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Eine Wärmepumpe an der Außenwand eines Wohnhauses
Stellungnahme

Stellungnahme zur Dekarbonisierung der Wärmenetze

13. Oktober 2023

Das Wichtigste in Kürze

  • Biomassedeckel streichen (§§ 30, 31): Der vorgesehene Biomassedeckel ist nicht sachgerecht und überflüssig: Entgegen dem erklärten Ziel bewahrt er nur einen Teil der Wärmenetzbetreiber*innen vor der Frage, ob eine Bioenergieanlage dauerhaft und sicher mit Bioenergieträgern versorgt werden kann, während andere Netzbetreiber regional dauerhaft verfügbare Bioenergieträger nicht einsetzen dürfen. Der Biomassedeckel verfehlt daher seine Intention und sollte gemäß den Leitplanken der Ampel-Fraktionen zum Gebäudeenergiegesetz (GEG) gestrichen werden. Der Punkt 2 der Leitplanken hält richtigerweise fest, dass die regionalen Unterschiede an den verschiedenen Standorten zu groß sind, um pauschal einzelne erneuerbare Technologien zu diskriminieren. Die vorgesehene Begrenzung für den Einsatz nachhaltiger Biomasse verhindert die Nutzung lokaler nachhaltiger, also dauerhaft verfügbarer Biomassepotenziale an geeigneten Standorten. Die Entscheidung über einen für jedes konkrete Wärmenetz angemessenen Bioenergieanteil muss dem Urteil und der Entscheidung des ortskundigen Investors obliegen.
  • Wärmeanlagen müssen im öffentlichen Interesse liegen (§2 Abs. 3): Die Streichung von § 2 Absatz 3, der festlegte, dass “Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen zur Erzeugung von Wärme aus erneuerbaren Energien, die in ein Wärmenetz gespeist wird [...] im überragenden öffentlichen Interesse” liegen, erschwert die Planung und Errichtung von Wärmeanlagen und -netzen. Dies widerspricht dem Ziel der Regierungskoalition, Wärmenetze zu stärken und sollte revidiert werden.
  • Hemmnisse für Erneuerbare Wärme im Baugesetzbuch (BauGB) ausräumen: Mit der Novelle des BauGB im Rahmen der Einführung des WPG sollten auch die Hemmnisse für die Erzeugung und Nutzung von Erneuerbarer Wärme ausgeräumt werden, um Kommunen, Wärmenetzbetreibern und Hausbesitzern die Defossilisierung zu erleichtern. Die Hemmnisse betreffen insbesondere die Regelungen zum Bauen im Außenbereich für die Solar- und Geothermieprojekte, die Umrüstung bestehender Biogasanlagen von der Stromerzeugung auf die Biomethaneinspeisung sowie die Wärmeauskopplung von Biogasanlagen.
  • Sanktionierung und Betriebsverbot wieder aufnehmen (§ 31): Die in dem Entwurf festgelegten Vorschriften verlieren ihre Wirkung, wenn keine Konsequenzen aus deren Nichterfüllung folgen. Der BEE plädiert nachdrücklich dafür, den Paragraf 31 “Bußgeldvorschriften” inklusive eines Betriebsverbots für nicht klimaneutrale Wärmenetze ab dem 01.01.2045 aus dem ersten Referentenentwurf des Gesetzes wieder aufzugreifen. Alles andere würde dem Grundgedanken des Wärmeplanungsgesetzes und auch den Klimazielen widersprechen.

 

Die Punkte im Einzelnen

Ziele für leitungsgebundene Wärme durch ein System handelbarer Quoten erreichen (§ 2 Abs. 1)

Das Ziel, dass der Anteil von Wärme aus Erneuerbaren Energien oder unvermeidbarer Abwärme an der Nettowärmeerzeugung in Wärmenetzen im bundesweiten Mittel bis zum 1. Januar 2030 mindestens 50 % betragen soll, hat für die einzelnen Wärmenetzbetreiber keine Bindekraft. Vielmehr wird diese Regelung nur den Handlungsdruck für die Politik erhöhen, ggf. rechtzeitig nachzusteuern, wenn sich eine Zielverfehlung andeutet.

Gleichzeitig ist der für die Betreiber bestehender Wärmenetze verbindliche Anteil von mindestens 30 % im Jahr 2030 (§ 29, Abs. 1) 

  • einerseits für die rechtzeitig Erreichung der Klimaziele zu wenig ambitioniert, vor allem auch, wenn man dies am geforderten 65-%-Anteil beim Austausch von Zentralheizungen vergleicht,
  • aber andererseits für viele Betreiber mit bisherigen EE-Anteil nahe Null immer noch sehr ambitioniert, so dass Bestrebungen zu erwarten sind, diesen Anteil weiter abzusenken, was die Zielerreichung wiederum umso mehr in Frage stellen würde.  

BEE-Vorschlag: Eine Option, von den Wärmenetzbetreibern früher hohe bzw. höhere Anteile von EE-Wärme und unvermeidbarer Wärme in Wärmenetzen fordern zu können, ist die Einführung eines Systems handelbarer Quoten für Wärmenetzbetreiber: Netzbetreiber, die bei der Erreichung der gesetzlichen Ziele hinterherhinken, könnten Quoten bei übererfüllenden Wärmenetzbetreibern einkaufen. Diese könnten ihre früheren Investitionen besser refinanzieren. Die untererfüllenden Unternehmen erhielten so ökonomische Anreize erhielten, die geforderten Anteile so schnell wie technisch möglich und ökonomisch sinnvoll zu erreichen. Dadurch wird es möglich, die Anforderungen ambitionierter auszugestalten, als wenn man sich bei der Festlegung der möglichen Anteile am “schwächsten Glied” orientieren muss.

