Positionspapier zu grünem Wasserstoff in Deutschland
12. Mai 2025
Wasserstoff kann eine zentrale Rolle für die Energiewende und insbesondere die Defossilisierung von Industrie und Verkehr einnehmen. Wird er grün gewonnen, also aus Erneuerbaren Energien, bietet er zahlreiche Chancen für Deutschland:
Beim Aufbau der Wasserstoffwirtschaft geht es nun in die Umsetzungsphase. Wichtige Schritte, wie die Verabschiedung des Wasserstoffkernnetzes, sind gegangen. Um den Markthochlauf zu ermöglichen und die Potenziale des grünen Wasserstoffs zu realisieren, schlägt der BEE folgende Maßnahmen vor:
Die kommende Legislaturperiode wird darüber entscheiden, ob der Hochlauf der grünen Wasserstoffwirtschaft gelingt. Jetzt ist der Moment, um die richtigen Weichen zu stellen!
Die grüne Wasserstoffwirtschaft bietet eine Reihe entscheidender Chancen. Sie schafft Wertschöpfung und sichert Arbeitsplätze in Deutschland. Der systemdienliche1 Ausbau von Elektrolysekapazitäten erhöht zudem die Kosteneffizienz des gesamten Energiesystems. Jeder investierte Euro stärkt die heimische Industrie, senkt die Abhängigkeit von fossilen Importen und bringt den Standort Deutschland näher ans Ziel einer leistungsfähigen, wachsenden und klimaneutralen Wirtschaft.
Blauer Wasserstoff ist dahingegen keine Alternative. Er zementiert fossile Abhängigkeiten, verursacht weiterhin hohe Emissionen – insbesondere in der Vorkette – und verzögert die notwendige Abkehr von zukünftig teureren und klimaschädlichen Energiequellen. Deutschland muss jetzt konsequent auf grünen anstelle von blauem Wasserstoff setzen.
Die Nutzung von grünem Wasserstoff und seiner Derivate bildet einen wichtigen Baustein für die weltweite Defossilisierung der Energiesysteme. Der globale Wasserstoffmarkt hat das Potenzial für ein rasantes Wachstum. Während die weltweit installierte Elektrolysekapazität im Jahr 2023 noch bei 1,4 GW lag, beläuft sich die Kapazität der weltweit angekündigten Projekte bis 2030 auf fast 520 GW.2 Gleichzeitig wird erwartet, dass das Marktvolumen für Erneuerbaren Wasserstoff kontinuierlich wächst, bis 2030 mit 624 Milliarden US-Dollar den Wert des Flüssigerdgashandels übertrifft und bis 2050 sogar weiter auf 1,4 Billionen US-Dollar pro Jahr ansteigt.3
Entlang der gesamten Wertschöpfungskette bieten sich für deutsche Unternehmen zahlreiche Chancen beim Aufbau einer globalen Wasserstoffwirtschaft. Deutschland und Europa sollten die Gelegenheit nutzen, eine Führungsrolle einzunehmen. Deutschland hat in diesem Wettbewerb mit zahlreichen Qualitäts- und Innovationsführern im Bereich der Wasserstoffproduktionstechnologien (Elektrolyse, Biomassepyrolyse etc.) beste Voraussetzungen. Gleiches gilt für die Technologien zur Umwandlung von Wasserstoff in Derivate (z. B. Methanisierung).
Mehr als die Hälfte der europäischen Produktionskapazitäten für Elektrolyseure befindet sich in Deutschland. Zudem verfügt Deutschland über einen gut ausgebauten Anlagenbestand an Biogas-, Biomethan- und Holzenergieanlagen, die als Quellen von klimaneutralem CO2 für die Herstellung von Wasserstoffderivaten genutzt werden und/oder für die Produktion von biogenem Wasserstoff nachgerüstet werden können.
Wachstumschancen bieten sich deutschen Unternehmen nicht nur beim Technologieexport ins Ausland. Gerade in der Phase des Markthochlaufs spielt der Heimatmarkt für hiesige Unternehmen eine entscheidende Rolle.
