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Strommast von unten vor blauem Himmel
Positionspapier

Umstellung des Fördermechanismus von einer Zeit- in eine Mengenförderung

10. Mai 2023

Das Wichtigste in Kürze

Um die Klimaziele in Deutschland zu erreichen ist ein starker Ausbau Erneuerbarer Energien bis hin zu einer Vervielfachung an installierter Leistung gegenüber der maximalen Stromlast notwendig. Ein solch starker Überbau an Installation an dargebotsabhängigen Erneuerbaren Energien führt temporär zu deutlich größeren Einspeisungen als wir in Deutschland verbrauchen werden, was ohne ausreichende Flexibilitäten zu einer Ausweitung an stark niedrigen bzw. negativen Strompreisen führen würde.

Aufgrund der fehlenden Vergütung in Zeitfenstern negativer Strompreise (§51 EEG 2021) würde es in Folge einer solchen Ausweitung negativer Strompreiszeitfenster zu einer fehlenden betriebswirtschaftlichen Grundlage der fluktuierenden Erneuerbaren Energien führen, was den dringend benötigten Ausbau Erneuerbarer Energien begrenzt.

Für eine erfolgreiche Energiewende es daher zwingend notwendig, dass im Markt ausreichend Flexibilitäten zur Verfügung stehen, welche bei solchen hohen Erneuerbaren Einspeisungen die Preise stabilisieren. Wie in der Strommarktdesignstudie der Fraunhofer Institute IEE und ISE vom Dezember 2021 im Auftrag des BEE gezeigt, würden selbst unter optimalen Bedingungen hinsichtlich der Entstehung von Flexibilitäten im Verbraucher- und Speicherbereich, nicht ausreichende Flexibilitäten zur Marktstabilisierung entstehen. Es verblieben weiterhin jährlich 300 bis 500 Stunden mit negativen Strompreisen, welche z.B. im PV Bereich dazu führen würde, dass 10% bis 20% der eingespeisten Strommengen keine EEG-Förderung erhielten.

Auf Basis dieser Erkenntnis ist es notwendig auch die Erzeugerflexibilität in Form der Erneuerbaren Energien, zu realisieren. Der aktuelle Fördermechanismus über eine feste Zeitdauer verhindert dies jedoch aktuell und sollte deshalb angepasst werden hin zu einer Mengenförderung über die Betriebslaufzeit.

Wie in diesem Positionspapier gezeigt, ist dieser Vorschlag ohne größere Herausforderung umsetzbar und zudem weitestgehend kostenneutral. Er führt zudem nicht nur zu einer Verhinderung negativer Strompreise, was unter anderem das politische Ziel mit Blick auf den §51 EEG 2021 war, sondern stabilisiert die Marktwerte Erneuerbare Energien. Dies ermöglicht ein Weiterbetrieb von Altanlagen als auch den zeitlich früheren förderfreien Betrieb von Anlagen. Eine Stabilisierung der Marktwerte führt damit sogar zu einer Verringerung des staatlichen Finanzierungsbedarfs der EEG-Zahlungen.- 

Zudem senkt eine Mengenförderung die Investitionsrisiken, was dem beschleunigten klimapolitisch notwendigen erneuerbaren Ausbau unterstützt.

Wie bereits in der Strommarktdesignstudie des BEE gezeigt ist es zudem zwingend notwendig, neben der Erzeugerflexibilität in Form der Mengenförderung, auch andere Flexibilitäten im Bereich der Speicher-, Prosumer- und Verbraucherebene für ein gelingen der Energiewende zu aktivieren

 

1. Rückblick: Entwicklung negativer Strompreise

Die Anzahl negativer Strompreise ist über die letzten 10 Jahre deutlich gestiegen (siehe Abbildung 1). Zudem ist eine Verschiebung der Häufigkeit negativer Strompreise über den Tagesverlauf hin zu den Mittag- und Nachmittagsstunden klar erkennbar. Dies verursacht vor allem für die Photovoltaik in Zukunft erhebliche betriebswirtschaftliche Herausforderung, da dort ihre Haupteinspeisungszeiträume liegen. Erschwert wird dies zudem aufgrund einer mittleren Volllaststundenzahl der PV in Deutschland von ca. 950 h/a, was bereits bei 100 bis 200 negative Strompreisstunden in Zeiten hoher PV-Einstrahlung einen erheblichen Mengenanteil an der vergüteten Jahreseinspeisung verursacht.

