Der Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE) begrüßt die Möglichkeit zur Stellungnahme im Rahmen der Konsultation des Zwischenberichts zur Systementwicklungsstrategie des BMWK.
Wie vom BMWK gewünscht, wird die Stellungnahme anhand der Bezifferung im Konsultationspapier vorgenommen. Wir verweisen allerdings an dieser Stelle darauf, dass es aufgrund dieser starren Struktur zu Dopplungen kommt.
Der BEE begrüßt sehr, dass die Bundesregierung in ihrer Eröffnungsbilanz gezeigt hat, dass die Erreichung der Klimaziele des Bundes zum Jahr 2030 fast eine Verdreifachung der bisherigen Geschwindigkeit in der Emissionsminderung erfordert.
Das Zieldreieck aus Klimaschutz, Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit für eine erfolgreiche Energiewende wird ebenso vom BEE geteilt. Zumal gerade die letzten Jahre hier mehr als eindrücklich belegt haben, dass die Antwort auf alle drei Ziele der beschleunigte Ausbau von Erneuerbaren Energien ist, hier bei uns wie auch in anderen Ländern. So haben Erneuerbare Energien nicht nur im großen Maße zur Versorgungssicherheit in Frankreich aufgrund der dortigen Schwierigkeiten mit dem veralteten nuklearen Kraftwerkspark beigetragen, sondern auch das Strompreisniveau in den letzten Jahren in Deutschland deutlich reduziert. Abbildung 1 zeigt dieses Phänomen für die Jahre 2017 bis einschließlich 2022 sehr deutlich am Beispiel Deutschland und veranschaulicht, dass wir uns aus der fossilen Preiskrise und Abhängigkeit nur mit Erneuerbaren Energien herausinvestieren können.
Die Aussage in der Systementwicklungsstrategie, dass „die Energiepreise damit auf absehbare Zeit nicht mehr das Vorkriegsniveau erreichen werden“ wird weder vom BEE geteilt, noch von der Studienlage oder von den aktuellen Ergebnissen auf den Terminmärkten untermauert. So ist deutlich zu erkennen, dass die Terminmarktprodukte der nächsten Jahre (Baseload) im Bereich bis 2030 zwischen 35% und 40% an Preisniveau gegenüber dem Jahresbeginn nachgegeben haben. Gegenüber dem Frontjahr ist sogar eine Reduktion um über 57% zu sehen, welches Mitte Dezember bei unter 90 €/MWh gehandelt wird. Zwar liegt dies aktuell noch oberhalb des Vorkriegsniveaus, doch zeigen zum einen Terminmarktprodukte weiterhin fallende Tendenzen, und zum anderen ist im Zuge des Weiteren beschleunigten Ausbaus der Erneuerbaren Energien in immer häufigeren Zeitfenstern mit niedrigen, zum Teil auch negativen, Strompreisen zu rechnen.
In der Zusammenfassung des Zwischenberichtes fehlt zudem der Bezug zu den Stromspeichern als eine der wichtigsten Flexibilitätssäulen vor allem im kurzfristigen Verlagerungsbereich.
Abbildung 1: Entwicklung der mittleren Strompreise in Abhängigkeit der Erneuerbaren Einspeisung am stündlichen Strommix in Deutschland.
Der BEE kritisiert die alleinige Fokussierung der Systementwicklungsstrategie auf die Langfristszenarien des BMWK. Wie bereits in mehreren Workshops dem BMWK und den Autoren der Langfristszenarien in den letzten zwei Jahren vorgestellt und auch in einer separaten Studie des BEE und seinen Spartenverbänden im September 20231 veröffentlicht, sind die dort getroffenen Annahmen zur Technologie der Erneuerbaren Energien stark veraltet und die Abbildung der Einspeisungsverläufe der Erneuerbaren Energien stark abweichend von der Realität.
So weisen bereits seit 2012 ein immer größer werdender prozentualer Anteil an jährlich errichteten Neuanlagen im Wind Onshore Bereich eine bessere Anlagenkonfiguration auf, als es die Langfristszenarien bis einschließlich des Jahres 2040 sehen (siehe Abbildung 2). Allein in den letzten 3 Jahren (2021 bis 2023) wiesen über 75% aller Neuanlagen eine bessere Anlagenkonfiguration aus. Das hat dabei nicht nur Effekte auf die Mehreinspeisung der Anlagen, sondern auch auf deren stündliches Einspeisungsverhalten, was wiederum zentral für die Strommärkte, Auslegung von Netzen und benötigte steuerbare Kraftwerksleistung ist.
Zudem weisen die Langfristszenarien - trotz unterstelltem Anstieg der mittleren Nabenhöhe um 50 m (➔ höhere Windgeschwindigkeit), einem stärkeren Einsatz von Schwachwindanlagen (➔ höhere Einspeisung aus Windenergie in Zeitfenstern niedrigem Winddargebots) und einem deutlich stärker über Deutschland verteilten Anlagenpark (größere Ausgleichseffekte in der Stromproduktion) - einen fast deckungsgleichen relativen Einspeisungsverlauf über alle Szenariojahre auf. In Abbildung 3 ist das im rechten Bild für den Monat September in den Langfrist-szenarien dargestellt. Ein solches Einspeisungsverhalten ist technisch nicht erklärbar.
Abbildung 2: Übersicht über den prozentualen Anteil der Neuanlagen mit einer besseren Anlagenkonfiguration als in den Langfristszenarien.
