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Studie

Analyse der Langfristszenarien 3 des BMWK

12. September 2023

1. Einleitung

Mit Hilfe einer groß angelegten Szenariendarstellung hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) das Ziel, grundlegende Erkenntnisgewinne für die Energiewende in Deutschland abzuleiten. Hierzu betrachtet ein breites wissenschaftliches Konsortium an Instituten (u.a. Fraunhofer ISI, Consentec, IFEU, TU Berlin und Energy & Ressources) einzelne Pfade zur Dekarbonisierung des Energiesystems und bewertet deren techno-ökonomische Wirkung.

Wie bereits in einer vorherigen Veröffentlichung des BEE zu den Langfristszenarien aus dem Sommer 2021 beschrieben sowie in diversen Fachausschüssen des BMWK auf Grundlage der Langfristszenarien mitgeteilt, hat der BEE eindringliche fachliche Bedenken in Bezug auf die Abbildung der Erneuerbaren Energien innerhalb der Langfristszenarien. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die gefundenen Abweichungen zentrale Auswirkungen auf mehrere Ergebnisse der Langfristszenarien haben. Diese fachlichen Bedenken wurden dem BMWK und den Autoren der Langfristszenarien auch direkt in einem Zeitraum von fast 2 Jahren in mehreren Workshops bilateral vorgestellt. Dabei wurden zwar diverse vorgetragene abweichende Abbildungen der Erneuerbaren Energien zur Realität in den Langfristszenarien anerkannt (z.B. Wahl der Inputparameter Windenergie Onshore, Abbildung Wasserkraft, usw.), doch die begründete Forderung der Erneuerbaren Verbände nach einer dringenden Nachberechnung und Korrektur der Langfristszenarien aufgrund der Vielzahl von gefundenen Punkten wurde nicht umgesetzt.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Langfristszenarien (in Teilen oder in Gänze) in einer Vielzahl weiterer Studien des BMWK als Grundlage verwendet werden (u.a. der Systementwicklungsstrategie, der Plattform Klimaneutrales Stromsystem, dem Biddingzone Review, der Verteilnetze der Zukunft, usw.) und die Ergebnisse somit auch politische Entscheidungen massiv beeinflussen. Da dieser Umstand nicht haltbar ist, haben sich der BEE und seine Spartenverbände entschlossen, dieses Hintergrundpapier zu den Langfristszenarien zu erstellen, um einen Raum für eine breite öffentlich wissenschaftliche Diskussion über die zu änderne Abbildung der Erneuerbaren Energien als auch deren potenziellen Einfluss auf die Ergebnisse der Langfristszenarien zu ermöglichen.

In diesem Papier sollen daher zunächst die Annahmen bzw. die gewählten Inputdaten der Langfristszenarien entsprechend fachlich gewürdigt werden (Kapitel 3 und 4). Im Hauptteil dieses Papiers werden die Outputdaten der Langfristszenarien für die einzelnen Erneuerbaren Technologien (Kapitel 5) bewertet sowie die Analysen zur Strompreisbildung (Kapitel 6) und die Flexibilitätsansätze (Kapitel 7) der Langfristszenarien diskutiert. Den Abschluss der Arbeit bildet das Kapitel 8, in den konservativen grobe Abschätzungen zu den Abweichungen in den Langfristszenarien bei der Abbildung der Erneuerbaren Energien aus Kapitel 5 vorgenommen werden.

Die nachfolgenden Analysen basieren neben den BEE-internen Auswertungen auch auf dem Input aus den Spartenverbänden des BEE.

 

2. MANAGEMENT SUMMARY

Innerhalb dieser Arbeit wird eine detaillierte Analyse der Langfristszenarien des BMWK vorgenommen. Diese Analyse erstreckt sich von den gewählten Inputparameter über die Outputdaten über die Fragestellungen im Hinblick auf die Strompreisermittlung bis hin zur Verwendung von impliziten Flexibilitäten1.

2.1 Kurzanalyse der gewählten Inputparameter

Die gewählten Energieeffizienzen und Effizienzgewinne der Langfristszenarien sind auf Basis der Analyse der Vergangenheitswerte der letzten Jahre sehr ambitioniert. Dennoch sind diese Energieeffizienzen und Effizienzgewinne aus Klimaschutzund technischen Gründen zwingend notwendig und werden daher auch in anderen Klimastudien unterstellt. Sie zeigen somit den Zielkorridor auf.

Der Ausbaurahmen der Erneuerbaren Energien ist gegenüber den letzten Langfristszenarien aus dem Jahr 2021 deutlich angestiegen. Während im Jahr 2021 der Ausbaurahmen im TN Strom Szenario im Jahr 2050 bei nur 495 GW lag, wurde dies in den neuen Langfristszenarien im Jahr 2045 auf knapp 667 GW gesteigert (+34,5 %). Die Zuwächse kommen vor allem aus den Bereichen Photovoltaik (+139 GW) und Wind Offshore (+25 GW). Der Gesamtausbau der Erneuerbaren Energien in den Langfristszenarien und dessen Entwicklung zu vorangegangenen Studien wird seitens der Erneuerbaren Branche als positiv und notwendig bewertet, auch wenn dieser noch unterhalb dem Ausbaurahmen von 720 GW liegt, welcher in der Strommarktdesignstudie des Bundesverband Erneuerbare Energie 2021 zu Grunde gelegt wurde.

Auch in den neuen Langfristszenarien Ende 2022 ist ein schleichender „phase out“ der Bioenergie aus der Stromerzeugung unterstellt aufgrund zu geringer Biomassepotenziale. Die Annahmen zum nachhaltigen Biomassepotenzial in den Langfristszenarien sind deutlich zu gering bemessen, berücksichtigen zukünftige Entwicklungen in den Landnutzungssektoren nicht und betrachten bestimmte Biomassesortimente nicht, die für eine nachhaltige Nutzung zur Verfügung stehen. Auch steht die Nutzung von Biomasse im Umwandlungssektor nicht in Konkurrenz zur Bereitstellung von klimaneutralem CO2 für die Industrie oder zur Erzeugung von Negativemissionen zur Kompensation nicht vermeidbarer Restemissionen.

Die Inputparameter bei der Windenergie Onshore, speziell der maximalen Nabenhöhe sowie der minimalen Flächenleistung (Schwachwindanlagen), sind grundsätzlich falsch gewählt. Wie in Abb. 1 gut zu erkennen, gibt es seit 2012 Neuanlagen, die eine bessere Anlagenkonfiguration aufweisen, als es die Langfristszenarien bis einschließlich 2040 maximal vorsehen.

In den letzten zwei Jahren (2021 bis 2022) wiesen ca. 75 % der Neuanlagen eine bessere Anlagenkonfiguration aus als es die Langfristszenarien in ihren Szenarien bis einschließlich 2040 unterstellten. Die Tendenz des prozentualen Anteils der Neuanlagen mit besserer Anlagenkonfiguration ist in den kommenden Jahren weiter steigend.

Abb. 1: Darstellung des prozentualen Anteils der Neuanlagen in Deutschland seit 2012 mit einer besseren Anlagenkonfiguration als die Langfristszenarien bis einschließlich 2040 ansetzen.

Quelle: Eigene Darstellung auf Basis der Daten aus dem Marktstammdatenregister.

Zudem sind auch die Annahmen zu Abschattungseffekten in Windparks in den Langfristszenarien deutlich zu groß angesetzt und es werden technische Degradationen der Generatorleistungen unterstellt, welche um das Zwanzigfache höher liegen als in der Realität vorkommend.

2.2 Kurzanalyse der Outparameter

Trotz eines deutlich veränderten Anlagenparks in den Langfristszenarien im Wind Onshore Bereich (sowohl in Nabenhöhe, Flächenleistung als auch räumlicher Verteilung) sind die relativen stündlichen Einspeisungsverläufe der einzelnen Szenariojahre in den Langfristszenarien untereinander annähernd deckungsgleich, was sowohl für die zeitlichen als auch für die in der Höhe ausgeprägten Gradienten betrifft. Ein solches Verhalten ist aus fachlicher Sicht nicht erklärbar.

Im Wind Offshore Bereich wird zwar das im Wind Onshore fehlende erwartete veränderbare relative Einspeisungsverhalten über die Szenariojahre hinweg abgebildet, doch ist die Heuristik der Einspeisungsverläufe zum Teil gegen die Realität abgebildet. So weisen im Szenariojahr 2025 über 600 Stunden Auslastungen oberhalb von 95 % der Nennleistung auf, obwohl solch hohe Spitzenauslastungen in den letzten 8 Jahren nicht in einer einzigen Stunde vorgekommen sind. In den folgenden Szenariojahren steigen die Spitzenauslastungen im Offshore Bereich sogar auf über 800 Stunden und das trotz eines massiven Ausbaus der Windenergie Offshore und einem damit einhergehend höheren Abschattungsgrad aufgrund der Windparkdichte im Offshorebereich.

Die höchste Einzelheuristik im Wind Offshore Bereich mit über 350 Stunden weist der höchste Prozentrang von 100 % (Auslastungen von 99 % bis 100 %) aus, was rein technisch nicht möglich ist, da aufgrund der technischen Verfügbarkeit (laut den Langfristszenarien im Wind Onshore Bereich 98 %) eine solche Auslastung nicht erreicht werden kann. Aufgrund der schlechteren Erreichbarkeit im Offshorebereich liegt der Wert der technischen Verfügbarkeit in der Realität noch deutlich niedriger als im Onshore Bereich.

Im Bereich der Photovoltaik kommt es in den Langfristszenarien zu einer dynamischen Spitzenkappung, was allerdings nichts anderes als eine pauschale Abregelung bei einer Auslastung von ca. 50 % der Nennleistung (Deutschlandebene) ist. Dies führt zu mehreren Abweichungen. Neben der rechtlichen Thematik, die eine solche pauschale Abregelung auf nationaler wie auch EU-Ebene verbietet, entsteht damit auch eine konstante Einspeisung der Photovoltaik über mehrere Stunden am Tag. Die damit realisierte konstante Einspeisung, welche auch in die Simulation eingeht, stellt eine implizite Flexibilität dar, zumal es nicht erklärbar ist, wie eine solche konstante Einspeisung bei der Photovoltaikeinspeisung in Deutschland möglich wäre. Zudem kommt es zeitgleich in den Zeitfenstern der Abregelung gehäuft, im Szenariojahr 2025 sogar in über 80 % der Fälle, zu Nettoimporten Deutschlands. Das bedeutet, dass die Langfristszenarien eine der günstigsten und vor allem dezentral am Verbraucher erzeugten Strommengen aus Erneuerbare Energien abschalten um zeitgleich teuren, unter Umständen nicht grüne, Strommengen aus Nachbarländern zu importieren.

Die Wasserkrafteinspeisung, welche auch eine dargebotsabhängige Erneuerbare Energieform darstellt, wurde in den Langfristszenarien ohne Inputdaten aus Pegel- oder Wasserabflüssen simuliert, was zu einer gänzlich falschen Abbildung dieser Technologie führte. Dabei weist die Wasserkraft in 75 % bis 90 % der Zeitfenster, je nach betrachtetem Szenariojahr, keine Einspeisungsveränderung zur Vorstunde auf, was der Wasserkrafteinspeisung ein weitgehend konstantes Verhalten abbildet. Zusätzlich kommt es in den restlichen 10 % bis 25 % der Zeitfenster zu massiven Leistungssprüngen von bis zu 28 % der Nennleistung, welche mit der Wasserkraft in Deutschland, die vor allem auf Laufwasserkraftwerke beruht, technisch nicht möglich ist.

Abschließend kann gezeigt werden, dass die Wasserkrafteinspeisung, trotz gleichen Wetterjahres und gleichen Anlagenparks eine saisonale Verschiebung von über 800 GWh zwischen den Szenariojahren 2025 und 2045 aufweist. Selbst unter Ausnutzung aller Speicherkapazitäten von Wasserkraftanlagen in Deutschland wäre eine solche saisonale Verschiebung nicht möglich. Das konstante Einspeisungsverhalten der Wasserkraft über weite Teile, die hohen Leistungssprünge zwischen einzelnen Stunden sowie die saisonale Verschiebung der Wasserkrafteinspeisung stellen implizite Flexibilitäten in den Langfristszenarien dar.

2.3 Kurzanalyse zur Strompreisentstehung und Flexibilitäten

Innerhalb der Langfristszenarien kommt es in Zeiten der Photovoltaikeinspeisung zu annähernd konstanten Strompreisen. Der Hintergrund dieses Strompreisverhaltens liegt in der Berücksichtigung der abgeregelten Strommengen in der vortägigen Strompreisbildung begründet. Dies setzt voraus, dass die Abschaltungen bereits am Vortag auf Anlagenebene und auf viertelstündlicher Ebene bekannt sind. Dies ist aus mehreren Gründen kaum möglich. Zudem umgehen die Langfristszenarien mit dieser Annahme das Redispatch-Problem, welches bereits bei der heutigen Installation der EE zu erheblichen Herausforderungen führt.

In den Langfristszenarien entstehen zudem extreme Strompreise, welche mit einer linearen Verhalten der Einspeisungshöhe in der Rubrik „Andere Erzeuger“ erklärt werden konnte2. Nach der Korrektur dieser Einspeisungszeitreihe in den Langfristszenarien, aufgrund von ebenfalls gefundenen Bilanzfehlern, lässt sich keine direkt nachvollziehbare Erklärung mehr für diese extremen Strompreise finden. Weder kam es in diesen Zeitfenstern zu einer stark erhöhten H2-Gasturbinenleistung noch zu erhöhten Stromverbrauch oder erhöhtem Stromimporten.

Im Bereich der Speicherflexibilität haben die Langfristszenarien eine Sonderstellung aufgrund des Nullwachstums in diesem Bereich gegenüber allen anderen Studien. Ein Grund hierfür liegt aus Sicht des BEE unter anderem in der Verwendung einer Vielzahl von impliziten Flexibilitäten (konstante PV- und Wasserkrafteinspeisung, künstliche Leistungshubs im Wasserkraftbereich, usw.) und den damit teils einhergehenden konstanten Strompreisniveaus (u.a. in Zeiten der PV-Abregelung). Für eine detaillierte Analyse der Effekte wäre unter anderem eine Nachberechnung der Langfristszenarien ohne solche impliziten Flexibilitäten notwendig.

Im Bereich der Erzeugerflexibilität wird im Gegensatz zur Entwicklung der Flexibilität aus der Bioenergie in der Vergangenheit deutlich, dass die Langfristszenarien diese massiv unterschätzen. So kann gezeigt werden, dass bereits 2021 eine bessere Erzeugerflexibilität (basierend auf den Volllaststunden) im Biosektor erreicht werden konnte als es die Langfristszenarien im Szenariojahr 2025 vorsehen.

Zudem hat sich die Flexibilisierungsrate der Bioenergie (gemessen an den Volllaststunden) gegenüber der vorangegangenen Version der Langfristszenarien im Jahr 2021 um 33 % verschlechtert. Die Gründe dafür werden in den Langfristszenarien nicht genannt.

2.4 Kurzanalyse der Abweichungsgrößen

Diese Arbeit versucht, die sich aus den oben genannten Punkten ergebenden Abweichungen in den Langfristszenarien zu ermitteln. Dies soll nur der groben Einteilung der Größenordnungen (potenzielle Leistungsabweichung, Stundenanzahl und Abweichungsmenge) dienen und keine abschließende oder vollständige Abbildung darstellen. Die ermittelten Abweichungsgrößen wurden auf Basis der veröffentlichten Einspeisungszeitreihen auf Deutschlandebene analysiert. Für eine detailliertere Analyse wären Einspeisungszeitreihen und Inputdaten auf einer deutlich feingranulareren Ebene erforderlich, welche allerdings nicht zur Verfügung stehen.

Abb. 2: Übersicht über die ermittelten Abweichungsgrößen in den Langfristszenarien

Wie in Abb. 2 gezeigt, liegt die Abweichungsgröße der erneuerbaren Einspeisungsleistungen in den Langfristszenarien im deutlichen GW-Bereich je erneuerbarer Technologie. Zeitweise lagen diese Abweichungen / Fehler wie im Wind Onshore und im Photovoltaikbereich auch im zweistelligen GW-Bereich. Die ermittelte Abweichung erstreckten sich über mehr als 100 Stunden (Photovoltaik und Wind Offshore) bis hin zu mehreren tausend Stunden (Wind Onshore und Wasserkraft).

Wie das Kapitel 9 in der dortigen Analyse zeigt, vermutet der BEE bei den Langfristszenarien in Summe über die einzelnen3 erneuerbaren Technologien eine Abweichungshöhe von ca. 80 bis 90 TWh. Die sich aus den impliziten Flexibilitäten ergebende Abweichungsgröße kann an dieser Stelle nicht abschließend bewertet werden.

Da die gezeigten Abweichungsgrößen größtenteils die Abbildung der Erneuerbaren Energien selbst betreffen, ist davon auszugehen, dass die fehlerhaften Annahmen nicht nur auf Deutschlandebene sondern auch bei anderen betrachteten europäischen Staaten in die Langfristszenarien eingegangen sind und die hier gezeigten Fehler somit um ein Vielfaches größer sind. Dies kann auch Rückwirkungen auf die Ergebnisse in Deutschland aufgrund der stündlichen Im- und Exportmengen sowie auf die Strompreise haben.

Der BEE und die Erneuerbare Verbände fordern aufgrund der gefundenen Abweichungen in den Langfristszenarien das BMWK auf, die Langfristszenarien komplett nachzuberechnen mit Korrektur aller in dieser Kurzstudie benannten und belegten Punkte. Zudem sollten die Annahmen bzw. Ergebnisse der Langfristszenarien in der aktuellen vorliegenden Fassung ohne Korrekturen der Abweichungen in keiner weiteren Studie des BMWK Eingang finden, weder als Vergleichsstudie noch als Studiengrundlage.

 

3. ANALYSE DER LANGFRISTSZENARIEN

Die oben in Kurzform aufgeführten, sich auf die einzelnen Bereiche des Energiesystems beziehenden Kritikpunkte werden nachfolgend detaillierter dargestellt. Hierzu wird im Anschluss an eine Zusammenfassung der in den Langfristszenarien getätigten Grundaussagen zu den jeweiligen Bereichen eine Bewertung erstellt.

An dieser Stelle wird darauf hingewiesen, dass die aktuellen Veröffentlichungen keine finalen Fassungen der Langfristszenarien sind. Daher können sich noch Anpassungen ergeben.

3.1 Annahmen zu Energieeffizienzen

Die in Tab. 1 dargestellten Reduktionen im Endenergieverbrauch sollen unter anderem mit Hilfe starker Energie- und Materialeffizienzsteigerungen, der Elektrifizierung (bessere Wirkungsgrade), besserer Wärmedämmung sowie effizienterer Geräte erreicht werden.

Tab. 1: Endenergieverbrauchsänderungen bis 2050 in einzelnen Sektoren

Bewertung BEE:

Der Vergleich mit der Entwicklung der letzten Jahren zeigt, dass die in den Langfristszenarien angesetzten Effizienzgewinne sehr ambitioniert sind. Dafür wurde die Verbrauchsreduktion der verschiedenen Sektoren in den Langfristszenarien bis 2050 auf jährliche Minderungen umgerechnet. Es wurde angenommen, dass die Effizienzmaßnahmen ab 2024 umgesetzt werden, d.h. es wird der Zeitraum 2024 bis 2050 betrachtet (siehe folgende Tabelle). 2024 als Ausgangspunkt ist gerechtfertigt, weil seit 2015 alle Sektoren außer Verkehr bis 2021 auf gleichem Niveau verblieben sind und der Verkehrsrückgang coronabedingt ist. Bei den anderen Sektoren hat Corona nur den Industrieverbrauch im Jahr 2020 deutlich um rund 6 % gesenkt. 2021 ist der Industrieverbrauch dann wieder nahezu auf das Vorpandemieniveau zurückgekehrt. Sektorspezifische Daten liegen für 2022 noch nicht vor. Insgesamt ist der Verbrauch im Jahr 2022 durch die hohen Energiepreise um rund 5 % gesunken, dementsprechend groß wird der Rückgang in den Sektoren sein. Das sind aber wie die Corona-Pandemie Sondereffekte, die für eine historische Analyse außen vor gelassen werden müssen.

Tab. 2: Jährliche Veränderung der Sektorenverbräuche 2015-2019 und in den Langfristszenarien

Quelle: BMWK Energie in Zahlen

Die Auswertung des Zeitraumes 2015-2019 zeigt, dass es außer dem Gewerbe/Handel/Dienstleistungs-(GHD)-Bereich keine nennenswerte Effizienzgewinne gegeben hat (siehe folgende Tabelle und Abbildung). Der GHD-Sektor ist 2021 wieder auf das 2017-Niveau gestiegen und weist damit ebenfalls kaum Effizienzfortschritte seit 2015 auf. Deswegen sind alle Effizienzannahmen in den Langfristszenarien sehr anspruchsvoll. Das gilt neben dem starken Anstieg der Anforderung an die Gebäudehülle besonders für den GHD- und Haushaltsbereich (HH) aufgrund des teilweise größeren Stromverbrauchs (u.a. Rechenzentren, Endgeräte bis hin zur Klimatisierung). Nur die Reduktion des Endenergiebedarfs im Verkehr scheint leichter erreichbar zu sein, da durch die voranschreitende Elektrifizierung die Effizienz deutlich steigt.

