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Stromtrasse auf einem grünen Feld bei Sonnenaufgang
Stellungnahme

Stellungnahme zum Kabinettsentwurf vom 25.11. der Formulierungshilfe zur Einführung einer Strompreisbremse

5. Dezember 2022

Vorbemerkungen

In der Kabinettssitzung vom 25.11.2022 hat die Bundesregierung (BReG) den Kabinettsentwurf (KabE) für ein „Gesetz zur Einführung einer Strompreisbremse und zur Änderung weiterer energierechtlicher Bestimmungen“ beschlossen. Der Entwurf basiert auf der EU-Verordnung 2022/1854, welche es den Mitgliedstaaten ermöglicht, Maßnahmen gegen die anhaltende Energie- und Versorgungskrise zu treffen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat auf dieser Grundlage in den letzten Wochen erste Entwurfsfassungen erarbeitet und letzte Woche schließlich den Referentenentwurf (RefE) für ein Gesetz zur Einführung einer Strompreisbremse (Strompreisbremsegesetz – StromPBG) vorgelegt. Diesen - mit u.a. relevanten Änderungen im Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) und dem Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) - hat der Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE) trotz der äußerst kurzen Frist von weniger als 24h in der Stellungnahme vom 23.11. ausführlich bewertet.1 Im Folgenden bewertet der BEE die letzte Fassung des Kabinettsentwurfs (KabE) vom 25.11. und zeigt den dringendsten Änderungsbedarf auf.

Als Vertretung der Erneuerbaren-Branche unterstützt der BEE ausdrücklich den kurzfristigen staatlichen Handlungsbedarf in dieser historischen Krise. Die Branche der Erneuerbaren Energien ist sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst und möchte einen Beitrag zur Bewältigung der Krise leisten. Bereits heute senken die Erneuerbaren in der fossilen Energiekrise die Strompreise. Zudem sind ausschließlich die Erneuerbaren Energien in der Lage, Versorgungssicherheit zu bezahlbaren Energiepreisen sicherzustellen. Für den Ausbau der Erneuerbarer Energien bedarf es jetzt enormer Investitionen und eines Beschleunigungspakets. Laut Branchenschätzungen sind allein für den Ausbau der EE-Energien Wind-an-Land (sowie auf See), Photovoltaik und Bioenergie Investitionen von ca. 400 Mrd. Euro bis 2030 notwendig. Statt die im globalen Wettbewerb stehenden Investitionen weiter anzureizen, droht die Strompreisbremse jedoch zur Investitionsbremse und somit zu einer Ausbaubremse zu werden.
Nach wie vor bestehen erhebliche Zweifel, ob der Gesetzesentwurf der EU-Notfallverordnung und dem nationalem Verfassungsrecht entspricht.2 Der Gesetzesentwurf verletzt elementare Grundrechte insbesondere der Betreiber*innen von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien und greift in Vertragskonstellationen Dritter ein. Es besteht daher die Gefahr, dass die geplante Erlösabschöpfung einer juristischen Überprüfung nicht standhält.
Vor diesem Hintergrund lehnt der BEE den vorgeschlagenen Ansatz der BReG entschieden ab und plädiert nach wie vor für eine steuerliche Lösung. Nachdrücklich zu kritisieren ist, dass die Umsätze Erneuerbarer Energien weitestgehend abgeschöpft werden sollen, anstatt wie bei Unternehmen im Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Raffineriebereich einen Teil des Unternehmensgewinns abzuschöpfen. Dies birgt das Risiko von Eingriffen in die betriebswirtschaftliche Grundlage der Marktakteure mit äußerst negativen Folgewirkungen für eben diese, aber auch für den Strommarkt an sich. Aus diesem Grunde wäre ein steuerlicher Abschöpfungsmechanismus, der am Gewinn einer Anlage ansetzt, wesentlich sinnvoller.

Sollte die Bundesregierung an dem vorliegenden Ansatz festhalten, bedarf es unbedingt einiger wichtiger Änderungen, damit der negative Effekt auf den Ausbau und das Investitionsklima der Strompreisbremse gemindert werden kann. Der BEE stellt im Folgenden den dringendsten Änderungsbedarf im StromPBG dar. Für weitere Details verweist der BEE auf seine erste Stellungnahme vom 23.11.2022 und für die ausführliche Bewertung der Änderungen im EEG und EnWG auf die Stellungnahmen des Bundesverbandes WindEnergie e.V. (BWE), des Hauptstadtbüros Bioenergie (HBB)3 und des Bundesverbandes Solarwirtschaft e.V. (BSW).