Die heimische Erzeugung von grünem Wasserstoff stärkt die deutsche Wirtschaft. Einerseits kann er als klimaneutraler Brennstoff die Transformation vieler bestehender (industrieller) Anwendungen in Deutschland ermöglichen, z. B. in der Stahl- oder Chemieindustrie, und so bestehende Arbeitsplätze sichern. Andererseits werden in der grünen Wasserstoffindustrie zusätzlich zehntausende neue Arbeitsplätze geschaffen.4 Dazu gehören nicht nur Arbeitsplätze in der Produktion und im Betrieb von Elektrolyseuren und anderen Produktionstechnologien (z. B. Methanisierungsanlagen), sondern auch in der Forschung und Entwicklung innovativer Technologien, die die Effizienz und Wirtschaftlichkeit der Herstellung von Wasserstoff und Wasserstoffderivaten weiter steigern. Die heimische Erzeugung schafft so regionale Wertschöpfungsketten und spült perspektivisch Einnahmen in die kommunalen Kassen und lokalen Betriebe.
Der Einsatz von grünem Wasserstoff und Wasserstoffderivaten ist in erster Linie in jenen Sektoren des Energiesystems sinnvoll, die aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen mittelfristig nicht elektrifiziert werden können. Dies gilt insbesondere für die Industrie (z. B. Stahl,- Chemie- oder Zementindustrie) und bestimmte Bereiche des Verkehrssektors.
Im Stromsystem bietet die Rückverstromung von grünem Wasserstoff in sehr begrenztem Umfang die Möglichkeit, kurzfristige und saisonale Schwankungen in der Erneuerbaren Stromproduktion auszugleichen.5 Hier kann grüner Wasserstoff als Brennstoff in Back-up-Kraftwerken eingesetzt werden, ergänzend zu anderen Erneuerbaren Technologien wie heimischer Bioenergie, Wasserkraft, Geothermie, KWK-Anlagen und Batteriespeichern.
Die Strategie, bei grünem Wasserstoff vor allem auf Importe zu setzen, geht mit großen Unsicherheiten einher. Nur wenige Länder haben kurz- bis mittelfristig Exportabsichten, dafür aber einen hohen Eigenbedarf. Zudem befindet sich ein Großteil der Wasserstoffprojekte noch in frühen Projektstadien, bei denen endgültige Investitionsentscheidungen noch ausstehen. Die potenziellen Lieferländer werden mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht vor 2030 in der Lage sein, ausreichende Mengen an Wasserstoff und seinen Derivaten nach Deutschland zu exportieren.6 Diese schwierigen Importaussichten schaffen hohe Unsicherheit für Unternehmen und Investierende in Deutschland. Nur eine starke heimische Erzeugung kann Sicherheit und Planbarkeit für Unternehmen und Investierende garantieren.
Der Aufbau heimischer grüner Wasserstoffkapazitäten ist auch aus geopolitischer Sicht von strategischer Bedeutung. Er verringert die Abhängigkeit von importierten fossilen Energiequellen wie Erdgas und -öl und trägt zur Energiesicherheit in Deutschland bei. Dies ist besonders in Zeiten sicherheitspolitischer Unsicherheiten und schwankender globaler Rohstoffmärkte von Bedeutung.
Elektrolyseure, die in Deutschland grünen Wasserstoff produzieren, haben gegenüber Anlagen im Ausland einen weiteren entscheidenden Vorteil: Der erzeugte grüne Wasserstoff kann in neuen und bestehenden Wasserstoff- und Gasinfrastrukturen gespeichert werden und so langfristig überschüssigen Strom aus Erneuerbaren Quellen aufnehmen und bei Bedarf flexibel wieder abgeben.
Heimische Elektrolyseure tragen somit dazu bei, die Integration Erneuerbarer Energien in alle Sektoren des Energiesystems voranzutreiben. Darüber hinaus kann die Erzeugung von grünem Wasserstoff und dessen Rückverstromung durch den Ausgleich von Angebots- und Nachfrageschwankungen zur Stabilisierung des Stromnetzes beitragen. Noch dazu können Elektrolyse den Netzausbaubedarf reduzieren. Voraussetzung für die Realisierung dieser Vorteile ist allerdings die systemdienliche Ausgestaltung der Wasserstoffwirtschaft.