Die Effizienzannahmen in den Langfristszenarien entsprechen aber den Annahmen anderer Klimaschutzstudien, z.B. der Agora Energiewende, die zum Teil noch ambitionierter sind. Insgesamt sind die in den Langfristszenarien angesetzten Effizienzoptimierungen aus Sicht des BEE sehr optimistisch. Aus Klimaschutz- und technischen Gründen sind die Verbrauchsrückgänge in den verschiedenen Sektoren aber notwendig, um z.B. im Gebäudebestand die Wärmepumpennutzung zu ermöglichen.

Abb. 3: Enticklung der Sektorenverbräuche 2010-2021

3.2 Annahmen zum Erneuerbaren Ausbau in Deutschland

Die Langfristszenarien 3 nehmen für den Ausbau der Erneuerbaren Energien in den drei Hauptszenarien ca. 250 GW im Jahr 2025 bzw. im Jahr 2045 eine Schwankungsbreite von 706 bis 746 GW an. Hierbei betonen die Studienautoren, dass mit diesen Zahlen der Ausbau der Erneuerbaren Energien an Land „extrem“ wäre und dies einer starken Ausschöpfung der Potenziale an Land in Deutschland entspräche.

Die Autoren haben den Zubau verstärkt im europäischen Rahmen gesetzt und den dafür notwendigen Netz- und Interkonnektorenausbau unterstellt (siehe unter Kapitel 1.6 „Übertragungsnetze Strom“).

Abb. 4: Übersicht Erneuerbare Erzeugungsleistung in Deutschland des TN Strom Szenarien in 2025 und 2045 der Langfristszenarien 3

Quelle: BWMK Langfristszenarien.

Bewertung BEE:

Die deutliche Leistungsanhebung gegenüber den vorangegangenen Langfristszenarien 2 aus dem Jahr 2021 beim Ausbau Erneuerbarer Energien sieht der BEE positiv. Vor dem Hintergrund des aufgrund der Sektorenkopplung erhöhten Strombedarfs innerhalb der Energiewende, den die Langfristszenarien 2 nicht abgebildet hatten, ist dies ein logischer, wenn auch überfälliger Schritt.

Es verwundert an dieser Stelle sehr, dass die Langfristszenarien 3 genau wie die Langfristszenarien 2 von einer „vollständigen Ausschöpfung“ der erneuerbaren Potentiale sprechen obwohl die aktuellen Langfristszenarien eine um fast 33 % höhere erneuerbare Nennleistung ausweisen. Daher erscheinen solche Aussage als sehr beliebig.

Auch in den Langfristszenarien 3 gibt es ein „Phase Out“ der Bioenergie im Umwandlungssektor (insb. Stromerzeugung), auch wenn deren installierte Leistung leicht angehoben wurde auf 3,1 GW. Allerdings geht diese Leistungserhöhung einher mit einer geringeren Flexibilität der Bioenergie. Während in den Langfristszenarien 2 die Bioenergie noch ca. 2.350 Volllaststunden produzierte, liegt die Prognose in den Langfristszenarien 3 bei über 3.500 Volllaststunden, was eine deutlich schlechtere flexible Fahrweise der Bioenergie unterstellt. Wie bereits in der Strommarktdesignstudie des BEE gezeigt, kann der wertvolle Rohstoff der Bioenergie viel flexibler eingesetzt werden, so dass bei der gleichen Verstromungsmenge mehr Flexibilität erzeugt werden kann.

Eine umfangreiche Verlagerung des aktuell im Umwandlungssektor genutzten Biomassepotentials in andere Sektoren erscheint unrealistisch. Ein Großteil der nachhaltig verfügbaren Biomasse fällt verstärkt dezentral an, ist in weiten Teilen sehr heterogen und nicht über weite Strecken wirtschaftlich transportierbar. Deshalb bietet sich für viele Biomassesortimente eine dezentrale Nutzung an, was insbesondere für Biogassubstrate oder holzige Sortimente aus Wald- und Landschaftspflege gilt. Die dezentrale Nutzung dieser Stoffe ist auch umweltpolitisch wichtig, da z.B. der Gärrest von Biogasanlagen wieder als klimaneutraler Dünger in der Landwirtschaft genutzt werden kann. Dies steigert die CO2-Bindung in Form von Humus sowie die Wertschöpfung auf diesen Flächen und trägt damit zur Abfederung von Konjunkturzyklen in der Landwirtschaft bei.

Aufgrund des vorgesehenen „Phase Outs“ der Bioenergie aus dem Umwandlungssektor müsste die elektrische Leistung der Bioenergie (größtenteils in Süddeutschland) zusätzlich über H2-Gasturbinen ersetzt werden, deren Inputstoff die Langfristszenarien 3 als Importbedarf darstellen bzw. über entsprechenden Ausbau der Übertragungsnetze kompensiert werden. Der BEE stellt deshalb die Sinnhaftigkeit einer solchen exogenen Annahme in Frage und verweist diesbezüglich auf die Strommarktdesignstudie des BEE, die vom Fraunhofer IEE und ISE erstellt wurde. Die Studie zeigt, dass mit ausreichender Flexibilisierung und bei gleichbleibender Stromerzeugung der Bioenergie über das Jahr hinweg nahezu vollständig auf den Neubau von reinen H2-Gasturbinen und deren zusätzlich benötigte (Netz)-Infrastruktur verzichtet werden kann.

 

4. ANNAHMEN ZU DEN INPUTDATEN ERNEUERBARER ENERGIEN

Nachfolgend sollen die Annahmen zu den Inputdaten der Erneuerbaren Energien bei den Langfristszenarien bewertet werden. Diese Betrachtung bezieht sich auf den Bereich Wind Onshore und Bioenergie.

4.1 Inputdaten Wind Onshore

In der Veröffentlichung der Langfristszenarien 3 im November 2022 stellten die Autoren die Annahmen zu den Inputdaten der Erneuerbaren Energien, hier im speziellen der Windenergie Onshore vor (siehe Abb. 5).

Abb. 5: Inputdaten Windenergie Onshore der Langfristszenarien 3

Quelle: Sensfuß et al. (2022): Langfristszenarien für die Transformation des Energiesystems in Deutschland. T45

Zusätzlich wurden von den Autoren auch die in Abb. 6 zu sehenden Angaben zu Abschattungseffekten innerhalb der Windenergie Onshore beschrieben. Hierbei sind vor allem der „Parkeffekt“ als Abschattungseffekt sowie die technische Degradation der Anlagen von besonderer Bedeutung und sollen nachfolgend näher erläutert werden.

Abb. 6: Übersicht über Parkeffekte und Verluste bei der Windenergie Onshore

Quelle: Sensfuß et al. (2022): Langfristszenarien für die Transformation des Energiesystems in Deutschland. T45

Parkeffekt:

Die Langfristszenarien gehen von einem Abschattungseffekt von 39 % aufgrund der Parkverschattung aus. Eine entsprechend frei angeströmte und nicht beeinflusste Einzelanlage würde dementsprechend einen deutlich höheren Mehrertrag erbringen.

Dieser Abschattungseffekt erscheint deutlich zu groß angenommen, da selbst heutige sehr stark verdichtete Windparks nur auf einen Parkeffekt von 80 % bis 90 % kommen und somit lediglich eine Abschattung von 10 % bis 20 % aufweisen. Eine weitere deutlich stärkere Verdichtung als heute wird hierbei von den Windgutachtern des Bundesverbands der Windenergie (BWE e.V.) nicht als realistisch angesehen, zumal der Abschattungswert in den Langfristszenarien das Mittel darstellt.

Der BEE bittet die Autoren der Langfristszenarien zu erklären, weshalb ein so starker Abschattungsgrad regional angenommen wurde. Andere Studien, welche einen ähnlichen bzw. auch deutlich größeren Zubau an Windleistung Onshore für planbar und realisierbar halten als es die Langfristszenarien sehen5, legen nahe, dass es ausreichend Standorte geben und somit die (interne und externe) Parkverschattung niedriger ausfallen sollte.

Zudem könnte auch eine einfache Vergrößerung der Abstände der Anlagen innerhalb des jeweiligen Windparks um 100 bis 200 m zu einer deutlich verringerten Abschattung und somit besseren und höheren Einspeisung der Windenergie bei gleicher installierter Nennleistung führen. Eine Verschlechterung der Akzeptanz durch eine solch kleine Vergrößerung ist aus Sicht des BEE nicht zu erwarten, da die Anlagenanzahl sich nicht erhöht und die Windfelder nur in geringem Umfang größer würden.

Technische Degradation:

Die in den Langfristszenarien angenommene Degradation von Windenergieanlagen über die Zeit von 6 % pro Dekade ist aus Sicht der Windgutachter des BWE sowie aus rein technischen Gründen nicht nachvollziehbar. Aktuell planen die Windgutachter eine Reduktion um 0,5 % für die gesamte Lebensdauer (zwei Dekaden) einer Windenergieanlage ein.

Der BEE bittet die Autoren der Langfristszenarien zu erklären, weshalb ein so hoher technische Degradationsverlust angenommen wurde, welcher an realen Anlagen so nicht gemessen worden ist. Zudem bittet der BEE die Autoren der Langfristszenarien die Gründe für die technische Degradation qualitativ und quantitativ zu benennen.

Der BEE verweist hierbei darauf, dass „Rotorblattverschmutzungen“ oder ähnliche Punkte nicht zur technischen Degradation führen, da solche Effekte durch einfache Mittel (z.B. Reinigung, usw.) verhindert werden können.

Wesentliche Parameter der Windenergie Onshore

Die Langfristszenarien 3, welche Ende 2022 vorgestellt wurden, haben zudem Aussagen zu den Grenzen von wesentlichen Parametern wie der Nabenhöhe und der Flächenleistung für die Windenergie Onshore in der Zukunft getroffen (siehe Abb. 5). Wie in Abb. 7 beschrieben, führt eine höhere Nabenhöhe in der Regel zu mehr Winddargebot und somit zu einer höheren Einspeisung, während eine möglichst geringe Flächenleistung (Rotorkreis im Verhältnis zur Nennleistung der Anlage) zu einer besseren Ausnutzung des Windertrags aufgrund der größeren Rotorfläche führt. Daher spricht man in der Windenergie hier von „Schwachwindanlagen“, wenn deren Flächenleistung eher gering ist.

Abb. 7: Übersicht über die wesentlichen Anlagenparameter Wind Onshore und ihre Wirkung

Wie in Abb. 8 gut zu erkennen bilden die Langfristszenarien mit ihren Annahmen zu den Anlagenparametern Nabenhöhe und Flächenleistung selbst den aktuellen Technologiestand nur sehr ungenügend ab. Im Jahr 2023 gab es, ähnlich wie in den Vorjahren, viele Anlagen mit teilweise fast 170 m Nabenhöhe bzw. Anlagen mit einer Flächenleistung von deutlich unterhalb von 280 W/m². Nachfolgend soll dies genauer analysiert werden.

Abb. 8: Übersicht über die reale Spannbreite (Nabenhöhe, Flächenleistung) der installierten Anlagen 1 HJ 2023 gegenüber den Annahmen der Langfristszenarien 3 bis einschließlich 2040

Bewertung BEE:

Am auffälligsten in den Annahmen der Langfristszenarien 3 im Wind Onshore Bereich ist die begrenzte Nabenhöhe von 150 m bis einschließlich des Szenariojahres 2040, da diese Nabenhöhe bereits seit mehreren Jahren überschritten wird.

In Abb. 9 sind hierzu die Nabenhöhen des Neubaus für jedes Jahr seit 2012 auf Basis der veröffentlichten Marktstammdaten in entsprechende Quantile abgebildet. Zusätzlich ist auch die maximale Nabenhöhe der Langfristszenarien 3 von 150 m (horizontale rot gestrichelte Linie) eingezeichnet.

Abb. 9: Entwicklung der Nabenhöhe von Neuanlagen seit 2012 auf Basis der Marktstammdaten

Anhand der maximal verbauten Nabenhöhe (blaue Kurve) in den jeweiligen Jahren seit 2012, wird deutlich, dass bereits seit 2017 Anlagen höhere Nabenhöhen aufweisen als es die Langfristszenarien 3 bis einschließlich 2040 annehmen. Dass dies nicht nur vereinzelte Anlagen über Deutschland verteilt sind, ist an dem 10 % Quantil (rote Kurve) zu erkennen. Hier wird gezeigt, dass mindestens 10 % aller jährlichen Neuanlagen seit 2019 eine Nabenhöhe über 150 m haben.

Zusätzlich ist zu erkennen, dass die mittlere Nabenhöhe (gelbe und graue Linie) seit über 10 Jahren in einem linearen Rahmen mit ca. 2 m/a steigt. Dies wurde einmal für alle Neuanlagen dargestellt (graue Linie) und einmal für alle Anlagen außerhalb Schleswig-Holsteins (gelbe Linie).

Diese Unterscheidung ist wichtig, da Schleswig-Holstein aufgrund der sehr guten Windverhältnisse in dieser Kurzstudie zur Vereinfachung in die IEC Klasse 2 eingeordnet wird, während alle anderen Bundesländer Deutschlands der IEC Klasse 3 zugeordnet wurden und diese Standorte nach Abb. 5 der Langfristszenarien eine geringere maximale Nabenhöhe besitzen.

Hierbei ist zu erkennen, dass die mittlere Nabenhöhe von Anlagen außerhalb Schleswig-Holsteins (gelbe Linie) bereits 2022 knapp unterhalb der maximalen Nabenhöhe der Langfristszenarien bis einschließlich 2040 liegt. Auch wenn potenziell der weitere lineare Anstieg der Nabenhöhe abflachen sollte, so ist dennoch zu erwarten, dass ab 2025 bereits jede zweite Windenergieanlage in diesen Gebieten die maximale Nabenhöhe der Langfristszenarien überschreitet.

In Abb. 10 ist die Entwicklung der Flächenleistung von Neuanlagen in Schleswig-Holstein abgebildet (sowohl als 50 % Quantil (blaue Linie) als auch das 10 % Quantil (gelbe Linie). Zusätzlich wurde der graue Bereich eingefärbt, der den Annahmen der Langfristszenarien 3 für Standorte der Windklasse IEC 2 entspricht. Hier ist deutlich zu erkennen, dass bereits seit 2014 die mittlere Flächenleistung von Neuanlagen in Schleswig-Holstein niedriger ist als die Annahmen der Langfristszenarien 3 bis einschließlich 2040 vorsehen. 10 % der jeweils jährlich neugebauten Anlagen mit den niedrigsten Flächenleistungen (siehe 10 % Quantil, gelbe Linie) haben sogar seit mehr als 10 Jahren Flächenleistungen, welche deutlich unterhalb der „optimalen“ Annahmen der Langfristszenarien 3 bis einschließlich 2040 für Neubauten liegen.

Abb. 10: Entwicklung der Flächenleistung von Neuanlagen in Schleswig-Holstein seit 2012 auf Basis der Marktstammdaten

Ein ähnliches Bild ergibt auch die Auswertung aller anderen deutschen Bundesländer (siehe Abb. 11). Auch hier liegt das 50 %-Quantil (50 % aller Neuanlagen, blaue Linie) seit 2016 am unteren Ende der von den Langfristszenarien 3 bis 2040 vorgesehenen optimalen Flächenleistung für neugebaute Anlagen. Die 10 % jährlichen Neuanlagen mit den niedrigsten Flächenleistungen (gelbe Linie) liegen seit 2013 deutlich unterhalb der „optimalen“ Auslegung der Langfristszenarien 3 bis einschließlich 2040 von 280 W/m².

Abb. 11: Entwicklung der Flächenleistung von Neuanlagen außerhalb von Schleswig-Holstein seit 2012 auf Basis der Marktstammdaten

Wie bereits in Abb. 9, Abb. 10 und Abb. 11 zu erkennen, sind die begrenzenden Annahmen zur Nabenhöhe sowie zur Flächenleistung der Langfristszenarien 3 bereits in den letzten 10 Jahren deutlich überschritten worden.

Um dies in einer Grafik zu verdeutlichen und somit auch zusammenzuführen, ist in Abb. 12 der prozentuale Anteil des jährlichen Neuzubaus dargestellt, welcher eine bessere Anlagenkonfiguration (max. Nabenhöhe, min. Flächenleistung) besitzt als es die Langfristszenarien 3 bis einschließlich des Jahres 2040 sehen. Aus dieser Grafik lassen sich vier wesentliche Erkenntnisse ableiten:

  1. Im Jahr 2012 gab es bereits Neuanlagen, welche eine bessere Anlagenkonfiguration ausweisen als es die Langfristszenarien 3 bis einschließlich des Jahres 2040 sehen
  2. Seit 2012 steigt der prozentuale Anteil an Neuanlagen mit einer besseren Anlagenkonfiguration als es die Langfristszenarien 3 bis einschließlich des Jahres 2040 sehen linear an.
  3. Allein in den letzten zwei Jahren (2021 bis 2022) wiesen 75 % aller Anlagen eine bessere Anlagenkonfiguration auf.
  4. Auf Basis der bereits gemeldeten, aber erst noch zu bauenden Anlagen in den Marktstammdaten kann gezeigt werden, dass dieser prozentuale Anteil weiter steigen wird.

Abb. 12: Darstellung des prozentualen Anteils der Neuanlagen in Deutschland seit 2012 mit einer besseren Anlagenkonfiguration als die Langfristszenarien bis einschließlich 2040 ansetzen

Quelle: Eigene Darstellung auf Basis der Daten aus dem Marktstammdatenregister.

Auf Basis der vorhergehenden Analyse auf Basis der Marktstammdaten kann gezeigt werden, dass die gewählten Inputparameter der Langfristszenarien 3 bereits in der Vergangenheit überholt wurden.

Der BEE bittet die Autoren der Langfristszenarien zu erklären, wie die extremen Abweichungen zwischen dem aktuellen Technologiestand im Wind Onshore Bereich und den Annahmen der Langfristszenarien zustande kamen. Der BEE und seine Spartenverbände sehen hier dringenden Anpassungsbedarf, um realistische Ergebnisse in den Langfristszenarien 3 zu erhalten.

4.2 Inputdaten Biomasse

Im den nachfolgenden Unterkapiteln sollen die Inputdaten der Biomasse in den Langfristszenarien untersucht und bewertet werden.

4.2 1 Ableitung des Biomassepotentials

Die Langfristszenarien nehmen einen Rückgang des Biomassepotentials an, weil davon ausgegangen wird, dass die landwirtschaftlich zur Verfügung stehende Fläche zurückgehen wird und die Senkenfunktion des Waldes zunehmen wird, um die im Klimaschutzgesetz vereinbarten Senkenziele zu erreichen, so dass weniger Biomasse für die stoffliche und/oder energetische Nutzung entnommen bzw. angebaut werden kann.

Abb. 13: Übersicht über die Entwicklung der Biomassepotenziale in Deutschland der Langfristszenarien

Quelle: BMWK (2022): Langfristszenarien 3, T45, Webinar zum Energieangebot / Umwandlungssektor.

Bewertung des BEE:

Nach Ansicht des BEE unterliegen die Annahmen zu den Biomassepotentialen grundsätzlichen Fehlern und berücksichtigen zukünftige Entwicklungen in den Landnutzungssektoren nicht. So sind die Grundannahmen zur Landwirtschaft unvollständig und aus den aufgeführten Annahmen werden nicht die richtigen Schlüsse gezogen. Eine Reduktion des Fleischkonsums um 33 % impliziert z.B., dass bislang als Futter genutzte Grünlandflächen alternative Verwertungsmöglichkeiten des Aufwuchses (in Form einer energetischen Nutzung) benötigen, um den aus Umweltsicht erstrebenswerten Erhalt und Pflege der Grünlandflächen zu gewährleisten.

Die Wiedervernässung eines Großteils der aktuell knapp 1,2 Mio. ha trockengelegter und landwirtschaftlich genutzter Moorflächen wird ebenfalls alternative Verwertungsmöglichkeiten erfordern. Dazu gehören neben PV-Flächen und einer stofflichen Verwertung der Aufwüchse (Paludikulturen wie Schilf, Seggen, Binsen, Weiden, usw.) auch die energetische Biomassenutzung, da aufgrund der betroffenen Flächenkulissen von einer Vielzahl an unterschiedlichen Nutzungsformen auszugehen ist. Hinzu kommen vermehrt Flächen in der Landwirtschaft, die anstatt z.B. dem Anbau von Nahrungs- und Futtermitteln oder Energiepflanzen zu Naturschutz- und Biodiversitätszwecken dienen werden und deren Aufwuchs einer Abfuhr und sinnvollen Verwertung bedarf.