Wärmeanlagen müssen im öffentlichen Interesse liegen (§ 2 Abs. 3)

Der BEE hält den im Referentenentwurf vorgesehenen § 2 Absatz 3, der festlegte, dass “Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen zur Erzeugung von Wärme aus erneuerbaren Energien, die in ein Wärmenetz gespeist wird, von erforderlichen Nebenanlagen sowie von Wärmenetzen [...] im überragenden öffentlichen Interesse” liegen weiterhin für angebracht. Die Streichung setzt ein völlig falsches Signal und widerspricht der Zielsetzung der Bundesregierung, die leitungsgebundene Wärme zu stärken.

Unklarheit bei der Definition von Holzbiomassen beseitigen (§ 3 Nr. 14 e)

In § 3 Nr. 14 e sollte hinter “Industrieholz” die beiden Wörter “der Altholzkategorien” gestrichen werden, da sie Unklarheiten schaffen:

  • Erstens ist unklar, auf welche der vorgenannten beiden Holzsegmente (Sägerestholz und  Industrieholz) sie sich beziehen.
  • Zweitens ist unverständlich, was das in der Kombination jeweils bedeuten würde:
    • Als “Industrieholz” wird  in der Holzwirtschaft beim Holzeinschlag und bei Durchforstungen anfallendes Waldholz oberhalb der Derbholzgrenze von 7 cm Durchmesser bezeichnet. Dieses wird von der Qualität her nicht als sägefähig eingestuft. Es ist aber auch kein Waldrestholz, da Waldrestholz als das beim Holzeinschlag anfallende Holz unterhalb  der Derbholzgrenze von 7 cm Durchmesser definiert ist, das typischerweise im Wald verbleibt. Dieses nicht-sägefähige Waldholz geht typischerweise direkt in verschiedene Holzindustrien, ohne den Umweg über ein Sägewerk (daher die Bezeichnung Industrieholz). Es ist also kein Altholz, sondern Waldholz. Insofern wäre unverständlich, was “Industrieholz der Altholzkategorien” sein soll. 
    • Genauso wenig ist Sägerestholz, das in Sägewerken beim Einschnitt des Sägeholzes entsteht, Altholz. Das Abfallrecht unterscheidet klar zwischen Abfällen und Reststoffen. Es  legt fest, dass Reststoffe eben kein Abfall sind. Das gilt sowohl für Waldrestholz als auch für Industrierestholz, das in der Holzindustrie anfällt und weiterverarbeitet werden kann, also auch für Sägerestholz. Insofern wäre unverständlich, was “Sägerestholz der Altholzkategorien” sein soll.

BEE-Vorschlag: Streichung der Wörter “der Altholzkategorien” hinter “Industrieholz” in Satz 1 von § 3 Nr. 14 e.

Schwellenwert bei mit Biomasse betriebenen Wärmenetzen im Gesetzestext verankern (§ 3 Nr. 14 e)

Unklar ist aktuell, inwiefern eine Anpassung im Kabinettsbeschluss möglicherweise zu einer Ausweitung von Prüf- und Nachweispflichten bei der Nutzung von Biomasse in kleinen Wärmenetzen führen könnte. So wurde im Referentenentwurf vom 24.07 durch die die Ausweitung der Definition für Erneuerbare Wärme aus Biomasse (§3 Abs. 1 Nr. 14 e) ermöglicht, dass die regional vorhandene Potenziale grundsätzlich besser ausgeschöpft werden können. Eine direkte Kopplung der Biomassenutzung an die Nachhaltigkeitsanforderungen der Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung vom 2. Dezember 2021 (BGBl. I S. 5126) war zudem nur für größere Anlagen vorgesehen (z.B. mit einer Gesamtfeuerungswärmeleistung von 20 Megawatt oder mehr). Mit dem Kabinettsbeschluss ist dieser Schwellenwert nun entfallen. Lediglich in der Gesetzesbegründung findet sich noch ein Verweis auf diesen Wert. Aus unserer Sicht sollte diese Schwellenwert wieder direkt in den Gesetzestext eingeführt werden, um Rechtssicherheit zu schaffen. In Regionen, die eine nachhaltige Gewinnung der Biomasse erlauben, sollten Wärmenetzbetreiber auch künftig und zwar unabhängig von der Länge des Wärmenetzes auf die regional verfügbaren Biomassepotenziale zurückgreifen dürfen.

Biogenen Wasserstoff als erneuerbaren Energieträger einstufen (§ 3 Abs. 1 Nr. 14 & § 3 Abs. 1 Nr. 18 KabE)

In § 3 Abs. 1 Nr. 18 KabE wird biogener Wasserstoff, der z.B. mittels Biomassepyrolyse oder Biogasdampfreformierung hergestellt wird, als „orangener“ Wasserstoff eingestuft und dementsprechend nicht in der Liste der Erneuerbaren Energien in Nr. 14 aufgeführt. Damit gelten entsprechend nicht die Anforderungen an Bioenergieträger (§ 3 Abs. 1 Nr. 14 Buchstabe e), sondern die Anforderungen an Wasserstoff, der z.B. durch mit dem Strom aus Abfallverbrennungsanlagen erzeugt wird (§ 3 Abs. 3). Dies ist nicht sachgerecht, da es sich bei biogenem Wasserstoff um einen biogenen Energieträger handelt, sowie eine nicht gerechtfertigte Schlechterstellung von Wasserstoff, der aus Biomasse hergestellt wird, gegenüber Wasserstoff, der aus Wind- und Solarstrom hergestellt wird.