Das Wichtigste in Kürze

  • Investitions- und Planungssicherheit durch eine klare Befristung gewährleisten:
    Der BEE begrüßt, dass die BReG im KabE der Strompreisbremse einen neuen Stichtag (01.12.2022) gewählt hat und somit die verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung entfällt. Nach wie vor gilt es jedoch, die Rechtssicherheit der Erlösobergrenze zu gewährleisten und diese konform mit dem Verfassungs- und Europarecht auszugestalten. Ein zentraler Punkt hierbei ist die klare Befristung des Vorschlags bis zum Juni 2023. Der BEE fordert eine klare gesetzliche Verankerung der BReG, die regelt, dass es keinen Automatismus zur Abschöpfung ab Juni 2023 gibt, sondern gegebenenfalls ein neuer gesetzgeberischer Rahmen im Einklang mit dem Unionsrecht geschaffen werden muss.
  • Erlösobergrenze anheben und Investitionsspielräume ermöglichen:
    Die EE-Branchen haben enorme Kostensteigerungen bei Material und Zinsen zu verzeichnen: Bei Windenergie an Land sind die Kosten um 30-40 Prozent, bei Photovoltaik um 60-65 Prozent und bei der Biomasse um bis zu 50 Prozent im letzten Jahr gestiegen. Vor diesem Hintergrund ist der massive Eingriff in die Unternehmensumsätze (statt Gewinne) besonders schwerwiegend, schöpft die BReG hier doch dringend notwendigen Investitionsspielraum ab. Der BEE fordert daher, wie in der EU-Verordnung vorgesehen, eine einheitliche Erlösobergrenze von 180 €/MWh zumindest aber eine angemessene Erhöhung des Sicherheitszuschlags.
  • Verwerfungen auf dem Strommarkt vermeiden:
    Mit dem StromPBG würde EE-Anlagen die Grundlage entzogen, auf Langfristmärkten (Kurzfrist-PPA, Terminmarkthandel, Industrie-PPA, Bürgergrünstrom) Grünstrom anzubieten. Das verringerte Angebot auf diesen Märkten könnte zu einer volkswirtschaftlichen Erhöhung der Strompreise und somit zu höheren Staatsausgaben auf der Entlastungsseite führen. Aus diesem Grund sollte ein Weg gefunden werden, wie EE-Anlagen weiterhin auf Langfristmärkten angeboten werden können. Eine Eigenveranlagung auf Basis eines PPA- Vertrags, ähnlich einer Steuererklärung, wäre die am einfachsten umsetzbare Möglichkeit. Sofern dies nicht umgesetzt wird, empfiehlt der BEE zumindest zusätzliche Sicherheitspuffer für Erneuerbare Energien auf dem Terminmarkt einzubauen, um die höheren Risiken und Kosten der schwankend einspeisenden Erneuerbaren Energien abzufedern.
  • Bioenergie ausnehmen und Flexibilitäten im Markt halten:
    Die Anhebung des Sicherheitszuschlags auf 7,5 ct für die Bioenergie im KabE ist zu begrüßen. Jedoch ist dieser Puffer noch nicht ausreichend, um die flexible Leistung der Bioenergie zu sichern. Flexible Bioenergieanlagen, die zu Spitzenlastzeiten fossiles Erdgas ersetzen, drohen so unwirtschaftlich zu werden. Der BEE plädiert daher dafür, die Bioenergie ganz aus der Erlösabschöpfung auszunehmen oder zumindest die Erlöse aus einer flexiblen Stromproduktion vollständig auszuschließen. Um die Bagatellgrenze einzuhalten und eine kontraproduktive Anlagenzusammenfassung zu vermeiden, bedarf es weiterer Gesetzesänderungen.
  • Wegfall positiver Signale hinsichtlich weiterer energierechtlicher Bestimmungen:
    Der BEE kritisiert deutlich, dass im KabE die positiven Änderungen des EEG und EnWG wie z.B. Anhebung der Höchstwerte bei Photovoltaik und Wind, Duldungspflicht für Anschlussleitungen, BNetzA-Befugnis zur Änderung der Höchstwerte entfallen ist und fordert konkrete Nachbesserung, um die neuen Marktrealitäten (insbesondere die steigenden Kosten) abzubilden.