Zum Vergleich sind die relativen Einspeisungsverläufe der Langfristszenarien im Offshorebereich ebenfalls für den gleichen Zeitrahmen (September) im linken Bild der Abbildung 3 darge-stellt. Obwohl im Offshorebereich deutlich geringere Entwicklungen im Anlagenpark zu erwarten sind als im Onshore Bereich (Nabenhöhe, Schwachwindanlagen, regionale Verteilung), zeigt dort der Verlauf das zu erwartende, veränderliche Einspeisungsprofil über den Zeitverlauf.
Abbildung 3: Vergleich der relativen Einspeisungsverläufe über die einzelnen Szenariojahre von Wind Onshore und Wind Offshore in den Langfristszenarien.
Doch auch der Offshorebereich weist in den Langfristszenarien erhebliche Abweichungen zur Realität auf. So weist in Abbildung 4 der Vergleich zwischen der realen heuristischen Verteilung der Windenergie Offshore der letzten 8 Jahre (blau gestrichelte Kurve) gegenüber der heuristischen Verteilung der simulierten Einspeisung in den Langfristszenarien gleich zwei erhebliche Abweichungen auf. Zum einen unterschätzen die Langfristszenarien erheblich den Anteil des Leistungsbereich zwischen 50% bis 90% Auslastung und zugleich überschätzen sie den Bereich oberhalb von 95% extrem. Vor dem Hintergrund, dass in den vergangenen 8 Jahren in keiner Stunde je eine Auslastung oberhalb von 95% des Leistungsbereichs im Offshore erreicht wurde (u.a. durch technische Verfügbarkeit und Verschattungseffekte) ist eine solches Verhalten kaum zu erklären. Dass hingegen in hunderten von Stunden Nennleistung erreicht werden, ist aufgrund der technischen Verfügbarkeit von Anlagen nicht machbar und ein Fehler. Zudem weisen die Langfristszenarien trotz eines massiven Ausbaus der Windenergie Offshore und einem sich deutlich verstärkenden Abschattungseffekt über den Zeitverlauf bis in die 2040 Jahre hinein, steigende Volllaststunden auf. Auch dies ist technisch nicht erklärbar.
Abbildung 4: Heuristik der realen Einspeisung der Windenergie Offshore (blau gestrichelt) im Vergleich zur Heu-ristik der Langfristszenarien.
Gänzlich unverständlich ist in den Langfristszenarien auch die Abbildung der Wasserkrafteinspeisung, welche weder mit dem Dargebot der Wasserkraft, noch den technischen Möglichkeiten im Bereich der stündlichen Leistungsänderung oder der potenziellen Speicherkapazität in Einklang gebracht werden kann. Die Wasserkraft wurde in ihrer Fahrweise in den bisherigen Langfristszenarien (2022) eher als eine Art Flexibilitätsausgleich verwendet. Positiv zu nennen ist hierbei, dass in den neuen Langfristszenarien zumindest der Fehler im Wasserkraftbereich beheben werden soll.
Abbildung 5: Vergleich der heuristischen Verteilung der realen Wasserkrafteinspeisung 2010 und denen der Langfristszenarien.
Für weitere Informationen zu diesen und weiteren Kritikpunkten an den Langfristszenarien wird an dieser Stelle auf die Veröffentlichung des BEE vom September 20232 verwiesen. Es ist allerdings ersichtlich, dass aus solch großen Abweichungen zur realen Fahrweise der Erneuerbaren Energien falsche Ableitungen zur Entwicklung des Energiesystems bzw. der benötigten Rahmen in der Systementwicklungsstrategie entstehen können. Gerade vor dem Hintergrund, dass sich „verschiedene Folgeprozesse“ an der Systementwicklungsstrategie orientieren sollen, birgt das das Risiko einer hohen Durchdringung falscher Ableitungen in einem Großteil der politischen Entscheidungen dieser Dekade.
Der BEE fordert daher nochmals dringend die in der BEE-Studie dargestellten Punkte in den Langfristszenarien zu prüfen und zumindest die Korrektur der aus physikalischer Sicht kaum möglichen Fahrweisen der Erneuerbaren Einspeisungsverläufe vorzunehmen. Zudem wäre es aus Sicht des BEE sehr sinnvoll, die Systementwicklungsstrategie als ein wichtiger Prozess des BMWK nicht nur mit einer Studiengrundlage zu hinterlegen, sondern weitere Studien zu verwenden.
Der BEE begrüßt den grundlegenden Gedanken eines umfassenden, schnellen und massiven Ausbaus der Erneuerbaren Energien und den dafür benötigten Ausbau der Stromnetze und der Wasserstoffinfrastruktur. Wie in der BEE Strommarktdesignstudie3 gezeigt, sind gerade die Elektrolyseure und ihre Flexibilität am Strommarkt neben den Ausbau von Batteriespeichern von zentraler Bedeutung für die erfolgreiche Integration der fluktuierenden Erneuerbaren Energien.
Die in der Systementwicklungsstrategie unterstellte Energieeffizienz ist begrüßenswert, doch auch sehr ambitioniert. Daher sollte diese Entwicklung möglichst breit politisch unterstützt werden. Sofern sich die Annahmen in der Zukunft als zu optimistisch erweisen sollten, sind kurzfristige Anpassungen, vor allem im erhöhten Ausbau der Erneuerbaren Energien, vorzusehen.
Der BEE unterstützt den Ansatz einer Sektorkopplung zur Erreichung der Klimaziele in den energienachfragenden Sektoren Industrie, Gebäude und Verkehr. Vor allem die dabei realisierbaren geringeren Umwandlungsverluste, die geringeren volkswirtschaftlichen Kosten als in anderen Transformationspfaden und die daraus entstehenden Flexibilitäten im Strommarkt sind zentrale Bausteine für eine erfolgreiche Energiewende.