Abb. 1: Übersicht über die Verteilung negativer Strompreise über den Tagesverlauf (eigene Darstellung)

Auf Basis der Strommarktdaten der letzten Jahre lässt sich zudem ein klarer strompreissenkende Effekt der volatil erneuerbaren Energien (Wind und PV) darstellen. In Abbildung 2 ist hierzu der mittlere Strompreis der letzten Jahre in Abhängigkeit zur relativen stündlichen Stromlastdeckung durch Wind und PV dargestellt.

Das Jahr 2022 war durch externe Effekte, durch ein deutlich höheres Strompreisniveau als die Vorjahre geprägt und wird deshalb als Ausnahmejahr gesondert (blaue Kurve) gegenüber den anderen betrachteten Jahren (gelbe Kurve) abgebildet. In beiden Kurven lässt sich ein deutlich preissenkender Effekt bei steigenden Anteilen von Wind und PV in der Stromlastdeckung belegen. Das Ausnahmejahr 2022 (blaue Kurve) zeigt hierbei zudem, dass dies auch unabhängig des Strompreisniveaus realisiert wird.

In den Jahren 2017 bis 2021 war der mittlere Spotpreis bereits ab einem Wind- und PV Anteil von 75% an der deutschen Stromlast negativ.

Abb. 2: mittlerer Strompreis in Abhängigkeit zum Wind und PV Anteil der Stromlast

Somit ist die Energiewende und damit der weitere Ausbau der Erneuerbaren Energien nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch für Deutschland von zentraler Bedeutung.

Doch mit steigendem dringend benötigtem Ausbau der Erneuerbaren Energien nehmen auch die Zeitanteile zu, in denen die Erneuerbaren Energien die Schwelle von über 75% von Wind- und PV an der stündlichen deutschen Stromlast decken und somit negative Strompreise generieren. Diese für die Volkswirtschaft sehr positive Entwicklung wird gleichzeitig für den Ausbau Erneuerbarer Energien zu einer großen Herausforderung. Sinkende erzielbare Marktwerte bedrohen aufgrund der Pönalisierung des §51 EEG 2023 nicht nur die betriebswirtschaftliche Grundlage von Neuanlagen in der Förderung, sondern auch den Weiterbetrieb von Altanlagen bzw. förderfreien Neuanlagen.

Im Jahr 2030 sollen nach dem EEG 2023 bereits 80% der Stromversorgung in Deutschland auf Basis von Erneuerbaren Energien realisiert werden. Die sich daraus ergebende Häufigkeit (bezogen auf die Jahresstunden) prozentualer Anteile von Wind und PV an der Stromlast ist in Abbildung 3 dargestellt. Hierzu wurde das Jahr 2021 entsprechend erzeugungsseitig als auch verbrauchseitig skaliert.

Gut zu erkennen ist, dass im Jahr 2030 über 12% der Jahresstunden (> 1.000 Stunden) die Wind- und PV Einspeisung in Deutschland die deutsche Stromlast vollständig decken werden. Zwar entstehen auch bis dorthin Speicher- und Verbrauchsflexibilitäten, doch zeigt die Strommarktdesignstudie des BEE, dass selbst unter optimalen Rahmenbedingungen mehr als 300 Stunden mit negativen Strompreisen verbleiben (siehe Abbildung 4).

 

Abb. 3: Entwicklung der Häufigkeit prozentualer Anteile von Wind und PV an der Stromlast bis 2030

Abb. 4: Anzahl negativer Strompreise BEE Strommarktdesignstudie (Basisszenario)

 

2. §51 EEG 2023 und seine Wirkung

Erstmals wurde im EEG 2014 in §24 die Pönalisierung (Entfall der Vergütung) der erneuerbaren Einspeisung in Zeiten negativer Strompreise vorgesehen. Erneuerbare Energieanlagen mit einer Leistung von mehr als 500 kW und einer Inbetriebnahme nach dem 01.01.2016 erhielten in Zeitfenstern mit mindestens 6 aufeinanderfolgenden negativen Strompreisstunden keine Vergütung mehr.