Bewertung des Kabinettsentwurf des StromPBG und Verbesserungsvorschläge

1.    Erlösobergrenze anheben und Investitionsspielräume ermöglichen

Der vorliegende Entwurf sieht für die Stromerzeugung aus EE-Anlagen vor, 90 Prozent aller Strommarkterlöse oberhalb eines Referenzwertes („gestatteter Erlös“) abzuschöpfen, der der bisherigen Vergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) zuzüglich eines Sicherheitszuschlags von 3 ct/kWh bei EE-Anlagen (7,5 ct/kWh bei Biogasanlagen) entspricht. Bei Windenergieanlagen und Solaranlagen ist der Sicherheitszuschlag ferner um 6 Prozent des Mittelwerts des jeweiligen energieträgerspezifischen Monatsmarktwertes erhöht (siehe § 16 StromPBG). Aufgrund der Abschöpfung fiktiver (d.h. nicht realisierter) Erträge statt Gewinne kommen auf Anlagenbetreiber erhebliche wirtschaftliche Härten zu. Liquiditätsprobleme, finanzielle Schäden und teilweise gar die Einstellung des Betriebes der Anlage können hier die Folge sein. Hinzu kommt, dass der Vorschlag der BReG bzw. des BMWK auf veralteten Zahlen beruht. Anlagenbetreiber sind bereits seit Monaten von den massiven Kostensteigerungen in der gesamten Wertschöpfungskette, wie für Bau und Logistik, Rohstoffe und Anlagenkomponenten, aber auch für Finanzierung und Direktvermarktung betroffen. Die Zinssteigerungen von 300 Prozent wirken sich massiv auf die Gesamtkosten aus. In den jeweiligen Branchen machen sich die einzelnen Kostensteigerungen wie folgt bemerkbar:

  • Windenergie: Bei der Windenergie ist eine Gesamtkostensteigerung von 30 bis 40 Prozent zu verzeichnen (siehe BWE Stellungnahme S.4). Dies geht aus einer von WindEurope erstellten Umfrage hervor. Kostentreiber sind die enormen Steigerungen bei u.a. den Vermarktungskosten (teils Verzehnfachung), höhere Transport- und Baukosten für Windenergieanlagen sowie die enorm starken Preissteigerungen bei Umspannwerken. Hinzu kommen finanzielle Risiken, verursacht durch deutlich verlängerte Lieferzeiten, die eine fristgerechte Projektumsetzung erschweren und zu Pönalen nach erteiltem Zuschlag führen können.
  • Photovoltaik: Bei neuen PV-Freiflächenanlagen sind im Vergleich zu 2020 massive Kostensteigerungen von ca. 60-65 Prozent zu verzeichnen. Kostentreiber sind Komponentenpreise (z.B. Module, Wechselrichter, Transformatoren), Arbeitskosten, Zinsen und Netzanschlusskosten. Beim Betrieb von Bestandsanlagen ergeben sich die inflationsbedingten Kostensteigerungen vor allem aus den gestiegenen Direktvermarktungskosten sowie der allgemeinen Inflation (siehe BSW Stellungnahme S. 2).
  • Bioenergie: Bioenergieanlagen sind massiven Steigerungen der festen und variablen Kosten ausgesetzt. Bei Bestandsanlagen sind inflationsbedingt gestiegene Kosten für Wartung, Erneuerung und Reparatur zu verzeichnen. Nicht zuletzt durch den Krieg in der Ukraine kommt es zu Preissprüngen bei Düngemitteln und Agraprodukten. Laut einer Umfrage des Fachverbands Biogas e.V. unter Biogasanlagenbetreibern ist von einer Steigerung der Biogassubstratkosten von rund 50 Prozent auszugehen. Gleichzeitig bedarf die Modernisierung und Flexibilisierung des Anlagenparks großer Neuinvestitionen (siehe HBB-Stellungnahme S.5).

In der Summe ist die von der BReG vorgesehene Erlösobergrenze aufgrund der Kostensteigerungen nicht ausreichend, um den wirtschaftlichen Betrieb einerseits und Neuinvestitionen von EE-Anlagen andererseits zu gewährleisten.