Entsprechend ist der im Langfristszenario 3 für die Landwirtschaft angenommene Flächenrückgang für die energetische Biomassenutzung von aktuell 2,45 Mio. ha auf 0,7 Mio. ha nicht nachvollziehbar. Vielmehr wird es innerhalb der landwirtschaftlich genutzten Flächen zu einer Verschiebung der Flächennutzung kommen. Die Abschätzung des Bundesverbandes Bioenergie (BBE) / Hauptstadtbüros Bioenergie (HBB)6 geht von einem Rückgang der für Bioenergie genutzten Ackerfläche aus, sieht aber Zuwächse z.B. im Bereich der energetischen Grünlandverwertung, des Aufwuchses von wiedervernässten Moor- und Biodiversitätsflächen, so dass insgesamt die energetisch verwertbare landwirtschaftliche Fläche in der Hauptnutzung etwa konstant bleibt und zusätzliche Potentiale aus der Nebennutzung (z.B. Zweitkulturen, Agroforst) unter dem Gesichtspunkt der Co-Benefits für Umwelt- und Naturschutz hinzukommen werden (siehe Tab. 3).

Mit Blick auf den Bedarf an nachwachsenden Rohstoffen für die Bioökonomie ist die im Langfristszenario angenommene Fläche für die stoffliche Nutzung (0,28 Mio. ha, entsprechend der heutigen Flächennutzung) ebenfalls als nicht realistisch zu bewerten. Ebenfalls zu hinterfragen ist die Annahme der Langfristszenarien bezüglich einer Flächensuffizienz in 2045. Auch wenn Biomasseimporte (politisch gewollt) für die Energieversorgung keine Rolle spielen sollen, ist die Annahme in Anbetracht einer sich stetig weiterentwickelnden Weltwirtschaft und Handels zu hinterfragen.

Tab. 3: Abschätzung der Bioenergie/Biomassepotentials nach HBB und BBE

Quelle: Schätzung des Bundesverband Bioenergie, Sept. 2022, auf Basis FNR/BMEL „Anbauflächen Nachwachsender Rohstoffe nach Kulturarten“

Im Bereich der Forstwirtschaft werden ebenfalls unrealistische Grundannahmen getroffen: Die Treibhausgassenkenziele für den Bereich Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF) des Bundesklimaschutzgesetzes (KSG) sind nicht wissenschaftsbasiert, sondern politisch festgelegt. Aus Zielen, die nicht auf der Basis von wissenschaftlichen Erkenntnissen festgelegt wurden, können folglich keine Annahmen zu Biomassepotentialen abgeleitet werden.

Nach dem Projektionsbericht 2019 der Bundesregierung (erstellt vom Thünen-Institut für den Bereich LULUCF) sind in 2030 Emissionen in Höhe von ca. 22 Mio. t CO2 im LULUCF-Bereich zu erwarten (siehe Abb. 14), im Gegensatz zum Ziel des Klimaschutzgesetzes (KSG) von einer Senke in Höhe von 25 Mio. t CO2 (Zielerfüllungslücke ca. 47 Mio. t CO2).

Abb. 14: Projizierte Entwicklung der THG-Emissionen und Senken im LULUCF-Sektor:

Quelle: Projektionsbericht 2021 für Deutschland, S. 308.7

Die Gründe dafür liegen in relativ stabilen, da kurzfristig schwierig zu mindernden Emissionen aus trockengelegten Moorflächen sowie einem Rückgang der Senkenleistung des Waldes, v.a. aufgrund der Altersstruktur der Bäume, deren CO2-Bindungsleistung mit dem Alter nachlässt. Infolgedessen sinkt die Treibhausgasbindung des Waldes. Erschwerend kommen Dürre- und Kalamitätsereignisse hinzu, die eine Zielerreichung noch unrealistischer werden lassen, als ohnehin projiziert.

Der wissenschaftliche Beirat für Waldpolitik des Bundesministeriums für Landwirtschaft und Ernährung (BMEL) hat bereits 2021 in seinem Gutachten zum Klimaschutzgesetz vor den unrealistisch gesetzten Zielen für die CO2-Bindung im LULUCF-Sektor gewarnt.8 Die Grundannahmen sollten auf einer realistischen Abschätzung und nicht einem politisch gewünschten Idealbild beruhen. So ist z.B. im Forstbereich durch die Notwendigkeit des Waldumbaus zur Klimaanpassung der Wälder und dem dadurch anfallenden Durchforstungs- und Pflegematerial von einem zunehmenden Potential auszugehen, ebenfalls aufgrund des Ausbaus der stofflichen Holznutzung, deren Rest- und Nebenstoffe sowie Althölzer am Ende der Nutzungsdauer energetisch verwertet werden können. Entsprechend sind die holzigen Biomassepotentiale höher als in den Langfristszenarien 3 angenommen.

Neben den angesprochenen Kritikpunkten zur festen Biomasse ist insbesondere bei den landwirtschaftlichen Biomassepotential zu kritisieren, dass in den Potenzialannahmen der Langfristszenarien zudem eine Reihe von nachhaltigen Biomassesortimenten fehlt.

Zu diesen Stoffen gehören insbesondere:

» Zwischenfrüchte/Zweitkulturen (z.B. Kleegras): Diese Kulturen nehmen keine zusätzliche Ackerfläche in Anspruch, weshalb sie ohne Zielkonflikte in landwirtschaftliche Produktionsprozesse integrierbar sind. Das Potenzial von Zwischenfrüchten und Zweitkulturen steigt bei Verkürzung der Vegetationsperiode, die im Rahmen des Klimawandels zu erwarten ist, und bei einem verstärktem Ökolandbau. Die Bioenergieverbände setzen in ihrer Potenzialanalyse und in Abstimmung mit dem Deutschen Bauernverband e.V. (DBV) für 2045 den Anbau von Zweitkulturen/Zwischenfrüchten auf einer Ackerfläche von 800.000 ha an, die für die Produktion von 16 TWh Biogas/Biomethan genutzt werden kann.9

» Aufwuchs von Dauergrünland: Unter der Annahme des Rückgangs der Viehhaltung, der auch in den Langfristszenarien angenommen wird, kann davon ausgegangen werden, dass Grünland frei werden wird, dass nicht mehr für die Produktion von Futtermittel genutzt werden muss, aus Klimaschutzgründen aber nicht zu Ackerland umgebrochen werden darf. Der Aufwuchs muss geerntet werden, um einer Verbuschung der Landschaft vorzubeugen, steht aber aufgrund der geringen Energiedichte nicht für längere Transporte zur Verfügung. Die Bioenergieverbände setzen in ihrer Potenzialanalyse und in Abstimmung mit dem DBV für 2045 eine Dauergrünlandfläche von 750.000 ha an, deren Aufwuchs für die Produktion von 14 TWh Biogas/Biomethan zur Verfügung steht. In einer Studie von Guidehouse-Economics zum Biogas-/Biomethanpotenzial in Europa10 wird für Deutschland sogar ein Potenzial von 23 TWh Biogas/ Biomethan aus dem Aufwuchs von Dauergrünland angegeben.

» Aufwuchs von Biodiversitätsflächen: Im Rahmen der Ökologisierung der Landwirtschaft können Flächen mit Blühpflanzen angelegt werden, die Wildtieren als Rückzugsraum dienen. Um die Biodiversität zu erhalten und einer Verbuschung der Landwirtschaft vorzubeugen, muss der Aufwuchs ohnehin mind. einmal jährlich gemulcht werden. Alternativ steht dieser nach dem Abblühen einer dezentralen Nutzung in Biogasanlagen zur Verfügung, ohne die ökologischen Vorteile der Flächen zu beeinträchtigen. Die Bioenergieverbände setzen in Abstimmung mit dem DBV für 2045 600.000 ha Blühflächen an, deren Aufwuchs für die Produktion von 7 TWh Biogas/Biomethan zur Verfügung steht.

Allein durch die Berücksichtigung von Zwischenfrüchten/Zweitkulturen sowie des Aufwuchses von Dauergrünland und Biodiversitätsflächen ergeben sich signifikante zusätzliche Biomassepotenziale, die unserer Ansicht nach im Bereich von 44-53 TWh angesetzt werden können.

Insgesamt gehen die Bioenergieverbände bis 2030 von einem nachhaltigen Bioenergiepotenzial von rund 420 TWh (ggü. ca. 240 TWh in den Langfristszenarien), bei einer gleichbleibenden nichtenergetischen Nutzung von nichtforstwirtschaftlichen Reststoffen und moderat steigender stofflicher Holznutzung. Bei einer aktuellen Bioenergienutzung von ca. 260 TWh ist damit sogar noch ein deutlicher Zuwachs möglich.11

4.2.2 Phase Out der Biomasse aus der Stromerzeugung und Wärmenetzen

In den Langfristszenarien wird ein Phase-Out für die Biomasse aus der bisherigen Nutzung zur Strom- und Wärmeerzeugung in dezentralen Anlagen (Biogasanlagen, Holzheizwerke etc.) vorgenommen, weitgehend zur Steigerung der stofflichen Nutzung der chemischen Industrie, in der Zement- und Kalkherstellung sowie der industriellen Prozesswärme.

BEE-Bewertung:

Der BEE hält ein umfassendes Phase-Out der Bioenergie aus der Strom- und Wärmeerzeugung für nichtrealistisch und umwelt- sowie klimapolitisch kontraproduktiv.

Erstens: Viele Biomassesortimente eignen sich aus technischer, wirtschaftlicher sowie umwelt- und klimapolitischer Sicht am besten für den Einsatz in dezentralen KWK-Anlagen oder Heizwerken und nicht für den Einsatz in wenigen zentralen großtechnischen Produktionsanlagen wie sie in der chemischen Industrie sowie in der Kalk- und Zementherstellung üblich sind. Dabei handelt es sich insbesondere um:

» Biomassesortimente, die dezentral anfallen und aufgrund ihrer geringen Energiedichte nicht über weite Strecken transportierbar sind. Dazu gehören neben Gülle, Bioabfällen und Ernteresten, die auch in den Langfristszenarien für eine dezentrale Nutzung in Biogasanlagen vorgesehen sind, auch die oben beschriebenen Zwischenfrüchte/Zweitkulturen, der Aufwuchs von Dauergrünland, Blühflächen und wiedervernässten Mooren. Auch Rest- und Schadhölzer sowie Stroh sind nicht über weite Strecken wirtschaftlich transportierbar. Ihre Nutzbarkeit für die Industrie hängt also stark von den lokalen Gegebenheiten ab.

» Weiterhin sollten alle Biomassesortimente aus dem landwirtschaftlichen Segment sowie aus Bioabfällen aus ökonomischen Gründen sowie Gründen des Umweltschutzes wieder in die Landwirtschaft zurückgeführt werden. Der Gärrest aus Biogasanlagen ist als klimaneutraler Dünger bzw. für den Aufbau von Humus und damit der CO2-Bindung im Boden zentraler Bestandteil der Landwirtschaft, insbesondere in einer klimaneutralen Volkswirtschaft. Es ist nicht zu sehen, wie Nährstoffe von dezentral anfallender Biomasse auf den Acker zurückgeführt werden kann, wenn die Biomasse in zentralen großtechnischen Anlagen der chemischen Industrie oder in der Kalk- und Zementherstellung eingesetzt wird.

Unterstellt man die in den Langfristszenarien angenommenen Potenziale für Biogas aus Rest- und Abfallstoffen (53 TWh) und Stroh (44 TWh)12 sowie die oben beschriebenen Potenziale des Aufwuchses von Dauergrünland (14 TWh) und Biodiversitätsflächen (7 TWh) sowie Zwischenfrüchten (16 TWh) dann ergibt sich ein Minimum von ca. 134 TWh Biomasse, die am besten dezentral und nicht in großtechnischen Anlagen zu verwerten ist. Dazu kommen:

» Energiepflanzen als Co-Substrat für die Biogas/Biomethan-Erzeugung werden: Der Gärprozess und damit die Wirtschaftlichkeit von güllevergärenden Anlagen kann durch die Co-Vergärung von geringen Mengen an Energiepflanzen deutlich verbessert werden. Auch der Gesetzgeber erkennt dies an und ermöglicht mit §44 EEG 2023 den Einsatz von bis zu 20 Masseprozent Energiepflanzen in sogenannten „Güllekleinanlagen“. Dezentral anfallenden Gülle- und Mistmengen, die nicht besonders transportwürdig sind, können so sinnvoll erfasst werden, da eine wirtschaftliche Anlagengröße erreicht werden kann. Als Nebeneffekt lässt sich durch diese Verwendungsmöglichkeit eine kleinstrukturierte Landwirtschaft fördern. In der Studie „Klimaneutrales Deutschland 2045“ von Agora Energiewende et al. werden für die Erschließung der Güllepotenziale 8 TWh Biogas aus Energiepflanzen unterstellt.13

» Alle Mengen an Rest- und Schadhölzern sowie Paludikulturen, die nicht nahe genug an den zentralen Industriestandorten anfallen, um sie wirtschaftlich dahin transportieren zu können.

Zweitens: Die Nutzung von Biomasse für die Strom- und Wärmeerzeugung in dezentralen Biogasanlagen oder Holzheiz(kraft)werken ist Stand der Technik und trifft auf hohe soziale Akzeptanz.

Drittens: Die Nutzung von Biomasse im Umwandlungssektor steht nicht in Konkurrenz zur Bereitstellung von klimaneutralem CO2 oder zur Erzeugung von Negativemissionen.

Die Nutzung des bei der Biomethanaufbereitung abgeschiedenen CO2 ist längst Stand der Technik und wird bereits praktiziert, ebenso bietet die Abscheidung von CO2 aus dem Abgasstrom von Heizwerken die Möglichkeit, grünes CO2 für die Verwendung in chemischen Prozessen oder zur dauerhaften Speicherung zur Verfügung zu stellen.

Eine Begründung für ein Phase-Out von Biomasse ist gelegentlich, anstatt einer energetischen Nutzung – für die auch Wasserstoff in Frage kommt – müsse der in der Biomasse gebundene Kohlenstoff für Produktionsprozesse wie z.B. für synthetische Kohlenwasserstoffe genutzt oder zur Erzeugung von Negativemissionen dauerhaft gespeichert werden.

Der BEE sieht auch dies als kein überzeugendes Argument für das weitgehende Phase-Out von Biomasse im Umwandlungssektor an, da die Nutzung von Biomasse zur Strom- und Wärmeerzeugung nicht grundsätzlich in Konkurrenz zur Nutzung des biogenen CO2s für Produktionsprozesse oder eine dauerhafte Speicherung steht. So ist beispielsweise die Nutzung des bei der Biogasaufbereitung oder bei Heizkraftwerken abgeschiedenen CO2s, z.B. in der Industrie, zur Produktion synthetischer Kraftstoffe oder zur Bereitstellung von Negativemissionen Stand der Technik und wird von mehreren Anlagen bereits wirtschaftlich umgesetzt, ohne dass dies die energetische Nutzung der Biomasse beeinträchtigt.14

Fazit: Unter Berücksichtigung der obigen Überlegungen sollten die Annahmen in den Langfristszenarien für das nachhaltige Biomassepotenzial im Allgemeinen, aber im Speziellen für die angenommene Nutzung von Biomasse im Umwandlungssektor grundsätzlich überarbeitet werden. Ein weitgehendes Phase-Out von Biomasse im Umwandlungssektor ist angesichts der zur Verfügung stehenden Biomassepotenziale weder realistisch noch klima- oder umweltpolitisch sinnvoll und notwendig.

 

5. OUTPUTDATEN ERNEUERBARER ENERGIEN

In diesem Kapitel werden die Outputdaten (Einspeisungsverläufe) der Erneuerbaren Energien in den Langfristszenarien qualitativ sowie quantitativ analysiert und etwaige zu hinterfragende Ergebnisse deutlich gemacht. Um auf die einzelnen Technologien zu fokussieren, werden diese getrennt im jeweiligen Unterkapitel betrachtet.

5.1 Windenergie Onshore

Die Windenergie Onshore ist eine fluktuierend einspeisende erneuerbare Energieform, welche allerdings einer engen Häufigkeitsverteilung (Heuristik) über das Jahr folgt. Diese enge Heuristik ist in Abb. 15 in gestrichelten Linien (blau und gelb) seit 2015 als Minimum und Maximum jeder einzelnen Klassenbreite (1 % der Windeinspeisungsleistung) dargestellt.

Die Einspeisungsverläufe der Windenergie Onshore in den einzelnen Szenariojahren der Langfristszenarien wurde zur Darstellung im Diagramm mit der jeweiligen Nennleistung des Szenariojahres relativiert (feste Linien) um die relativen Windeinspeisung zur Nennleistung zu erhalten.

Abb. 15: Windeinspeisungsheuristik Windenergie Onshore 2012 bis 2022 und Langfristszenarien 3

Die Auswertung zeigt 3 wesentliche Erkenntnisse:

  1. Die Langfristszenarien folgen über weiten Teilen der Heuristik, wobei sich diese im niedrigen Einspeisungssegment (relative Windeinspeisung < 15 % der Nennleistung)leicht reduziert gegenüber dem Minimum ausprägt, während sie sich im Segment zwischen 40 % bis 80 % der Nennleistung leicht erhöht darstellt. Dieses Verhalten ist erwartungsgemäß auf den Einsatz von stärkeren Schwachwindanlagen zurückzuführen.
  2. Die einzelnen Szenariojahre zeigen eine sehr ähnliche Heuristik auf. Dieses Verhalten ist nicht zu erwarten und stark erklärungsbedürftig. Zwar basieren alle Szenariojahre auf dem gleichen Wetterjahr, doch ist der Anlagenpark 202515 (mittlere Nabenhöhe = 102,8 m, Flächenleistung = 365 W/m²) deutlich anders ausgeprägt als der Anlagenpark 204516 (mittlere Nabenhöhe = 150 m, Flächenleistung = 280 W/m²). Zudem kommt es mit dem Flächenziel von etwa 2 % der Landesfläche pro Bundesland (siehe Wind an Land Gesetz 2021) zu einer räumlich deutlich größer ausgeprägten Windinstallation über Deutschland. All diese Punkte sollten sich über die einzelnen Szenariojahre der Langfristszenarien zu einer deutlich anderen Heuristik ausprägen.
  3. Der Peak im hinteren Segment bei ca. 80 % der Nennleistung entspricht nicht der Heuristik des Einspeisungsverlaufs in der Vergangenheit. Da er fast in allen Szenariojahren an der gleichen Klassenbreite auftritt, vermutet der BEE, dass es sich hierbei um eine „Spitzenkappung“ handelt. Die Abbildung einer solch pauschalen Spitzenkappung, fast unabhängig von den realen netztechnischen Gegebenheiten, spiegelt hierbei aber weder den Vorrang Erneuerbarer Einspeisung wider, noch dem logischen Punkt des „Nutzen statt Abregeln“, gerade da es sich hierbei um eine der kostengünstigsten erneuerbaren Strommengen handelt.

Aufgrund obiger heuristischer Analyse der Einspeisungsverläufe im Windenergie Onshore Bereich der Langfristszenarien und der sich daraus ergebenden erklärungsbedürftigen Aspekte werden im Nachfolgenden die Einspeisungsverläufe der Szenariojahre 2025 (graue Linie) und 2045 (dunkelblaue Linie) in Abb. 16 dargestellt. Zur besseren Übersichtlichkeit wurden hierfür 60 Tage (2 Kalendermonate) ausgewählt, welche sowohl Schwachwindzeiten als auch Starkwindzeiten aufweisen.

Aufgrund des deutlich anderen Anlagenparks, welcher im Szenariojahr 2045 besser im Schwachwindbereich agieren sollte als im Szenariojahr 2025 und den deutlich höheren Nabenhöhen im Szenariojahr mit entsprechend höheren Windgeschwindigkeiten sowie der räumlich deutlich weiter ausgeprägten Windinstallation über Deutschland sollten sich die relativen Einspeisungsverläufe der beiden Szenariojahren deutlich unterscheiden.

Wie in Abb. 16 zu sehen, sind die beiden relativen Einspeisungszeitreihen in beiden Szenariojahre allerdings größtenteils fast deckungsgleich, und dies sowohl für Schwach- als auch für Starkwindzeiten sowie in den Gradienten (kaum zeitliche Verschiebung).

Abb. 16: Vergleich der relativen Einspeisungsverläufe der Szenariojahre 2025 vs. 2045 der Langfristszenarien 3

Um auszuschließen, dass es sich hierbei nur um einen zufälligen Effekt innerhalb dieser 60 Tage handelt, wurden in Abb. 16 das jeweilige gesamte Szenariojahr zwischen 2025 und 2045 stündlich verglichen.

Aus Abb. 17 geht hervor, dass in ca. 40 % aller Zeitfenster die Abweichung unter 1 % der Nennleistung, also im Promillebereich, liegt. Zudem weisen über 92 % aller Zeitfenster eine Abweichung von weniger als 5 % zur Nennleistung auf. Somit bestätigt sich die Annahme, dass beide Szenariojahre sehr ähnliche relative Einspeisungsverläufe besitzen.

Dieses gefundene ähnliche relative Einspeisungsverhalten der Windenergie (Onshore) der Szenariojahre 2025 und 2045 ist stark erklärungsbedürftig, da sich der Anlagenpark in den Szenariojahren deutlich voneinander unterscheidet.

Ist im Szenariojahr 2025 der Anlagenpark noch durch eine mittlere Nabenhöhe von 102 m und einer Flächenleistung von 365 W/m² geprägt, so hat der Anlagenpark 2045 in den Langfristszenarien eine deutliche höhere Nabenhöhe von ca. 150 m und besitzt mit einer mittleren Flächenleistung von ca. 280 W/m² eine deutlich stärker ausgeprägte Schwachwindanlagendynamik.