In den darauffolgenden EEG-Novellen wurde diese Regelung weiter verschärft. So gilt die Pönalisierung für erneuerbare Anlagen seit 2021 bereits ab 4 aufeinanderfolgende negative Strompreisstunden für Anlagen ab 400 kW (zuvor ab 500 kW) mit Inbetriebnahme ab 1.1.2023 und soll bis zum Jahr 2027 (siehe §51 EEG 2023) auf jede einzelne negative Strompreisstunde ausgedehnt werden.

Das politische Ziel war es, mit der Pönalisierung Erneuerbarer Energien bei negativen Strompreisen Flexibilitäten anzureizen und entsprechend negative Strompreise zu verhindern. Doch wie bereits in Abbildung 1 gesehen weiteten sich die negativen Strompreise weiter aus. Doch vor allem ist der Anteil negativer Strompreise zwischen -0,01 bis -0,99 €/MWh stark ausgeprägt, wie man Abbildung 5 gut erkennen. Während in den letzten Jahren bereits ca. 20% aller negativen Strompreise nur wenige Eurocent/MWh unterhalb der 0 €/MWh Grenze liegen, hat sich dies im Jahr 2022, auch aufgrund anderer Effekte, auf fast 60% erhöht.

Der §51 EEG 2023 wird somit häufig wegen nur geringfügig negativer Strompreise aktiviert, führt aber dennoch zu der Pönalisierung und den negativen Effekten auf die betriebswirtschaftliche Grundlage der Erneuerbaren Energien und stellt somit eine Gefahr für den weiteren Ausbau der Erneuerbaren dar.

Abb. 5: Anzahl negativer Strompreise oberhalb von - 1 €/MWh der Jahre 2016 bis 2022

In Abbildung 6 sind hierzu die Mengenanteile der Jahreseinspeisung von Wind und PV zwischen 2016 und September 2021 dargestellt. Aufgrund des stark gestiegenen Marktniveaus seit Mitte 2021 und 2022, auch in Folge der Auswirkungen des Ukrainekriegs, und der damit veränderten Abschaltverhalten der Direktvermarkter ist die Betrachtung dieses Zeitfenster nicht repräsentativ.

Es ist gut zu erkennen, dass die relativen Mengenanteile der Jahreseinspeisung von Wind und PV, welche unter dem §51 EEG (4 Stundenregel) fallen, stetig gestiegen sind, was auch mit dem deutlichen Zubau Erneuerbarer Energien zusammenhängt. Der leichte Abfall in 2021 bei der Windenergie ist aufgrund der fehlenden Betrachtung der windstarken Monate von September bis Dezember zurückzuführen.

Abb. 6: §51 EEG Mengenanteile der Jahreseinspeisung von Wind und PV

Somit stellt der §51 EEG 2021 als auch dessen Verschärfung unter §51 EEG 2023 einen in den kommenden Jahren eine immer stärkere Gefährdung der betriebswirtschaftlichen Grundlage von Neu- und Bestandsanlagen dar. Dies gefährdet massiv die Investitionssicherheit und damit den klimapolitisch notwendigen Ausbau der Erneuerbaren Energien in Deutschland.

 

3. Warum der §51a EEG keine Lösung ist

Innerhalb des EEG existiert über den §51a EEG eine Verlängerungsoption des Vergütungszeitraums um diejenigen Zeitstunden, welche im Rahmen des zwanzigjährigen Förderzeitraums in §51-EEG-Zeitfenstern lagen. Damit wollte der Gesetzgeber im EEG 2021 eine Abhilfe zur oben beschrieben Problematik realisieren. Doch aus den zwei nachfolgenden Gründen kann der §51a EEG das wirtschaftliche Problem des §51 EEG nicht lösen.