BEE-Vorschläge:

  1. Kein „technologiespezifischer Treppenansatz“ und Anhebung der Erlösobergrenze auf einen einheitlichen, auskömmlichen Wert: Eine technologiespezifische Abschöpfung ist in der EU-Verordnung nicht angelegt und daher nicht EU-rechtskonform. Stattdessen sollte die Bundesregierung eine auskömmliche und einheitliche Erlösobergrenze von 180 €/MWh einführen und diese ggf. um Ausnahmen für diejenigen Technologien ergänzen, die aufgrund ihrer Kostenstruktur nicht im Rahmen dieser Erlösobergrenze betrieben werden können;
  2. Investitionsspielräume über einen erhöhten Sicherheitspuffer ermöglichen: Um der Notwendigkeit von (Neu)Investitionen von Marktakteuren, Anlagenbetreibern und Projektierern im Sinne des beschleunigten EE-Ausbaus Rechnung zu tragen, sollte der Sicherheitspuffer erhöht werden.

2. Bioenergie ausnehmen und Flexibilitäten im Markt halten

Bioenergieanlagen produzieren zu Spitzenlastzeiten Strom, d.h. vor allem in hochpreisigen Zeitfenstern. Aktuell ersetzt Biomasse so in Stunden hoher Börsenstrompreise teures fossiles Erdgas zur Deckung der Spitzenlast und trägt somit zu einer Reduktion des Bedarfs an fossilem Erdgas bei. Eine Verzerrung dieser Strompreissignale kann so zu einem höheren Erdgasbedarf in Spitzenzeiten führen. Mit der im KabE vorliegenden Erlösobergrenze wird Bioenergieanlagen dieser Anreiz zur flexiblen Strombereitstellung genommen. Laut Absatz §16 Abs. 1 KabE soll die Differenz zwischen den „gestatteten Erlösen“ (anzulegender Wert zzgl. Sicherheitszuschlag) und den realen Spotmarkterlösen abgeschöpft werden. Damit würden auch die Erlöse aus einer flexiblen Stromproduktion nur zu 10 Prozent beim Anlagenbetreiber und dem Direktvermarkter verbleiben. Ein Anteil von 10 Prozent ist jedoch viel zu gering, um bei Anlagenbetreiber und Direktvermarkter die Kosten für eine flexible Fahrweise zu decken. In der Folge würde weniger Flexibilität bereitgestellt, mehr fossiles Erdgas zu Spitzenlastleistung verbraucht und die Versorgungskrise am Strommarkt somit verschärft werden.

BEE-Vorschläge:

  1. Flexibilität im Markt halten, Bioenergie ausnehmen: Die Bioenergie ist aufgrund ihrer vergleichsweise hohen Betriebskosten, aber auch aufgrund der ihr angestammten Rolle zur flexiblen Stromerzeugung wie keine andere Erneuerbare Energie von den Erlösobergrenzen negativ betroffen. Mit dem aktuellen Vorschlag stehen viele Anlagen vor dem Aus, und dies absurderweise in Zeiten, in denen die Politik die Ausweitung der Stromproduktion aus Biomasse zur Krisenbewältigung beschlossen hat. Biogas und feste Biomasse sollte daher grundsätzlich vom Abschöpfungsmechanismus ausgenommen werden (siehe HBB Stellungnahme S.9);

    Sollte die Biomasse nicht grundsätzlich ausgenommen werden, müssen der Sicherheitspuffer angehoben und zumindest die Erlöse aus einer flexiblen Stromproduktion vollständig ausgenommen werden (siehe HBB Stellungnahme). Zu diesem Zweck muss die abzuschöpfende Erlösmenge wie folgt neu definiert werden. Für die Bioenergie soll die Erlösmenge nur die Differenz zwischen dem gestatteten Erlös und dem energieträgerspezifischen Monatsmarktwert im Sinne des EEG (Monatsmittelwert an der Epex Spot), ebenso wie bei Wind und Solarenergie, umfassen:

    § 16 Abs. 1 RefE wäre demnach wie folgt zu ergänzen:

    „(1) Überschusserlöse werden vorbehaltlich der §§ 17 und 18 unwiderleglich vermutet, wenn die Spotmarkterlöse in einem Kalendermonat oder im Fall von Windenergieanlagen und Solaranlagen die kalendermonatlichen Erlöse auf Basis des energieträgerspezifischen Monatsmarktwertes nach Anlage 1 Nummer 3.3 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes oder im Fall von Biomasseanlagen die kalendermonatlichen Erlöse auf Basis des energieträgerspezifischen Monatsmarktwertes nach Anlage 1 Nr. 3.2 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes in Summe übersteigen:“
     
  2. 1 MW Bagatellgrenze voll ausschöpfen: Der BEE begrüßt, dass der von der EU eingeräumte Spielraum zur Ausnahme kleiner Anlagen unter 1 MW (DeMinimis Regel) ausgeschöpft werden soll. Im KabE bezieht sich diese 1 MW Bagatellgrenze auf die installierte Leistung (§ 13 Abs. 3 Nr. 2 RefE). Insofern nicht vollständig von der Abschöpfung ausgenommen, muss bei der Biomasse die Bagatellgrenze von 1 MW auf die Bemessungsleistung (im Jahr 2021) statt der installierten Leistung abgestellt werden. Der Grund dafür: Flexibilisierte Biomasseanlagen weisen eine höhere installierte Leistung auf, würden also zum Teil nicht unter die Bagatellgrenze fallen und somit abgeschöpft werden. Legt man die Höchstbemessungsleistung zugrunde, würde auf die tatsächliche Stromerzeugung abgestellt werden (siehe HBB Stellungnahme S.10).

    Zudem ist eine künstliche Anlagenzusammenfassung (siehe §24 Abs.1 EEG 2021) zu unterlassen, da diese nicht nur eine Einschränkung der DeMinimis Regel darstellen würde und ferner kaum vom Anlagenbetreiber selbst überblickt werden kann.

3. Verwerfungen auf den Strommärkten vermeiden

In seiner aktuellen Form würde das StromPBG einen massiven Markteingriff darstellen. Mit dem vorliegenden Ansatz wären faktisch keine Festpreis-Marktmodelle (Kurzfrist-PPA, Terminmarkthandel, Industrie-PPA, Bürgergrünstrom, usw.) mehr möglich. Die im Entwurf des Strom- PBG vorgesehene Berücksichtigung von Langfristgeschäften ist auf die Vermarktung von konventionellen und steuerbaren Kraftwerken und nicht auf die Vermarktung von Strom aus Windenergie und Solaranlagen zugeschnitten. Hintergrund dessen sind die Annahmen zur Preissetzung im Terminmarkt, welche aufgrund diverser zusätzlicher Risiken und Kosten für volatile Erneuerbare Energien nicht zu erreichen sind.

Da Erneuerbare Energien sich in der Folge aus den Langfristmärkten zurückziehen müssten, würde die Strompreisbremse zu einer Verknappung der Angebotsseite auf den Terminmärkten führen. Ein verringertes Angebot würde die Strompreise auf den Terminmärkten in die Höhe treiben und somit zu mehr volkswirtschaftlichen Kosten für alle Endkund*innen, vor allem solche, die sich über PPA etc. langfristig Strom zu fixen Konditionen einkaufen wollen, führen.

Aufgrund der geplanten Regelung in der Strompreisbremse müssten die gestiegenen Kosten bei den Preisen für Endkund*innen durch den Staat wieder aufgefangen werden. Insgesamt würde dies den Sinn der Strompreisbremse, nämlich die hohen Stromkosten zu verringern, konterkarieren. Daher ist eine Regelung hinsichtlich der Langfristmärkte unbedingt geboten.

BEE-Vorschläge:

  1. Eigenveranlagung: Der BEE bekräftigt seinen Vorschlag, auf reale Erträge abzustellen und nicht auf fiktive Erträge auf dem Spotmarkt. Hierzu könnte eine Eigenveranlagung der Anlagenbetreiber mit Ausweisung der realisierten Erträge genutzt werden. Um die Bedenken eines Umgehungstatbestands der Abschöpfung über einer Barwertverschiebung zu verhindern, wäre ein einfaches Verbot von Barwertverschiebungen im Zeitraum der Abschöpfung möglich.
  2. PPA-Vermarktungsverträgen für bestehende Windenergie- und Solaranlagen in § 17 StromPBG berücksichtigen: Sofern eine Eigenveranlagung nicht umsetzbar ist, sollte zumindest eine andere Annahme zur Preissetzung am Terminmarkt für Erneuerbare Energien gelten. Die diversen zusätzlichen Risiken bzw. Kosten bei der Realisierung von Terminmarktgeschäften sollten hierzu über Skalierungen vom Terminmarktpreis grob eingepreist werden. Folgende Parameter wären hierfür geeignet:
    • Um den Merit-Order Effekt einzupreisen, könnte man bei Windenergie einen Marktwertfaktor von 70 % und bei Solarenergie von 80 % ansetzen.
    • Um die zusätzlichen Kosten einzupreisen, wäre ein Sicherheitspuffer von zusätzlich 20 % vorzusehen.
    • Damit vor allem auch ausgeförderte Anlagen diesen Rahmen für einen Weiterbetrieb nutzen können, wäre zu überlegen, ob man einen Korrekturfaktor in Bezug auf die realisierten Volllaststunden vorsieht, um die zusätzlichen Risiken dieser Anlagenklasse einzupreisen.
  3. Grundsicherungspreis ermöglichen: In § 39 besteht die Gefahr, dass Energieversorgungsunternehmen erstens bisher eingeplante Mengen aus der unternehmenseigenen Erzeugung nicht für die Belieferung nutzen könnten und zweitens eine anderweitige Vermarktung und Neubeschaffung der Mengen im Rahmen von §39 nachteilig ausgelegt werden könnte. Dies muss die BReG durch eine Klarstellung vermeiden.

4. Investitions- und Planungssicherheit durch eine klare Befristung gewährleisten

Der Referentenentwurf der Strompreisbremse sah als Stichtag für den Beginn der Strompreisbremse den 01.09.2022 vor. Im Gegensatz hierzu nimmt der vorliegende KabE nun den 01.12.2022 als Anfangsdatum für eine Erlösobergrenze. Der Entfall der Rückwirkung ist ein enorm wichtiges Zeichen an die Branche, dass ein Minimum an Investitions- und Planungssicherheit gewährleistet wird. Ein folgenschwerer Tabubruch konnte so vermieden werden. Dennoch bleiben weitere Unsicherheiten hinsichtlich des rechtlichen Rahmens des StromPBG bestehen:

Die Ausgestaltung der EU-Verordnung ist laut verschiedener Gutachten auch in der jetzt beschlossenen Kabinettsfassung nicht europa- bzw. verfassungskonform.4 Das StromPBG geht deutlich über den Rahmen der EU-Verordnung hinaus, welche eine Erlösobergrenze von 180 €/MWh ermöglicht. Es steht zu erwarten, dass von der Abschöpfung betroffene Unternehmen juristisch gegen die Vorschläge der BReG vorgehen werden. Dies führt zu erheblichen Rechtsunsicherheiten. Zudem sind aufgrund weiterer Unklarheiten hinsichtlich der Durch- und Umsetzung einzelner Paragraphen weitere Rechtsunsicherheiten im StromPBG angelegt. In seiner derzeitigen Ausgestaltung ist der Ansatz unter fachlichen Gesichtspunkten nach Meinung des BEE und seiner Mitgliedsverbände nach wie vor nicht umsetzbar. Er ist unausgegoren und droht ein fehler- und störanfälliges “Bürokratiemonster” zu werden, dessen Aufwand seinen vermeintlichen Nutzen umso mehr in Frage stellt.

Aus Sicht der Erneuerbaren Branche ist weiterhin zu kritisieren, dass mit dem vorliegenden Vorschlag Erneuerbare Zukunftsenergien gezielt schlechter gestellt werden als fossile Energien. Während letztere zumeist entweder ganz aus der Strompreisbremse ausgenommen, per Solidaritätsabgabe beteiligt werden oder über extrem hohe „zugestandene“ Stromgestehungserlöse (bei Kernkraftwerken bis zu 150 €/MWh) kaum abgeschöpft würden bzw. deutlich oberhalb ihrer realen Gestehungskosten, sollen die Erneuerbaren Energien den Löwenanteil der Aufkommensseite der Strompreisbremse stemmen. Dies schafft ein politisch fatales Signal und ein faktisches Missverhältnis.

Insgesamt führt die Strompreisbremse zu einer Beeinträchtigung des Investitionsklimas in Deutschland. Die über den EU-Rahmen hinausgehende Abschöpfung verunsichert die Branche und Investor*innen, welche massiv in den Ausbau Erneuerbarer Energien investieren sollten. Da der Abschöpfungsrahmen für Erneuerbaren Energien in Deutschland, verglichen mit anderen EU-Mitgliedsstaaten, nachteilig ausgestaltet werden soll, ist eine Abwanderung von EE-Investitionen ins Ausland die wohl unvermeidbare Folge.

Sollte die BReG an dem vorliegenden Ansatz festhalten, so ist es von zentraler Bedeutung den Rechts- und Marktrahmen so klar wie möglich zu halten.

BEE-Vorschlag:

  1. Klare Befristung der Abschöpfung: Der Entfall der Rückwirkung, wie im KabE vorgesehen (Abschöpfung ab dem 01.12.2022) muss mit einer klaren Befristung des Rechtsrahmens einhergehen. Investor*innen sind auf Planungs- und Investitionssicherheit angewiesen. Die Möglichkeit der Verlängerung bis Ende 2024 bzw. womöglich sogar darüber hinaus droht zum Damoklesschwert für Neuinvestitionen in den Standort zu werden. Der BEE sieht dies äußerst kritisch und empfiehlt, eine klare zeitliche Begrenzung bis Juni 2023 zu verankern.

Anmerkungen hinsichtlich der weiteren energierechtlichen Bestimmungen

In dem vorliegenden Gesetzentwurf werden neben der Strompreisbremse weitere energierechtliche Bestimmungen vor allem im EEG und EnWG vorgenommen. Diese hat der BEE ebenfalls in seiner Stellungnahme vom 22.11 ausführlich kommentiert, ebenso wie die Fachverbände BWE5, BSW6 und der HBB7. Im Vergleich zum RefE ist bezüglich dieser Änderungen leider eine deutliche Verschlechterung zu konstatierten, welche der BEE sehr kritisch bewertet:

  • Anhebung der Höchstwerte: Der RefE sah die Anhebung der Höchstwerte in §36b EEG (Wind-an-Land) und § 37, 48 EEG (Photovoltaik) um ca. 10-20 % vor, welche der BEE positiv bewertete. Im KabE entfallen diese Anhebungen jedoch. Wenngleich diese Anhebungen noch nicht ausreichend waren, so hält der BEE eine den Kostensteigerungen entsprechende Anpassung für alle Erneuerbaren Energien in den Ausschreibungen für eine elementare Maßnahme für den Erfolg des EE-Ausbaus.
    BEE-Vorschlag: Eine an der Markt- und Preisrealitäten ausgerichtete Anpassung der Höchstwerte im laufenden Gesetzgebungsverfahren oder hilfsweise eine anderweitige zügige gesetzliche Umsetzung wird dringend empfohlen. Zusätzlich sollte die im RefE erweiterte Möglichkeit der Bundesnetzagentur Höchstwerte eigenständig anzupassen wieder eingefügt werden.
     
  • Anhebung der Anzulegenden Werte für PV-Anlagen: Der RefE sah eine Anhebung der anzulegenden Werte für Anlagen bis ein Megawatt vor. Insbesondere für größere Gewerbedächer ist eine Anhebung im Kontext steigender Systempreise und des Rückgangs beim Zubau in diesem essentiellen Marktsegment dringend notwendig. Die Anhebung ist jedoch im KabE vollständig entfallen.
    BEE-Vorschlag: Eine Anhebung der anzulegenden Werte sollte insbesondere im Bereich der größeren Gewerbedächer wieder eingefügt werden, um auf die steigenden Systempreise einzupreisen.
     
  • § 51 Negative Strompreisfenster: Die in § 51 EEG vorgeschlagenen Änderungen würden zu größeren Zeitfenstern mit negativen Strompreisen führen und EE-Anlagen damit ihre betriebswirtschaftliche Grundlage entziehen. Zudem werden aufgrund der Absenkung der Nennleistungsgrenze auf 400 kW mehr Anlagen unter diese Regelung fallen und somit von diesen Risiken betroffen sein.
    BEE-Vorschlag: Von einer Verschärfung der ohnehin marktbelastenden Regelungen in §51 EEG ist unbedingt abzusehen.
     
  • Mengensteuerung: Die Einführung einer Mengensteuerung unter § 28a EEG sieht der BEE kritisch, wo es aktuell doch vor allem um mehr Geschwindigkeit beim Ausbau statt Begrenzung nach unten gehen sollte.
    BEE-Vorschlag: Anstelle einer Einführung einer Mengensteuerung, sollte der Fokus auf die Schaffung der richtigen Rahmenbedingungen für einen stärkeren Ausbau der PV-Freifläche gesetzt werden. Dazu gehören insbesondere die bereits genannte Anhebung der Höchstwerte in Ausschreibungen, die Stärkung des PPA- Marktes sowie eine Ausweitung der Flächenkulisse.
     
  • Vermiedenen Netzentgelte: Bisher erhalten die Betreiber nicht-volatiler, dezentraler Erzeugungsanlagen (Wasserkraft, Bioenergie, v. a. aber Steinkohle) und Stromspeicherbetreiber bei Inbetriebnahme vor dem 1. Januar 2023 für ihre systemdienliche Funktion einen Anspruch auf Zahlung vermiedener Netzentgelte. Als Ausgleich für diese Systemdienstleistungen wird diesen Anlagen ein finanzieller Ausgleich für die vermiedenen Netzentgelte bezahlt. Im Gesetzesentwurf zur StromPBG wird nun im Teil zum EnWG diese in §120 bestehende Regelung zu den vermiedenen Netzentgelten ersatzlos gestrichen, was ein großer Vertrauensbruch darstellt. Dies sollte der Gesetzgeber korrigieren.
    BEE-Vorschlag: Aufhebung der Streichung des §120 EnWG im Gesetzentwurf zum StromPBG und Aufrechterhaltung der nicht-volatilen, dezentralen Erneuerbare Energien-Erzeugungsanlagen.
     
  • Duldungspflicht für Netzanschlüsse: Im RefE war die Einführung einer Duldungspflicht für Netzanschlüsse in §11a EnWG vorgesehen, die jedoch mit der Kabinettsfassung nicht mehr umgesetzt werden soll. Dies ist negativ zu bewerten, da der Vorschlag ein zentrales Hindernis für den schnellen Netzausbau aus dem Weg geräumt hätte.
    BEE-Vorschlag: Wiederaufnahme der Duldungspflicht in das laufende Gesetzgebungsverfahren.

 


Verweise

1

Siehe Stellungnahme des BEE vom 23.11.2022 www.bee-ev.de/service/publikationen-medien/beitrag/bee-stellungnahme-zur-formulierungshilfe-der-bundesregierung-zur-einfuehrung-einer-strompreisbremse.

2 Siehe aktualisiertes Gutachten der Kanzlei Raue zur Verfassungsmäßigkeit des Gesetzentwurfes https://bsw.li/3VEi9Uu.

3 Siehe Stellungnahme des Hauptstadtbüros Bioenergie (HBB) https://www.hauptstadtbuero-bioenergie.de/download_file/force/333/474.

4 Siehe Gutachten der Kanzlei Raue vom 28.11.2022. Sowie Gutachten "Grenzen der nationalen Ausgestaltung der Mehrerlösabschöpfung im Stromsektor" der Kanzlei Raue vom 20.10.2022. Sowie Gutachten “Verfassungsrechtliche Fragen zur Rückwirkung einer Gewinnabschöpfung” der Kanzlei von Bredow vom 21.10.2022

5 Siehe Stellungnahme des Bundesverbandes Windenergie e.V. (BWE) https://www.wind-energie.de/fileadmin/redaktion/dokumente/publikationen-oeffentlich/themen/04-politische-arbeit/01-gesetzgebung/20221123_-_BWE-Stellungnahme_ReGEntwurf_EEG_u.a..pdf.

6 Siehe Stellungnahme des Bundesverbandes Solarwirtschaft e.V. (BSW) https://www.solarwirtschaft.de/wp-content/uploads/2022/11/bsw_stellungn_stromPBG.pdf.

7 Siehe Stellungnahme des Hauptstadtbüros Bioenergie (HBB) https://www.hauptstadtbuero-bioenergie.de/download_file/force/333/474.

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