Abb. 17: Abweichung Einspeisungsverläufe Wind Onshore 2025 vs. 2045 in den Langfristszenarien 3

Allein der Einsatz von Schwachwindanlagen führt entlang der Leistungskennlinie in einzelnen Windgeschwindigkeitsbereichen zu teilweise über 20 % höherer relativer Einspeisung (im Bezug zur Nennleistung) bei gleicher Windgeschwindigkeit (siehe Abb. 18). Zusätzlich steigt die Stromerzeugung durch die höheren Windgeschwindigkeit aufgrund der höhere Nabenhöhen.

Zwar nehmen bei den Langfristszenarien auch die Abschattungsverluste auf bis zu 39 % im Jahr 2045 zu, was zu einer Reduktion der Einspeisung führt, doch kann dies aus den vier nachfolgend genannten, offensichtlichen Gründen nicht der Hauptgrund für das obige fast deckungsgleiche Einspeisungsverhalten zwischen den Szenariojahren 2025 und 2045 sein.

1. Abhängigkeit der Abschattung mit der Windgeschwindigkeit

Damit es zu einem solchen sehr ähnlichem Einspeisungsverhalten kommen kann, müsste der Abschattungseffekt stets fast genau die sich ergebende Mehreinspeisung, welche sich aus höheren Windgeschwindigkeit (aufgrund höherer Nabenhöhe) und dem Einsatz von Schwachwindanlagen ergibt, ausgleichen.

In Abb. 18 sind hierbei die zwei Leistungskennlinie einer 362 W/m² Anlage und einer 280 W/m² abgetragen (Linien, abgelesen an der linken Abszisse) und der sich daraus pro Windgeschwindigkeit ergebenden Mehreinspeisung der 280 W/m² Anlage (Balken, abgelesen an der rechten Abszisse) gegenüber der 362 W/m² Anlage.

Es ist gut zu erkennen, dass sich die Mehreinspeisung deutlich über den Windbereich zwischen 3 bis 12 m/s verändert, so dass auch der dafür benötigte Abschattungsfaktor sich so verhalten müsste. Er müsste zwischen 3 bis 9 m/s immer größer werden und sich dann von 9 bis 12 m/s wieder reduzieren auf einen Wert von annähernd null, damit wie in Abb. 16 die Einspeisungskurven des Szenariojahres 2025 ggü. 2045 annähernd deckungsgleich werden.

Es existiert zwar mit dem Leistungsbeiwert (CP-Wert) ein mit der Windgeschwindigkeit veränderlicher Wirkungsgrad, doch erklärt dieser nicht die in Abb. 18 gesehene Differenz. Der Verschattungsfaktor müsste zudem nach 12,5 m/s bei „0“ liegen, da beide verglichenen Anlagentypen ihre Nennleistung ab diesem Punkt erreichen und somit keine relative Mehreinspeisung der Schwachwindanlage (280 W/m²) ggü. der Normalwindanlagen (362 W/m²) entsteht. Der Leistungsbeiwert (CP-Wert) verändert sich aber deutlich auch noch nach 13 m/s.

Abb. 18: Leistungskennlinienvergleich 2025 vs. 2045 und die sich ergebende rel. Mehreinspeisung

2. Alle Szenariojahre sind fast deckungsgleich

Wie bereits Abb. 16 vermuten lässt, sind nicht nur die Szenariojahre 2025 und 2045 fast deckungsgleich, sondern alle relativen Einspeisungsverläufe Wind Onshore der Szenariojahre 2025 bis 2045 in den Langfristszenarien 3. Da sich auch in den Jahren 2030 bis 2040 die Anlagenparks in Nabenhöhe und Flächenleistung anders darstellen als es in 2045 der Fall ist, müsste sich hierbei, ähnlich wie in der Betrachtung 2025 vs. 2045, die sich ergebende Mehreinspeisung fast vollständig in jeder Stunde neutralisieren.

3. Windabschattungen sind Windrichtungsabhängig

Der offensichtlichste Grund, weshalb die Windabschattung nicht für den fast deckungsgleichen relativen Einspeisungsverlauf der Szenariojahre 2025 und 2045 der Langfristszenarien 3 hauptverantwortlich sein kann, liegt in dem Fakt, dass Windabschattungseffekte windrichtungsabhängig sind. Windparks werden so gebaut, dass sie in der Hauptwindrichtung den geringsten Abschattungseffekt aufweisen, während sie in anderen Windrichtungen deutlich höhere Abschattungseffekte haben. Somit müsste es im Jahresverlauf mehrere Zeitfenster geben, in denen die Mehreinspeisung aus dem Szenariojahr 2045 vom Abschattungsfaktor überkompensiert bzw. unterdeckt werden würde und es somit zu einem abweichenden Verhalten kommen müsste.

4. Andere Standorte führen zu zeitlich versetzten Einspeisungsverhalten

Die Bundesregierung hat mit dem Wind-an-Land-Gesetz ein Flächenziel von etwa 2 % pro Bundesland gesetzt, welches bis spätestens 2032 für die Windenergie Onshore ausgewiesen werden muss. Andernfalls gilt auch außerhalb der Vorrangflächen eine Privilegierung.

Abb. 19: Volllaststunden Windenergie Onshore im Jahr 2050

Quelle: Fraunhofer, 2021

Somit sind im Zubau der Windenergie Onshore bis 2045 deutlich größere Installationsmengen im Süden Deutschlands auszugehen.

Dass es hier auch ausreichend gute Standorte gibt, konnte in der vom Fraunhofer IEE und Fraunhofer ISE veröffentlichten BEE-Strommarktdesignstudie im Jahr 2021 belegt werden. Wie in Abb. 19 zu sehen, können selbst in Bayern und Baden-Württemberg ausreichend gute Standorte mit deutlich über 2.500 h/a Volllaststunden gefunden werden.

Die so über Deutschland verteilte Wandinstallation sollte zum einen zu einem deutlichen geringeren Abschattungseffekt führen als es die Langfristszenarien 3 mit im Durchschnitt von fast 40 % darstellen. Zum anderen ist aber auch ein zeitlich versetzter Einspeisungsverlauf über die Szenariojahre zu erwarten. Als Beleg für dieses abweichende Einspeisungsverhalten ist in Abb. 20 die relative Einspeisung der Windenergie Onshore im Südwesten (Transnet BW) und Nordosten (50 Hertz) aus dem Jahr 2022 dargestellt.

Abb. 20: Übersicht über die relative Einspeisung der Regelzonen 50 Hz und TransnetBW aus Februar 2022

Gut zu erkennen ist, dass die Windfronten zeitversetzt die Regionen Deutschlands erfassen und dass es auch Windfronten gibt, welche sich nur regional stark ausprägen, siehe hierzu zwischen dem 28.02.2022 bis 07.03.2022.

Eine solches normales Einspeisungsverhalten würde im Rahmen des politisch gewollten Windenergieausbaus in Süddeutschland auf ca. 25 % bis 30 % der bundesweiten Gesamtinstallation (bezogen auf die Landesfläche), zu einer deutlich veränderten Einspeisungscharakteristik zwischen dem Jahr 2025 und dem Jahr 2045 führen. Zudem würde die zusätzliche installierten Windenergieleistung im Süden zu einem flacheren Anstieg und einer Glättung der Gradienten führen. Das Fehlen dieser Gradientenverschiebung und den Glättungseffekten zwischen den beiden Szenariojahren in den Langfristszenarien kann nicht mit dem Abschattungsfaktor erklärt werden.

Aus Sicht des BEE ist es daher nicht verständlich, wie in den Langfristszenarien 3 die sehr ähnlichen relativen Einspeisungsverhalten im Bereich Windenergie Onshore der Szenariojahre entstanden sind. Der BEE hält dies für dringend erklärungsbedürftig und bittet die Autoren, dies fachlich und nachvollziehbar für Dritte zu erläutern.

Wie oben erläutert ist eine Erklärung hinsichtlich eines „Abschattungsfaktors“ hierfür nicht ausreichend.

5.2 Windenergie Offshore

In Abb. 21 wurden die relativen Einspeisungsverläufe der Windenergie Offshore der Szenariojahre 2025 bis 2045 der Langfristszenarien 3 als Heuristik abgebildet. Zusätzlich wurde die mittlere relative Einspeisungsheuristik (blau gestrichelte Linie) aus den Jahren 2015 bis 2022 dargestellt.

Es lässt sich hierbei eine sehr gute Übereinstimmung der Heuristik bis zu ca. 50 % der Nennleistung ablesen. Zwischen 50 % und 90 % kommt es in den Langfristszenarien 3 zu einer erheblich geringer ausgeprägten Häufigkeit als es in der Realität der letzten 8 Jahren zu sehen war.

Abb. 21: Windeinspeisungsheuristik Windenergie Offshore 2012 bis 2022 und Langfristszenarien 3

Demgegenüber weisen die Langfristszenarien 3 ein stark abweichendes Verhalten im Bereich oberhalb von 95 % auf. Während es in den vergangen 8 Jahren niemals zu einer stündlichen relativen Einspeisung von über 95 % der Nennleistung kam, liegen in den Langfristszenarien 3 hier ca. 7 bis 10 % aller Zeitfenster.

Am auffälligsten ist hier der höchste Peak in der gesamten Heuristik im letzten Segment bei 100 % Nennleistung. Ein solches Verhalten ist weder in der Theorie noch durch die reale Einspeisung der letzten 8 Jahre zu erklären. Ähnlich wie bei der Windenergie Onshore muss bei einem Portfolio eine technische Verfügbarkeit angesetzt werden.

Im Wind Onshore Bereich haben die Langfristszenarien diese bei 98 % angesetzt, welche in mindestens der gleichen Höhe auch im Wind Offshore Bereich anzusetzen wäre. Realistisch müsste diese sogar niedriger sein, da im Wind Offshore Bereich die Erreichbarkeit der Anlagen wetterbedingt nicht immer möglich ist. Somit ist eine Erreichung der Nennleistung als Portfolioeinspeisung nicht möglich.

Zudem scheinen die Langfristszenarien 3 aufgrund der Heuristik der Einspeisung im Offshorebereich, vor allem in den höchsten Segmenten, nicht die gleichen Rahmenparameter wie im Onshorebereich angesetzt zu haben. Mit den in Abb. 6 befindlichen Rahmenparametern des Onshore Bereichs (technische Verfügbarkeit (98 %), Parkeffekte (im Mittel 39 %), technische Degradation (6 %/Dekade), sonstige Verluste im Park (5 %)) ließe sich die gefundene Heuristik im Offshore Bereich nicht erklären.

Der in Abb. 22 gezeigte Einspeisungsverlauf der Windenergie Offshore zeigt zudem ein deutlich unterschiedlicheres Einspeisungsverhalten über die Szenariojahre auf, welches größtenteils sowohl durch die Anlagentechnik als auch durch die Standortwahl erklärt werden kann.

Abb. 22: Einspeisungsverlauf Windenergie Offshore Langfristszenarien 3

Vergleicht man diesen Einspeisungsverlauf aus Abb. 22 mit der Windeinspeisung Onshore des gleichen Wetterzeitrahmens von Mitte September bis Ende September 2010 (siehe Abb. 23), zeigt sich die im vorangegangenen Kapitel bereits erwähnte Fragestellung des im Onshore Bereich gefundenen sehr ähnlichen Einspeisungsverlauf, sowohl in Höhe als auch im Zeitrahmen von Gradienten.

Dies tritt auf, obwohl im Onshorebereich eine um ein vielfaches größere Fläche als im Offshorebereich zum Tragen kommt (siehe Wind-an-Land-Gesetz (Pflicht von 2 % Landesfläche pro Bundesland für Windenergie)) sowie ein deutlich sich veränderter Anlagenpark (Nabenhöhe, Flächenleistung) eine entsprechende zeitliche Versetzung von Gradienten und Einspeisungshöhen erwarten ließen.

Abb. 23: Einspeisungsverlauf Windenergie Onshore Langfristszenarien 3

Allerdings ergeben sich auch in der Offshore Energieeinspeisung Fragestellungen zum Einspeisungsverlauf, die nicht einfach erklärt werden können. Am offensichtlichsten ist hierbei die Einspeisung oberhalb von 95 % der Nennleistung mit der größten Häufigkeit im Segment 100 % der Nennleistung. Obwohl in den letzten 8 Jahren in keiner Stunde eine Auslastung im Offshore Bereich von mehr als 95 % aufgetreten ist, soll diese laut den Langfristszenarien 3 in bereits 2 Jahren (Szenariojahr 2025) einen Anteil von über 7 % der Zeitstunden (mehr als 600 Stunden) ausmachen.

Dies erscheint bereits aufgrund der Vergangenheitsbetrachtung, aber auch des Umstands eines deutlich geringeren Zubauportfolios bis zum Szenariojahr 2025 gegenüber dem aktuellen Installationsbestand im Offshorebereich als unrealistisch.

Zudem steigen, wie in Abb. 24 zu sehen, diese Zeitanteile von Einspeisungen oberhalb von 95 % der Nennleistung im Zeitverlauf der Langfristszenarien 3 deutlich weiter an und erreichen im Jahr 2040 den höchsten Punkt von fast 10 % der Zeitstunden (über 800 Stunden im Jahr).

Vor dem Hintergrund des immer stärkeren Offshore Ausbaus im Zeitverlauf auf bis zu 70 GW in den Langfristszenarien 3 im Jahr 2045 und dem damit immer stärkeren Abschattungseffekt der Parks auch untereinander, erscheint die Anhebung der Häufigkeit des relativen Einspeisungsverlauf oberhalb von 95 % der Nennleistung im zeitlichen Verlauf als unrealistisch.

Abb. 24: Übersicht über die Zeitanteile der Offshoreeinspeisung oberhalb von 95 % der Nennleistung

Abb. 25: Deutschlandkarte mit Nordsee AWZ

Im Vergleich zu Windenergie Onshore mit einer Installation von 160 GW im Jahr 2045 auf der Deutschlandebene, hat die Windenergie Offshore, mit einer Installation 2045 von 70 GW auf einer Bruttofläche nicht einmal halb so groß wie Bayern (siehe Abb. 25, gelbe Flächen sind die Nettofläche der Offshore Windparks), ein mindestens gleichgroßes, wenn nicht sogar höheres Abschattungsverhalten als die Windenergie Onshore.

Zudem wird auch der Offshore-Ausbau anderer Nord- und Ostseeanrainerstaaten zusätzlich zu Abschattungen führen. Dieser steigende Abschattungsfaktor würde somit aus Sicht des BEE zu deutlich geringeren Zeitanteilen im hohen Einspeisungssegment führen.

5.3 Photovoltaik

Die Photovoltaik besitzt aufgrund ihres sehr ähnlichen Einspeisungsprofils eine noch engere Heuristik im Einspeisungsverlauf als es bei der Windenergie Onshore oder Offshore vorkommt. In Abb. 26 ist diese Heuristik in ihrem minimalen und maximalen Korridor seit 2015 aufgetragen. Gut zu erkennen ist, dass zwischen minimalen und maximalen Korridor häufig nur 0,5 % liegt.

Abb. 26: PV-Einspeisungsheuristik 2012 bis 2022 und der Langfristszenarien 3.

Die Langfristszenarien 3 folgen dem aufgezeigten Heuristikkorridor der letzten 8 Jahren (2015 – 2022) bis ca. 50 % der relativen Einspeisung. Dann kommt es zu einem extremen Peak, der den höchsten Zeitanteil der gesamten Heuristik darstellt. Danach kommt es zu keiner höheren relativen Einspeisung, obwohl dies aus der Einspeisungsheuristik der Vergangenheit zu erwarten wäre.

Aufgrund dieses sehr ungewöhnlichen Verhaltens hat der BEE auf Basis der veröffentlichten Einspeisungszeitreihen der Langfristszenarien 3 die 25 besten Solarertragstage des Szenariojahres 2025 als mittleren Einspeisungsverlauf in Abb. 27 dargestellt.

Das sehr typische Einspeisungsmuster ist hierbei für den Vor- und Nachmittag gut zu erkennen, doch fehlt die typische Einspeisungsspitze in der Tagesmitte. Stattdessen befindet sich dort eine fast konstante Einspeisung. In den veröffentlichten Präsentationen der Langfristszenarien 3 findet sich hierzu nur der Hinweis auf eine „dynamische Spitzenkappung“.

Abb. 27: Relativer Einspeisungsverlauf der 25 besten Solarertragsdaten aus den Langfristszenarien 3 (Szenariojahr 2025).

Rechtliche Einschätzung einer dynamischen Spitzenkappung

Eine pauschale Spitzenkappung bei ca. 50 % der installierten Leistung von PV-Anlagen ist mit §§ 1,3 Klimaschutzgesetz und den THG-Minderungszielen nicht vereinbar. Eine solche Regelung wäre daher voraussichtlich nicht verfassungskonform, denn die Aufgabe, das Klima als Komponente der natürlichen Lebensgrundlage zu schützen, hat gemäß Art. 20a Verfassungsrang.

Ungeachtet dessen würde die Einführung einer nicht an weitere Voraussetzungen gekoppelten Möglichkeit zur pauschalen Reduzierung der Einspeisung aus EE-Anlagen gegen europarechtliche Vorgaben sowie die auf dieser Grundlage erlassenen nationalen Gesetze verstoßen. So ergibt sich bereits aus Art. 13 Abs. 6 lit. a VO (EU) 2019/943 über den Elektrizitätsbinnenmarkt (ABl. L 158/54, Elektrizitätsbinnenmarkt-VO), dass EE-Anlagen für „nicht marktbasierten abwärts gerichteten Redispatch“ (sog. negativen Redispatch) nur dann herangezogen werden dürfen, „wenn es keine Alternative gibt oder wenn andere Lösungen zu erheblich unverhältnismäßig hohen Kosten führen oder die Netzsicherheit erheblich gefährden würden“. Diese

Maßgaben sind insbesondere bei Einführung des § 13 Abs. 1a EnWG berücksichtigt worden, so dass bei einer zur Sicherheit oder Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems notwendigen Reduzierung der Einspeiseleistung nur unter engen Voraussetzungen auf EE-Anlagen zurückgegriffen werden darf. Der Gesetzgeber hat bei der lediglich ausnahmsweise bestehenden Möglichkeit der Abregelung von EE-Anlagen folgende Abwägung zugrunde gelegt:

Eine EE-Abregelung ist nur dann zulässig, wenn ein Vielfaches an konventioneller Erzeugung abgeregelt werden müsste, um die zusätzlich abgeregelte EE-Menge einsparen zu können.“ (BT-Drs. 19/7375, Seite 52 f.).

Mit diesen Prämissen wäre es offenkundig unvereinbar, wenn die in EE-Anlagen erzeugte elektrische Energie pauschal bei Überschreitung bestimmter Leistungswerte begrenzt werden dürfte.

Zu beachten ist auch, dass ca. ein Drittel der gesamten deutschen Photovoltaik Leistung, aufgrund ihres sehr geringen Leistungssegments, nicht durch den Netzbetreiber steuerbar ist. Somit stellt sich die Frage, ob die Grenze von 3 % bzw. 5 % der Jahreserzeugung pro Anlage eingehalten werden kann, da u.U. die gleiche Abschaltmenge nun auf nur noch 2/3 der installierten Nennleistung verteilt wird.

Die wichtigste Frage, die hierbei im Raum steht, ist, ob eine Abregelungsgrenze von 50 % der PV Nennleistung auf Deutschlandebene überhaupt zu dem in den LSF 3 dargestellten Verhalten (relativ konstante Einspeisung über mehrere Stunden) führt oder deutlich anders aussehen würde. Denn die Schaltung passiert immer bei den Anlagen vor Ort. Zwei mögliche Szenarien sind hierbei denkbar und sollen theoretisch beschrieben werden.

a) Feste Steuerungsgrenze bei 50 % bei jeder Anlage

Die Umsetzung würde neben offenen rechtlichen Punkten vor allem auch dem Vorrang der Erneuerbaren Energien entgegenstehen. Für die hier betrachtete Fragestellung des Wirkens einer solchen Regelung auf Anlagenebene auf die Portfolioeinspeisung Deutschlands sollen aber diese Beweggründe nicht näher betrachtet werden.

Um die Auswertung für Dritte nachvollziehbar zu machen, soll dies anhand der veröffentlichten Solareinspeisung der vier Übertragungsnetzbetreiber analysiert werden. Hierzu wird einmal zuerst die Summe der Solareinspeisung aller vier Übertragungsnetzbetreiber stündlich gebildet und die dabei entstehende Gesamteinspeisung über Deutschland bei 50 % der Nennleistung gekappt. Das ist die Referenz zu den Langfristszenarien.

In einem zweiten Rechenweg, werden zuerst auf der Regelzonenebene der vier Übertragungsnetzbetreiber die Kappung auf 50 % der jeweiligen Nennleistung vorgenommen und erst danach die Gesamteinspeisung der Photovoltaik Deutschlands über die Summe der vier Regelzoneneinspeisungen ermittelt.

Abb. 28: Übersicht über die Abweichung der Einspeisung bei fester Steuergrenze auf Anlagenebene.

Die sich daraus ergebende Abweichung aus dem Jahr 2022 zwischen beiden Einspeisungsverläufe ist in Abb. 28 dargestellt. Gut zu erkennen ist hierbei nicht nur, dass ein Fehler bis zu 5 % der Nennleistung auftauchen kann, sondern dass die Fehler stark vermehrt im Sommer stattfinden.