Die Rückverstromung von grünem Wasserstoff sollte gerade vor dem Hinblick der Umwandlungsverluste nur im geringen Maße, als auch nur zu notwendigen Zeitfenstern erfolgen. Eine Substitution dieser rückverstromten Wasserstoffmengen über z.B. stärker flexibilisierte Bioenergieanlagen sowie Batteriespeichern sollte aus Sicht des BEE aufgrund der unter Umständen geringeren Kosten und der Unabhängigkeit von Importen einbezogen werden. Auch hier konnte die BEE Strommarktdesignstudie deutlich zeigen, dass z.B. die Bioenergie mit Hilfe einer stärkeren Flexibilität bei gleicher Verstromungsmenge wie heute der zentrale steuerbare Erzeuger zum Ausgleich fluktuierender Erneuerbarer Energien sein kann.
Der BEE begrüßt die Umstellung der Energienachfrage auf einen klimaneutralen Pfad. Hierbei sind neben einer starken Elektrifizierung auch die Integration von Wasserstoff bzw. Wasserstoffderivaten in Prozesse sinnvoll, aber nicht ausschließlich zu sehen.
Der BEE sieht die im Zwischenbericht vorgeschlagene Kreislaufwirtschaft sowie die Material- und Ressourceneffizienz als geeignet an, um sowohl den Rohstoffbedarf als auch im kleinerem Umfang den Strombedarf der Industrie zu senken.
Die Elektrifizierung der Prozesswärme, vor allem im Bereich Dampf und Warmwasser, kann den Bedarf an fossilen Energien senken. Neben der Umsetzung einer möglichst breiten, flexiblen Fahrweise solcher elektrifizierten Prozesse, ist die Verwendung von Hochtemperaturwärmespeichern und die Einbindung von direkten Erneuerbaren Quellen (unter anderem über konzentrierende Solarthermie (CSP) und Niedertemperatur Solarthermie) als sinnvoll anzusehen.
Der Zwischenbericht verweist bei der Biomasse nur auf ein begrenzt nutzbares Potential und schreibt ihr somit nur eine untergeordnete Rolle innerhalb der Industrie zu. Dabei betont der Bericht, dass die Bioenergie in anderen Anwendungen sinnvoller eingesetzt werden sollte. Diese Aussage verwundert hinsichtlich der im Bericht ebenfalls getroffenen Aussagen im Wärme- sowie im Strombereich, die gleichlautend auch in diesen Sektoren ebenfalls die Bioenergie nicht sehen und wiederum auf die Industrie verweisen.
Der BEE erachtet das nachhaltige Biomassepotenzial für deutlich größer, als es die Langfristszenarien und die Systementwicklungsstrategie unterstellen und hat dies auch in der Studie des BEE zu den Langfristszenarien4 klar belegt.
Der BEE kritisiert zudem, dass im Industriesektor die erneuerbare Wärme bzw. die thermischen Speicher kaum berücksichtigt werden. Die Möglichkeit, Wärme insbesondere bis 400°C und damit insbesondere für industrielle Dampfnetze auch direkt mit erneuerbarer Wärme zu erzeugen, sollten dringend in der Systementwicklungsstrategie aufgenommen werden. Dadurch kann der Bedarf an Strom und Wasserstoff im zukünftigen Mix gesenkt werden.
Zusätzlich können Wärmespeicher im Industriesektor den Zubau erneuerbarer Wärme unterstützen und die erneuerbaren Deckungsraten deutlich steigern. Dies wiederum senkt weiter den Bedarf an Strom bzw. Wasserstoff. Thermische Energiespeicher entkoppeln Energieerzeugung und -nutzung zur sektorenübergreifenden Integration erneuerbarer Energiequellen und Abwärme. Sie speichern grüne Stromspitzen in Wärme und Prozessdampf. In Industrieprozessen eingesetzt, ermöglichen thermische Speichersysteme die bedarfsgerechte Bereitstellung von Prozesswärme aus Erneuerbaren Energien, die Erhöhung der Energieeffizienz im Produktionsprozess und die flexible Nutzung von Abwärme.
Der BEE sieht ähnlich der Systementwicklungsstrategie die Steigerung der Energieeffizienz neben dem Hochlauf des Einsatzes von Wärmepumpen und dem Aus- und Umbau der Wärmenetze als eine der wichtigsten Kernelemente der Energiewende an.
Die Bioenergie soll nach dem Zwischenbericht der Systementwicklungsstrategie nur „vor allem in Gebäuden eingesetzt werden, in denen keine Wärmepumpe genutzt werden kann und die nicht an ein Wärmenetz angeschlossen werden können.“ Aus Sicht des BEE ist diese Sichtweise zu stark begrenzend. Unter anderem aufgrund von Wirtschaftlichkeit kann es sinnvoll sein, in Gebäuden mit hohem Wärmebedarf teilweise statt einer Wärmepumpe den Einsatz von Bioenergie zu realisieren. Des Weiteren kann Bioenergie auch in Wärmenetzen verwendet werden, so dass sich diese Punkte auch nicht ausschließen müssen.
Durch Kombination mehrerer erneuerbarer Technologien im Wärmebereich, wie z.B. Solarthermie mit Wärmepumpe oder Pelletheizung, lassen sich zudem zum Teil höhere Effizienzen erzielen, weswegen innerhalb der Systementwicklungsstrategie nicht nur in einem Pfad gedacht werden sollte.
Der Zwischenbericht der Systementwicklungsstrategie erwähnt unter anderem den Begriff „Nahwärmenetze“. Der BEE verweist an dieser Stelle darauf, dass dieser Begriff nicht definiert ist und würde daher vom Aus- und Umbau von Wärmenetzen und Gebäudenetzen sprechen. Sofern mit Nahwärmenetzen etwas anderes gemeint ist als Gebäudenetze, ist das entsprechend innerhalb des Berichtes zu definieren.