1. Nur stündliche Verlängerung des Vergütungszeitraums

Beim §51a EEG handelt es sich nur um eine Verlängerung des Vergütungszeitraums um die Stunden, welche im zwanzigjährigen Vergütungszeitraum §51a Stunden waren. Dies löst den durch den §51 EEG entstandenen wirtschaftlichen Schaden nicht, da die Stunden negativer Strompreise aber Stunden hoher potenzieller Erzeugungsleistung sind (z.B. Mittagsstunden im Sommer bei PV), die nach dem regulären Vergütungszeitraum nachgeholten Stunden jedoch Stunden geringer Erzeugungsleistung sind (z.B. Nachtstunden im Winter bei PV). Somit kann nicht die entgangene Einspeisungsmenge nachgeholt werden, sondern nur eine Nachholung die entgangenen Stunden.,

Basierend auf den ersten 1.000 Stunden der Jahre 2020 bis 2022 und einer angenommenen Einspeisungsniveau bei §51 EEG-Zeiträumen von 50% der Nennleistung entspricht die Entschädigung bei der Windenergie nur knapp 60% und bei der PV nur 5% (siehe Abbildung 7).

Abb. 7: Übersicht über den Entschädigungsanteil des §51a EEG bei Wind und PV

2. Liquiditätsproblem

Da §51 EEG-Zeitfenster dennoch entstehen, werden über die Jahre Mengen nicht vergütet, welche in jedem Jahr zu Erlösausfällen kommen und somit zu einem Liquiditätsproblem führen können, wenn dadurch nicht mehr die Kosten gedeckt werden. Die Anlagen überleben die zwanzig Jahr wirtschaftlich nicht. Zudem erreichen einige Anlagen überhaupt nicht das einundzwanzigste Jahr aufgrund von Repowering.

 

4. Negative Strompreise trotz des §51 EEG

Die politische Idee der Pönalisierung von erneuerbaren Energiemengen in Zeitfenstern negativer Strompreise lag der Gedanke zugrunde, dass Erneuerbare Energien somit freiwillig ihre Strommengen reduzieren und somit selbstständig negative Strompreise verhindern.

Dass sich dies in der Realität der letzten sieben Jahre nicht bewahrheitet hat, ist in den vorangegangenen Auswertungen abgebildet. Der Grund hierfür liegt in der Zeitförderung der Erneuerbaren Energien selbst. Anlagenbetreiber wissen dadurch, dass sie nur in den ersten 20 Jahren eine Einspeisevergütung erhalten können. Dies zwingt die Anlagenbetreiber, dem Direktvermarkter, welcher für sie die Direktvermarktung und somit auch die marktlichen Schalthandlungen übernimmt, eine Entschädigungsklausel in die Verträge zu schreiben.

Somit sind die Direktvermarkter verpflichtet das Äquivalent der entgangenen Vergütung an den Anlagenbetreiber zu zahlen. Schaltet der Direktvermarkter die Anlage, verbleibt es aber bei einem §51 EEG-Zeitfenster, liegt diese Entschädigung bei „0“1,da der Anlagenbetreiber ja keine Marktprämie in solchen Zeitfenster erhält (Äquivalent = 0 €/MWh). Würde der Direktvermarkter aber noch mehr abregeln und der Strompreis würde ins positive umschwenken und es sich somit nicht mehr um ein §51 EEG-Zeitfenster handeln, würde der Direktvermarkter die volle EEG-Vergütung als Entschädigung an den Anlagenbetreiber zahlen müssen (Äquivalent = EEG Vergütung).

Somit reduziert ein Direktvermarkter zwar die Einspeisemengen unterhalb von 0 €/MWh doch kein Direktvermarkter hätte einen Anreiz den Strompreis ins Positive zu drehen, da er andernfalls Entschädigungspflichtig für die gesamten abgeregelten Strommengen wird. Das dies dennoch manchmal passiert, gut zu erkennen an den Stunden mit Strompreisen mit nur wenigen €Cent/MWh, liegt aktuell an der 4 bzw. 6 Stundenregel des §51 EEG, welcher diese Zeitfenster erst auslöst. Diese kann nicht perfekt prognostiziert werden von den Direktvermarktern, da man zwar auf stündlicher Ebene einen kaskadierten Strompreisangebot abgeben kann, jedoch nicht als bündeln über mehrere Stunden.

Es ist somit offensichtlich, dass das politische Ziel mit dem §51 EEG nicht erfüllt werden kann, es aber zu einem massiven betriebswirtschaftlichen Risiko für die Anlagenbetreiber und somit als großes Investitionshemmnis wirkt.