In Abb. 29 ist exemplarisch eine Woche aus dem April 2022 dargestellt. Hierbei ist gut die veränderte Einspeisung zu erkennen, die sich ergibt, wenn man die feste Steuerungsgrenze von 50 % auf der Regelzone anwendet und danach auf die Deutschlandebene aufsummiert.

Ganz entscheidend hierbei ist, dass nicht nur die Einspeisungskurve an Tagen der PV-Begrenzung (z.B. 19.4 bzw. 20.4) sich stark verändert, sondern auch an Tagen, bei denen die Gesamteinspeisung Deutschlands gar nicht über die 50 % Schwelle kommt.

Dieser Umstand lässt sich einfach durch den Saldierungseffekt erklären. Innerhalb der Deutschlandbetrachtung könnte eine Regelzone voll einspeisen (z.B. 70 % der Nennleistung) und in anderen Regelzonen (u.U. aufgrund von Bewölkung) nur 20 %. In Summe kommt die Gesamteinspeisung der Photovoltaik in Deutschland unterhalb der 50 % Grenze, so dass eine Regelung auf Deutschlandebene (erster Rechenweg) nicht stattfindet. Verwendet man allerdings die 50 % Grenze auf Regelzonenebene (zweiter Rechenweg) würde die eine Regelzone mit 70 % der Nennleistungseinspeisung auf 50 % Nennleistung gedrosselt werden.

In Summe ergibt sich dann das in Abb. 29 gezeigte, andere Einspeisungsprofil der Photovoltaik selbst in solchen Zeitfenster, bei denen die Gesamteinspeisung Deutschlands unterhalb von 50 % der Nennleistung liegt.

Abb. 29: PV-Einspeisungsverlauf Deutschland mit 50 % Spitzenkappung und Regelzonen 50 % Spitzenkappung.

Doch auch Regelzonen sind immer noch riesige Portfolien im GW-Bereich und haben dementsprechend schon solche Saldierungseffekte. Um den Effekt auf Parkebene zu veranschaulichen, wurde daher auf Basis von 39 realen Solarparks, verteilt über Deutschland, der gleiche Zeitraum abgebildet wie in Abb. 29. Dafür wurden die realen Einspeisungsverläufe der 39 Solarparks mit ihrer jeweiligen installierten Nennleistung dividiert, um den relativen Einspeisungsverlauf zu ermitteln.

Das Ergebnis beider Rechnungswege (Regelung auf Portfolioebene bei 50 % bzw. Regelung auf Parkebene bei 50 %) ist in Abb. 30 dargestellt. Gut zu erkennen ist, dass die Abweichung mit teilweise fast 12 % der Nennleistung um den Faktor 2 bis 3 höher liegt, als es auf Regelzonenebene ermittelt worden war. Eine Auswertung über die Jahre 2020 und 2021 dieser 39 Solarparks ergab, dass die Höhe der Abweichung auch in diesen Jahren bis zu 12 % der Nennleistung umfasste, was die Daten aus 2022 bestätigt. Zudem ist erkennbar, dass die Abweichungen viel häufiger auftreten als es in Abb. 29 beim Vergleich Deutschlandebene vs. Regelzonenebene gegeben war.

Abb. 30: PV-Einspeisungsverlauf Deutschland mit 50 % Spitzenkappung und Park (39 Parks verteilt über Deutschland) 50 % Spitzenkappung.

Fazit:

Eine starre Schaltung der Anlagen auf einen festen Prozentsatz würde nicht zu dem in den Langfristszenarien dargestellten Einspeisungsverhalten führen. Die sich hieraus ergebenden Abweichungen zu den Langfristszenarien entstünden aufgrund des Saldierungseffekts (Portfolioeffekt). Der Fehler in den Abweichungen würde hierbei nicht nur in den Tagen mit potenziellen Einspeisungen oberhalb von 50 % passieren, sondern auch, wie das Beispiel aus dem April 2022 zeigt, Tage betreffen, die eine relative Gesamteinspeisung Deutschlands von unter 50 % aufweisen.

b) dynamische Steuerung

Das zweite Szenario wäre die Abbildung des in den Langfristszenarien 3 unterstellten Rahmens. Wenn die relative PV-Einspeisung Deutschlands in einer Stunde oberhalb von 50 % der Nennleistung liegt, wird diese Mehreinspeisung gekappt und die Abschaltmengen werden über die Netzbetreiber verteilt. Eine solche dynamische Steuerung würde aber zwei wesentliche Punkte voraussetzen:

1. Den „allwissenden“ Netzbetreiber

Damit so ein dynamisches Steuern der PV-Anlagen realisiert werden kann wie es die Langfristszenarien vorsehen (konstante Einspeisung oberhalb von 50 % der Nennleistung), wäre ein „allwissender“ Netzbetreiber über allen anderen Netzbetreiber notwendig. Dieser müsste nicht nur minütlich die reale Ist-Erzeugung aller PV-Anlagen in Deutschland kennen, sondern gleichzeitig auch für die nahe Zukunft (bis zu 60 Minuten) perfekt prognostizieren, denn das ist zur Ermittlung der relativen Einspeisung und der potenziellen Abschaltmenge oberhalb von 50 % der relativen PV-Einspeisung nötig.

2. Den „allmächtigen“ Netzbetreiber

Zusätzlich müsste dieser allwissende Netzbetreiber auch allmächtig gegenüber den anderen Netzbetreiber sein, da er den anderen Netzbetreibern (Anschlussnetzbetreiber) Schalthandlung minütlich vorgeben müsste, die in den Netzgebieten direkt umgesetzt werden müssten. Andere Schalthandlungen von PV-Anlagen der jeweiligen Anschlussnetzbetreiber oberhalb des freigegebenen Rahmens oder das Ausbleiben von vorgegebenen Schalthandlungen müssten zudem ausgeschlossen sein, da ansonsten zu viel oder zu wenig abgeregelt werden würde.

Einen solchen Netzbetreiber mit diesen Eigenschaften gibt es nicht und es ist auch nicht zu erwarten, dass dieser Netzbetreiber real in nächster Zeit existieren wird. Zum einen haben ca. ein Drittel der deutschen Photovoltaikanlagen aufgrund ihrer Größe keine Echtzeitfernauslesung durch den Netzbetreiber und auch keine direkte Steuerungsmöglichkeit, was die Bestimmung der realen PV Gesamteinspeisung Deutschlands beeinträchtigt. Zum anderen würde sich die potenziell gemessene Einspeisung von der realen Erzeugung durch den Eigenverbrauch vor dem Netzverknüpfungspunkt deutlich unterscheiden.

Mit Verweis auf den aktuellen Redispatch 2.0 Prozess wird deutlich wie schwierig selbst scheinbar „einfache“ Kommunikationsprozesse und Abläufe zwischen Netzbetreiber sich gestalten. Selbst nach annähernd 2 Jahren haben nicht einmal 5 % aller Netzbetreiber den Redispatch 2.0 Prozess umgesetzt und dieser ist in seiner Ausgestaltung bei weitem nicht so kompliziert wie die eben genannte Kommunikationsaufgabe. Zwar würden sich insbesondere beim „allmächtigen Netzbetreiber“ Analogien zum anfordernden Netzbetreiber im Redispatch 2.0 System ziehen lassen, doch insbesondere die Kenntnis und Prognose der PV-Einspeisung erscheint in dieser Granularität nicht nachvollziehbar. Selbst minimale prozentuale Abweichungen vom aktuellen Geschehen führen auf Grund der hohen installierten Leistung zu Abweichungen im GW-Bereich.

Zusätzlich ergibt sich bei der beschriebenen dynamischen Steuerung ein Marktproblem: Der eingespeiste Strom der PV-Anlagen wird direkt vermarktet (entweder über den ÜNB (bei Anlagen in der Festpreisvergütung) oder über einen Direktvermarkter (bei Anlagen in der Direktvermarktung). Die jeweiligen Stromhändler geben hierfür für die Teilnahme am Spotmarkt am Vortag die Fahrpläne ihrer Einspeiser ab, also ohne das Wissen einer potenziellen Abregelung.

Da somit aber die volle Einspeisung am Markt angeboten wird, wirken diese auch vollständig am Strommarkt und senken die Strompreise. Selbst wenn sie in der Realität dann über den Netzbetreiber abgeregelt werden. Zudem würde eine solch massive Abschaltung (über 75 GW im Jahr 2045), aufgrund der damit einhergehenden Abweichung zu den abgegebenen Fahrplänen der Stromhändler, zu deutlich höherem Intradayhandel bzw. zusätzlichem Regelenergieeinsatz führen und damit vermutlich zusätzliche volkswirtschaftliche Kosten verursachen.

Fazit:

Auch eine dynamische Steuerung würde, aufgrund der oben beschriebenen Voraussetzungen (u.a. allwissender und allmächtiger Netzbetreiber) nicht zu einem, den Langfristszenarien 3 entsprechenden, konstantem PV-Einspeisungsverlauf führen.

Aus Sicht des BEE sind daher weder eine starre Regelung der PV-Anlagen noch eine dynamische Steuerung geeignet, das in den Langfristszenarien 3 gezeigte konstante PV-Einspeisungsverhalten abzubilden noch wird ersichtlich, warum die Annahme eines solchen PV-Einspeisungsverhalten notwendig ist.

5.4 Wasserkraft

Die Wasserkraft besitzt aufgrund ihres Einspeisungsprofils und ihrer Anlagenstruktur gleich mehrere Vorteile für die Energiewende. So ist die Wasserkrafteinspeisung zwar eine dargebotsabhängige Energieform, jedoch stark geprägt von einer stetigen und prognostizierbaren Erzeugung auf Deutschlandebene, da das Wasser stetig und verlässlich fließt. Zudem bietet die Wasserkraft steuerbare Flexibilitäten, da Energiemengen gestaut werden können. Das ist bei Speicherwasseranlagen (z.B. Talsperren) deutlich ausgeprägter als in Laufwasserkraftwerken, bei denen das Stauvolumen nur wenige Stunden beträgt.

Laut dem Marktstammdatenregister 2021 handelt es sich bei fast 90 % der gesamten Wasserkraftinstallation in Deutschland um Laufwasserkraftwerke und nur bei knapp über 10 % um Speicherwasseranlagen.

Da Wasserkraftwerke bereits vor über 100 Jahren zur Stromversorgung beigetragen haben, sind sie häufig in der Nähe von größeren Stromverbrauchern mit Zugang zum Wasser installiert, so dass die Wasserkraft (vor allem die Laufwasserkraft) stark dezentral mit Schwerpunkt auf lastnahe Stromerzeugung fokussiert ist. Wasserkraft speist v. a. in die Nieder- und Mittelspannungsnetze ein und trägt hier zur Netzstabilisierung bei.

Die Wasserkraft hat in Simulationen ein weiteres Alleinstellungsmerkmal. In den letzten 10 Jahren ist ihre Nennleistung annähernd konstant geblieben. Auswertungen auf Basis der Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien-Statistik (AGEE-Stat) zeigen, dass die Nennleistung 2012 nur ca. 2 % abweichend von der Nennleistung 2021 ist. Das liegt nicht an fehlenden Potenzialen, sondern zu großen Teilen an den betriebswirtschaftlichen Rahmenbedingungen und hohen Auflagen beim Neubau und Repowering.

So wird die Wasserkraft in vielen Studien zur Entwicklung der Energiewende, auch in den Langfristszenarien des BMWK, bis 2045 als annähernd konstant in der Nennleistung prognostiziert. Dieser Umstand, wenn auch aus Energiewendesicht nicht wünschenswert, bietet eine einmalige Chance: Da ein Vergleich der simulierten Outputdaten in den Langfristszenarien mit der realen Einspeisung aus dem hinterlegten Wetterjahr 2010 möglich ist, können Abweichungen erkannt und qualitativ und quantitativ bestimmt werden.

In Abb. 31 ist die heuristische Verteilung der Einspeisung der Wasserkraft in Deutschland aus dem Jahr 2010 auf Basis der Daten der EEX im Vergleich zu den Langfristszenarien des BMWK abgebildet, die ebenfalls auf dem Wetterjahr 2010 beruhen. Hierbei wird sehr deutlich, dass das simulierte Einspeisungsverhalten massive Abweichungen zum realen Einspeisungsverhalten hat.

Abb. 31: Wasserkraftheuristik 2010 und der Langfristszenarien 3 (ebenfalls beruhend auf Wetterjahr 2010).

Das kann an folgenden Punkten festgemacht werden:

a) Kurvenform

Während das reale Einspeisungsverhalten eine zu erwartende „Glockenkurve“ beschreibt mit seinem Extremum in der Mitte, zeigt sich bei den Langfristszenarien eher eine „Badewannenkurve“ mit seinen Extrema an beiden Enden.

b) Die Höhe der Extrema

Die Heuristiken zur Einspeisung basieren in allen Grafiken dieser Arbeit auf einer Schrittbreite von 1 %. Diese geringe Schrittbreite führt dazu, dass die Maximalwerte der Heuristik (Häufigkeit des Anteils des Jahres) nur bei wenige Prozent liegen. Innerhalb der Langfristszenarien im Wasserkraftbereich sehen wir nun zwei Extrema die nicht nur deutlich im zweistelligen Prozentbereich liegen, sondern zusammen fast 90 % aller Stundenwerte darstellen.

c) Maximalwerte der Heuristik liegen bei den Langfristszenarien an beiden Enden

Die höchsten Werte der Häufigkeit in der Einspeisungscharakteristik des Wasserkraftbereich liegen in den LFS bei 34 % bzw. bei 61 % der Nennleistung. Es gibt in keinem der Szenariojahre TN Strom eine Stunde, in dem weder eine geringere Einspeisung als 34 % noch eine höhere Einspeisung als 61 % der Nennleistung stattfindet.

d) Stündliche Änderung der Stromeinspeisung aus Wasserkraft

In Abb. 32 sind die stündlichen Veränderungen der Wasserkrafteinspeisung, relativ zur Nennleistung, der Langfristszenarien abgebildet. Für eine bessere Übersicht wurden oberhalb des Diagramms die Zeitanteile keiner stündlichen Änderung, der stündlichen Änderung bis 10 % der Nennleistung und der stündlichen Änderung oberhalb 10 % der Nennleistung sowohl als Mittelwert aller Szenariojahre der Langfristszenarien bzw. des realen Wetterjahres 2010 darüber zusammengefasst. Gut zu erkennen ist, dass auch hier die Abbildung der Wasserkraft in den Langfristszenarien kaum der Realität entspricht.

  1. So weisen im Mittel über alle Szenariojahre der Langfristszenarien ca. 85 % der Zeiträume überhaupt keine stündliche Veränderung der Wasserkraft auf, während das in der Realität im Jahr 2010 in weniger als 1 % der Zeitfenster der Fall war.
  2. Während das Wetterjahr 2010 in ca. 99 % aller Zeiträume eine stündliche Änderung der Wasserkrafteinspeisung von bis zu 10 % der Nennleistung aufweisen, liegen in den Langfristszenarien in diesem Bereich nur ca. 11 % der Zeiträume.
  3. Im Segment oberhalb von 10 % der stündlichen Änderung der Wasserkrafteinspeisung lagen fast 5 % aller Zeitfenstern in den Langfristszenarien, während diese Situation in der Realität nur extrem selten vorkam, nämlich in ca. 0,4 % der Zeitfenster.

Abb. 32: Stündliche Veränderung der Wasserkrafteinspeisung (relativ zur Nennleistung) in den LFS.

e) Sprungfunktion zwischen 43 % und 53 % der Nennleistung

Innerhalb der Langfristszenarien existiert so gut wie keine Stunde mit einer Wasserkrafteinspeisung zwischen 43 % bis 53 % der Nennleistung. Somit stellt dies eine Sprungfunktion der potenziell stündlichen Einspeisungsänderung von 10 % zur Nennleistung dar. Diese Größenordnung von 10 % entspricht ca. dem gesamten Leistungspotenzial aller Speicherwasserkraftanlagen in Deutschland.

f) Häufige Sprungfunktion von 27 % der Nennleistung

Wie weiter unten gezeigt wird, treten in den Langfristszenarien häufig stündliche Wechsel in der Einspeisungsleistung von 27 % auf (von 34 % zu 61 % der Nennleistung oder umgekehrt). Dieses Sprungverhalten ließe sich selbst unter optimalen Voraussetzungen technisch nicht mit der installierten Speicherwasserkraftanlagenleistung bewerkstelligen.

g) Abweichung der relativen Einspeisung über die Szenariojahre

Wie in Abb. 33 zu sehen, existieren deutliche Unterschiede der stündlichen Wasserkrafteinspeisung zwischen den Szenariojahren (hier der Vergleich zwischen dem Szenariojahr 2025 und 2045).

Vor dem Hintergrund, dass in den Langfristszenarien in allen Szenariojahren der gleiche Anlagenbestand, das gleiche Wetterjahr und nur begrenzte Möglichkeiten der Verlagerung über Speicherwasserkraftanlagen bestehen (nur etwas über 10 % der installierten Nennleistung), ist ein solches Verhalten stark erklärungsbedürftig. Nachfolgend sollen diese Abweichungen anhand von beispielhaften Wochen näher betrachtet werden.

Abb. 33: Übersicht über die Abweichung der Einspeisungsverläufe der Wasserkraft in den Szenarien 2025 und 2045.

Detaillierte Untersuchung der Abweichung zwischen den Langfristszenarien und der realen Wasserkrafteinspeisung 2010

In Abb. 34 ist die reale Wasserkrafteinspeisung in Deutschland aus dem Jahr 2010 (hellblaue Kurve) und die Wasserkrafteinspeisung der Szenariojahre 2025 (gelbe Kurve) und 2045 (dunkelblaue Kurve), die ebenfalls auf dem Wetterjahr 2010 und dem gleichen Anlagenbestand beruhen, über den Zeitraum eines Monats in Q1 2010 (15.01.2010 bis 15.02.2010) dargestellt.

Gut zu erkennen ist, dass die reale Wasserkrafteinspeisung aufgrund des Dargebots nur ca. 30 bis 35 % der Nennleistung entsprach, während die Langfristszenarien in weiten Teilen hier Wasserkrafteinspeisungen von über 60 % der Nennleistung sehen.

Abb. 34: Reale Wasserkrafteinspeisung im Vergleich zu den Langfristszenarien (rel. Einspeisung) Q1 2010.

Im Mai 2010 sehen wir ähnlich hohe Abweichungen über weite Zeiträume der Langfristszenarien gegenüber der realen deutschen Wasserkrafteinspeisung nur in der anderen Richtung. Wie in Abb. 35 zu sehen, kam es dort aufgrund des Wasserdargebots zu einer erhöhten Einspeisung von 40 % bis 50 %, zum Ende des Monats fast 60 %, während die Langfristszenarien in weiten Teilen nur ihren minimalen Einspeisungsrahmen von 34 % der Nennleistung darstellen.

Diese massiven Abweichungen zwischen dem realen Dargebot der Wasserkraft aus dem Jahr 2010 gegenüber der simulierten Wasserkrafteinspeisung der Langfristszenarien treten über mehrere Tage, teilweise über mehr als 1 Woche lang auf.

Der BEE bittet die Autoren der Langfristszenarien zu erklären, wie eine solche Abweichung möglich ist. Da zudem alle Szenariojahre der Langfristszenarien die gleiche Jahresarbeit besitzen (ca. 20 TWh) stellt sich zudem die Frage, wo die abweichenden Einspeisungen (auch innerhalb der Szenariojahre der Langfristszenarien) gespeichert wurden.

Abb. 35: Reale Wasserkrafteinspeisung im Vergleich zu den Langfristszenarien (rel. Einspeisung) Q2 2010.

In Abb. 36 ist ein weiterer Beispielmonat aus dem Q3 2010 (21.06.2010 bis 21.07.2010) dargestellt. Hierbei ist deutlich die Sprungfunktion (siehe Punkt f weiter oben) zu erkennen.

Abb. 36: Reale Wasserkrafteinspeisung im Vergleich zu den Langfristszenarien (rel.Einspeisung) Q3 2010.

Die reale Wasserkrafteinspeisung 2010, beruhend auf dem Dargebot zeigt für diesen Zeithorizont eine mittlere bis gute Auslastung der Wasserkraft von 40 bis 60 % der Nennleistung an. Die Langfristszenarien hingegen weisen einen extrem stark volatilen Einspeisungsrahmen auf, der täglich (meist zwischen 7 bis 18 Uhr) auf das Minimalniveau von 34 % der Nennleistung fällt, um dann in den restlichen Zeiten auf das Maximalniveau (61 % der Nennleistung) zu springen.

Es ist offensichtlich, dass die Langfristszenarien versuchen, Wasserkraft und Photovoltaikeinspeisung gegenzusteuern. Die wesentlichen Fragen hierbei sind:

  1. Woher soll der Leistungshub von 27 % der Nennleistung kommen, wenn alle Speicherwasserkraftwerke Deutschlands nur etwas über 10 % Anteil an der Gesamtinstallation haben?
  2. Wo sollen die über den Tag angestauten Wassermengen gespeichert werden?
  3. Wie soll eine solche „Batteriefahrweise“ in der Realität möglich sein, wenn z.B. Schwallbetrieb oder ähnliches nicht umsetzbar ist.