Nur mit grünem Wasserstoff ist eine nahezu klimaneutrale Wasserstoffproduktion möglich. Während bei grauem Wasserstoff die durchschnittliche Treibhausgasbelastung über den gesamten Lebenszyklus (Life-Cycle-Assessment) bei 398 g CO2äq / kWh H2 liegt, reduziert sich der Ausstoß bei strombasiertem grünem Wasserstoff auf rund 25-58 g CO2Äq /kWh H2.7 Dieser niedrige Wert erklärt sich dadurch, dass nur beim Bau der Wind- bzw. Solaranlagen und der Elektrolyseure einige wenige Emissionen entstehen, nicht jedoch beim Prozess der Elektrolyse selbst.
Beim blauen Wasserstoff verbleibt eine durchschnittliche Treibhausgasbelastung von 168 g CO2äq./ kWh H2, was insbesondere durch die bei Förderung, Aufbereitung und den Transport des Erdgases entstehenden Vorkettenemissionen zu erklären ist (s. Fußnote 7). Dieser Wert liegt zwar deutlich unter dem von grauem Wasserstoff, macht aber deutlich, dass blauer Wasserstoff noch lange nicht klimaneutral ist. Aus klimapolitischer Sicht ist daher nur grüner Wasserstoff sinnvoll. Gleichzeitig bietet nur grüner Wasserstoff die beschriebenen Systemvorteile und reduziert effektiv die Kosten des Energiesystems.
Um die beschriebenen Chancen für wirtschaftliches Wachstum, Klimaschutz und mehr Kosteneffizienz in der Energie zu nutzen, sind weitere regulatorische Maßnahmen notwendig:
Aufgrund der kurz- und mittelfristigen Unsicherheiten beim Import von Wasserstoff und seinen Derivaten sollte der Aufbau heimischer Erzeugungskapazitäten für grünen Wasserstoff oberste Priorität haben. Dazu müssen dringend weitere Anreize geschaffen werden, die den Bau und Betrieb von Elektrolyseuren in Deutschland wirtschaftlich machen.
Wichtig ist dabei, einen lebendigen Wettbewerb zwischen verschiedenen Marktteilnehmern sicherzustellen. Ergänzend zu Großprojekten sollten die Potentiale der dezentralen Erzeugung nicht vernachlässigt werden. Dezentrale Elektrolyseure können lokale Überschüsse aus Wind- und Solarstrom wirtschaftlich vorteilhaft für die Produktion von grünem Wasserstoff nutzen.8
Die Bundesregierung sollte im Rahmen der „Farbendebatte“ die richtigen Weichen stellen. Statt eines langwierigen Aufbaus einer landesweiten Infrastruktur für blauen Wasserstoff mit der Gefahr einer verlängerten Nutzung fossiler Energieträger sollte die Bundesregierung sich klar zu grünen Wasserstoff bekennen abgeben und dementsprechend handeln.
Der grüne Wasserstoff sollte dabei sowohl strombasiert als auch biogenen Ursprungs sein können. Denn neben der Verwendung Erneuerbaren Solar- oder Windstroms stellt auch die Nutzung von Biogas, Biomethan, Holz sowie biogener Abfallströme eine wichtige Ressource für die grüne Wasserstoffproduktion dar. Diese Biomassen müssen gemäß der Renewable Energy Directive (RED III) und über Zertifizierungssysteme ohnehin gemäß ihrer Treibhausgasbilanz über die gesamte Prozesskette bilanziert werden.
Nach der durch die hohe Erdgasabhängigkeit verursachten Kosten- und Versorgungskrise im letzten Jahr droht Deutschland mit der Nutzung von blauem Wasserstoff in neue Importabhängigkeiten zu geraten.
Strombasierter grüner Wasserstoff kann zur (Kosten-)Effizienz und Stabilität des Energiesystems beitragen und die Emissionen in den einzelnen Sektoren senken. Dazu müssen die an die Produktion angelegten Kriterien des Strombezugs so gestaltet werden, dass sie die Systemdienlichkeit der entsprechenden Anlagen sicherstellen. Andernfalls besteht die Gefahr, dass die Installation von Elektrolyseuren, die aus betriebswirtschaftlichen Optimierungsgründen als Grundlast betrieben werden, zu einer Erhöhung des Strombedarfs bei geringer Verfügbarkeit von Erneuerbaren Energien führt und zur Deckung dieses Bedarfs (erd-)gasbetriebene Kraftwerke hochgefahren werden müssen. Eine solche Fehlsteuerung würde zu potenziell hohen volkswirtschaftlichen Mehrkosten führen und muss dringend vermieden werden.