BEE-Vorschlag:

  • Biogener Wasserstoff wird explizit als erneuerbarer Energieträger eingestuft, für den die Anforderungen an Biomasse gelten und nicht die Anforderungen an orangenen Wasserstoff.
  • Zu diesem Zweck ist zum einen die Liste der erneuerbaren Energien in § 3 Abs. 1 Nr. 14 um einen weiteren Buchstaben m zu ergänzen:

„m) aus biogenem Wasserstoff, der aus Biomasse im Sinne von Buchstabe e erzeugt wurde, die die dort genannten Anforderungen an Biomasse-Brennstoffe erfüllt;“

  • Analog ist die Definition von „orangenem Wasserstoff“ in § 3 Abs. 1 Nr. 18 einzuschränken:

„18. „orangener Wasserstoff“ Wasserstoff, der aus Biomasse oder unter Verwendung von Strom aus Anlagen der Abfallwirtschaft hergestellt wird;“

Prüfgebiete zeitlich begrenzen (§ 25 Abs. 1)

Die Auszeichnung von Versorgungsgebieten als Prüfgebiete sollte bis zum Zeitpunkt der nächsten Fortschreibung befristet werden. Die wiederholte Auszeichnung als Prüfgebiet ist ausdrücklich zu begründen.

In Prüfgebieten wohnenden Gebäudeeigentümer*innen sollte so schnell wie möglich Klarheit über die Versorgungssituation in ihrer Wohngegend verschafft werden. Kommt das Prüfgebiet weiterhin für eine Wärmenetzversorgung in Frage, so sind zumindest die dafür zu Verfügung stehenden erneuerbaren Wärmequellen in der Potenzialanalyse zu konkretisieren.

BEE-Vorschlag:

Ergänzung von § 25 wie folgt:

„Die planungsverantwortliche Stelle ist verpflichtet, den Wärmeplan spätestens alle fünf Jahre zu überprüfen und die Fortschritte bei der Umsetzung der ermittelten Strategien und Maßnahmen zu überwachen. Bei Bedarf ist der Wärmeplan zu überarbeiten und zu aktualisieren (Fortschreibung). Im Zuge der Fortschreibung soll für das gesamte beplante Gebiet die Entwicklung der Wärmeversorgung bis zum Zieljahr aufgezeigt werden. Prüfgebiete können bis zum Zieljahr als voraussichtliches Wärmeversorgungsgebiet dargestellt werden, wenn für sie eine andere Art der Wärmeversorgung geplant ist. Im bisherigen Wärmeplan als Prüfgebiete ausgewiesene Gebiete sollten einer bestimmten Wärmeversorgungskategorie zugeordnet werden. Ist die Zuordnung zu einer bestimmten Wärmeversorgungskategorie weiterhin nicht möglich, so ist dies zu begründen und dabei im besonderen Maße auf die verfügbaren technischen Angebotspotenziale einzugehen.

 

Änderung der Vorgaben für die Transformation von Gasverteilnetzen in Wärmeplänen (§ 28)

Nachweis der Verfügbarkeit auf Wasserstoff ausdehnen und Umrüstung bestehender Biogasanlagen auf die Biomethaneinspeisung (§ 28 Abs. 1, 2)

Gemäß § 28 Abs. 1 und 2 sollen die planungsverantwortlichen Stellen bestimmen, welche Grundstücke sich für die Versorgung mit grünem Methan (Biomethan, methanisierter grüner Wasserstoff) eignen. Konkret darf ein Grundstück als für die Versorgung mit grünem Methan geeignet angesehen werden, wenn:

  • entweder die Versorgung mit grünem Methan in Übereinstimmung mit den Netzentwicklungsentwicklungsplänen der Fernleitungsnetzbetreibern (NEP-Gas) steht oder
  • der lokale Gasnetzbetreiber darlegt, wie ausreichend grünes Methan produziert und gespeichert werden kann.

Der BEE und seine Mitglieder sehen diese Regelung sehr kritisch.

Zum einen findet hier eine ungerechtfertigte Schlechterstellung des Heizens mit grünem Methan gegenüber dem Heizen mit Wasserstoff statt: Die Ausweisung einer Eignung für grünes Methan bedarf einer Rückkopplung mit dem NEP-Gas bzw. dem Nachweis einer Verfügbarkeit; die Ausweisung einer Eignung für Wasserstoff erfordert dies nicht. Dies widerspricht dem vereinbarten Grundsatz eines “Level-Playing-Fields” zwischen den Erfüllungsoptionen im GEG.

Zum Zweiten ist das Potenzial zur Defossilisierung von Gasnetzen mit grünem Methan auf absehbare Zeit deutlich größer als das Potenzial zur Defossilisierung mittels Wasserstoff. Denn mit der Biomethaneinspeisung steht eine technisch ausgereifte und in der Praxis bereits weit verbreitete Form der Erzeugung von grünem Methan zur Verfügung, während die Verfügbarkeit von Wasserstoff für Heizzwecke auf lange Zeit sehr gering bleiben dürfte. 

BEE-Vorschlag:

Die Regelung sollte nicht nur für grünes Methan, sondern auch für Wasserstoff gelten. Daher sollte § 28 (1) und (2) wie folgt ergänzt werden:

“(1) Zum Zweck der Information von Gebäudeeigentümern, die nach § 71 f des Gebäudeenergiegesetzes eine Heizungsanlage mit grünem Methan oder Wasserstoff betreiben oder künftig betreiben wollen, das ihnen über ein netzgebundenes System geliefert wird oder werden soll, kann die planungsverantwortliche Stelle im Wärmeplan darstellen, welche Grundstücke an einem bestehenden Gasverteilnetz anliegen. 