Saisonale Verschiebung der Wasserkrafteinspeisung

Wie bereits in den vorangegangenen Analysen gezeigt, gibt es neben den Abweichungen zur realen Wasserkrafteinspeisung aus dem Wetterjahr 2010 auch Abweichungen zwischen den einzelnen Szenariojahren. Um das zu verdeutlichen, wurde in Abb. 37 der kumulierte Einspeisungsverlauf der Szenariojahre 2025 und 2045 und in Abb. 38 die quartalsweise Wasserkrafteinspeisung der Langfristszenarien der Szenariojahre 2025 und 2045 abgebildet.

Gut zu erkennen ist, dass im ersten Quartal das Szenariojahr 2025 über 400 GWh weniger Wasserkrafteinspeisung aufweist als das Szenariojahr 2045. In dem zweiten und dritten Quartal in den Langfristszenarien kam es dagegen zu einer deutlich stärkeren Wasserkrafteinspeisung im Szenariojahr 2025 gegenüber dem Szenariojahr 2045. Damit gleicht das Szenariojahr nicht nur die Minderproduktion aus dem ersten Quartal aus, sondern überholt es am Ende des dritten Quartals um deutlich mehr als 400 GWh. Im vierten und letzten Quartal weist wiederum das Szenariojahr 2045 eine deutlich höhere Wasserkrafteinspeisung auf als das Szenariojahr 2025. Wie in Abb. 37 zu sehen weisen zum Ende des Jahres beide Szenariojahre die gleiche Wasserkrafteinspeisung von ca. 20,38 TWh aus.

Abb. 37: Wasserkrafteinspeisung Langfristszenarien kumuliert über das Jahr.

Abb. 38: Quartalsweise Wasserkrafteinspeisung der Langfristszenarien (Szenariojahre 2025 / 2045)

Insgesamt kommt es bei der Wasserkrafteinspeisung in den Langfristszenarien zu einer saisonalen Verschiebung zwischen den Szenariojahren 2025 und 2045 von über 800 GWh. Das ist mehr als das Doppelte des gesamten deutschen Speichervolumens (Wasser), wobei hierbei auch Pumpspeicher inbegriffen sind (die separat in den Langfristszenarien ausgewiesen werden) wie auch des Stauwasserpotenzials von Laufwasserkraftanlagen in Deutschland, welches nicht zur saisonalen Verschiebung geeignet ist. Zudem haben die deutschen Speicherwasserkraftwerke noch andere Aufgaben (z.B. Hochwasserschutz, Pegelregulierung, Wasserreservoir) und können daher nur zum Teil frei genutzt werden.

Fazit:

Obenstehende Vergleiche zwischen der Wasserkraft in den Langfristszenarien und dem realen Dargebot der Wasserkraft im verwendeten Wetterjahr 2010 sowie zwischen den einzelnen Szenariojahren untereinander, lassen aus Sicht des BEE nur den fachlichen Schluss zu, dass die Wasserkrafteinspeisung in den Langfristszenarien falsch abgebildet wurde.

Das betrifft nicht nur die Abbildung des verfügbaren zeitlichen Dargebots, sondern erstreckt sich auch auf die technischen Möglichkeiten der Wasserkraftflexibilität (siehe u.a. Sprungfunktion, konstante Einspeisung.) sowie deren Speicherfähigkeit.

Zudem führen obenstehende Abweichungen auch zu künstlichen impliziten Flexibilitäten im Simulationssystem der Langfristszenarien, die so in der Realität nicht bestehen. Das umfasst den Umstand der häufig konstanten Einspeisung, der hohen Leistungssprungfunktion und der saisonalen Verschiebungspotenziale, die um ein Vielfaches höher angesetzt wurden als real möglich.

Der BEE hält all diese Punkte für dringend erklärungsbedürftig und bittet die Autor*innen fachlich und nachvollziehbar für Dritte, die zugrunde liegenden Annahmen zu erläutern.

Der BEE hält es für zwingend notwendig, die Wasserkrafteinspeisung in den Langfrist- szenarien aufgrund der obenstehend analysierten Abweichungen neu zu berechnen.

 

6. STROMPREISERMITTLUNG IN DEN LANGFRISTSZENARIEN

Im nachfolgenden Kapitel sollen Besonderheiten bei der Strompreisermittlung näher analysiert werden. Diese Besonderheiten treten hierbei nicht nur in Zeitfenstern der im vorangegangenem Kapitel beschriebenen pauschalen Abregelungen der Photovoltaik auf, sondern auch in diversen anderen Stunden.

6.1 Strompreiseermittlung in Zeiten der PV-Abregelung

Betrachtet man die maximale Strompreisveränderung in Abregelungsereignissen der PV-Einspeisung aus dem Szenariojahr 2045 der Langfristszenarien 3 in Abb. 39, so fällt auf, dass es sich im Zeitfenster der Photovoltaik-Abregelung um annähernd konstante Strompreise handelt.

In den 28 gefundenen Abregelungsereignissen mit einer Dauer von mindestens 2 Stunden wiesen 26 Ereignisse eine Strompreisänderung von nur wenigen €Cent/MWh auf.

Dieses Verhalten wirkt ungewöhnlich, da es genau in diesen Zeitfenstern, wie aktuell am Spotpreis zu sehen, in der Realität zu den mit stärksten Preisausschlägen kommt. Dieses Preisverhalten könnte darauf hindeuten, dass zur Strompreisermittlung in den Langfristszenarien die reale PV-Einspeisung, also mit der Abregelung und somit eine annähernd konstante PV-Einspeisung, zum Tragen gekommen ist.

Abb. 39: Maximale Strompreisveränderungen in Abregelungsereignissen der PV aus LFS3 Szenariojahr 2045

Nach direkter Rücksprache mit den Autoren in Q1 2023 wurde diese Vermutung bestätigt.

Diese Annahme der Langfristszenarien führt zu zwei großen Herausforderungen in der Zukunft, welche nicht vollständig gelöst werden können. Hierbei handelt es sich zum einen um die viertelstündliche Einbindung der Abregelungsmengen in die vortäglichen Fahrpläne der zuständigen Direktvermarkter und zum anderen um die perfekte Kommunikation und Schalthandlung aller Netzbetreiber während des Tagesverlauf. Beide Punkte sollen nachfolgend näher beschrieben werden.

Zusätzlich führt diese Annahme der Langfristszenarien zur impliziten Annahme, dass für das aktuelle Redispatchproblem in Deutschland eine Lösung gefunden wurde.

6.1.1 Implizite Annahme der Lösung des aktuellen Redispatchproblems

Für ein stabiles Stromnetz ist es zwingend erforderlich, dass es zu jedem Zeitpunkt zu einem Ausgleich zwischen der Einspeisung in bzw. der Ausspeisung aus dem deutschen Stromnetz kommt. Nur so kann die Frequenz stabil um 50 Hz gehalten werden. Kommt es zu größeren Abweichungen dieser Frequenz, könnten Betriebsmittel bzw. Verbrauchsgeräte zerstört werden.

Daher gilt innerhalb Deutschlands eine Bilanzierungspflicht von allen eingespeisten bzw. ausgespeisten Strommengen des deutschen Stromnetzes auf viertelstündlicher Ebene. Entsprechend müssen alle prognostizierten Energiemengen auch in die Fahrpläne der jeweiligen Stromhändler, in diesem Fall den Direktvermarktern der PV-Anlagen, integriert werden.

Kommt es dann zu einem bestimmten Zeitpunkt zur Abregelung von Erneuerbaren Strommengen aufgrund von Netzengpässen, müssen zum Ausgleich andere steuerbare Kraftwerke hinter dem Netzengpass wieder hochgefahren werden, um die Nettobilanz zwischen Ein- und Ausspeisung aus dem deutschen Stromnetz auszugleichen. Dies wird Redispatch genannt und führt aktuell zu einem entsprechend hohen Bedarf an steuerbaren Kraftwerken.

Die Langfristszenarien umgehen diese Problematik einfach mit der Annahme, dass bereits zum Vortag der Fahrplanabgabe (12 bis 36 Stunden vor potenzieller Einspeisung) alle Abregelungen bekannt sind und entsprechend für die Fahrpläne berücksichtigt werden. Dies führt auch dazu, dass innerhalb der Langfristszenarien in den Zeitfenstern der PV-Abregelung die Stromerzeugung von steuerbaren Kraftwerken nicht hochfährt, sondern sogar auf ein entsprechendes Minimum runterfährt.

Da innerhalb der Langfristszenarien aufgrund der pauschalen Abregelung der PV bei 50 % der Nennleistung (betrachtet deutschlandweit) teilweise über 70 GW an PV-Strom abgeregelt werden, bedarf es bei einem solchen Vorgehen in der Realität entsprechend mindestens der gleichen Menge an steuerbarer Leistung, sofern nicht bereits im Vorfeld (Day Ahead Auktion) diese Abschaltungen den Direktvermarktern Anlagenscharf mitgeteilt werden können. Zudem ist eine solche Abregelung auf einen pauschale Leistungswert von günstigen erneuerbaren PV-Strommengen bei gleichzeitigem Hochfahren teurer Gaskraftwerke als nicht sinnvoll anzusehen.

6.1.2 Annahme der Einbindung der Abregelungsmengen in die vortäglichen Fahrpläne

Um das Redispatchproblem zu umgehen, nehmen die Langfristszenarien an, dass bereits zur Fahrplanabgabe am Vortag um 12 Uhr alle Akteure parkscharf genau wissen:

  1. Wer genau geregelt wird,
  2. wieviel geregelt wird und
  3. von wann bis wann geregelt wird.

Dass dies in der Realität nicht möglich ist, zeigt das aktuelle Redispatch 2.0 Thema. Seit fast 2 Jahren müssen alle Netzbetreiber dies umgesetzt haben, was aber aktuell nur ein geringer Prozentsatz dieser Netzbetreiber realisiert hat. Zudem erfolgt die Kommunikation von Schalthandlungen häufig nicht vor, sondern erst bei bzw. nach der Schalthandlung des Netzbetreibers.

Es ist aus Sicht der Erneuerbaren Energieverbände kaum vorstellbar, dass ab dem Jahr 2025, wie in den Langfristszenarien unterstellt, eine Vorabmeldung von Schalthandlungen der Netzbetreiber anlagenscharf flächendeckend realisiert wird geschweige denn, dass dies mit einem Vorlauf von 25 bis 36 Stunden realisiert wird.

Zudem existieren weitere Aspekte die eine solche Abbildung zumindest in Teilen ausschließen. Dazu gehört zum einen die Prognoseunsicherheit über einen solchen Zeitraum, der Ausfall der ferngesteuerten Schalteinrichtung an der Anlage, die zeitliche Verschiebung eines Netzproblems aufgrund verschobener Wetterfronten und weiteren Punkten.

Somit ist eine Ermittlung der abzuschaltenden Anlagen am Vortag mindestens mit einer bestimmten Abweichungsgröße bestimmbar und würde damit auch zu Abweichungen in den Fahrplänen der Direktvermarkter führen sowie zu einem entsprechenden Bedarf an teurer Redispatchleistung bzw. Intradaykosten.

Zusammenfassend ist es aus Sicht der erneuerbaren Verbände aufgrund der gezeigten Gründe nicht möglich, solche Schalthandlungen der Netzbetreiber in den Prognosefahrplan der Stromhändler und somit zur Strompreisermittlung am Vortag vollständig aufzunehmen.

6.1.3 Stromimporte in Zeiten der PV-Abregelung

Neben dem eben dargelegten Punkt der Herausforderung der Abbildung eines solchen PV-Einspeisungsverhaltens in Zeiten der PV-Abregelung weist diese Annahme der Langfristszenarien eine weitere Anomalie auf.

Anhand der Abb. 40 kann gezeigt werden, dass es in den Langfristszenarien in Zeiten der PV-Abregelung zeitgleich häufig auch zu Nettostromimporten führte. So ist es in über 80 % der Zeitfenster im Szenariojahr 2025 zeitgleich zu Nettostromimporten gekommen, welche zu einem durchschnittlichen Strompreis von über 90 €/MWh aus dem Ausland bezogen wurden.

Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist diese Anomalie nicht begreifbar, wieso günstiger, erneuerbarer, verbrauchsnaher erzeugte Strommenge abgeregelt werden um im gleichen Zeitraum teuren, u.U. nicht erneuerbarer ausländischen Strommengen zu importieren. Was zeitgleich auch u.U. zu einer Verteuerung der Strompreise in diesen Stunden geführt hat.

Der BEE möchte an dieser Stelle explizit darauf hinweisen, dass eine pauschale Abregelung von PV-Anlagen auf 50 % der Nennleistung (betrachtet deutschlandweit), selbst mit einem funktionierenden Redispatch keinen sinnhaften Lösungsansatz darstellt. Es sollte immer um die maximale Integration von erneuerbaren Energiemengen in Deutschland gehen und nicht um eine willkürlich festgelegte begrenzte Einspeisungsgröße.

Abb. 40: Übersicht über die Zeitgleichheit von Abregelungen der PV und Nettostromimporten

6.2 Unklare Entstehung von extremen Strompreisen

Innerhalb der Langfristszenarien kommt es zu teilweise extremen Strompreisen mit fast 30.000 €/MWh. Diese treten vor allem um die 950. Simulationsstunde (Mitte Februar) bzw. um die 8500. Simulationsstunde (Mitte Dezember) auf.

Eine erste Analyse des BEE zeigte eine direkte Beziehung zwischen der Einspeisungshöhe der Rubrik „Andere Erzeuger“ in den Langfristszenarien zum Auftreten der extremen Strompreise oberhalb von 500 €/MWh. In Abb. 41 sind hierzu aus den unterschiedlichen Szenariojahren die Extrempreise (rechte Abszisse, gelb gestrichelte Linie) sowie die Einspeisung der Rubrik

„Andere Erzeuger“ abgebildet. Sehr gut zu erkennen ist das 1:1 Verhalten zwischen der Einspeisungsrubrik „Andere Erzeuger“ in den Langfristszenarien und den Strompreisen, sowohl relativ als auch zeitlich.

Abb. 41: Extrempreise in den Langfristszenarien und der Einspeisung aus der Rubrik „Andere“

2023

2035

2040

2045

Noch deutlicher wird diese 1:1 Beziehung, wenn man wie in Abb. 42 die stündliche Einspeisung der Rubrik „Andere Erzeuger“ mit Strompreisen oberhalb von 500 €/MWh (TN Strom Szenarien) über die zugehörigen Strompreise abträgt. Hieraus lässt sich eine annähernd lineare Funktion darstellen, was ein sehr starkes Indiz dafür ist, dass die Höhe der benötigten stündlichen Leistung aus der Rubrik „Andere Erzeuger“ aus den Langfristszenarien direkt preissetzend war.

Abb. 42: Funktion der stündlichen Einspeisung „Anderer“ und dem dazugehörigen stündlichen Strompreis

Die Untersuchung der Zeitfenster dieser extremen Strompreise ergab allerdings auch, dass es genau in diesen Zeitfenster zu einer massiven bilanziellen Abweichung im Simulationsrahmen kam.

Wie in Abb. 43 zu sehen, korrespondieren die extremen Einspeisungen aus der Rubrik „Andere Erzeuger“ (blaue Kurve) mit den Bilanzabweichungen innerhalb der Simulation (gelbe Kurve) sowohl relativ als auch zeitlich sehr gut, so dass auch hier wieder eine 1:1 Beziehung festgestellt werden konnte.

Der BEE bat daraufhin die Autoren der Langfristszenarien um Klarstellung bezüglich des Ergebnisses. Die Autoren informierten den BEE, dass es sich nur um einen falschen Einspeisungslastgang beim Download im Internet der Rubrik „Andere Erzeuger“ handelte und man dies nachträglich korrigieren würde. Ein Zusammenhang zwischen der Rubrik „Andere Erzeuger“ und den extremen Strompreisen schlossen die Autoren, trotz obenstehenden klaren Zusammenhängen, allerdings aus.

Abb. 43: Bilanzabweichungen in den Langfristszenarien und der Einspeisung aus der Rubrik „Andere Erzeuger“

2030

2035

2040

2045

Der im Internet verfügbare Dispatch weist zwar nun keine Bilanzabweichungen mehr auf, doch woher die extremen Strompreise kommen, bleibt offen. Wie in Abb. 43 am Beispiel des Szenariojahres 2035 zu erkennen, kann der Grund nicht mehr der neue Einspeisungslastgang der Rubrik „Andere Erzeuger“ sein.

Auch die H2-Gasturbinen kommen nicht als Begründung in Frage (siehe graue Kurve in Abb. 44), da über den gesamten Zeithorizont von der Simulationsstunde 8503 bis 8517 genau die gleiche H2-Gasturbinenleistung eingespeist hat. Dieses konstante Einspeisungsverhalten der H2-Gasturbinen gilt im Übrigen für alle Zeitfenster in den Szenariojahren mit extrem hohen Strompreisen.

In Tab. 4 kann zudem sehr gut dargestellt werden, dass die gefundenen Extrempreise um das 15- bis 100-fache höher liegen als die restlichen Strompreise bei gleicher H2-Erzeugung.

Tab. 4: Übersicht über Strompreise bei maximaler Nutzung der H2-Gasturbinenleistung

Auch der Stromverbrauch in der Simulationsstunde 8512 lag deutlich unterhalb der Vorstunde 8511 (-1,6 GW).

Als letzte Option bliebe noch eine höhere Importquote aus dem Ausland, die einen solchen Effekt hervorgerufen haben könnte. Doch auch dies ist nicht der Fall. Der Nettoimport in der Simulationsstunde 8512 des Szenariojahres 2035 der Langfristszenarien geht sogar um effektiv 17 % (4 GW) gegenüber der Vorstunde zurück. Auch in den anderen Szenariojahren kam es in der Stunde 8512 gegenüber der Vorstunde immer zu einer Reduktion der Nettoimporte.

Abb. 44: Extrempreise in den Langfristszenarien und der korrigierten Einspeisung aus der Rubrik „Andere Erzeuger“

Aus Sicht des BEE sind die extremen Strompreise oberhalb von 500 €/MWh in den Langfristszenarien nach dem korrigierten Einspeisungsverlauf der Rubrik „Andere Erzeuger“ nicht mehr eindeutig zu erklären. Der BEE bittet die Autoren zu erklären, wie die extremen Ausreißer der Strompreise entstehen, wenn weder mehr Gasturbinenleistung verwendet wurde, noch mehr Stromlast in Deutschland gegenüber der Vorstunde existierte und der Nettoimport Deutschlands zudem noch rückläufig war.

 

7. FLEXIBILITÄTEN

Einer der zentralen Bausteine eines klimaneutralen Stromsystems sind Flexibilitäten. Sie können aus dem Verbrauchssektor in Form von Lastmanagement, dem Speichersektor oder auch dem Erzeugungssektor kommen. Allen gemein ist hierbei ihre komplementäre Ausrichtung zur dargebotsabhängigen Einspeisung von Windenergie und Photovoltaik.

Im Nachfolgenden soll sowohl die Speicherals auch die Erzeugungsflexibilität im Rahmen der Langfristszenarien näher untersucht werden.

7.1 Speicherflexibilitäten

Unter allen Studien zur Entwicklung der elektrischen Speicher bei der deutschen Energiewende genießen die Langfristszenarien eine Sonderstellung. Während alle anderen größeren Studien einen deutlichen Speicherzubau im zweistelligen, teilweise wie im Falle der Ariadne-Projekte sogar im deutlich dreistelligen Gigawattbereich sehen, kommt es im Rahmen der Langfristszenarien des BMWK zu keinem weiteren Zubau gegenüber dem Bestand an elektrischen Speichern.

Eine mögliche Erklärung für diesen Sachverhalt können die in den Langfristszenarien impliziten Flexibilitäten sein (z.B. bei der Photovoltaik, Wasserkraft, usw.). Kombiniert mit den kaum veränderten Strompreisen in den Abregelungszeitfenstern der Photovoltaik ist der Einsatz von elektrischen Speichern gleich doppelt begrenzt.

So können zum einen nicht ausreichend Überschüsse generiert werden, welche verlagert werden könnten. Zum anderen fehlt es, unter anderem aufgrund der konstanten Strompreise, an ausreichend großen Preisdeltas zur Wirtschaftlichkeit solcher Speicher.

Aus Sicht des BEE ist daher die Annahme der in den Langfristszenarien dargestellten „Spitzenkappung“ bei Windenergie und Photovoltaik sowohl im Rahmen der Thematik „Nutzen statt Abregeln“ als auch der Entstehung von weiteren Flexibilitäten stark zu hinterfragen.

7.2 Erzeugerflexibilität

Innerhalb der Erzeugerflexibilität geht es darum, die Einspeisung steuerbarer Erzeuger auf Zeitfenster mit geringer volatiler Einspeisung von Wind und PV zu verlagern und somit die Residuallast zu decken.

