wie Verbraucher oder Speicher ist hingegen denkbar. Um die Eingangs empfohlene Mehrstufigkeit des Regulierungssystems zu adressieren, könnte die Einführung von dynamischen Netzentgelten phasenweise erfolgen und sich Anteil der im Netz befindlichen iMSys (intelligente Messsysteme) orientieren.

3.4 Speicherentgelte

Batteriespeicher inkl. bidirektionalem Laden bei elektrischen Fahrzeugen sind für die Energiewende auf Basis von erneuerbaren Energien unverzichtbar und stellen das größte und wichtigste Flexibilitätspotential da. Bei falschen oder fehlenden Anreizen kann von ihnen aber auch eine zusätzliche Netzbelastung und Netzausbaubedarf ausgehen. Es bedarf daher auch bei Speichern einer kostenreflexiven Netzentgeltstruktur, die die Netzdienlichkeit in den Vordergrund stellt. Solche Entgelte müssten dafür standort- und zeitabhängig ausgestaltet sein.

Für die weitere Bewertung bzgl. eines Speichernetzentgelts verweist der BEE auf die Stellungnahmen des Bundesverband Solarwirtschaft e.V. sowie des Bundesverband WindEnergie e.V..

4 Prosumer

Ein erhöhter Grundpreis im Netzentgelt speziell für Eigenverbraucher und Prosumer ist weder sachgerecht noch systemdienlich und dient aus Sicht des BEE nicht der Energiewende. Die pauschale Mehrbelastung einer abgrenzbaren Kundengruppe allein aufgrund ihrer technischen Ausstattung – wie etwa Photovoltaikanlagen, Steckersolargeräte oder Heimspeicher – widerspricht grundlegenden Prinzipien einer verursachungsgerechten und diskriminierungsfreien Netzentgeltgestaltung.

Prosumer nutzen das Netz in aller Regel weniger intensiv, insbesondere durch ihren Eigenverbrauch. Wird dennoch ein höherer Grundpreis erhoben, ignoriert dies die tatsächliche Netzinanspruchnahme und untergräbt das Prinzip der Kostenreflexivität. Statt einer pauschalen Beteiligung sollten die Netzkosten vielmehr nach dem realen Umfang der Netznutzung verteilt werden, unabhängig von der Kundengruppe.

Die EU-Richtlinie erkennt explizit an, dass Systeme wie Steckersolargeräte eine stärkere Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an der Energiewende ermöglichen und fordert deshalb, dass die Regulierungsbehörden für deren Einspeisung sehr niedrige oder sogar null Tarife festlegen können – sofern diese kostenorientiert, transparent und diskriminierungsfrei ausgestaltet sind.9 Ein erhöhter Grundpreis für genau diese Nutzergruppe steht aus Sicht des BEE in eklatantem Widerspruch zu dieser Zielsetzung.

Hinzu kommt: Mit den richtigen regulatorischen Rahmenbedingungen sind Heimspeicher netzdienlich. Sie werden dann nicht nur zur Eigenverbrauchsoptimierung, sondern auch zur Einspeisung und dem Laden aus dem Netz genutzt, können gezielt Einspeise- und Lastspitzen abfedern und so Redispatch-Maßnahmen und Netzausbaukosten reduzieren. Eine Entgeltkomponente, die sich dynamisch an der tatsächlichen Leistung und Netzdienlichkeit orientiert, wäre hier wesentlich zielführender als ein pauschaler Grundpreis.

Ein erhöhter Grundpreis hingegen würde genau gegenteilige Effekte auslösen: Er entzieht wirtschaftlich tragfähigen dezentralen Investitionen die Grundlage, erschwert die Integration von Flexibilitäten und wirkt als Bremsklotz für die aktive Beteiligung von Bürgern an der Energiewende.

5 Bundeseinheitliche Netzentgelte

Eine Vereinheitlichung der Netzentgelte auf Verteilernetzebene vergleichbar zur jetzigen Praxis auf Übertragungsnetzebene wird vom BEE schlicht abgelehnt. Ein solches Entgelt würde kein lokales oder Netzzustandssignal transportieren und somit keinerlei Anreiz- und Steuerungswirkung entfalten. Die Argumentation ein zukünftig ansteigendes Gesamtwälzungsvolumen der EE-Mehrkostenwälzung würde enorme regionale Verteilungswirkungen mit sich bringen und somit eine allmähliche Angleichung der Verteilnetzentgelte mit sich bringen ist zwar nachvollziehbar, jedoch nicht sachgerecht. Die Ermittlung der einzelnen Verteilnetzentgelte muss schließlich kostenreflexiv erfolgen und in Abhängigkeit der jeweiligen Netzstruktur stehen. Die Wälzung von zusätzlichen Belastungen/Kosten, die durch die gesamtgesellschaftlich notwendige Integration von EE-Anlagen entsteht auf alle Mitglieder der Gesellschaft ist solidarisch und somit fair. Sollte der Mechanismus der EE-Mehrkostenwälzung im neuen Netzentgeltsystem forbestehen, so sieht der BEE hier einzig die Notwendigkeit wirklich alle verbauchsseitigen Netznutzer mit einzubeziehen.

 


1 Selbst wenn eine massive Ausweitung der mME bis Beginn der Regulierung möglich wird, so ist die vollständige Digitalisierung der Netze und aller Prozesse fraglich.
2 Vgl. Kap. 3.1.4 Kapazitätspreis und Kap. 3.3 Dynamische Netzentgelte.
3 Vgl. Artikel 18 Abs.2 b), c), e) und f) EBM-VO [2024/1747].
4 Eine positive finanzielle Anreizwirkung könnte unter anderem ein Bonussystem mittels Auszahlung eines Netzzugangsentgeltes an Anschlussnehmer darstellen, welcher bisher nicht genutzte Anschlusskapazität zur Überbauung freigibt, zahlbar durch den neu hinzukommenden Anschlussnehmer, wie in den nachfolgenden Kapiteln dargelegt. Vgl. Kap. 3.1.4 Kapazitätspreis und Kap. 3.2 Baukostenzuschuss.
5 S. Kap. 1.2 Änderungsbedarf im Zielbild.
6 S. Kapitel 1.1 Kriterien an ein Zielbild im europäischen Rahmen, i.S. von Artikel 18 Abs. 7 EBM-VO [2024/1747].
7 Bezugnehmend auf die Ausführungen zum Baukostenzuschuss in Kap. 3.2 Baukostenzuschuss.
8 Genauere Ausführungen sind der STN des Bundesverband WindEnergie e.V. zu entnehmen.
9 S. Art. 25 EBM-RL 2024/1711.

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Paul Jannaschk
Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE)
Referent für Energienetze


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