Die Lösung für dieses Problem kann über zwei Wege erreicht werden:

  1. Die Abschaffung der Pönalisierung über den §51 EEG.
  2. Die Umstellung der Zeitförderung auf eine Mengenförderung über die gesamte Betriebslaufzeit einer Anlage, so dass Entschädigungspflichten der Direktvermarkter gegenüber den Anlagenbetreiber nicht mehr nötig sind.

 

5. Lösung: Einführung einer Mengenförderung

Wie im vorangegangenen Kapitel erläutert liegt die Problematik, weshalb Erneuerbare Energien im §51 EEG nicht selbst negative Strompreise verhindern in der Entschädigungspflicht der marktlich schaltenden Direktvermarkter gegenüber den Anlagenbetreiber.

Diese Entschädigungspflicht einer Abregelung könnte allerdings entfallen, wenn es nicht eine Zeitförderung über fest 20 Jahre geben würde, sondern wenn stattdessen die erwartete Einspeisung der ersten 20 Jahre einer Anlage über die gesamte Betriebslaufzeit der Anlage vergütungsfähig wäre.

In einer solchen Mengenförderung würden die Anlagenbetreiber bzw. die finanzierenden Banken ein Anreiz haben, dem jeweiligen Direktvermarkter die klare Anweisung zu geben niemals zu negativen Strompreisen einzuspeisen. Sollte der Strompreis einmal „0“ €/MWh betragen, würde es keine Entschädigungspflicht seitens der Direktvermarkter gegenüber den Anlagenbetreiber geben, da letztere diese Mengen einfach nachholen können.

In der Strommarktdesignstudie des BEE konnte hierbei gezeigt werden, dass es sich nur um ca. 0,4 % der Jahreseinspeisung der Erneuerbaren Energien handelt, um jeden negativen Strompreis aus dem Basisszenario der Studie in einen Nullpreis  zu verschieben. Diese Energiemengen würden aufsummiert über 20 Betriebsjahre nur 8% einer Jahreseinspeisung betragen und könnten somit in wenigen Monaten des einundzwanzigsten Betriebsjahr nachgeholt werden.

Hieraus ergeben sich mehrere Vorteile für den Anlagenbetreiber wie auch für die Volkswirtschaft:

  1. Die Einführung wäre weitgehend kostenneutral, da nicht mehr Einspeisemengen förderfähig wären, als in den ersten 20 Jahren normalerweise eingespeist würden.
  2. Keine negativen Strompreise und somit auch keine §51-EEG-Zeitfenster mehr. Kein daraus entstehendes Investitionsrisiko und Investitionshemmnis.
  3. Minimierung weiterer Finanzierungsrisiken, wie unter anderem schlechte Windjahre, Reparaturstillstände, schlechte Erntejahre, Risiko der Windhöffigkeit oder auch Naturschutzauflagen im Betrieb der Anlagen, da auch diese Stunden nachgeholt werden könnten.
  4. Eingeplante Risikopuffer (z.B. P90-Wert beim Ertragsgutachten) könnten u. U. entfallen, da auch Mindererträge nachgeholt werden könnte.
  5. Vermeidung negativer Strompreise bewirkt auch höhere Marktwerte der Erneuerbaren Energien, was sowohl den Weiterbetrieb von Altanlagen als auch den Neubau außerhalb einer Förderung forcieren und ermöglichen könnte.
  6. Die steuerfinanzierte Förderung der Differenzkosten würde aufgrund der höheren Marktwerte gesenkt werden.
  7. Bei richtiger Ausgestaltung der Mengenförderung (siehe nachfolgendes Kapitel) wäre es zudem möglich, eine Angleichung zwischen windstarken und windschwächeren Standorten zu realisieren. Dies befördert/ermöglicht auch den politisch gewünschten Zubau in den Lastzentren in Süd- und Mitteldeutschland und senkt die Netzausbau- und Redispatchkosten.
  8. Anreiz zum Bau von Photovoltaik in netzdienlicheren und bedarfsgerechteren Ost- und West Ausrichtungen.

 

6. Ausgestaltung einer Mengenförderung

Die Ausgestaltung einer Mengenförderung kann hierbei sehr einfach erfolgen. An den nachfolgenden Beispielen der erneuerbaren Energien wird dies sehr gut sichtbar.