Der BEE sieht es kritisch, dass die Nutzung von Solarthermie in Wärmenetzen nur mit „Abstrichen“ in der Systementwicklungsstrategie berücksichtigt werden. Gerade im Hinblick auf die Kombination mit Wärmespeichern gibt es hier keine so starke Fluktuation, dass Restriktionen zu begründen sei, weswegen der Zusatz „mit Abstrichen“ zu streichen ist. Zudem fehlt im Kontext von Wärmenetzen und deren Wärmebereitstellung die Berücksichtigung der Bioenergie, was ebenfalls vom BEE kritisiert wird.
Gerade im Hinblick auf die Erreichung der Klimaziele im Wärmebereich und den potenziellen Strafzahlungen im Rahmen der EU-Lastenverteilung bei deren Verfehlung, sollte mehr als deutlich sein, dass jede erneuerbare Energieform ohne künstliche, exogene Begrenzungen Verwendung finden sollte.
Der BEE begrüßt die in der Systementwicklungsstrategie vorgesehene Elektrifizierung des Verkehrssektors. Gerade im Hinblick auf die geringeren Umwandlungsverluste ist dies von Bedeutung. Auch der Aufbau eines flächendeckende Netzes für die Ladeinfrastruktur wird als sinnvoll angesehen. Dennoch sollten in der Systementwicklungsstrategie, gerade im Hinblick auf den Schwerlast-, Flug- und Schiffsverkehr, auch Biokraftstoffe zum Einsatz kommen, um realistisch die verkehrsspezifischen Klimaziele der Bundesregierung erreichen zu können.
Neben der Elektrifizierung des Automobilsektors und der Verlagerung des Personen- und Güterverkehrs auf die Schiene muss auch das Thema Carsharing Berücksichtigung finden. Neben der Elektrifizierung des Automobilsektors wäre zudem die Einbindung von Pedelecs, E-Lastenrädern und E-Scootern als Ergänzung zum Pkw eine durchaus sinnvolle Ergänzung im Gesamtkonzept.
Gerade im Hinblick auf die Erreichung der Klimaziele im Verkehrsbereich und der potenziellen Strafzahlungen im Rahmen der EU Lastenverteilung sollte mehr als deutlich sein, dass jede erneuerbare Energieform sowie Sharing-Konzepte Verwendung finden sollten, insbesondere im Bereich der urbanen Verkehrswende.
Der BEE hat erhebliche fachliche Bedenken in Bezug auf die Verwendung der Langfristszenarien des BMWK in der Systementwicklungsstrategie. Im Hinblick der Abbildung Erneuerbarer Energien, sowohl des aktuellen Technologiestandes als auch des zeitliches Einspeisungsverhaltens der Erneuerbaren Energien, weisen die Langfristszenarien erhebliche Abweichungen zur Realität auf, bis hin zu physikalisch nicht realistischem Verhalten (siehe Kapitel 1).
Der BEE hat hierzu eine eigene Studie im September 2023 veröffentlicht, die die einzelnen Punkte benennt und wissenschaftlich belegt. Der BEE sieht die alleinige Fokussierung der Systementwicklungsstrategie auf die Langfristszenarien zudem kritisch.
Der angenommene „Phase-Out“ der Bioenergie aufgrund eines begrenzten nachhaltigen Biomassepotenzials ist fachlich nicht haltbar. Wie in der BEE-Studie zu den Langfristszenarien belegt, sind eine Reihe von Biomassesortimente überhaupt nicht berücksichtigt worden und berücksichtigen auch nicht zukünftige Entwicklungen in den Landnutzungssektoren. Auch steht die Nutzung von Biomasse im Umwandlungssektor nicht in Konkurrenz zur Bereitstellung von klimaneutralem CO2 für die Industrie oder zur Erzeugung von Negativemissionen zur Kompensation nicht vermeidbarer Restemissionen. Für eine detailliertere Erklärung der genannten Punkte verweist der BEE auf die Veröffentlichung des Hauptstadtbüros Bioenergie zur Systementwicklungsstrategie.5
Wie bereits die Strommarktdesignstudie des BEE gezeigt hat, können ausreichende erneuerbare Stromerzeugungskapazitäten innerhalb Deutschlands aufgebaut werden, um den Strombedarf von 1.100 bis 1.300 TWh perspektivisch zu decken. Es konnte dabei gezeigt werden, dass die Nettobilanz zum Stromaustausch mit dem Ausland negativ ist, so dass Deutschland in Zukunft stromseitig ein Nettoexporteur sein kann. Daher ist die Aussage innerhalb der Systementwicklungsstrategie, dass Stromimporte (Nettobilanz) notwendig wären, ein annahmegetriebenes Ergebnis der Langfristszenarien.
Der BEE kritisiert zudem, dass innerhalb der Systementwicklungsstrategie die Ableitung getroffen wurde, dass „Die Stromerzeugung aus steuerbaren Kraftwerken (…) zukünftig aus Kraftwerken, die mit Wasserstoff betrieben werden“ stammt. Auch dieses Ergebnis ist annahmegetrieben innerhalb der Langfristszenarien aufgrund der angenommenen Begrenzung der Bioenergie im Stromsektor. Die starke H2-Nutzungskonkurrenz durch andere Sektoren, wie z.B. der Industrie, verstärkt die Knappheitssignale auf dem Wasserstoffmarkt und könnte zudem zusätzlich preistreibend wirken. Aufgrund der für einen funktionierenden Strommarkt notwendigen Merit-Order, durch die der Strommarktpreis an den Gestehungskosten des zuletzt nachgefragten Kraftwerks gekoppelt ist, würde das Preisniveau in Zeiten eines geringen erneuerbaren Angebots auf dem Strommarkt dauerhaft ansteigen und zu höheren volkswirtschaftlichen Kosten führen. Sofern Wasserstoff nicht in ausreichenden Mengen zur Verfügung stehen wird, könnte der regulatorische Fokus auf die Gaskraftwerke zu einem mittel- bis langfristigem Lock-in von fossilem Erdgas bzw. Treibhausgasemissionen im Stromsektor führen.