Hierfür kommen neben KWK-Anlagen Bioenergie, Wasserkraft (mit Speichermöglichkeiten) als auch reine H2-Gasturbinen zum Einsatz. Aufgrund des weitgehend exogenen (vorgegebenen) Ausschlusses der Bioenergienutzung und nur begrenzter Flexibilität im Wasserkraftbereich ermitteln die Langfristszenarien einen extremen Bedarf an reinen H2-Gasturbinen in Höhe von über 65 GW. Diese besitzen hierbei nicht nur hohe Stromgestehungskosten, sondern sind zudem stark abhängig von H2-Importen für ihren Betrieb. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat zu starken Verwerfungen in der Rohstofflieferung (insbesondere von Gas) geführt und deutlich gezeigt, dass die Abhängigkeit von Rohstoffimporten zu massiven Schäden an der Volkswirtschaft Deutschlands führen kann. Weiterhin wird der Betrieb der entsprechenden Infrastruktur – sofern genügend klimaneutral erzeugter Wasserstoff zur Verfügung steht, was fraglich erscheint – erst langfristig nachhaltig möglich sein. Es steht zu befürchten, dass mittelfristig der Betrieb nur durch LNG, weitestgehend gewonnen durch Fracking, stattfinden wird. Die enormen Umweltbelastungen entlang der Prozesskette sowie Effizienzverluste lassen befürchten, dass ein Klimaschutzeffekt gegenüber einer Kohleverstromung zunächst kaum bzw. nur begrenzt erzielt werden kann. Eine stärkere Fokussierung auf Bioenergieressourcen würde hingegen einen umfangreichen Beitrag zum Klimaschutz in der heimischen Land- und Forstwirtschaft leisten und ließe sich hinsichtlich der Leistung, wie in Kapitel 4.2 dargestellt, zu weiten Teilen flächenneutral steigern.

Die Strommarktdesignstudie des Bundesverbands Erneuerbare Energie, welche vom Fraunhofer IEE und Fraunhofer ISE im Dezember 2021 veröffentlicht wurde, zeigt hierzu einen möglichen Pfad auf. Dabei wurde die Erzeugerflexibilität unter anderem maßgeblich über die flexiblere Nutzung der Bioenergie mit heimischer Nutzung der Rohstoffpotentiale umgesetzt.17

In der BEE-Studie wurde dabei nicht mehr Bioenergie verstromt als bisher, diese aber flexibler eingesetzt. Diese Möglichkeit zum flexiblen Einsatz der Bioenergie ist ein entscheidendes Argument, welches in den Diskussionen um ihre Zukunft nicht berücksichtigt wird. Ein Leistungszubau im Bioenergiebereich geht nicht zwingend mit einem größeren Flächenverbrauch und einer höheren produzierten Arbeit einher. Ausreichend dimensionierte Gas- und Wärmespeicher ermöglichen einen flexiblen Betrieb, der das Stromnetz bei gleichzeitiger Nutzung der anfallenden Wärme entlastet.

Dabei können je nach Anlagenkonzept sowohl kurz- und mittelfristige Schwankungen als auch saisonal bedingte Residuallasten abgedeckt werden. Auch in der BEE-Strommarktdesignstudie wurde daher die Stromerzeugung aus Bioenergie nur in Zeiten des residualen Stromlastbedarfs realisiert, dafür aber mit deutlich höherer Stromleistung. Eine solche „Überbauung“ der Biogasinstallation um den Faktor 6 führt dazu, dass die Bioenergie weniger als 1.500 Volllaststunden erreicht, dafür jedoch in der Lage ist, in solchen Stunden bis zum sechsfachen der heutigen Leistung bei Bedarf einzuspeisen.

Für die nachfolgende Analyse der Erzeugerflexibilität aus Bioenergie soll daher der Flexibilisierungsgrad in Form der Volllaststunden analysiert werden.

Wie in Abb. 45 zu erkennen hat sich der Flexibilisierungsgrad der Biogasanlagen seit 2015 im Zuge der Förderbedingungen deutlich verbessert. Dieses flexible Verhalten liegt vor allem an der starken Überbauung eines Teils des heutigen Biogasanlagenparks mit einem Faktor von vier bis acht zur bisherigen Nennleistung der Anlagen. Die Trendlinie (gelb gestrichelt) zeigt hierbei einen Pfad mit deutlich stärker sinkenden Volllaststunden und somit größerer Erzeugerflexibilität, welche sich bei Fortführung einer solchen Überbauung auf den gesamten Biogasanlagenpark entwickeln würde.

Abb. 45: Übersicht über die Volllaststunden der Bioenergie

Anhand dieser Pfadprognose gehen die Erneuerbaren-Verbände von einer Senkung der Volllaststunden bis zum Jahr 2045 auf ca. 1.500 h/a aus, was einer sechsfachen Überbauung entsprechen würde.

Die Langfristszenarien aus dem Jahr 2021 haben eine ähnliche Flexibilisierungsrate projiziert, auch wenn diese mit knapp über 2.300 h/a leicht höher ausfällt. Es ist auffällig, dass die neueren Langfristszenarien Ende 2022 eine deutlich schlechtere Flexibilisierung im Bioenergiebereich annehmen als ihre eigene Vorstudie aus dem Jahr 2021.

Im Jahr 2025 weist diese zudem eine schlechtere Flexibilisierung auf als in der Realität 2021 realisiert und kommt in den Folgejahren zu einer deutlich geringeren Steigung.

Aus Sicht des BEE ist die deutlich geringere Flexibilitätsannahme der Langfristszenarien 2022 sowohl im Kontext der Entwicklung der letzten Jahre als auch bei Betrachtung der vorangegangen Langfristszenarien nicht einfach erklärbar. Für einen ressourcenschonenden Umgang im Rahmen der Energiewende erscheint eine solche Annahme auch nicht zielführend. Der BEE bittet daher die Autoren, diese Annahme zu erläutern und entsprechend auch anzupassen.

 

8. ABSCHÄTZUNG DER ABWEICHUNGSGRÖßEN IN DEN LANGFRISTSZENARIEN

Wie in dieser Kurzstudie aufgezeigt und belegt, besitzen die Langfristszenarien erhebliche Abweichungsgrößen bei der Abbildung jeder erneuerbaren Technologien. Nachfolgend soll sowohl eine erste Abschätzung der Abweichungsgrößen in absoluter Höhe als auch deren Auswirkungen auf die Ergebnisse erfolgen. Die nachfolgende Betrachtung kann hierbei nur eine grobe Abschätzung der Abweichungsgröße sein, da der BEE nur die Input- und Outputgrößen bewerten kann, jedoch keinen Einblick in die „Black Box“ der verwendeten Simulationsumgebung hat.

8.1 Windenergie Onshore

Wie im Kapitel 4.4 beschrieben, haben die Langfristszenarien mit der Begrenzung der Windenergieanlagen auf 150 m Nabenhöhe und der minimalen Flächenleistung von nur 280 W/m² selbst den heutigen Stand der Technik nicht korrekt wiedergegeben. In den letzten zwei Jahren weisen über 75 % aller Neuanlagen eine bessere Anlagentechnik auf, als die Langfristszenarien bis einschließlich 2040 vorsehen. Dies kann zu erheblichen Abweichungen in den Ergebnissen führen, wie bereits in anderen wissenschaftlichen Arbeiten untersucht und belegt wurde18.

Der BEE will an dieser Stelle nur den Effekt einer besseren Schwachwindanlage (mit ca. 230 W/ m²), wie sie bereits seit mehreren Jahren in Deutschland installiert wird, in Bezug auf die zentralen Ergebnisse der Langfristszenarien darstellen.

Der Effekt größerer Nabenhöhen und damit auch besserer Einspeisung der Windenergie Onshore, vor allem in Schwachwindzeiten, bleibt damit ebenso unberücksichtigt wie auch die stärkere dezentrale, verbrauchsnahe Stromproduktion in Süddeutschland.

Innerhalb der Auswertung sollen folgende 5 Aspekte untersucht werden:

  1. Die ermittelten Volllaststunden der Windenergie
  2. Die benötigte H2 Rückverstromungsmengen
  3. Die Reduktion der Stunden, in denen überhaupt H2-Gasturbinen notwendig sind
  4. Die Reduktion der Importmengen sowie
  5. Die zusätzliche Windeinspeisung im Allgemeinen.

Um die Auswirkungen einer besseren Schwachwindanlage auf die oben genannten 5 Aspekte zu zeigen, wird das Szenariojahr 2045 zu Grunde gelegt. In der Folge wird die alte Windeinspeisungszeitreihe durch eine neue Windeinspeisungszeitreihe, basierend auf einer Schwachwindanlage von 230 W/m², ersetzt. Möglich wird dies, da sich nach Aussage der Autoren der Langfristszenarien das System stets bei der Anlagenausrichtung am Optimum bewegt, so dass das System in der Zukunft fast nur Windenergieanlagen mit einer Nabenhöhe von 150 m und mit einer Flächenleistung von 280 W/m² berücksichtigen wird.

Das bedeutet, dass aufgrund der Lebensdauer von Windenergieanlagen von 20 bis 25 Jahren im Jahr 2045 fast ausschließlich Anlagen mit den vorgenannten Spezifikationen installiert sein werden. Damit lässt sich aus der Windeinspeisung anhand einer Leistungskennlinie einer 280 W/m² Anlage auf die stündliche mittlere Windgeschwindigkeit zurückrechnen.

Dieser Ansatz ist stark konservativ und unterschätzt sehr wahrscheinlich die reale mittlere Windgeschwindigkeit, da u.a. die maximale Windeinspeisung im Portfolio Deutschlands bei nur 85 % der Nennleistung liegt (Portfolioeffekt über Deutschland).

Danach wird auf Basis der so ermittelten stündlichen Windgeschwindigkeit mit Hilfe der Leistungskennlinie eines 230 W/m² Anlagentyps diese in eine Stromeinspeisung umgerechnet.

Der BEE weist an dieser Stelle darauf hin, dass vor allem in Schwachwindzeiten die so ermittelte neue Stromeinspeisung der Windeinspeisung zusätzlich unterschätzt wird. Hintergrund dessen ist, dass die Langfristszenarien im Zeitverlauf zwischen 2025 bis 2045

  1. trotz deutlicher Reduktion der Flächenleistung (2025: 365 W/m² Ú 2045: 280 W/m²)
  2. deutlich höherer Nabenhöhen (2025: 102 m Ú 2045: 150 m) als auch
  3. deutlich stärkerer süddeutscher Windeinspeisung

kaum Unterschiede in der relativen Windeinspeisung aufwiesen (siehe Abb. 16), obwohl eine höhere relative Windeinspeisung, vor allem in Schwachwindzeiten, zu erwarten gewesen wäre.

Ergebnis Volllaststunden:

Wie in Abb. 46 zu sehen, würde allein die Verwendung einer deutlich stärkeren Schwachwindanlage in den Langfristszenarien einen erheblichen Anstieg der produzierten Strommengen bedeuten (+16 % der Wind Onshore Strommenge).

In der Realität dürfte sich dieser Anstieg vor allem auch in den wichtigen Schwachwindzeiten bemerkbar machen und somit nicht nur die Integration der Windenergie drastisch verbessern, sondern auch den Bedarf an H2-Gasturbinen und deren Rückverstromung reduzieren.

Der Effekt der höheren Nabenhöhe und somit besseren Windhöffigkeit in der Realität ist hierbei noch nicht berücksichtigt.

Abb. 46: Entwicklung Volllaststunden Wind Onshore

Insgesamt ergibt sich eine Mehreinspeisung von 62 TWh.

Ergebnis H2 Rückverstromungsmenge:

Innerhalb dieser vereinfachten Analyse wird die zusätzliche Windeinspeisung im Onshore-Bereich vorrangig verwendet, um bei einer zeitgleich stündlich realisierten H2-Rückverstromung H2-Gasturbinen zu substituieren.

Wie in Abb. 47 zu sehen, könnten durch die zusätzliche Onshore-Wind-Einspeisung über

  1. TWh des Bedarfs an H2-Rückverstromung eingespart werden, was eine Reduktion um 26 % bedeutet.

Es verbleiben von der Mehreinspeisung durch Wind an Land für die weiteren Berechnungen noch 53 TWh.

Abb. 47: Entwicklung H2-Rückverstromung

Ergebnis Stunden mit H2-Gasturbinen:

Die verringerte Rückverstromung führt gleichzeitig auch zu einer Reduktion an Stunden, in denen überhaupt keine H2-Gasturbineneinspeisung mehr gebraucht wird.

Da H2-Gasturbinen häufig preissetzend am Strommarkt sind führt dies dazu, dass die Strompreise in solchen Stunden dann deutlich niedriger ausfallen können und somit einen direkten Einfluss auf die Wirtschaft haben.

Innerhalb der Berechnung kann gezeigt werden, dass die Anzahl an Stunden mit H2-Gasturbineneinspeisung um 428 Stunden reduziert werden kann, was einer Reduktion um 22,3 % entspricht (siehe Abb. 48).

Ergebnis Reduktion der Importmengen:

Die verbliebenen 53 TWh Mehreinspeisung aus Wind Onshore werden danach zur Reduktion der zeitgleichen Importmengen Deutschlands verwendet.

Insgesamt kann so die Importmenge um weitere 30 TWh gesenkt werden, was einer Reduktion von 24,7 % entspricht (siehe Abb. 49).

Es verbleiben von der Mehreinspeisung Wind an Land für die weiteren Berechnungen noch ca. zusätzlich 23 TWh, welche sowohl preissenkend wirken als auch über den Einsatz von Speichern eine bessere Integration von Sektorenkopplung (u.a. Elektrolyseure) ermöglichen könnte.

Abb. 48: Stunden mit H2-Gasturbineneinspeisung

Abb. 49: Reduktion der Importmengen

Fazit:

Wie in Abb. 50 gut zu erkennen kann, bereits mit der Verwendung einer entsprechenden Schwachwindanlage ca. 62 TWh mehr grüne Strommenge erzeugt werden. Diese können dann maßgeblich zur Einsparung von H2-Rückverstromung beitragen, die Strompreise in über 400 Stunden im Jahr deutlich senken und gleichzeitig die Stromimporte um über 30 TWh reduzieren.

Abb. 50: Übersicht über die Substitution der Mehreinspeisung aus Wind Onshore in den Langfristszenarien

Es verbleibt sogar noch ein Rest von ca. 23 TWh (dunkelgrüner Balken) der für weitere Anwendungen (vor allem im Sektorenkopplungsbereich) zur Verfügung steht.

Dieses einfache Beispiel beinhaltet nur die Korrektur eines einzelnen Teilfehlers in der Betrachtung der Onshore-Windenergie-Technologien. Hier wurde nur ein Anlagentyp korrigiert, nicht jedoch die real deutlich höhere Nabenhöhe oder eine stärkere Einspeisung aus Süddeutschland. Doch wie bereits oben belegt, hat selbst diese Teilkorrektur massive Auswirkungen auf die Ergebnisse der Langfristszenarien.

Insgesamt lag die ermittelte Leistungsabweichung der neuen Einspeisungszeitreihe Wind Onshore zur ausgewiesenen Onshore-Zeitreihe der Langfristszenarien bei teilweise über 13 GW. Mit dem oben gewählten Ansatz konnte gezeigt werden, dass im Szenariojahr 2045 in über 8.000 Stunden die Abweichung oberhalb von 1 GW liegt.

8.2 Windenergie Offshore

Da es sich im Offshore-Bereich der Langfristszenarien um eine heuristische Abweichung (siehe Abb. 21) handelt, ist eine Neuberechnung der Windeinspeisung wie im Onshore Bereich mit der Schwachwindanlage nicht zielführend, da der Abweichung so übernommen würde.

Um eine Abschätzung der Abweichung Im Offshorebereich vorzunehmen, werden zuerst die Energiemengen bestimmt, welche definitiv als Fehler anzusetzen sind. Dies betrifft alle Strommengen oberhalb von 95 % der Nennleistung, da zu keinem Zeitpunkt in der Vergangenheit im Offshorebereich mehr als 95 % der Nennleistung, unter anderem aufgrund von Abschattungen und technischer Verfügbarkeit, eingespeist wurden.

Dies entspricht bis zu 3,5 GW an Leistung in insgesamt 818 Stunden des Jahres. Insgesamt umfasst dieser Fehler eine Gesamteinspeisung von fast 2 TWh.

Die eben genannte Bestimmung der Abweichung st allerdings nur ein Teilfehler, da in diesem Fall nun alle Stunden oberhalb von 95 % der Nennleistung (818 Stunden) auf dem Prozentrang 95 % (umfasst die Stunden mit einer relativen Einspeisung zwischen 94 % und 95 % der Nennleistung) lägen. Da in der Realität der letzten 8 Jahre (2015 bis 2022) im Mittel nur 7 Stunden auf dem Prozentrang 95 % lagen, wäre dieser Ansatz zur Bestimmung der Abweichung nicht korrekt.

Um eine grobe Abschätzungder Abweichung im Offshore-Bereich zu ermitteln, kann die heuristische Verteilung der letzten Jahre (siehe blau gestrichelte Kurve in Abb. 21) als Grundlage für die zu erwartende heuristische Verteilung der Zukunft herangezogen werden. Hintergrund dieser Annahme ist, dass es keinen logischen Grund gäbe anzunehmen, dass sich die heuristische Verteilung dermaßen stark in höhere Nennleistungsbereiche wie bei den Langfristszenarien verschieben würde.

Dies ist wie bereits oben beschrieben durch die technische Verfügbarkeit der Anlagen ausgeschlossen. Diese wurde in den Langfristszenarien im Onshore-Bereich bereits mit 98 % angegeben. Zudem kommen im zeitlichen Verlauf deutlich stärkere Abschattungseffekte bei weiterer Verdichtung im Offshore-Bereich, sowohl in der deutschen AWZ als auch in den anderen europäischen Anrainerstaaten, dämpfend hinzu. Dieser Effekt ist zudem auch in anderen Studien, so z.B. der Strommarktdesignstudie des BEE vom Fraunhofer IEE und Fraunhofer ISE, beschrieben.

Am Beispiel der Abb. 51 soll die Neuverteilung der Stunden in den bisherigen Prozenträngen 96 % bis 100 % (818 Stunden) verdeutlicht werden. In einem einfachen Verfahren werden die Stunden des Prozentrangs 100 % der Langfristszenarien (insgesamt 344 Stunden) auf Stunden der mittleren Verteilung der letzten 8 Jahre gelegt, welche die höchste relative Auslastung hatten. Somit ist sichergestellt, dass die daraus entstehende Abweichung stets die kleinste Differenz an Prozenträngen im Bezug zur Nennleistung (und somit im Leistungsbereich) hat.

Wie in Abb. 51 gut zu erkennen, würden allein die 344 Stunden des Prozentrangs 100 % der Langfristszenarien fast alle freien Stunden der Prozentränge 89 % bis 95 % der mittleren Verteilung der letzten Jahre füllen (dunkelgrüne Balken). Danach erfolgt die Neuverteilung des Prozentranges 99 % (insgesamt 115 Stunden), welche die freien Stunden der Prozentränge 88 % bis 89 % der mittleren Verteilung der letzten Jahre vollständig deckt (hellgrüner Balken).

Abb. 51: Beispielhafte neue Verteilung der Stundenanteile der Langfristszenarien

Abb. 52: Verlauf der kumulierten Stundenlinien der Realität und der Langfristszenarien

Diese beispielhafte neue Verteilung der Stundenanteile der Langfristszenarien wird bis zum Prozentrang 60 % vorgenommen, da, wie in Abb. 52 zu sehen, sich dort die kumulierten Stundenlinien zwischen der Realität und den Langfristszenarien treffen.

Ergebnis:

Auf Basis der oben beschriebenen Neuverteilung der Stunden der einzelnen Prozentränge auf die mittlere Verteilung der letzten acht Jahre gäbe es eine Leistungsabweichung von über 9 GW und eine Abweichung in den produzierten Energiemengen von 13,5 TWh in den Langfristszenarien.

Bezieht man die Neuverteilung ausschließlich auf die Prozentränge 96 % bis 100 % der Langfristszenarien, so würden sich folgende Werte ergeben:

  1. die Leistungsabweichung würde bei über 9 GW verbleiben und
  2. die Abweichung zur produzierten Energiemenge bei ca. 6 TWh liegen.

Somit kann gezeigt werden, dass der überwiegende Teil der Abweichung (100 % bei der maximalen Leistungsabweichung und 45 % bei der Energiemenge) sich nur auf diesen Bereich bezieht. Dies ist insofern von Relevanz, als dass aufgrund der bisherigen Heuristik des Einspeisungsverhaltens der letzten 8 Jahre im Offshore-Bereich davon ausgegangen werden kann, dass die Einspeisungen oberhalb des Prozentrangs 95 % fehlerhaft in den Langfristszenarien sind. Daher bildet dies die minimale Abweichungsgröße der Langfristszenarien im Offshore-Bereich.

8.3 Abweichung Photovoltaik

Die Abweichung der Photovoltaik (PV) basiert innerhalb der Langfristszenarien auf zwei Ebenen, welche nachfolgend kurz beschrieben und bewertet werden sollen.

Ebene 1: pauschale Abregelung auf einen bestimmten Leistungswert

Die Langfristszenarien haben die PV, wie in Abb. 27 klar zu erkennen, pauschal bei ca. 50 % der deutschlandweiten Einspeisung abgeregelt. Diese pauschale Abregelung der Photovoltaik tritt in den Szenariojahren des TN-Strom-Szenarios der Langfristszenarien in 128 bis 144 Stunden im Jahresverlauf auf. Wie auch in Abb. 41 zu sehen, kommt es hierbei auch häufig zu zeitgleichen teuren Nettoimporten Deutschlands, was die Sinnhaftigkeit einer solchen pauschalen Abregelungshöhe zusätzlich in Frage stellt.