Wichtig ist insbesondere, dass Elektrolyseure dort gebaut werden, wo sie eine systemdienliche Wirkung entfalten können. Um dies sicherzustellen, sollten verschiedene Anreizsysteme ineinandergreifen. Zum einen sollte der Spielraum genutzt werden, den die Europäische Kommission den Mitgliedstaaten in den Vorgaben des Delegierten Rechtsakts 2023/1184 zur Einführung eines geeigneten Standortkriteriums eingeräumt hat. Zum anderen sollte die Ausgestaltung der Baukostenzuschüsse immer die systemdienliche Verortung von Elektrolyseuren zum Ziel haben. Des Weiteren ist die an Systemdienlichkeitskriterien zu knüpfende Entfristung der Netzentgeltbefreiung über das Jahr 2029 hinaus zu nennen, sowie die Umsetzung der in §96 WindSeeG für den Zeitraum bis 2028 vorgesehenen Ausschreibungen für systemdienlich mit Elektrolyseuren erzeugten grünen Wasserstoff.
Sinnvolle Strombezugskriterien sind von großer Bedeutung, um die Systemdienlichkeit der grünen Wasserstoffproduktion zu gewährleisten. Die derzeitigen Anforderungen gehen jedoch mit höheren Strombezugskosten einher, die für Elektrolyseurbetreiber eine betriebswirtschaftliche Herausforderung darstellen. Die Bundesregierung sollte daher einen Rechtsrahmen schaffen, der Anreize für eine systemdienliche Fahrweise setzt und gleichzeitig betriebswirtschaftlich attraktiv ist, um Investitionen in Elektrolyseure anzureizen.
Vor dem Hintergrund des derzeit stockenden Wasserstoffhochlaufs in Deutschland sollte sich die nächste Bundesregierung auf europäischer Ebene für die Weiterentwicklung der aktuellen Vorgaben zu den Strombezugskriterien für grünen Wasserstoff einsetzen.
Aus Sicht des BEE kann neben den aktuell gültigen Kriterien, die die verpflichtende Kopplung an einzelne EE-Anlagen vorsehen, auch eine strommarktorientierte Fahrweise von Elektrolyseuren geringe Emissionen und eine hohe Integration von EE in das Stromsystem sicherstellen.9 In diesem Zusammenhang sollte die Bundesregierung darauf hinwirken, dass das Kriterium der stündlichen CO2-Intensität, welches derzeit im Rahmen der EU-Definition von kohlenstoffarmem Wasserstoff diskutiert wird, als zusätzliche Strombezugs-Erfüllungsoption auch für den grünen Wasserstoff Anwendung findet.
Die Anwendung des Kriteriums der stündlichen CO2-Intensität für beide Arten von Wasserstoff darf nicht zu Nachteilen beim Hochlauf des grünen Wasserstoffs führen. Durch geeignete Anreizsysteme ist unbedingt zu vermeiden, dass blauer Wasserstoff bevorzugt und Defossilisierungsanstrengungen beim Aufbau einer grünen Wasserstoffwirtschaft untergraben werden.
Der derzeit zögerliche Hochlauf der grünen Wasserstoffwirtschaft zeigt, dass für viele Unternehmen die Unsicherheit noch zu groß ist, um endgültige Investitionsentscheidungen für Wasserstoffprojekte zu treffen. Dies liegt zum einen daran, dass die Herstellung von grünem Wasserstoff aufgrund starker fossiler Marktverzerrungen im Vergleich zu grauem oder blauem Wasserstoff heute noch zu teuer ist. Zum anderen bestehen Unsicherheiten über die zukünftige Förderung und Regulierung.
Die Skalierung der Produktion wird zwar perspektivisch zu sinkenden Investitionskosten für Elektrolyseure führen. Um grünen Wasserstoff wettbewerbsfähig zu machen, sollte die nächste Bundesregierung jedoch neben der oben beschriebenen Anpassung der Strombezugskriterien auch die Systemdienlichkeit der Anlagen im Auge behalten. Die weiteren Anreizsysteme für den Hochlauf der grünen Wasserstoffwirtschaft sollten ebenfalls überprüft und erweitert werden.