Wie bereits die Strommarktdesignstudie des BEE dargestellt hat, können sowohl Bioenergie als auch Wasserkraft einen erheblichen Anteil der benötigten steuerbaren Leistung für ein stabiles Stromsystem bereitstellen. So können u.a. die Modernisierung der Bestandsanlagen und der Neubau von Wasserkraftanlagen und Maßnahmen zur flexiblen Stauhaltung Flexibilitäten in das Gesamtsystem eingebracht werden, welche neben der reinen Stromerzeugung auch netzdienliche Fahrweisen ermöglichen. Dezentrale und regional verankerte Erzeugungsstrukturen, die heute in Form von Bioenergie und Wasserkraft bereits vorhanden sind und zukünftig mit Geothermie komplementiert werden können, sind daher zu nutzen und in der Systementwicklungsstrategie zu berücksichtigen. Sie tragen zur Versorgungssicherheit bei, steigern zugleich die Resilienz im System und erlauben das zielgerichtete Steuern im regionalen Kontext (z.B. bei Netzproblemen).
Gerade vor dem Hintergrund, der ebenfalls vorgesehenen „Erprobungsphase“ solcher Wasserstoffkraftwerke ist aus Sicht des BEE nicht erklärbar, weshalb man statt einer stärkeren Einbindung flexibler Bioenergieanlagen in den Stromsektor genau das Gegenteil ansetzt. So setzt die Systementwicklungsstrategie auf eine deutlich sinkende Einspeisung der Bioenergie und begründet dies mit einem begrenzten nachhaltigen Biomassepotenzials. Auch dieses Ergebnis ist annahmegetrieben durch die Langfristszenarien, welche bei der Bestimmung des Biomassepotenzials viele Biomassesortimente nicht berücksichtigt haben. Wie in der BEE-Studie zu den Langfristszenarien aus dem September 2023 dargelegt, fehlen u.a. Biomassesortimente im Bereich Zwischenfrüchte/Zweitkulturen, der Aufwuchs auf Dauergrünland oder auch von Biodiver-sitätsflächen, die das Biomassepotenzial deutlich erhöhen. Zudem stehen diese zusätzlichen Biomassesortimente aufgrund der heterogenen Zusammensetzung des Substrats sowie der teilweise geringen Transportwürdigkeit kaum in Nutzungskonkurrenz zu anderen Sektoren und werden daher im Stromsektor verbleiben. Daher ist es aus Sicht des BEE auch falsch im Stromsektor innerhalb der Systementwicklungsstrategie nur die Gülle zu sehen.
Aus Sicht des BEE ist daher die stärkere Einbindung der Bioenergie sowie der Wasserkraft in der Stromerzeugung bei der Systementwicklungsstrategie zu berücksichtigen.
An dieser Stelle sei nochmals darauf hingewiesen, dass der Zwischenbericht der Systementwicklungsstrategie als Grund für den Rückgang der Bioenergie im Stromsektor, unter anderem den Einsatz in anderen Sektoren, z.B. der Industrie, angibt und gleichzeitig im Sektor Industrie das gleiche Argument verwendet, um die Bioenergie dort ebenfalls nicht zu verwenden.
Auch wenn die Systementwicklungsstrategie stark technisch orientiert ist, so wäre es sinnvoll, gerade unter dem Gesichtspunkt der angestrebten und benötigten massiven EE-Ausbaubeschleunigung, die Akzeptanzsicherung und eine breite Akteursvielfalt zu berücksichtigen, um diese Ziele auch erreichen zu können.
Die Bioenergie soll nach dem Zwischenbericht der Systementwicklungsstrategie „vor allem in Gebäuden eingesetzt werden, in denen keine Wärmepumpe genutzt werden kann und die nicht an ein Wärmenetz angeschlossen werden können.“ Aus Sicht des BEE ist diese Sichtweise zu stark begrenzend. Unter anderem aufgrund von Wirtschaftlichkeit kann es sinnvoll sein, in Gebäuden mit hohem Wärmebedarf statt einer Wärmepumpe den Einsatz von Bioenergie vorzusehen. Des Weiteren kann Bioenergie auch in Wärmenetzen verwendet werden, so dass sich diese Punkte auch nicht ausschließen müssen.
Durch Kombination mehrerer erneuerbarer Technologien im Wärmebereich lassen sich zudem zum Teil höhere Effizienzen erzielen, weswegen in der Systementwicklungsstrategie nicht nur in einem Pfad gedacht werden sollte.
Der Zwischenbericht der Systementwicklungsstrategie erwähnt unter anderem den Begriff „Nahwärmenetze“. Der BEE verweist an dieser Stelle darauf, dass dieser Begriff nicht definiert ist und würde daher vom „Aus- und Umbau von Wärmenetzen und Gebäudenetzen“ sprechen. Sofern mit Nahwärmenetzen etwas anderes gemeint ist als Gebäudenetze, ist das entsprechend innerhalb des Berichtes zu definieren.