(2) Die planungsverantwortliche Stelle bestimmt für jedes beplante Teilgebiet, das nach § 18 Absatz 1 als Wasserstoffnetzgebiet gemäß § 3 Nummer 11 oder Prüfgebiet gemäß § 3 Nummer 13 ausgewiesen wurde und in dem ein Gasverteilnetz anliegt, die Eignung für eine Versorgung mit Wasserstoff oder grünem Methan im Zieljahr und stellt hierzu die Eignungsstufe entsprechend § 19 Absatz 2 Satz 2 dar. Die Einteilung in eine Eignungsstufe im Sinne von § 19 Absatz 2 Nummer 1 oder Nummer 2 setzt voraus, dass die Versorgung im Zieljahr mit Wasserstoff oder grünem Methan” u.s.w.

Um die Praktikabilität des Paragraphen zu erhöhen, sollten bis 2030 bundeslandscharfe Potenzialanalysen für grünes Methan und Wasserstoff erarbeitet werden.

Abgleich von Bedarf und Potenzial innerhalb eines Bundeslandes nachbessern (§ 28 Abs. 5)

Gemäß § 28 Abs. 5 sollen die planungsverantwortlichen Stellen an die nach dem Landesrecht zuständigen Stellen den Bedarf an grünem Methan für die jeweiligen Kommunen melden müssen. Wenn die Summe der gemeldeten Bedarfe das Potenzial des jeweiligen Bundeslandes „erheblich“ übersteigt, sollen die planungsverantwortlichen Stellen in dem Bundesland dies bei der Fortschreibung von Wärmeplänen berücksichtigen müssen. Darüber hinaus soll gemäß § 28 Abs. 5 Satz 2 die Biogaserzeugung von Anlagen, deren Gas zum jeweiligen Zeitpunkt verstromt wird, nicht als Methanpotenzial gewertet werden dürfen.

Der BEE lehnt diese Regelung aus mehreren Gründen ab:

Auch hier findet eine ungerechtfertigte Schlechterstellung des Heizens mit grünem Methan gegenüber dem Heizen mit Wasserstoff statt: Bei einer geplanten Umstellung von Gasnetzen auf grünes Methan wird ein Abgleich mit Potenzialzahlen vorgegeben; eine geplante Umstellung von Gasnetzen auf Wasserstoff erfordert dies nicht. Dabei liegt wie oben gesagt das größte und günstigste Potenzial für die zeitnahe Umstellung von Gasnetzen bei der Einspeisung von grünem Methan, speziell Biomethan, nicht bei der Einspeisung von Wasserstoff.

In ihrer jetzigen Ausgestaltung scheint die Regelung nicht praktikabel zu sein. Es bestehen keine allgemein anerkannten bundeslandscharfen Potenzialanalysen für grünes Gas.

Die Vorgabe eines Abgleichs von Bedarf und Potenzialen innerhalb eines Bundeslandes suggeriert, dass die Versorgung eines Bundeslandes mit Energieträgern aus einem anderen Bundesland nicht sinnvoll oder politisch erwünscht ist. Das ist weder volkswirtschaftlich sinnvoll noch realistisch. In Bezug auf Strom wird ein europaweiter Ausgleich, bei Wasserstoff sogar eine weltweite Versorgung angenommen. Insofern es einen Abgleich von Bedarf und Potenzial gibt, dann muss dieser auf Bundesebene stattfinden.

Insofern ein Potenzial an grünem Methan definiert wird, sollte unbedingt die Option berücksichtigt werden, bestehende Vor-Ort-Verstromungsanlagen auf die Biomethanerzeugung umzurüsten. Hier liegt das größte, günstigste und am schnellsten erschließbare Potenzial zur Mobilisierung von grünem Methan.

BEE-Vorschlag:

Ein Abgleich von Bedarf und Potenzial sollte auf Landes- und Bundesebene stattfinden Daher sollte § 28 (5) wie folgt ergänzt werden:

„(5) Die planungsverantwortliche Stelle meldet den für das Zieljahr erwarteten Bedarf an Wasserstoff sowie grünem Methan, der mit der Einstufung nach Absatz 2 verbunden ist, an die nach Landesrecht zuständige Stelle. Die nach Landesrecht zuständige Stelle prüft alle 5 Jahre, erstmalig ab dem Jahr 2030, ob die ihr übermittelten Bedarfe durch verfügbare Potenziale gedeckt werden können. Bei der Ermittlung der verfügbaren Potenziale ist davon auszugehen, die Option zu berücksichtigen, dass die im Vorjahr der Planungserstellung oder im Vorjahr der Fortschreibung für die Stromerzeugung eingesetzten gasförmigen Biomasse-Brennstoffe für die Einspeisung ins Gasnetz genutzt werden können. auch weiterhin zur Stromerzeugung verwendet werden. Die Vorgaben des § 71f Absatz 4 des Gebäudeenergiegesetzes sind entsprechend anzuwenden. Die nach Landesrecht zuständige Stelle leitet ihre Ergebnisse an eine bundesweite Prüfstelle weiter, wo die Bedarfe der Bundesländer mit den bundesweiten Potenzialen abgeglichen werden. Sollte sich auf Bundesebene eine erhebliche Lücke abzeichnen, informiert die nach Landesrecht zuständige Stelle die betroffenen planungsverantwortlichen Stellen. Diese müssen den Sachverhalt bei der nächsten Fortschreibung ihres jeweiligen Wärmeplans berücksichtigen.“ 

Höhere Flexibilität in den zeitlichen Anforderungen an Wärmenetzbetreiber ist zu begrüßen (§ 29)

Der BEE befürwortet die Änderungen in den Anforderungen an Wärmenetzbetreiber, bis zu welchem Zeitpunkt welche Prozentzahl an Erneuerbaren Energien erreicht werden muss. Dies ermöglicht es, Erneuerbare Technologien, die längere Planungsverfahren haben, wie die Tiefe Geothermie, als Versorgungsoption zu nutzen. Diese zeitliche Kulanz kann jedoch nur eine Zwischenlösung sein und entbindet den Gesetzgeber nicht von der Pflicht, die entsprechenden Verfahren zu beschleunigen.