Die Abweichungsgröße zur Realität ergibt sich aus der pauschalen PV-Abregelung auf einen bestimmten Leistungswert in den Langfristszenarien gegenüber dem Dargebot. Um diese zu bestimmen, werden basierend auf den jeweils drei besten Sonnentagen der Jahre 2012 bis 2022 (insgesamt somit 33 Solartage) auf Basis der online von den Übertragungsnetzbetreibern veröffentlichten Einspeisung ein mittlerer relativer Einspeisungsverlauf (gelbe Linie) als auch das 90 %-Quantil (Nicht-Berücksichtigung der obersten 10 %, blau, gestrichelte Linie) ermittelt. Dies ist in Abb. 53 dargestellt.

Abb. 53: Mittlerer solarer Einspeisungsverlauf der besten Sonnentage der Jahre 2012 bis 2022

Gut zu erkennen ist, dass an besonders sonnigen Tagen die gesamtdeutsche PV-Einspeisung eine mittlere relative Auslastung von über 64 % der Nennleistung aufweist. Teilweise werden auch Werte oberhalb von 68 % erreicht (90 % Quantil). Da die Langfristszenarien pauschal bei 50,4 % der Nennleistung (Wert aus den TN-Strom 2045) abgeregelt haben, ergibt sich somit eine Abweichung zur realen Einspeisung von 13,7 % (bei Bewertung zur mittl. Einspeisung) bzw. von 18,4 % (bei Bewertung des 90 % Quantils) der Nennleistung.

Im Szenariojahr 2040 des TN-Strom 2040-Szenarios entspricht dies einer künstlichen Abregelung der Photovoltaikeinspeisung in Spitze von 54,8 GW bzw. 73,6 GW. Ob hier- für überhaupt in den Langfristszenarien ausreichende steuerbare Leistung vorhanden sind lässt sich anhand der veröffentlichten Daten bzw. der Annahme zur Umsetzung der PV-Steuerung (siehe Kapitel 5.3) nicht abschließend bewertet werden.

Ebene 2: konstante Einspeisung

Wie bereits in Kapitel 5.3 aufgezeigt, ist die in den Langfristszenarien dargestellte konstante PV-Einspeisungslinie in Deutschland aufgrund der Millionen von PV-Anlagen im Hintergrund der aktuellen Probleme bereits im Redispatch 2.0 Prozess nur schwer denk- oder umsetzbar. Zudem ist eine solche Reduzierung der PV Einspeisung auf einen konstanten Leistungswert auch nicht sinnvoll und führt u.U. zu höheren Kosten aufgrund dann unnötigen Stromimporten bzw. begrenztem Merit-Order Effekt auf den nationalen Strompreis.

Zudem ist eine konstante PV-Einspeisung aufgrund diverser Punkte (z.B. Prognoseunsicherheit, kurzfristiger Ausfall von Anlagen, Ausfall der Steuereinheit zur Regelung, usw.) so nicht 100 % abbildbar. Daher stellt auch das konstante Einspeisungsverhalten der PV innerhalb der pauschalen Abregelung eine Abweichungsgröße dar.

Diese zusätzliche Abweichungsgröße ist nur sehr grob zu erfassen, da darin eine Vielzahl von Variablen enthalten sind, deren Einfluss nicht vorab bekannt ist.

Geht man von nur 1 % zur Nennleistung als Schwankungsbreite um die konstante PV-Einspeisung aus, entspricht dies im Jahr 2045 einer zusätzlichen Abweichung im Umfang von ca. 4,3 GW. Die Autoren dieser Kurzstudie halten eine Schwankungsbreite von 3 % der Nennleistung aufgrund der Vielzahl von Einflussfaktoren für möglich, so dass der zusätzliche maximale Abweichung auf ca. 12 bis 13 GW geschätzt wird.

8.4 Abweichung Wasserkraft

Die Bestimmung der Abweichung der Wasserkraft ist gegenüber allen vorgenannten Abweichungsermittlung auf Basis des Vergleichs der realen Wasserkrafteinspeisung aus dem Wetterjahr 2010 möglich. Hintergrund dessen ist:

  1. Das Wetterjahr entspricht dem in den Langfristszenarien hinterlegten Wetterjahr
  2. Die Langfristszenarien sehen keine Änderungen der Installation der Wasserkraft vor, so dass davon ausgegangen wird, dass die gleichen Anlagenstandorte mit den gleichen Anlagentypen verwendet werden.

Auf Basis dieses Vergleichs kann gezeigt werden, dass die kumulierte stündliche absolute Abweichung der Langfristszenarien im Wasserkraftbereich im TN-Strom 2025 bei 6,3 TWh und im TN-Strom 2045 bei 7,3 TWh liegt.

Dies entspricht bei einer Jahresarbeit in den Langfristszenarien von 20,4 TWh einer relativen Abweichung von 30 bis 35 %.

Die Abweichung der größten stündlichen Einspeisung liegt bei 2,5 GW. Bei einer maximalen stündlichen deutschlandweiten Wasserkrafteinspeisung im Jahr 2010 von 4,3 GW entspricht dies einer relativen Abweichung von 58 %.

Die hohen relativen Abweichungen im Bereich der Wasserkraft unterstreichen nochmals mehr als deutlich, dass die Langfristszenarien die Wasserkraft komplett falsch abgebildet haben und eine Neuberechnung zwingend erforderlich ist.

Die Wasserkraft besitzt zudem einen zusätzlichen simulationsrelevanten Fehler, der nur bedingt mit obiger Analyse erfasst werden. Es handelt sich hierbei um:

» Die künstlich impliziten Flexibilitäten, welche die Langfristszenarien durch:die konstante Einspeisung der Wasserkraft über 75 % bis 90 % der Zeitfenster angesetzt haben.

» Den starken und vor allem gesteuerten Leistungshub oberhalb der technischen Möglichkeiten der Wasserkraft.

» Die saisonale Verschiebung von über 800 GWh, was in dieser Größe ebenfalls techisch nicht möglich ist. Setzt man wie in anderen Studien, unter anderem wie in der BEE-Strommarktdesignstudie der Fraunhofer IEE und Fraunhofer ISE ermittelt, für elektrische Speicher eine Speicherkapazität von 6 Volllaststunden an, so würden diese 800 GWh saisonale Verschiebungsvolumen mit einem hohen zweistelligen bzw. niedrigen dreistelligen GW einer Batterieleistung entsprechen.

8.5 Analyse der Volllaststunden der Windenergie Onshore

In diesem Unterkapitel erfolgt eine Analyse und Bewertung der Volllaststunden der Windenergie Onshore in den Langfristszenarien gegenüber der aktuellen Studienlage der letzten Jahre als auch gegenüber der realen Einspeisung der Windenergieanlagen in den Jahren 2020 und 2021.

8.5.1 Analyse der Volllaststunden von Wind-Onshore in Klimaschutz- und Windertragsstudien

Für die Analyse der Volllaststunden von Wind-Onshore wurden nur Studien aufgenommen, die anhand von meteorologischen Daten und den Kennlinien der Windkraftanlagen die Windenergieerträge und Volllaststunden in Deutschland selber berechnet haben19.

Deswegen hat der BEE nicht die Szenarien der Agora Energiewende20, die DENA-Leitstudie21 und das BDI-Klimaszenario22 berücksichtigt, die nur Mittelwerte oder Regressionsanalysen verwendet haben. Außerdem wurden nicht die Ergebnisse des Deutschen Windguards mit der Starkwindanlage für Gesamtdeutschland aufgenommen, da die dafür angenommen Anlage mit 350 W/m2 bereits eine höhere Flächenleistung als der heutige Durchschnitt für Starkwindanlagen aufweist. Stattdessen sind in den BEE-Vergleich die Ertragsmodellierungen des Deutschen Windguard mit einer Anlage mit 230 W/m2 und die bundesdeutschen Berechnungen mit durchschnittlichen Flächenleistungen je Zone von 273 bis 342 W/m2 einbezogen worden.

In der Analyse wurden so weit wie vorhanden, zentrale Parameter für die Berechnung der einzelnen Szenarien (die Flächenleistung der Anlagen W/m2 und die Nabenhöhe) ausgewiesen, um die bessere Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu ermöglichen. Es wurde außerdem das Zustandekommen der Durchschnittswerte untersucht. Dabei fiel auf, dass im Netzentwicklungsplans 2037/2045 die Volllaststunden mit einer sehr großen Bandbreite von 1700 in Bayern und Baden-Württemberg bis 3000 in Norddeutschland reichen. Die sehr niedrigen Werte in Süddeutschland scheinen offensichtlich eine fehlerhafte Modellierung zu sein, weil der Großteil der Anlagen in Süddeutschland über 140 Nabenhöhe bereits heute deutlich über 2000 Volllaststunden erreicht und einige davon zwischen 2500 und 3000 Stunden liegen.

Der Studienvergleich zeigt insgesamt, dass alle Szenarien mit eigener Windertragsmodellierung bereits 2030 deutlich über dem Ergebnis der Langfristszenarien für 2045 mit 2430 Volllaststunden liegen (siehe folgende Abb. 54). Bis 2050 fällt die Differenz zwischen den Vergleichsszenarien und den Langfristszenarien noch größer aus. Aus dem Gesamtbild fallen nur die Szenarien des Netzentwicklungsplans, die 2045 mit 2.414-2.448 Stunden nur leicht über den Langfristszenarien landen. Wie oben beschrieben, kommen die niedrigen Werte des NEP durch den offensichtlichen Fehler bei der Berechnung der süddeutschen Volllaststunden zustande. Eine Besonderheit stellt außerdem die Studie des Fraunhofer IEE im Auftrag des Bundesverbandes Windenergie dar, die 2.654 Volllaststunden ergeben hat, allerdings für eine bundesweite Windenergieleistung an Land von 366 GW und damit mit einer doppelt so hohen Onshore Windleistung als die Langfristszenarien.

Abb. 54: Volllaststundenentwicklung der Onshore-Windenergie-Studienvergleich

8.5.2 Analyse der Volllaststunden in den ÜNB-Bewegungsdaten

Die Bewegungsdaten der ÜNB, die alle EEG-Strommengen und EEG-Zahlungen anlagenscharf erfassen, bestätigen das Ergebnis des Studienvergleichs, dass die Onshore-Volllaststunden der Langfristszenarien deutlich zu niedrig ausfallen. Für die Analyse wurden die Bewegungsdaten der ÜNB der Jahre 2020 und 2021 ausgewertet und die Korrelation zwischen der Nabenhöhenentwicklung und der Volllaststunden analysiert. Die Volllaststunden, die sich aus den Bewegungsdaten ergeben, wurden mit dem Ertragsindex von Anemos normiert23. Das 100 % Niveau des Anemos-Index wird aus dem Mittel der Jahre 2002-2021 gebildet24. In den ÜNB-Bewegungsdaten fehlen zudem die Strommengen, die das durch das Einspeisemanagement oder aufgrund von negativen Strompreisen nach §51 des EEG 2017 (6 bzw. 4 Stunden-Regel) abgeregelt worden sind. Deswegen wurde neben der Ertragsnormierung auch eine Skalierung vorgenommen, die auf der Differenz von 7-8 % zwischen den SMARD-Daten25 und der ÜNB-Daten26 basiert, welche die Abschaltungen herausrechnen. Für die Skalierung wurde pauschal ein Wert von 7 % für alle Anlagen und Jahre verwendet.

In der Realität schwankt dieser Wert regional und anlagenspezifisch sehr deutlich, so dass der einheitliche Skalierungswert eine konservative Vereinfachung darstellt, da real größere Anlagen stärker von der Abschaltung betroffen sind als kleinere.

Die Analyse der Bewegungsdaten zeigt insgesamt eine hohe Korrelation zwischen den ansteigenden Nabenhöhen und den Volllaststunden (siehe Abb. 55). Die Ergebnisse illustrieren, dass bereits die heutigen Windkraftanlagen über 140 Meter genauso hohe bzw. noch höhere Werte als die Langfristszenarien mit 2.400 Stunden im Jahr 2045 aufweisen. Wie in Kapitel 4.1 beschrieben und auf Abb. 9 zu sehen, erreichen die höchsten Windkraftanlagen Deutschlands bereits Nabenhöhen von über 170 Meter, so dass sich die in Abb. 55 dargestellte Trendlinie bereits fortsetzt.

Abb. 55: Korrelationsanalyse der Nabenhöhe und der Volllaststunden in den ÜNB-Bewegungsdaten

8.5.3 Bewertung der Annahmen für Abschattungseffekte in den Langfristszenarien

In den Langfristszenarien werden parkinterne Abschattungseffekte für Onshore-Wind von 39 % bis 2045 angenommen was zu den deutlich niedrigeren Volllaststunden in den Langfristszenarien führt. Dieser sehr hohe Abschattungswert ist nicht realistisch, weil der oben beschriebene Studienvergleich gezeigt hat, dass andere Windertragsberechnungen auf deutlich höhere Volllaststunden als die Langfristszenarien gekommen sind.

Sehr anschaulich beweist das die Flächenverfügbarkeitsstudie des UBA27. Die Ertragsmodellierung mithilfe des WEA-Zeitreihenmodells des Fraunhofer IEE ergibt für das Jahr 2030, dass auf nur 1,1 bis 1,5 % der Fläche Deutschlands das Leistungsziel von 115 GW Windenergie und eine Stromerzeugung von 293 TWh (2.550 Volllaststunden, siehe Abb. 54) erreicht werden können. Bis 2040/45 wird nach der UBA-Studie der zukünftige Flächenbedarf für ein Leistungsziel von 160 GW zwischen 1,5 und 2 % liegen. Auch die Studie des Fraunhofer IEE aus dem Jahr 2022 belegt die erheblich höheren Volllaststundenpotenziale in Deutschland als die der Langfristszenarien, da sie 2654 Volllaststunden für eine sehr hohe installierte Leistung von 366 GW auf 5,6 % der Landesfläche berechnet hat.28

Zudem machen die hohen angenommenen Verschattungseffekte von 40 % in Windparks auch betriebswirtschaftlich keinen Sinn. Es würden insbesondere einzelne Anlagen, die zu einer zu hohen Verdichtung und damit Abschattungen führen, aus betriebswirtschaftlichen Gründen nicht installiert, weil sie die Erträge des gesamten Windparks zu stark reduzieren würden. Es stellt sich auch die Frage bei dem hohen Abschattungseffekt, ob es aufgrund der höheren Turbulenz innerhalb der Windparks zu Standfestigkeitsprobleme bzw. Begrenzungen der technischen Lebensdauer von Komponenten der Anlage kommt. Auch dies würde eine solch starke Verdichtung verhindern.

 

 

 

 

1 Implizite Flexibilitäten sind Flexibilitäten, welche in der Simulation genutzt, doch nicht als solche ausgewiesen werden bzw. in der Realität nicht vorhanden sind. Dies umfasst z.B. die konstante Einspeisung der Photovoltaik in Zeiten der Abregelung oder auch die Fahrweise der Wasserkraft.

2 Es konnte ein lineares Verhalten zwischen der stündlichen Einspeisung der Rubrik „Andere Erzeuger“ und der Strompreishöhe in Zeiten hoher Strompreise nachgewiesen werden.

3 Die Abweichungsgröße ist eine Summe der einzelnen gefundenen Abweichungen pro Technologie. Abweichungsfehler unterschiedlicher Technologien können sich in der Realität temporär kumulieren bzw. saldieren.

4 GHD: Gewerbe, Handel und Dienstleistung

5 unter anderem die Strommarktdesignstudie der Fraunhofer Institute IEE und ISE (https://www.klimaneutrales-stromsystem.de/) bzw. die UBA Studie Flächenverfügbarkeitsstudie des UBA (https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/flaechenverfuegbarkeit-flaechenbedarfe-fuer-den)

6 Stellungnahme und Potentialabschätzung zur Nationalen Biomassestrategie: https://www.bioenergie.de/download_file/force/1539/725

7 Projektionsbericht der Bundesregierung 2021, S. 308; https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/372/dokumente/projektionsbericht_2021_uba_website.pdf

8 Das Ziel ließe sich „theoretisch nur durch eine starke Einschränkung der Holzentnahmen bei stabilen Zuwächsen erreichen.“ Dies würde zu Verlagerungseffekten von Klimaschutz in andere Sektoren (z.B. verringerte Substitutionsmöglichkeit energie- und CO2-intensiver Baustoffe, fossiler Energieträger,…) und in Wälder außerhalb Deutschlands führen: „(…) Dann ergibt sich zwar rech-nerisch für den LULUCF-Sektor eine bessere Emissionsbilanz. Dieser sektorspezifisch positive Effekt wird aber durch zusätzliche Emissionen in anderen Sektoren der deutschen Wirtschaft überkompensiert, so dass es für Deutschland insgesamt zu einer Verschlechterung der Emissionsbilanz kommt. (…) Würde das Holz von außerhalb der EU beschafft, käme es bei der derzeitigen Versorgungsstruktur zum überwiegenden Teil aus Ländern mit niedrigeren Standards für nachhaltige Waldwirtschaft (sowie höherem Gefährdungspotential für die biologische Vielfalt). Dieser niedrigere Nachhaltigkeitsstandard impliziert gleichzeitig höhere Emissionen.“ https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Ministerium/Beiraete/waldpolitik/klimaschutzgesetz.pdf;jsessionid=1E1DB5F164B06A9654F5BEC71EB277FC.live832? blob=publicationFile&v=5

9 Siehe die Stellungnahme der Bioenergieverbände zum Entwurf einer Nationalen Biomassestrategie aus dem Januar 2023.

10 Siehe; Guide House Economics (2022), Biomethane production potential in the EU.

11 Stellungnahme und Potentialabschätzung zur Nationalen Biomassestrategie: https://www.bioenergie.de/download_file/force/1539/725

12 Siehe: https://www.langfristszenarien.de/enertile-explorer-de/intern/termine.php?highlight=biomasse

13 Siehe: Agora Energiewende et al (2021), Klimaneutrales Deutschland 2045, S. 97.

14 Hier ausgewählte Beispiele für die Nutzung des bei der Biogasaufbereitung abgeschiedenen CO2s bei gleichzeitig energetischer Nutzung des Biomethans:

15 Basierend auf dem Bestandspark 2021 (Marktstammdaten) sowie dem geplanten Zubau der LFS 3 von ca. 19 GW mit jeweils 4,7 MW Anlagen und der optimalen Auslegung (mit 150 m Nabenhöhe und einer Flächenleistung von 280 W/m²).

16 Basiert vollständig auf den Grenzen der optimalen Auslegung der LFS 3, da alle Bestandsanlagen 2021 bereits über 20 Betriebsjahre haben und somit repowert wurden.

17 Die BEE-Strommarktdesignstudie konnte zeigen, dass Deutschland allein mit der flexiblen Bioenergie, der Wasserkraft, flexibler KWK und Speichern in der Lage ist die Versorgungssicherheit stromseitig zu sichern. Ein Zubau von reinen H2-Gasturbinen wäre für die Versorgungssicherheit im Stromsektor nicht zwingend notwendig.

18 Siehe „Dynamische Simulation des Kraftwerkparks in Deutschland im Jahr 2030 auf regionaler Ebene“, Stark, 2014, Kapitel 5.9

19 https://www.windguard.de/veroeffentlichungen.html?file=files/cto_layout/img/unternehmen/veroeffentlichungen/2020/Volllaststunden%20von%20Windenergieanlagen%20an%20Land%202020.pdf

https://www.netzentwicklungsplan.de/nep-aktuell/netzentwicklungsplan-20372045-2023

https://ariadneprojekt.de/publikation/deutschland-auf-dem-weg-zur-klimaneutralitat-2045-szenarienreport/

https://www.klimaneutrales-stromsystem.de/

https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/flaechenverfuegbarkeit-flaechenbedarfe-fuer-den

https://www.wind-energie.de/fileadmin/redaktion/dokumente/publikationen-oeffentlich/themen/01-mensch-und-umwelt/02-planung/20220920_BWE_Flaechenpotentiale_Windenergie_an_Land.pdf

20 https://www.agora-energiewende.de/veroeffentlichungen/klimaneutrales-deutschland-2045/

21 https://www.dena.de/themen-projekte/projekte/energiesysteme/dena-leitstudie-integrierte-energiewende/

https://www.dena.de/integrierte-energiewende/modul-energieerzeugung-und-verteilung/

22 https://bdi.eu/artikel/news/klimapfade-2-0-wie-wir-unser-industrieland-klimaneutral-gestalten

23 https://www.anemos.de/de/index.php

24 www.anemos.de/Windreport.pdf

25 https://www.smard.de/home

26 https://transparency.entsoe.eu/

27 https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/flaechenverfuegbarkeit-flaechenbedarfe-fuer-den

28 https://www.wind-energie.de/fileadmin/redaktion/dokumente/publikationen-oeffentlich/themen/01-mensch-und-umwelt/02-planung/20220920_BWE_Flaechenpotentiale_Windenergie_an_Land.pdf

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