Der BEE sieht es kritisch, dass die Nutzung von Solarthermie in Wärmenetzen nur mit „Abstrichen“ in der Systementwicklungsstrategie berücksichtigt wird. Gerade im Hinblick auf die Kombination mit Wärmespeichern gibt es hier keine so starke Fluktuation, dass Restriktionen zu begründen sind. Zudem fehlt im Kontext von Wärmenetzen und deren Wärmebereitstellung die Berücksichtigung der Bioenergie, was ebenfalls vom BEE kritisiert wird. Die weitgehende Fokussierung von Wärmenetzen auf den städtischen Bereich ist zu hinterfragen, da auch in ländlichen Regionen Nutzungspotenziale für Wärmenetze bestehen können.
Die Rolle der KWK ist gerade auch vor dem Hintergrund des Effizienzgedankens in der Systementwicklungsstrategie wichtig, weshalb die Formulierung auf Seite 39 des Berichts sehr unglücklich gewählt ist. Der relative Anteil der KWK im Wärmebereich sinkt zwar, aber nur relativ zu den reinen erneuerbaren Wärme-Lösungen, die wiederum stark zunehmen werden. Zudem kann in Kombination mit P2H eine KWK Anlage gleich in zweifacher Hinsicht Flexibilität dem System zur Verfügung stellen.
Vor dem Hintergrund der im Rahmen des GEG anstehenden kommunalen Wärmeplanungen entwickelt sich das Thema „Aquathermie“ aktuell sehr dynamisch und sollte in die Betrachtungen aufgenommen werden. Die deutschen Fließgewässer bieten enorme Wärmepotenziale, die durch die Nutzung von Flusswärmepumpen gehoben werden könnten. Dabei ist die technische Effizienz von Flusswasser-Wärmepumpen mit einem COP-Wert von 1:5 hoch, was diese Technologie besonders interessant macht. Durch die häufig zentral in den Kommunen gelegenen Wasserkraftwerke kann das Wasser zum Betrieb der Wärmepumpe im Einlaufbereich geschützt entnommen und wieder eingeleitet werden. Der in den Wasserkraftanlagen erzeugte Strom kann direkt zum Betrieb der Wärmepumpe bereitgestellt und die Wärme vor Ort in die kommunalen Nahwärmenetze eingespeist werden. An der TU Braunschweig wird derzeit an einer deutschlandweiten Wärme-Potenzialstudie gearbeitet, deren Ergebnisse kurzfristig zur Verfügung stehen und die Potenziale quantifizieren werden.
Der BEE begrüßt die Forderung der Systementwicklungsstrategie nach einem zügigen und schnellstmöglichen Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft.
Die in der Systementwicklungsstrategie abgestellten „H2 – ready“ Kraftwerke sieht der BEE kritisch, da hierbei bis zur Umsetzung auf Wasserstoff als Input in einer nicht näher definierten Frist weiterhin fossile Brennstoffe zum Einsatz kommen werden. Zudem wird in der Systement-wicklungsstrategie selbst nach der Umstellung auf Wasserstoff die Verwendung von blauem statt grünem Wasserstoff in solchen Kraftwerken vorgesehen, was nicht klimaneutral ist. Bei einem Vergleich der CO2-Ausstöße wird zudem klar, dass grüner Wasserstoff weitaus geringere Emissionsbelastungen als blauer Wasserstoff aufweist. Die aktuelle Studie von Parkinson et al. (2019) errechnet für blauen Wasserstoff, inklusive der durch Förderung, Aufbereitung und den Transport des Erdgases entstehenden Vorkettenemissionen, eine durchschnittliche Treibhausgasbelastung von 168g CO2Äq./ kWh H2. Dieser Wert liegt zwar deutlich unter dem von grauem Wasserstoff, aber er verdeutlicht, dass blauer Wasserstoff nicht klimaneutral ist. Grüner Wasserstoff ist daher die klimapolitisch einzig sinnvolle Wahl. Durch sinnvolle Anreizsetzung würde ein zügiger Markthochlauf bei den Elektrolyseuren verschiedener Größenordnung ein Technologiepfad beschritten, der im Vergleich zum blauen Wasserstoff eine langfristig kostengünstigere und mit weniger Risiken behaftete Alternative bietet, die zugleich heimische Wertschöpfung und Resilienz sichert. Daher spricht der BEE sich klar für eine Fokussierung auf grünen Wasserstoff aus.
Der BEE begrüßt grundsätzlich den Ansatz eines starken Ausbaus der Elektrolyseurleistung in Deutschland, da diese ein sehr zentraler Flexibilitätsbaustein für die Integration Erneuerbarer Energien ist. Die in der Systementwicklungsstrategie angesetzte Größenordnung von 80 bis 100 GW an elektrischer Elektrolyseleistung entspricht fast genau dem Ergebnis der BEE Strommarktdesignstudie und wird daher vom BEE geteilt.
Ebenso wird von Seiten des BEE geteilt, dass die Wasserstofferzeugung in der Nähe der erneuerbaren Stromerzeugung erfolgen sollte, um die Systemkosten zu reduzieren und gleichzeitig auch die Systemintegration zu verbessern. Hierfür eignen sich im besonderem Maße Standorte mit großer erneuerbarer Stromproduktion sowie Standorte, bei denen zusätzlich auch geologische Formationen zur Speicherung vorhanden sind. Der in der Systementwicklungsstra-tegie vorgesehene „begrenzte Aufbau“ von Elektrolysekapazitäten im „restlichen Bundesgebiet“ im Rahmen eines zügigen Hochlaufs der Wasserstoffwirtschaft, sieht der BEE als nicht sinnvoll an, da durch die gewählte Formulierung die Größen unklar sind und zusätzlich die Gefahr be-steht, die Systemintegration (u.a. Redispatcherhöhung) zu erschweren.