Biomassedeckel für Wärmenetze ab 20 km Netzlänge streichen (§ 30 Abs. 2 und §31 Abs. 2)

In Bezug auf das Zieljahr 2045 und auf neue Wärmenetze will der Gesetzesentwurf den Einsatz von Bioenergieträgern in Wärmenetzen ab 20 km Trassenlänge oberhalb eines bestimmten Schwellenwerts (§ 30 (2) und § 31 (2) ) ausschließen - und zwar auch dann, wenn diese nachhaltig bereitgestellt und dauerhaft verfügbar sind. Lediglich in bestehenden und neuen Wärmenetzen mit einer Trassenlänge von weniger als 20 Kilometern soll der Einsatz von nachhaltiger Biomasse uneingeschränkt möglich sein und bleiben.

In bereits bestehenden Wärmenetzen

  • mit mehr als 50 Kilometern Trassenlänge soll der Einsatz von mehr als 25 Prozent Biomasse unzulässig sein,
  • mit einer Trassenlänge zwischen 20 und 50 Kilometern der Einsatz von mehr als 35 Prozent Biomasse. 

In neuen Wärmenetzen (Baubeginn bis inkl. 2023) 

  • mit einer Trassenlänge von mehr als 50 Kilometern soll der Einsatz von mehr als 15 Prozent Biomasse ausgeschlossen werden, 
  • mit einer Trassenlänge zwischen 20 und 50 km der Einsatz von mehr als 25 Prozent Biomasse.

Eine Ausnahmeregelung soll demnach nur bis 2045 für Bioenergieanlagen gelten, die bis zum Inkrafttreten des Gesetzes ihren Dauerbetrieb aufgenommen haben: die Wärme aus diesen Anlagen soll bei der Anwendung der Biomassebegrenzung nicht berücksichtigt werden. 

Der BEE lehnt diese pauschalen ordnungsrechtlichen Beschränkungen für den Einsatz von Biomasse in Wärmenetzen ab 20 km Trassenlänge aus mehreren Gründen ab. 

  1. Die regionale Biomasseverfügbarkeit weist eine hohe Heterogenität auf. Die Voraussetzungen für die Nutzung von Biomasse können von Verbraucher:in zu Verbraucher*in, aber auch von Kommune zu Kommune stark variieren. So gibt es Kommunen in waldreichen Regionen, die vor Ort über große, dauerhaft verfügbare Holzmengen verfügen, die Holzanteile oberhalb der o.g. Anteile dauerhaft ermöglichen, während die für diese Anteile benötigten Holzmengen in waldarmen Regionen auch unterhalb der vorgesehenen zulässigen Biomasseanteile nicht vor Ort verfügbar sind. In diesen waldarmen Regionen wird es den Wärmenetzbetreibern obliegen, zu bewerten, ob die nötigen Bioenergieträger trotzdem dauerhaft zu mobilisieren sind oder nicht. Zeichnet sich ab, dass das zweifelhaft ist, dürften sie vernünftigerweise von einer Entscheidung zugunsten hoher Anteile von Bioenergieträgern absehen. Warum sollen diese eigenverantwortlichen Entscheidungen von Investoren nur unterhalb der vorgesehenen Biomasseanteile vernünftig funktionieren, nicht aber oberhalb dieser vorgesehenen Anteile? Aus Sicht des BEE steht angesichts der Tatsache, dass jeder Wärmenetzbetreiber nur dann in die Nutzung von Bioenergieträgern investieren sollte und dies auch nur dann tun wird, wenn er sich sicher ist, die nötigen Bioenergieträger auch dauerhaft nutzen zu können, nicht zu erwarten, dass eine vollständige Freigabe der Entscheidung, welche Anteile an Bioenergieträgern genutzt werden, zu einer Überausschöpfung der Potenziale von Bioenergieträgern führen wird. Vielmehr ist davon auszugehen, dass eine sich abzeichnende Verknappung von Bioenergieträgern bereits frühzeitig zu entsprechend steigenden Preisen führen wird, die einen weiteren Zubau von Bioenergieanlagen stark begrenzen wird. Dort wo die Verhältnisse lokal anders sind, können aber gleichwohl weiterhin verantwortbare Entscheidungen zugunsten der Nutzung lokal anfallender und nachhaltig verfügbare Bioenergieträger fallen, ohne dass die Versorgung anderer Nutzer gefährdet würde. Hintergrund ist die geringe Transportwürdigkeit vieler Bioenergieträger minderer Qualität (z.B. von Landschaftspflegeholz und Waldhackschnitzeln). Der Gesetzgeber sollte daher wie beim GEG mehr Vertrauen in die Entscheidungskompetenz der Investoren haben und ihnen mehr Freiräume einräumen, die für sie möglichen und sinnvollen klimafreundlichen Technologien zur Wärmeversorgung auszuwählen. 
  2. Wenn Netzbetreiber dazu gezwungen werden, den Bioenergieanteil niedrig zu halten, wird das in Fällen, in denen Biomasse eine verfügbare oder ökonomisch sinnvolle erneuerbare Energie ist, dazu führen, dass die Fernwärme teurer wird als nötig. Und wenn Netzbetreiber mit einem hohen Bioenergieanteil dazu gezwungen werden, den Bioenergieanteil 2045 abzusenken und in andere Wärmeerzeuger zu investieren, um den Biomassedeckel zu erfüllen, wird dies mit unkalkulierten zusätzlichen Kosten verbunden sein, die dann jenseits der bisherigen Preiskalkulation an die Kunden weitergereicht werden müssen. Beides wird zu Preissteigerungen für Verbraucher:innen führen, die  die Akzeptanz der Wärmewende senken dürften.
  3. Wenn Netzbetreiber dazu gezwungen werden, den Bioenergieanteil niedrig zu halten, wird das in Fällen, in denen Biomasse die einzig verfügbare oder ökonomisch sinnvolle erneuerbare Energie ist, dazu führen, dass der Anteil fossiler Wärmeerzeuger nicht bzw. deutlich später abgesenkt wird. Das ist klimapolitisch kontraproduktiv.