Windenergie

Die Windenergie basiert in den heutigen Ausschreibungsrahmen auf Basis des Referenzertragsmodells. Hierzu wird die am realen Standort ermittelte erwartbare 5 Jahreseinspeisung mit einem „100% Standort“ verglichen. Ist der Standort besser als der „100% Standort“ so erhält der Anbieter einen Abschlag auf den Ausschreibungspreis und umgekehrt einen Zuschlag.

Somit sind im Referenzertragsmodell die eingegangenen Preis- und Mengengrößen bereits bekannt und können direkt in eine Mengenförderung überführt werden. Hierzu müsste nur die aus den Windgutachten abgeleiteten Einspeisungsmenge über 20 Jahre als Mengenkontingent über die Betriebslaufzeit festgehalten werden. Der sich ergebende Korrekturfaktor sollte hierbei der Kehrwert aus dem Verhältnis der Jahreseinspeisung am realen Standort gegenüber dem „100% Standort“ sein und hierbei nicht die bisherige Einteilung in bestimmten „Klassenbreiten“ unterstellen.

Somit wäre ein sehr einfaches Verfahren sichergestellt und gleichzeitig die Standorte über Deutschland gleichgestellt. An folgendem Beispiel soll dies illustriert werden. Die Anlagen würden nach Einspeisung ihrer 20-jährigen Mengenkontingente dasselbe Geld verdient haben.

Beispiel:

In beiden Standorten wird der gleiche Anlagentyp und Nabenhöhe (E101, Nabenhöhe: 135,4 m) eingesetzt. Die Kosten für die Anlage sind somit gleich. Beide Betreiber bieten 5,0 Eurocent/kWh in der Ausschreibung an.

100% Standort (6,45 m/s, Nabenhöhe 100 m, Anlage: Enercon E101, Nabenhöhe 135,4 m)

Einspeisung (5 Jahre) am 100% Standort = 47.163.469 kWh

Erlös (5 Jahre) am 100% Standort = 2.358.173 €

 

Standort A:    120% Standort (+20% gegenüber 100% Standort) = 56.596.163 kWh

Standort B:    70% Standort (- 30% gegenüber 100% Standort) = 33.014.428 kWh

 

Erlös Standort A (5 Jahre) = Einspeisungsmenge (5 Jahre) * Preis * Korrekturfaktor

Erlös Standort A (5 Jahre) = 56.596.163 kWh * 5,0 €Cent/kWh * 1/120% = 2,358 Mio. €

 

Erlös Standort B (5 Jahre) = Einspeisungsmenge (5 Jahre) * Preis * Korrekturfaktor

Erlös Standort B (5 Jahre) = 33.014.428 kWh * 5,0 €Cent/kWh * 1/70% = 2,358 Mio. €

Bioenergie

Da Bioenergieanlagen steuerbar sind, können sie in Zeiten negativer Strompreise ihre Stromproduktion überwiegend einstellen, so dass die Finanzierungsrisiken, die mit zunehmenden negativen Strompreisen einhergehen, für Biomasseanlagen nur in deutlich geringerem Maße entstehen. Der Vorteil einer Mengenförderung gegenüber einer zeitlich begrenzten Förderung bestünde bei Bioenergie jedoch darin, dass die energiewirtschaftlichen Vorteile der Steuerbarkeit stärker zum Einsatz kommen können. Da Biomasse auch über mehrere Monate gelagert werden kann (z.B. im Silo, Holzlager oder als Biomethan im Gasnetz), würde eine Mengenförderung im Gegensatz zu einer zeitlich begrenzten Förderung eine stärkere Verschiebung der Energieerzeugung von einem Kalenderjahr in ein anderes ermöglichen. So könnten in Jahren, in denen z.B. aufgrund eines hohen Wind- oder Solarenergieaufkommens die Residuallast geringer ausfällt oder in denen z.B. aufgrund niedriger Außentemperaturen weniger Wärme nachgefragt wird, die Bioenergieanlagen weniger laufen, ohne dass sich dies negativ auf die insgesamt geförderte Strommenge auswirkt.