Der BEE begrüßt die Reduktion der Abhängigkeit von Importen und gleichzeitige Erhöhung der Versorgungssicherheit durch den Ausbau der Erneuerbaren Energien sowie der Steigerung der Energieeffizienz. Auch die in der Systementwicklungsstrategie angedachte, stärkere Diversifizierung der Energieimporte aus unterschiedlichen Energieregionen ist ein wichtiger Schritt zu einem resilienten Energiesystems.
In seiner Strommarktdesignstudie hat der BEE nachgewiesen, dass bei richtiger Rahmensetzung (Reformszenario) nach 2030 ein starker Ausbau der heimischen Elektrolyseleistung auf knapp 100 GW möglich ist. Auch der LEE NRW hat in seiner Studie6 (aktualisierte Version von 2023) nachgewiesen, dass das Potential für heimischen Produktion von grünem Wasserstoff sehr groß ist und die Kosten, insb. im Vergleich zum Import über Schiff, geringer sind. Daher würde es aus Sicht des BEE Sinn ergeben, verstärkt auf europäische Importe zu setzen (European Hydrogen Backbone), da im Rahmen europäischer Gesetzgebung einfacher auf die Nachhaltigkeitskriterien Einfluss ausgeübt werden kann. Eine Anbindung an europanahe Gebiete ist durchaus auch denkbar, sollte aber im ökonomischen sowie ökologischen Rahmen gut durchdacht sein.
Der BEE sieht ebenfalls die Vorteile eines weitreichenden Energiehandels über die Landesgrenzen hinweg, da hierbei neben einer Kostenreduktion auch Synergieeffekte (u.a. in Flexibilitäten) gehoben und gleichzeitig Ausgleichseffekte (Portfolioeffekte) bei der volatilen Einspeisung gewonnen werden können. Dies führt unter anderem zu einer Reduktion der benötigten steuerbaren Kraftwerksleistung. Hierbei ist allerdings auf realistisch erreichbare Rahmen beim Energieaustausch zu achten (siehe hierzu Kapitel 5.1).
Der BEE sieht, ähnlich wie die Systementwicklungsstrategie große Flexibilitätspotenziale im Bereich der Elektrolyseure, Elektromobilität, der Sektorenkopplung und von Speichern. Um vor allem Flexibilitäten aus der Sektorenkopplung im Endkundensegment (Wärmepumpe, E-Autos, usw.) zu heben, ist ein entsprechend starker Ausbau sowie die Digitalisierung der Verteilnetze in Deutschland notwendig.
Im Bereich der Elektromobilität sollte hierbei nicht nur das gesteuerte Laden, sondern auch die Rückspeisung (bidirektionaler Betrieb) berücksichtigt und vorgesehen werden.
Im Bereich Wärmespeicher sieht der BEE neben dem Einsatz von Großwärmepumpen auch andere Erneuerbare Energieformen (u.a. Bioenergie, Solarthermie, usw.), um sich, neben der Hebung von Flexibilitäten, auch an dem Dargebot an kostengünstiger erneuerbarer Wärme auszurichten.
Im Bereich der Wasserstoffspeicher sieht der BEE ähnlich dem Zwischenbericht der Systementwicklungsstrategie den dringenden Bedarf, neue Speicherkapazitäten frühzeitig zu entwickeln. Eine entsprechende Größenordnung des Bedarfs kann hierbei anhand der INES Studie „Wasserstoff speichern – so viel ist sicher“ aus dem Jahr 20227 geben.
Zwar werden in der Systementwicklungsstrategie auch stationäre (Batterie-) Speicher unter Kapitel 4.5 erwähnt, doch nur in sehr begrenzter Form betrachtet. Diese Sichtweise sollte dringend in der Systementwicklungsstrategie überdacht und geändert werden, da sie die Marktentwicklung erheblich unterschätzt und auch auf Basis anderer Studien, unter anderem auch der BEE Strommarktdesignstudie, gezeigt werden kann, dass genau solche stationären Speicher einen erheblichen positiven Einfluss (u.a. Reserveleistung unterschiedlicher Katego-rien, zeitliche Verschiebung erzeugter Energie, Management von Netzengpässen usw.) auf das Energiesystem haben. Besonders in Verbindung mit dem starken Ausbau der Photovoltaik eignen sich Batteriespeicher als ideale Kombination, um den Tag-Nacht-Ausgleich herzustellen und die Solarstromerzeugung zu glätten sowie ihren Leistungsbeitrag kontinuierlicher zu for-men. Zusätzlich ergibt sich, gerade auch im Zuge weiterer Kostensenkungen, dass Speicher als Flexibilitätsoption im Vergleich zum Netzausbau zunehmend wirtschaftlicher und aufgrund ihrer vielfältigen Systemvorteile immer attraktiver werden. Die herausragende Rolle der Batte-riespeicher muss daher aus Sicht des BEE in der Systementwicklungsstrategie deutlich umfassender berücksichtigt werden.
Der BEE teilt die Aussage, dass der Aus- und Umbau der Energieinfrastrukturen die Transformation des Energiesystems erst möglich und vor allem auch sicherer macht. Daher ist ein resilienter und flexibler Ansatz in der Dimensionierung solcher Energieinfrastrukturen und über un-terschiedliche Erzeugungsregionen sinnvoll.
Der BEE unterstützt die Forderung der Systementwicklungsstrategie, dass die Stromübertragungsnetze in Deutschland und Europa ausgebaut werden müssen. Allerdings ist bei den hinterlegten Annahmen darauf zu achten, dass diese auch realistisch im Zeitrahmen erreicht werden können.