Die Vorgaben zur Wärmeplanung und den daraus resultierenden Maßnahmenvorschlägen sowie die ordnungsrechtlichen Vorgaben zur Transformation von Wärmenetzen sollten daher technologieneutral ausgestaltet werden. Sie dürfen keine erneuerbare Wärmequelle einseitig begrenzen. Eine entsprechende Änderung der §§ 30 und 31 wird auch durch Punkt 2a der Leitplanken der Ampel-Fraktionen zur weiteren Beratung des Gebäudeenergiegesetzes gestützt.

BEE-Vorschlag:

Die ordnungsrechtlichen Begrenzungen für den Einsatz nachhaltiger Biomasse in Wärmenetzen in § 30 (2) und § 31 (2) sind ersatzlos zu streichen.

Sollte die Begrenzung beibehalten werden, dann sollte aus Gründen des Investitions- und Vertrauensschutzes zumindest Wärme aus Biomasseanlagen, die vor Inkrafttreten des Gesetzes genehmigt wurden, bei der Berechnung des Biomasseanteils sowohl in neuen Netzen wie auch nachJahr 2045 unberücksichtigt bleiben.

Entsprechend wird folgende Änderung von § 30 Abs. 2 Satz 3 KabE vorgeschlagen:

„Eine bestehende Anlage und eine Anlage, die bis zum [einsetzen: Tag des Inkrafttretens dieses Gesetzes] den Dauerbetrieb aufgenommen hat die Genehmigung erhalten hat und Wärme aus Biomasse erzeugt, die in ein Wärmenetz eingespeist, ist im Rahmen der Bestimmung des Biomasseanteils nach Satz 1 nicht zu berücksichtigen.“

Damit die Regelung auch für das Jahr 2045 gilt, ist der Verweis in § 31 Abs. 2 Satz 3 wie folgt zu ergänzen:

„(2) Der Anteil Biomasse an der jährlich erzeugten Wärmemenge in Wärmenetzen ist ab dem 1. Januar 2045 begrenzt, […] § 30 Absatz 2 Satz 2 und Satz 3 sind ist entsprechend anzuwenden.“

Bußgeldvorschrift und Betriebsverbot wieder aufnehmen (§ 31)

Ohne eine festgeschriebene Sanktionierung eines Verstoßes gegen die in § 31 (1) enthaltene Vorgabe eines 100 %-Anteil von Erneuerbaren Energien in bestehenden Wärmenetzen ist die Effektivität des Gesetzes zur Erreichung einer klimaneutralen Wärmeversorgung sehr zweifelhaft. Der BEE plädiert dafür, dass die Bußgeldvorschriften und das Betriebsverbot nicht klimaneutraler Wärmenetze ab dem 01.01.2045 aus dem vorherigen Referentenentwurf wieder eingefügt werden. Das würde auch zur weiteren Gleichstellung des Wärmeplanungsgesetzes mit dem Gebäudeenergiegesetz beitragen.

BEE-Vorschlag:

Der Teil 4 bzw. §31 “Bußgeldvorschriften” aus dem Referentenentwurf des Gesetzes für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze vom 03.05.23 sollte wieder aufgenommen werden.

Pflicht zur Erstellung von Wärmenetzausbau- und dekarbonisierungsfahrplänen: Mindestanteile der Bagatellgrenze auf 90 Prozent festlegen (§ 32 Abs. 1 KabE)

Gemäß § 32 Absatz 1 KabE müssen Wärmenetzbetreiber bis zum 31.12.2026 für ihr Wärmenetz einen Wärmenetzausbau- und -dekarbonisierungsfahrplan erstellen. Ausgenommen davon sind insbesondere Netzbetreiber, deren Wärmenetze bereits vollständig aus Erneuerbaren Energien oder unvermeidbarer Abwärme gespeist wird.

Diese Pflicht ist grundsätzlich zu begrüßen, ebenfalls die Ausnahme von Wärmenetzen, die bereits auf Basis Erneuerbarer Energien und unvermeidbarer Abwärme betrieben werden. Ein solcher Plan ist bei Wärmenetzen, die bereits heute mit erneuerbaren Energien oder unvermeidbarer Abwärme betrieben werden, unnötig, da nicht davon auszugehen ist, dass sie angesichts der Pflicht zum Einsatz von 100 Prozent erneuerbarer Energien oder unvermeidbarer Abwärme im Jahr 2045 (§ 31 Abs. 1 KabE) diesen Anteil innerhalb der nächsten zwanzig Jahre signifikant reduzieren werden.

Allerdings ist ein Mindestanteil von 100 Prozent erneuerbarer Energien oder unvermeidbarer Abwärme nicht praxisgerecht. Es kann bei technischen Problemen durchaus vorkommen, dass kurzfristig ein Sicherheitskessel auf Basis fossiler Brennstoffe dazugeschaltet werden muss, um die Wärmeversorgung sicherzustellen. Es wäre weder zielführend noch verhältnismäßig, dies dadurch zu pönalisieren, dass der Netzbetreiber einen Wärmenetzausbau- und -dekarbonisierungsfahrplan nachreichen muss.    

BEE-Vorschlag:

Der Mindestanteil erneuerbarer Energien oder unvermeidbarer Abwärme, ab der ein Betreiber von der Pflicht zur Vorlage eines Wärmenetzausbau- und -dekarbonisierungsfahrplans befreit ist, sollte von 100 Prozent auf 90 Prozent gesenkt werden. Dazu ist § 32 Abs. 1 KabE wie folgt zu ändern:

„(1) Jeder Betreiber eines Wärmenetzes, das nicht bereits vollständig zu mindestens 90 Prozent mit Wärme aus erneuerbaren Energien, aus unvermeidbarer Abwärme oder einer Kombination hieraus gespeist wird, ist verpflichtet, bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 für sein Wärmenetz einen Wärmenetzausbau- und -dekarbonisierungsfahrplan zu erstellen und der hierzu durch Rechtsverordnung nach § 33 Absatz 5 bestimmten Behörde vorzulegen.“

 

Ergänzende Maßnahmen

Bundesweites Bürgschaftsprogramm für Wärmeprojekte aufsetzen

Für den Ausbau der Wärmenetze sind massive Investitionen notwendig. Gerade kleinere Akteure (KMU, Stadtwerke, Genossenschaften) haben mit Blick auf gestiegen Zinssätze immer mehr mit der Akquisition von Fremdkapital zur Realisierung neuer Wärmeprojekte zu kämpfen. Der Gesetzgeber sollte hier über die Einrichtung eines bundesweiten Bürgschaftsprogrammes unterstützend aktiv werden. Als gute Vorlage kann ein in Schleswig-Holstein im Zuge eines Nachhaushaltsgesetzes vorgestelltes Bürgschaftsprogramm dienen.  Das Programm umfasst 2 Milliarden Euro als Absicherung, wobei nach Landesangaben lediglich von einem Ausfallrisiko von ein bis zwei Prozent ausgegangen wird. Wir bewerten diesen Vorschlag als sehr positiv und könnten uns eine bundesweit ähnliche Regelung, mit mehr Finanzvolumen und auch die explizite Möglichkeit der Teilnahme durch Bürgerenergiegesellschaften, vorstellen.

Einen ambitionierten Fahrplan bei der CO2-Preisentwicklung

Es mehren sich die Einschätzungen aus der Wissenschaft, z.B. durch das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft, dass GEG und WPG in den vorliegenden Formen nicht ausreichen, um die Klimaziele des Gebäudesektors zu erreichen. Zwar möchte die Bundesregierung ergänzend den nationalen CO2-Preis in 2024 auf 45 Euro pro Tonne erhöhen. Allerdings reicht das aus unserer Sicht nicht aus, um eine wirkliche Lenkungswirkung hin zu klimafreundlichem Verhalten zu erreichen. Daher fordern wir die Bundesregierung auf, einen ambitionierteren Fahrplan bezüglich der zukünftigen Entwicklung des CO2-Preis vorzulegen und so flankierend auch über diesen Mechanismus Emissionseinsparungen im Gebäudesektor zu bewirken.

 

Vorschläge zur Änderung des Baugesetzbuchs

Da mit der Einführung des WPG auch das Baugesetzbuch (BauGB) novelliert werden soll, sollten mit der Einführung des WPG auch bauplanungsrechtliche Restriktionen für die Erzeugung von Erneuerbarer Wärme beseitigt werden, um das Angebot an klimaneutraler Wärme für Kommunen, Gebäudeeigentümer und Wärmenetzbetreiber ausweiten zu können. Im Folgenden werden einzige zentrale Maßnahmen genannt. Sämtliche Vorschläge betreffen die Regelungen zum Bauen im Außenbereich (§ 35 BauGB). Für weitere Maßnahmenvorschläge wird auf die gemeinsame Stellungnahme des Bundesverband Bioenergie e.V. (BBE), des Deutschen Bauernverbands e.V. (DBV), des Fachverband Biogas e.V. (FvB) und des Fachverband Holzenergie verwiesen.

Bauplanungsrechtliche Privilegierung von Erdwärme im Außenbereich

Eine Verankerung der Privilegierung der Erdwärme fehlt bislang im BauGB § 35. Zwar wird sowohl in der Praxis als auch von Gerichten eine Privilegierung von Geothermieanlagen als ortsgebundener gewerblicher Betrieb im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB häufig anerkannt. Die Frage führt gleichwohl häufig zu Verzögerungen bei der Realisierung von Geothermievorhaben. Das gilt insbesondere, wenn die Bergbehörde die Privilegierung der Gewinnungsanlage (beginnend mit dem Bohrplatz) bejaht, aber die Bauaufsicht die Privilegierung für die erforderliche Heizzentrale verneint. Aus diesem Grund würde eine Gleichstellung von Geothermieanlagen mit den ebenfalls privilegierten Wind- und Wasserkraftanlagen im Baugesetzbuch zu einer erheblichen Beschleunigung in der Planungsphase führen.

BEE-Vorschlag:

Die Erdwärme sollte daher so schnell wie möglich als privilegierte Vorhaben in §35 BauGB aufgenommen werden, damit die Planungsphase deutlich beschleunigt werden kann. Der BEE schlägt vor, in §35 Abs. 1 “oder der Erdwärme” zu ergänzen.

Bauplanungsrechtliche Privilegierung von Solarthermie im Außenbereich

Ein bedeutsamer Hinderungsfaktor für die Errichtung großer Solarthermieanlagen für Wärmenetze ist die Verfügbarkeit geeigneter siedlungsnaher Flächen. Die fehlende Privilegierung sowie langwierige Genehmigungsprozesse sind der entscheidende Hinderungsfaktor dieser Technologie.

BEE-Vorschlag:

Die Solarthermie sollte daher schnellstmöglich als privilegiertes Vorhaben in §35 BauGB aufgenommen werden. Dies würde bedeuten, dass die Planer zwar immer noch eine Baugenehmigung brauchen, aber vorher kein aufwendiges Bebauungsplan-Verfahren durchführen müssen.

Privilegierung von clusternden Biogasaufbereitungs- und Einspeiseanlagen im Außenbereich (Ergänzung von § 35 Abs. 1 BauGB)

Der wirtschaftliche Betrieb einer Gasaufbereitung erfordert aber einen gewissen Mindestdurchsatz an Biogas. Deshalb ist die Bündelung mehrerer kleiner Biogasanlagen sinnvoll, bei denen das Rohgas der Anlagen über sog. Gassammelleitungen zu einer zentralen Aufbereitungsanlage geleitet wird. 

Rund 80-85 Prozent der bestehenden Biogasanlagen wurden privilegiert im Außenbereich errichtet. Dementsprechend liegen die allermeisten Standorte, die sich aufgrund ihrer Nähe zu bestehenden Biogasanlagen oder zum Gasnetz für die Errichtung einer zentralen Aufbereitungsanlage anbieten, nicht in bereits ausgewiesenen Industrie-, Gewerbe- oder Sondergebieten, sondern ebenfalls im Außenbereich.

Da Aufbereitungsanlagen, die das Biogas mehrerer Biogasanlagen bündeln, nicht privilegiert im Außenbereich errichtet werden können, ist in vielen Fällen der Zusammenschluss von Biogasanlagen nicht, nur mit sehr langen Vorlaufzeiträumen und/oder nur an technisch und wirtschaftlich suboptimalen Standorten möglich.

BEE-Vorschlag:

Um den Zusammenschluss von bestehenden Biogasanlagen und deren Umrüstung auf die Gaseinspeisung voranzubringen, schlagen wir eine privilegierte bauplanungsrechtliche Zulässigkeit solcher clusternden zentralen Aufbereitung- und Einspeiseanlagen im Außenbereich vor.Zu diesem Zweck sollte § 35 Abs. 1 um eine neue Nummer 6a) ergänzt werden:

„6a der Aufbereitung von aus Biomasse erzeugtem Biogas zu Biomethan dient, ein-schließlich des Anschlusses solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz,“

Biogas-Satelliten-BHKW im Außenbereich auch ohne „dienende Funktion“ ermöglichen (Ergänzung von § 35 Abs. 1 BauGB)

Wärmeverbraucher liegen im Normalfall nicht unmittelbar am Standort der Biogasanlage. Die vom Standort der Biogaserzeugung abgesetzte Nutzung von Biogas in Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (sog. Satelliten-BHKW) ist im Außenbereich gelegenen Verbrauchern (z.B. Gärtnereien oder bestimmen land-wirtschaftlichen Betriebszweigen) jedoch aktuell verwehrt. Denn Bedingung, um ein BHKW legal im Außenbereich errichten zu können, ist, dass sie „dem Betrieb dienen“ muss, d.h. der überwiegende Teil des gesamten vom BHKW erzeugten Energie (Wärme UND Strom) müssen am Standort genutzt werden.

Für den Innenbereich wurde § 14 der Baunutzungsverordnung (BauNVO) bereits vor Jahren dahingehend ergänzt, dass KWK-Anlagen innerhalb von Gebäuden auch dann zulässige Nebenanlagen sind, wenn die erzeugte Energie nicht überwiegend am Standort genutzt wird. Auch die Nutzung von solarer Strahlungsenergie in, an oder auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden im Außenbereich wurde unabhängig von einer „dienenden Funktion“ ermöglicht. Aber eine entsprechende Regelung für KWK-Anlagen an oder in zulässigerweise genutzten Gebäuden im Außen-bereich fehlt weiterhin. Es gibt jedoch keinen Grund an dieser Stelle BHKW im Außenbereich gegenüber BHKW im Innenbereich oder Solaranlagen zu benachteiligen.

BEE-Vorschlag: 

Auch Satelliten-BHKW, die keine „dienende Funktion“ erfüllen, sollten im Außenbereich errichtet werden dürfen. Zu diesem Zweck sollte § 35 Abs. 1 um folgende neue Nr. 8a ergänzt werden:

„8a der Nutzung von aus Biomasse erzeugtem Biogas oder Biomethan in Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen in oder im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit zulässigerweise genutzten Gebäuden dient, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist.“

 

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Referentin für Erneuerbare Wärmepolitik und Energiewirtschaft


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