Eine Mengenförderung der Stromerzeugung aus Biomasse kann grundsätzlich analog zur Mengenförderung bei Wind- und Solarenergie ausgestaltet werden, müsste jedoch aufgrund der im EEG bestehenden Anforderungen an die Flexibilität angepasst werden:

1. Festlegung von Ausschreibungsvolumina und Gebotsmengen in Bemessungsleistung: Die Ausschreibungsvolumina und die Gebotsmengen müssten in Form von Strommengen eingereicht werden. Im EEG hat sich für Bioenergieanlagen der Begriff der „Bemessungsleistung“ für die in einem Kalenderjahr produzierte Strommenge etabliert (produzierte Strommenge geteilt durch 8.760 Jahresstunden). Ausschreibungsvolumina und Gebotsmengen könnten dann in Form von „Bemessungsleistung“ ausgeschrieben werden. Beispiel: Ein Projektierer reicht (für eine Neuanlage) ein Gebot über 450 kW Bemessungsleistung ein. Dies könnte in ein Stromkontigent von 450 kW Bemessungsleistung x 8760 Jahresstunden x 20 Jahre = 78.840.000 kWh umgerechnet werden.2

2. Beibehaltung der Pflicht zur Überbauung: Im EEG 2023 gibt es eine „Pflicht zur Flexibilisierung“, die sicherstellen soll, dass Bioenergieanlagen technisch zu einer flexiblen Fahrweise in der Lage sind. Diese Anforderung im EEG 2023 besagt, dass die maximal förderfähige Bemessungsleistung einer Biogasanlage 45% ihrer installierten Leistung entspricht bzw. bei Holzenergieanlagen 75% der installierten Leistung. Diese Anforderung kann nahezu unverändert in eine Mengenförderung überführt werden. Die analoge Anforderung im Rahmen einer Mengenförderung an z.B. Biogasanlagen würde dann besagen, dass eine Biogasanlage, für die ein Gebot über 450 kW Bemessungsleistung abgegeben wurde, mindestens eine installierte Leistung von 1 Megawatt aufweisen muss.

3. Umgestaltung des Flexibilitätszuschlags für Biogasanlagen: Biogasanlagen können laut EEG 2023 zusätzlich zur Marktprämie einen Flexibilitätszuschlag in Höhe von jährlich 65 Euro/kW installierter Leistung beanspruchen, begrenzt auf die gesamte Förderperiode (bei Neuanlagen 20 Jahre). Dies soll anreizen, dass Biogasanlagen möglichst niedrige Volllaststunden und damit eine maximale Flexibilität aufweisen. Da bei der Umstellung auf eine Mengenförderung keine Förderperiode mehr festgesetzt wird, müssen die Zahlungen aus dem Flexibilitätszuschlag (20a x 65 Euro/kW installiert) und auf das förderfähige Mengenkontingent umgelegt werden.

Beispiel: Für eine neue Biogasanlage wurde ein Gebot über 450 kW Bemessungsleistung abgegeben (ihr förderfähiges Stromkontingent beträgt damit 78.840.000 kWh) und die Anlage wurde dann mit einer installierten Leistung von 1 MW errichtet. Im EEG 2023 könnte diese Anlage Zahlungen durch den Flexibilitätszuschlag in Höhe von 65 Euro/kW installierter x 1 MW x 20 Jahre = 1,3 Millionen Euro beanspruchen, die über einen Zeitraum von 20 Jahren verteilt ausgezahlt würden. In einer Mengenförderung würde dieser Betrag nicht auf einen Zeitraum von 20 Jahren verteilt, sondern auf ein Stromkontingent von 78.840.000 kWh – dies entspricht 1,65 ct/kWh. Da diese spezifische Zahlung steigt, je höher die installierte Leistung im Vergleich zur Bemessungsleistung ausfällt, wird der Anreiz zu einer möglichst hohen Überbauung bewahrt. Die Absolutbeträge, die der Anlagenbetreiber beim Flexibilitätszuschlag im vorgeschlagenen System der Mengenförderung und in der aktuellen Systematik des EEGs erhält, sind identisch. Es ändert sich lediglich die Berechnungsmethodik.

Weitere Anforderungen des EEG 2023, z.B. Qualitätskriterien an eine flexible Fahrweise, können unverändert in eine Mengenförderung überführt werden.

Photovoltaik

Bei der Photovoltaik bietet es sich an, aufgrund der relativ stabilen jährlichen Stromerzeugung eine einfache und pauschale Berechnungsweise des Mengenkontingents auf Basis von fixen Volllaststunden zu wählen. Ein Vorschlag für die Bestimmung der genauen absoluten Fördermenge pro installierter Kilowattpeak, ggf. ergänzt um ein technologieabhängige Spezifizierung kann im weiteren politischen Umsetzungsprozess erarbeitet werden. Es kann zudem zielführend sein, differenzierte Regelungen für PV-Systeme kleiner und mittelgroßer Leistungsklassen vorzusehen.

Mengenkontingent = bisheriger Förderzeitraum * jährliche Volllaststunden * Nennleistung der Anlage

Wasserkraft

Innerhalb der Wasserkraft sind die Schwankungsbreiten der Volllaststunden auf Deutschlandebene gegenüber der Windenergie erheblich kleiner. Sie liegt um 3.500 h/a. Allerdings gibt es hier zwischen einzelnen Projekten deutlich stärkere Abweichungen als dies die Deutschlandebene vermuten lassen würde.

Da es sich bei der Ausschreibung der Wasserkraft größtenteils um bestehende Anlagen handelt (u.a. bei der Ertüchtigung, Erweiterung, usw.), könnte auf Basis des Einspeisungsverhalten der Vergangenheit abbilden kann. Man könnte hierbei auch das Mengenkontingent, ähnlich wie bei der Windenergie, auf Basis der Ertragsgutachten für die Zukunft basieren.

Umsetzung der Mengenförderung beim Netzbetreiber

Die Mengenförderung selbst kann im aktuellen Rahmen des Vergütungsmechanismus eingebunden werden, da diese in der Ausgestaltung dem heutigen System gleicht.

Der einzige Unterschied besteht darin, dass nicht über einen festen starren Vergütungszeitraum Vergütungen gezahlt werden, sondern auf Basis eines Mengenkontingents, welches festgelegt wird für jede Anlage auf oben beschriebener Weise. Somit müsste der Netzbetreiber bei der monatlichen Auszahlung statt auf das Betriebsjahr auf die bereits eingespeiste Strommenge der Anlage fokussieren. Diese wird bereits für alle Erneuerbare Anlagen in den Bewegungsdaten monatlich erfasst, so dass die Netzbetreiber vor der Auszahlung nur kontrollieren müsste, ob die Anlage ihr Mengenkontingent aufgebraucht hat oder nicht.

Einbindung von Altanlagen in die Mengenförderung

Die Mengenförderung könnte auch auf Bestandsanlagen der fluktuierenden Erneuerbaren Energien (Wind und PV) über eine optionale freiwillige Wahl für die Anlagenbetreiber ausgeweitet werden. Um dies zu realisieren könnte man basierend auf den seinerzeit jeweiligen Ertragsgutachten auf deren Basis die Investitionsentscheidung der Anlagen beruhte das Mengenkontingent bestimmen.

Innerhalb der Photovoltaik bei der eine feste Volllaststundenanzahl zur Bestimmung des Mengenkontingent herangezogen wird, könnte man wie oben beschrieben wie für Neuanlagen vorgehen.

Im Falle eines solchen freiwilligen Wechsels der Anlagenbetreiber aus der Zeitförderung in die Mengenförderung müsste auch hierbei der Netzbetreiber bei der monatlichen Auszahlung einer Prämie fokussieren und einen Abgleich zwischen dem Mengenkontingent und der bereits eingespeisten Energiemenge in der Vergangenheit realisieren (basierend auf den Bewegungsdaten der Anlage).

 


1 In einigen Verträgen wird auch hier der Marktwert als Entschädigung fällig.

2 Da im EEG 2023 Bestandsanlagen, die in einen zweiten Vergütungszeitraum wechseln, keine 20 Jahre, sondern nur 10 Jahre Anspruch auf eine EEG-Vergütung haben, muss ein Gebot für Bestandsanlagen über z.B. 450 kW Bemessungsleistung wie folgt in eine Strommenge umgerechnet werden: 450 kW Bemessungsleistung x 8760 Jahresstunden x 10 Jahre = 39.420.000 kWh

 

Portraitbild von Dr. Matthias Stark
Ansprechpartner*in

Dr. Matthias Stark
Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE)
Leiter Fachbereich Erneuerbare Energiesysteme


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