Wie im Zwischenbericht erwähnt, sind die Annahmen zum Ausbau der Interkonnektorenleistung (Stromaustauschkapazität zu den europäischen Ländern) innerhalb der Systementwicklungsstrategie und dem europäischen Netzentwicklungsplan (TYNDP) nicht übereinstimmend. Die Langfristszenarien als Grundlage der Systementwicklungsstrategie gehen sogar bis 2045 von einer zwei- bis zweieinhalbfach höheren Kapazität aus, als es der TYNDP bis 2035 vorsieht. Auf Deutschland bezogen bedeutet dies, dass die angestrebte Interkonnektorenleistung Deutschlands im Jahr 2035 von ca. 40 GW innerhalb der darauffolgenden 10 Jahre bis 2045 auf 80 bis 115 GW gesteigert werden müsste, um dem Rahmen der Systementwicklungsstrategie zu entsprechen. Der BEE sieht gerade vor dem Hintergrund der Erfahrungen zum Netzausbau in Deutschland solche extremen Ausbaurahmen für unrealistisch an und würde daher dringend raten, die Annahmen zwischen dem TYNDP bzw. NEP und der Systementwicklungsstrategie abzugleichen und entsprechend anzupassen.
Ähnliches gilt hierbei auch für den angenommenen Ausbau der innerdeutschen Netze innerhalb der Langfristszenarien, der gegenüber dem geplanten Ausbau bis zum Jahr 2035 ebenfalls deutlich größer angesetzt wurde. Es wurden bereits im neuen NEP Strom 2037 / 2045 Vorschläge für weitere Maßnahmen gemacht. Die Umsetzung dieser Maßnahmen sind daher auch wichtig, um die Integration des Ausbaus der Wind- und Solaranlagen sowie der neuen Stromverbraucher zu realisieren.
Der BEE sieht die Schaffung einer ausreichenden Wasserstofftransportinfrastruktur für den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft als zentrales Element an. Auch die Vernetzung im europäischen Verbund ist zielsicher und ermöglicht das Heben von Synergien und Flexibilitäten.
Die Umwidmung von bestehenden Gasleitungen hin zu Wasserstoffleitungen ist ebenfalls als sinnvoll anzusehen.
Der BEE sieht im Einklang mit dem Zwischenbericht der Systementwicklungsstrategie einen immer stärker werdenden Handlungsdruck in der Umsetzung der einzelnen Energiebereiche hin zu einem klimaneutralen Energiesystem. Dabei sieht der BEE allerdings zum Teil einen deutlich größeren Optionsraum als es der vorliegende Zwischenbericht der Systementwicklungsstrategie oder die zugrunde gelegten Langfristszenarien darstellen.
So sollte unter anderem der zum Einsatz kommende, erneuerbare Technologiemix in den einzelnen Bereichen nicht aufgrund von exogenen Annahmen zu stark eingegrenzt werden.
Zudem sieht der BEE erhebliche fachliche Bedenken bei der auf der Systementwicklungsstrategie aufbauenden Studie der Langfristszenarien. Diese Bedenken hat der BEE fachlich und wissenschaftlich in einer gesonderten Studie im September 20238 veröffentlicht. Sie umfasst neben der Kritik an der veralteten Technologiewahl vor allem auch eine Kritik am zeitlichen Verlauf der erneuerbaren Einspeisung, die deutlich abweichend zur Realität steht und auch in der Zukunft nicht in Übereinstimmung mit der Realität gebracht werden kann (siehe Kapitel 1). Daher bekräftigt der BEE nochmals seine Forderung, die Langfristszenarien zu korrigieren und zugleich die Systementwicklungsstrategie aufgrund ihrer großen Bedeutung für die Ausrichtung der Energiewende und Transformation, auf eine breitere Basis und somit mehreren Studien zu stellen.
Unter anderem im Hinblick auf die Thematik des unterstellten Stromnetzausbaus bei der Systementwicklungsstrategie, der erheblich vom geplanten Netzausbau abweicht, ist ein „robuster“ Transformationspfad, mit dem die Klimaziele sicher erreicht werden können, nicht in dem vorliegenden Zwischenbericht zur Systementwicklungsstrategie zu erkennen. An vielen Stellen im Zwischenbericht werden zwar richtige Punkte genannt, doch wie diese umgesetzt werden können, bleibt der Bericht häufig schuldig.
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1 Siehe hierzu die Veröffentlichung unter: https://www.bee-ev.de/service/publikationen-medien/bei-trag/bee-fordert-ueberarbeitung-der-bmwk-langfristszenarien
2 Siehe hierzu die Veröffentlichung unter: https://www.bee-ev.de/service/publikationen-medien/bei-trag/bee-fordert-ueberarbeitung-der-bmwk-langfristszenarien
3 Siehe hierzu die Veröffentlichung unter: https://www.klimaneutrales-stromsystem.de/
4 Siehe hierzu die Veröffentlichung unter: https://www.bee-ev.de/service/publikationen-medien/bei-trag/bee-fordert-ueberarbeitung-der-bmwk-langfristszenarien
5 Siehe hierzu: https://www.hauptstadtbuero-bioenergie.de/aktuelles/stellungnahmen
6 Siehe hierzu: https://www.lee-nrw.de/themen/wasserstoff/
7 Siehe auch unter: https://energien-speichern.de/wasserstoff-speichern-soviel-ist-sicher/
8 Siehe hierzu die Veröffentlichung unter: https://www.bee-ev.de/service/publikationen-medien/bei-trag/bee-fordert-ueberarbeitung-der-bmwk-langfristszenarien
Der Projektionsbericht 2023 der Europäischen Umweltagentur (EEA) macht deutlich, dass die europäischen Anstrengungen beim Klimaschutz nicht ausreichen…
Klarstellungs- und Änderungsbedarf bezüglich der Ausgestaltung der Prozesse im Bereich Netzentwicklungsplan (NEP) Gas und Wasserstoff
Analyse der Langfristszenarien 3 des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz