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Stellungnahme

Stellungnahme zum Risikovorsorgeplan 2025

30. September 2025

Vorbemerkungen

Der Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE) begrüßt, dass das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) am 24. Juli 2025 den Entwurf eines Risikovorsorgeplans 2025 (RVP) im Elektrizitätssektor zur Konsultation gestellt hat und sich dadurch mit einer krisenresistenten Ausgestaltung des Energiesystems befasst, welche sowohl Präventions- als auch Reaktionsmaßnahmen beinhaltet.

Die Konsultation wird in der Verordnung (EU) 2019/941 gefordert, wonach die Mitgliedstaaten der EU-Kommission einen Entwurf zur Verfügung stellen müssen und diesen parallel zur laufenden europäischen Konsultation auch national konsultieren müssen. In der EU-Verordnung ist in Artikel 10 Abs. 1 vorgesehen, dass das zuständige Ministerium u. a. „die maßgeblichen Erzeuger oder deren Fachverbände“ konsultiert. Der BEE nimmt diese Rolle als Vertretung der Erneuerbare-Energien-Branche in Deutschland gerne wahr.

Für ein zukunftsfähiges Stromsystem braucht es auf der Erzeugungs-, Transport- und Verbrauchsseite Anlagen und Infrastruktur, die der Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Umweltverträglichkeit des Stromsystems ein hohes Maß an Resilienz hinzufügen, um auch zukünftige Krisen aller Art möglichst unbeschadet zu überstehen. Die dafür notwendigen strategischen Vorbereitungen und die dazugehörigen Maßnahmen müssen getroffen werden, bevor neue Ernstfälle eintreten. Da kommende Krisen jedoch nicht vorausgesagt werden können, ist der Zeit- und Handlungsdruck zur Ausarbeitung und Umsetzung des RVP besonders hoch.

Das vorliegende Dokument ist in erster Linie als eine Zusammenfassung und Konkretisierung bereits geltender Gesetzgebung zu verstehen. Außerdem gleichen sich einige Teile des Dokuments mit der Vorgängerversion. Die vorhandenen Neuerungen, z. B. die ausführlichere Definition von Cyberkriminalität oder die Umbenennung von kritischen Infrastrukturen und Kontrollzentren in kritische Betriebsmittel und Vermögenswerte, sieht der BEE weitgehend unkritisch.

Wichtig ist jedoch, was der Risikovorsorgeplan nicht berücksichtigt, denn eine einseitige Fokussierung auf den Elektrizitätssektor wird den komplexen Schnittmengen und Interdependenzen zwischen allen Sektoren des Energiesystems nicht gerecht. Der BEE plädiert dafür, in allen strategischen Überlegungen die Energiewende als ein ganzheitliches Projekt zu verstehen, das das Ziel von 100 Prozent Erneuerbarer Energie (EE) in den Sektoren Strom, Wärme und Mobilität verfolgt. Demnach braucht es eine Risikovorsorge für all diese Bereiche.

Im Folgenden legt der BEE seine vorläufige Einschätzung des Entwurfs dar.

 

1. Krisenszenarien

Das laufende Jahrzehnt ist geprägt von multiplen Krisen, zu denen u. a. internationale Konflikte, aufstrebender Extremismus in mehreren Ländern, Folgen des Klimawandels und die Corona-Pandemie zählen. All diese Szenarien wirken sich direkt oder indirekt auf das deutsche Stromsystem aus, wobei die Energiekrise in Folge des vollumfänglichen russischen Angriffskriegs auf die Ukraine wohl das eindeutigste Beispiel darstellt. Aus diesen Erfahrungen nun Konsequenzen zu ziehen, indem konkrete Krisenszenarien definiert und entsprechende Vorsorgemaßnahmen getroffen werden, wird dem bestehenden sowie zukünftigen Energiesystem in Deutschland zweifelsfrei zugutekommen.

Der BEE kann die Beschreibungen der Szenarien im vorliegenden Risikovorsorgeplan unterstützen. Zum Szenario „Extremsommer“ ist anzumerken, dass aus der Beschreibung die richtigen und vollständigen Schlüsse gezogen werden müssen. Der Entwurf registriert, dass hohe Wassertemperaturen und niedrige Wasserstände in Hitzeperioden bereits Kraftwerkskapazitäten geschmälert haben. Dies ist auf den hohen Kühlwasserbedarf großer, zentraler thermischer Kraftwerke zurückzuführen. Eine solche Anfälligkeit stellt einen Nachteil dar, der bei beispielsweise Biogasanlagen nicht vorliegt. Demnach muss in die Priorisierung der Risikovorsorgemaßnahmen aufgenommen werden, dass das Vorhalten von dezentralen, kleineren, steuerbaren EE-Anlagen der Resistenz gegenüber Extremsommern äußerst dienlich ist.

2. Zuständigkeiten

Im Krisenfall ist es entscheidend, auf Vorkommnisse schnell und direkt reagieren zu können. Demnach fällt exakt definierten Zuständigkeiten eine besondere Bedeutung zu, damit Adressaten für Anfragen und Prozesse zur Entscheidungsfindung nicht erst geklärt werden müssen, wenn schon die Reaktionszeit läuft. Im RVP werden vor allem das BMWE und die Bundesnetzagentur (BNetzA) mit zentralen Aufgaben betraut.

Dem BMWE fällt beim Eintreten eines Krisenfalls die Rolle der zuständigen Behörde zu, sodass dort die notwendigen Koordinationstätigkeiten gebündelt werden. Dabei muss eine reibungslose Kommunikation mit der Europäischen Union, den Energieerzeugern, den Verbänden, den Netzbetreibern und weiteren Beteiligten gewährleistet sein. Außerdem fällt dem BMWE die Verantwortung zu, Vorsorgemaßnahmen umzusetzen, auch dabei schon die multilaterale Kommunikation sicherzustellen und nachträglich Evaluierungen durchzuführen. Der BEE befürwortet diese Zuständigkeiten.

Die BNetzA fungiert im Sinne des RVP als unterstützende Institution zur fachlichen Einordnung der Vorgaben und Maßnahmen. Dazu gehört die Mitwirkung an regionalen Szenarien einer Stromkrise sowie die Bestimmung von nationalen Szenarien für Stromversorgungskrisen. Auch diese Zuständigkeiten befürwortet der BEE.

 

3. Verfahren und Maßnahmen in einer Stromversorgungskrise

Es ist im Angesicht der Schwere möglicher Folgen äußerst begrüßenswert, dass als Gegenmittel für Stromversorgungskrisen sowohl präventive als auch reaktive Maßnahmen geplant werden. Für Letztere sind aus Sicht des BEE insbesondere die Aufgaben der Krisenkoordinierungsstelle herauszuheben. Im Folgenden ist beschrieben, wie bedeutsam es für die Maßnahmen zur Bekämpfung von Stromversorgungskrisen ist, ein breites, vollumfängliches Verständnis von gesicherter Leistung und Prognosegrundlagen in den RVP einzubeziehen.

Gesicherte Leistung wird im RVP und in der laufenden politischen Debatte oft gleichgesetzt mit Kraftwerken, die fossile Energieträger wie Erdgas oder Kohle verwenden. Soll Vorsorge für eine Stromversorgungskrise betrieben werden, ist ein Vorhalten von ausschließlich diesen Energieträgern jedoch ein lückenhafter Ansatz. Es gibt andere physische Speicherkonzepte, die z. B. Biomethan, Wasserstoffderivate oder andere Erneuerbare Energieträger verwenden, und damit zur Risikovorsorge beitragen, ohne auf Importabhängigkeiten zu basieren. Gleiches gilt für das Vorhalten von Reserveanlagen, denn steuerbare EE oder mit grünem Wasserstoff betriebene Gaskraftwerke können diese Aufgabe genauso erfüllen wie fossile Kraftwerke.

Um Prognosen zu erstellen, müssen Annahmen für zukünftige Entwicklungen getroffen werden. Sind diese Annahmen nicht realistisch, so werden die Prognosen verfälscht. Dies zeigt sich z. B. bei der Netzausbauplanung, die maßgeblich dadurch beeinflusst wird, welche Schätzungen für die Interkonnektorenleistung abgegeben werden. Wenn die Ausgleichspotenziale im europäischen Strombinnenmarkt zu hoch angesetzt sind, kann dies die Ausbaudynamik von Stromnetzen und Flexibilitäten innerhalb Deutschlands schwächen, worunter wiederum deren Krisenfestigkeit leidet. Das gleiche Risiko besteht bei den Schlussfolgerungen, die aus Monitoring- und Analyseprozessen gezogen werden. Beispielsweise beeinflusst das Monitoring zur Versorgungssicherheit den Zubau von Flexibilitäten auf negative Weise, wenn die netzdienlichen Potenziale von Flexibilitäten nicht ausreichend Berücksichtigung finden. Realistische Annahmen sind also essenziell, um Maßnahmen angemessen dimensionieren zu können. Demnach muss es Teil der Risikovorsorge sein, dass die Potenziale von Systembestandteilen nicht in einer Weise falsch eingeschätzt werden, die zu negativen Auswirkungen auf die Krisenfestigkeit anderer Systembestandteile führt.

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Felix Fischer

Felix Fischer
Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE)
Referent Politik


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