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Positionspapier

Überarbeitung der KWKG-Förderung zum Ausbau Erneuerbarer Energien in kommunaler KWK und Fernwärme

4. November 2024

Das Wichtigste in Kürze

  • Das KWKG sollte nach einer Überarbeitung ab 2026 bis 2035 verlängert werden;
  • Dazu sollte vorher die Fördersystematik so weiterentwickelt werden, dass
    • neue Förderzusagen nur noch „zukunftsfeste“ Anlagenkonzepte mit einem Mindestanteil von EE-Wärme im angeschlossenen System erhalten und dieser Mindestanteil schrittweise auf 100 % erhöht wird;
    • alle EE auf den EE-Mindestanteil angerechnet werden können, d. h. der Ausschluss von Biogas und fester Biomasse und die Begrenzung der Anrechenbarkeit von Biomethan-KWK gestrichen wird und auch Grüner Wasserstoff und grüne Wasserstoffderivate auf den EE-Mindestanteil angerechnet werden können;
    • Anreize für bestehende KWK-Systeme gesetzt werden, höhere EE-Anteile zu integrieren, wobei eine Finanzierung über die KWK-Umlage zu vermeiden ist;
  • Sollte eine inhaltliche Überarbeitung kurzfristig nicht realisierbar sein, benötigt die Branche eine Verlängerung des aktuellen KWKG bis mindestens 31.12.2030;
  • Darüber hinaus sollte das KWKG analog zum EEG nicht durch eine Umlage auf den Endkundenstrompreis, sondern über den Bundeshaushalt finanziert werden. Dies entlastet den Endkundenstrompreis und setzt zusätzliche Anreize zur Nutzung strombasierter Technologien im Gebäude- und Verkehrssektor (insb. Wärmepumpen & batterieelektrische Antriebe).

 

 

1 Grundsätzliches

Deutschland verfügt über einen großen Bestand an Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK-Anlagen), von denen bisher viele als Heizkraftwerke den Kern der kommunalen Fernwärmeversorgung bilden. Der Ausbau und die Defossilisierung der Fernwärme ist für viele Kommunen ein zentraler Bestandteil ihrer Wärmeplanung, und es stellt sich die Frage, wie die kommunalen KWK-Anlagen, die aktuell zumeist mit fossilen Brennstoffen betrieben werden und in die Wärmenetze einspeisen, in eine klimaneutrale, defossilisierte Wärmeversorgung integriert werden können. Dies ist eine große Herausforderung.

Große, kommunale KWK-Anlagen wurden in der Vergangenheit überwiegend wärmegeführt betrieben, d. h. die Strom- und Wärmeproduktion richteten sich überwiegend nach dem Wärmebedarf. Durch den stetig wachsenden Anteil Erneuerbarer Energien (EE) im System und die sich daraus ergebenden Stromerlös-Potenziale für gesicherte Leistung hat sich dieses Bild in den letzten Jahren bereits verändert, sodass eine stromgeführte Fahrweise allein aus Marktgründen inzwischen an vielen Standorten das Mittel der Wahl ist. Diesen Weg gilt es für die KWK weiter zu etablieren, damit die Technologie ihre Stärken im Zusammenspiel mit Wind, Photovoltaik (PV) und Wärmepumpe optimal ausspielen kann. Andernfalls kann es häufiger vorkommen, dass die überwiegend noch fossil befeuerten KWK-Anlagen auch dann Strom einspeisen, wenn ausreichend Strom aus Wind und PV zur Verfügung steht.

Das vorliegende Papier erhebt nicht den Anspruch, auch für industriell betriebene KWK-Anlagen geeignet zu sein. Hier bestehen zum Teil ganz andere Anforderungen und eine strommarktgeführte Fahrweise wird in der Industrie nur bedingt möglich sein. Im Folgenden beschränken wir uns daher auf kommunale, mit Wärmenetzen verbundene KWK-Anlagen.

BEE-Position:

Im Zusammenspiel mit Wind- und Sonnenenergie leisten kommunale KWK-Anlagen in vielen Städten und Gemeinden als lokales Rückgrat der Strom- und Wärmeversorgung einen Beitrag zur Energieversorgung. Für die Fernwärmeversorgung liefern größere KWK-Anlagen gerade in den Wintermonaten Wärme für die bestehenden Hochtemperatur-Wärmenetze. Im Rahmen der anstehenden Defossilisierung müssen sie aufgrund der Endlichkeit nicht-fossiler Brennstoffe ihre Volllaststunden reduzieren und soweit möglich überwiegend strommarktgeführt betrieben werden, um als Flexibilitätsoption im Stromsektor die Fluktuationen von Wind und PV auszugleichen. Dann ist ihr Betrieb besonders systemdienlich, da gerade in den Wintermonaten sowohl der Bedarf an Back-Up-Kraftwerken im Stromsektor als auch der Heizbedarf in Fernwärme hoch ist. Neben der Umstellung von größeren KWK-Anlagen auf eine strommarktgeführte Fahrweise ist es jedoch besonders wichtig, konventionelle KWK zunehmend mit Erneuerbaren Energien in Wärmenetzen zu kombinieren und die KWK-Anlagen selbst auf erneuerbare Brennstoffe umzustellen. 

Die BEE-Strommarktdesign-Studie rechnet bei Klimaneutralität mit ca. 9 Gigawatt (GW) installierter elektrischer KWK-Leistung auf Basis von Wasserstoff und synthetischem Methan und 18-27 GW auf Basis von Biogas und fester Biomasse.

 

 

Um das erreichen zu können sollten:

  • das KWKG nach einer Überarbeitung ab 2026 bis 2035 verlängert werden;
  • vorher die Fördersystematik so weiterentwickelt werden, dass
    • neue Förderzusagen nur noch „zukunftsfeste“ Anlagenkonzepte mit einem Mindestanteil von EE-Wärme im angeschlossenen System erhalten und dieser Mindestanteil schrittweise auf 100 % erhöht wird;
    • alle EE auf den EE-Mindestanteil angerechnet werden können, d. h. der Ausschluss von Biogas und fester Biomasse sowie die Begrenzung der Anrechnung von Biomethan-KWK gestrichen werden und auch Grüner Wasserstoff und grüne Wasserstoffderivate auf den EE-Mindestanteil anrechenbar sind;
    • Anreize für bestehende KWK-Systeme gesetzt werden, höhere EE-Anteile zu integrieren, wobei eine Finanzierung über die KWK-Umlage zu vermeiden ist;
  • Sollte eine inhaltliche Überarbeitung kurzfristig nicht realisierbar sein, fordert die Branche eine Verlängerung des aktuellen KWKG bis mindestens 31.12.2030;
  • Darüber hinaus sollte das KWKG analog zum EEG nicht über eine Umlage auf den Endkundenstrompreis, sondern über den Bundeshaushalt finanziert werden. Dies entlastet den Endkundenstrompreis und setzt zusätzliche Anreize für den Einsatz strombasierter Technologien im Gebäude- und Verkehrssektor (insb. Wärmepumpen & batterieelektrische Antriebe).

 

2 Förderung zusammenführen und umgestalten

Für neue Förderzusagen werden die reguläre KWK-Förderung und die Förderung für „innovative KWK-Systeme“ ab 2026 zusammengeführt und nach dem Vorbild der Förderung für „innovative KWK-Systeme“ umgestaltet. Neben den Erlösen am Strommarkt ist das zentrale Anreizinstrument für KWK-Anlagen derzeit das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG). Die Förderung im Hauptsegment des KWKG ist jedoch weitgehend brennstoffneutral. Das heißt, es gibt kaum Anreize, KWK-Anlagen mit Erneuerbaren Energien zu kombinieren oder Erneuerbare Brennstoffe einzusetzen. Eine uneingeschränkte Förderung fossil betriebener KWK-Anlagen ist aber mit der zukünftigen Rolle von KWK-Anlagen nicht mehr vereinbar (s.o.). Stattdessen ist zu überlegen, ob zusätzliche Förderanreize für den Betrieb mit grünen Gasen geschaffen werden können und die Systemrelevanz der Kraft-Wärme-Kopplung im Zuge der Residuallast weiter in den Vordergrund gerückt werden kann. Es sollten nur noch KWK-Anlagen eine Förderzusage erhalten, die mit einem steigenden Mindestanteil Erneuerbarer Energien kombiniert wird (entweder mit Anschluss einer EE-Anlage an dasselbe Fernwärmenetz oder durch den Einsatz von EE-Brennstoffen). Vorbild für eine solche Ausgestaltung der KWKG-Förderung könnte die Förderung für “innovative KWK-Systeme” sein, die es bereits im KWKG gibt und dafür nur leicht angepasst werden müsste.Definition „innovative KWK-Systeme“ aus § 2 Nr. 9a KWKG: „besonders energieeffiziente und treibhausgasarme KWK-Systeme, in denen KWK-Anlagen in Verbindung mit hohen Anteilen von Wärme aus erneuerbaren Energien KWK-Strom und Wärme bedarfsgerecht erzeugen oder umwandeln“ 

BEE-Vorschläge:

  • Für alle neu zu vergebenden Förderzusagen für KWK-Anlagen, die in ein Wärmenetz einspeisen, gilt die Fördervoraussetzung, dass der EE-Anteil im Wärmenetz im jeweiligen Kalenderjahr mindestens 30 Prozent betragen muss. Dieser Anteil wird wie im Wärmeplanungsgesetz für Wärmenetze vorgesehen, schrittweise erhöht, jeweils mit einem Umstellungszeitraum von fünf Jahren.
  • Alle Erneuerbaren Energien können zukünftig auf den EE-Mindestanteil angerechnet werden. Der Ausschluss von Biogas und fester Biomasse wird gestrichen (bisher nur Anrechnung von „innovativer“ EE-Wärme möglich, d. h. EE-Anlagen mit mind. 1,25 Jahresarbeitszahl (§ 2 Abs. Nr. 12 Buchstabe a).
  • Auch die Begrenzung der Anrechnung von Biomethan-KWK (bisher max. 5% für die ersten 5 Jahre; § 19 Abs. 5 KWKAusV) wird gestrichen.
  • Auch Grüner Wasserstoff und Wasserstoffderivate können zukünftig auf den EE-Mindestanteil angerechnet werden.
  • Das Verdrängungsverbot für bestehende KWK-Fernwärme gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 KWKG wird auf KWK-Fernwärme aus erneuerbaren Brennstoffen beschränkt. Die Verdrängung von KWK-Fernwärme aus fossilen Brennstoffen wäre damit zukünftig zulässig.

 

Besondere Herausforderungen für Solarthermieanlagen in iKWK-Systemen beseitigen

Die Zahlung von Pönalen, falls der EE- Anteil das Ziel von 30 % verfehlt, betrifft de Facto ausschließlich Solarthermieanlagen, weil es andere EE wie Geothermie oder Wärmepumpen in der Hand haben, wie viel sie einspeisen, während Solarwärme witterungsbedingt von Jahr zu Jahr schwanken kann.

BEE-Vorschlag:

Das KWKG könnte die einseitige Benachteiligung von Solarwärme, die die Pönalisierung von EE-Mindererträgen bewirkt, durch folgende Maßnahme beheben:

  • Abrechnung des EE-Anteils bei Solarthermie (oder generell) über fünf Jahre, um saisonale Schwankungen auszugleichen

 

3 Neue Anreize zum Einsatz von EE in KWK-Systemen mit bestehenden Förderzusagen

Die oben beschriebenen Anreize zur Kombination von KWK-Anlagen mit Erneuerbaren Energien bzw. zum Einsatz nicht-fossiler Brennstoffe würden erst für neue Förderzusagen ab 2026 gelten.

Anreize zur Integration von Erneuerbaren Energien in das Wärmenetz von KWK-Anlagen, die bereits Förderzusagen erhalten haben, bestehen im KWKG derzeit praktisch nicht. Nur für Anlagen mit einer Förderzusage ab 2020 gibt es diese in einem gewissen Umfang in Form des Bonus für “innovative erneuerbare Wärme”. Daher werden geförderte KWK-Anlagen oftmals mit fossilen Brennstoffen befeuert. Hier sind Anreize in das KWKG einzuführen, diese fossilen Brennstoffe nach und nach zu ersetzen.

BEE-Vorschläge:

  • Der Bonus für „innovative erneuerbare Wärme“ für Neuanlagen wird für Bestandsanlagen zu einem Bonus für erneuerbare Wärme weiterentwickelt und auf alle bestehenden KWK-Anlagen ausgeweitet, die bis 2025 einen Förderanspruch erworben haben (§ 7a KWKG). Dabei können alle erneuerbaren Energien angerechnet werden. Anzustreben ist dabei eine Finanzierung aus dem Bundeshaushalt, um zu vermeiden, dass Stromverbraucher für den Umbau der Wärmeerzeugung für die Wärmenetze aufkommen müssen, was im aktuellen ökonomischen Umfeld problematisch wäre. 
  • Auch grüner Wasserstoff und Wasserstoffderivate können bei bestehenden Anlagen zukünftig auf den EE-Mindestanteil angerechnet werden.

 

4 Bei neuen Förderzusagen für gasbetriebene KWK-Anlagen (> 100 kWel) werden die Flexibilitätsanforderungen verschärft

Das KWKG enthält bereits Flexibilitätsanreize für neue Förderzusagen, u. a. das Aussetzen der Förderung bei negativen Preisen und die sukzessive Absenkung der maximal förderfähigen Volllaststunden pro Jahr auf 2.500 im Jahr 2030. Langfristig ist jedoch eine weitere Absenkung der jährlichen Volllaststunden sinnvoll. So sieht z. B. die BEE-Strommarktdesign-Studie für Biogas-KWK 2.200 Stunden im Jahr 2050 vor.

BEE-Vorschlag:

  • Die Begrenzung der KWK-Zuschläge auf eine bestimmte Volllaststundenzahl pro Jahr wird schrittweise weiter bis auf 2.200 im Jahr 2035 abgesenkt.
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Carlotta Gerlach
Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE)
Referentin für Erneuerbare Wärmepolitik und Energiewirtschaft


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