Auf der Seite der Wasserstoffproduktion sollte insbesondere der flexible Verbrauch von Strom aus EE-Anlagen durch Elektrolyseure hinter demselben Netzverknüpfungspunkt ermöglicht werden.
Hierzu sollte beispielsweise die „starre Proportionalität” in § 21b EEG für Lieferungen abseits des öffentlichen Netzes auch außerhalb der unmittelbaren räumlichen Nähe aufgehoben und die Teilnahmefähigkeit der Elektrolyseure im Rahmen des § 13k EnWG („Nutzen statt Abregeln“) in seiner jetzigen Form verstetigt werden. Neben der Ermöglichung der flexiblen Fahrweise von Elektrolyseuren ist es wichtig, bestehende Förderinstrumente auf der Erzeugungsseite zu implementieren und ggf. zu erweitern. Dies gilt beispielsweise für die bereits erwähnte Entfristung der Netzentgeltbefreiung, die an Systemdienlichkeitskriterien zu knüpfen ist, sowie die Umsetzung von Ausschreibungen von systemdienlich mit Elektrolyseuren erzeugtem grünem Wasserstoff nach § 96 WindSeeG.
Um die stärkere Verwendung von grünem Wasserstoff in schwer elektrifizierbaren Sektoren zu erwirken, müssen die Anreizsysteme gezielt ausgestaltet und erweitert werden. Zu diesen Sektoren zählen wie oben bereits beschrieben insbesondere der Industriesektor (z. B. Stahl,- Chemie- oder Zementindustrie), Teile des Verkehrssektors sowie in begrenztem Umfang die Rückverstromung.
Förderprogramme für die Transformation der einzelnen Sektoren wie Klimaschutzverträge oder Kohlenstoffdifferenzvertäge (CCfDs) sollten so ausgestaltet werden, dass sie einerseits die Nutzung grünen Wasserstoffs ausreichend anreizen, andererseits aber Elektrolyseure nicht als unflexible Grundlast zum Bremsklotz der Energiesystemwende werden lassen. Außerdem muss sichergestellt werden, dass der CO2-Preis in den nächsten Jahren kontinuierlich weiter ansteigt und so seine Signalwirkung entfalten kann. Jeder Euro pro Kilogramm spart staatliche Förderkosten ein und erhöht die Planungssicherheit für Industrie und Unternehmen.
Um die Klimaziele insbesondere im Industrie- und Verkehrssektor zu erreichen, müssen große Mengen an Wasserstoff bereitgestellt werden. Gemäß der Bedarfsanalyse des Nationalen Wasserstoffrats beträgt der Wasserstoffbedarf bereits im Jahr 2030 etwa 60 bis 80 TWh, insbesondere für die Stahl- und Chemieindustrie. Bis 2045 wächst die H2-Nachfrage deutlich auf 320 bis 490 TWh.10
Der BEE hat errechnet, dass der Stromverbrauch zur Herstellung dieser Wasserstoffmengen bereits im Jahr 2030 bei etwa 90 bis 130 TWh und im Jahr 2045 bei 400 bis 620 TWh liegen wird.
Der schleppende Hochlauf der Elektrolysekapazitäten und der Kapazitäten anderer Sektorenkopplungstechnologien wie der Elektromobilität darf auf keinen Fall zum Anlass genommen werden, die Anstrengungen beim Stromnetzausbau und beim Um- und Ausbau des Gas-/Wasserstoffnetzes zu reduzieren. Stattdessen sollten die Rahmenbedingungen für den Hochlauf dieser Technologien dringend verbessert und der Netzausbau bzw. -umbau mit Hochdruck vorangetrieben werden.
Wichtig ist beispielsweise, dass sich die Wasserstoffinfrastruktur an der Verfügbarkeit von EE ausrichtet und die Versorgung des ost- und südostdeutschen Wirtschaftsraumes bei der Ausgestaltung des Wasserstoff-Kernnetzes angemessen berücksichtigt wird. Auch sollten im Wasserstoffnetz unbedingt ausreichend Wasserstoffspeicherkapazitäten eingeplant werden. Der BEE hat zu diesen und weiteren Infrastruktur-bezogenen Punkten verschiedene Stellungnahmen veröffentlicht.11
1 Zur Bestimmung des Begriffs der Systemdienlichkeit siehe BEE-Positionspapier.
2 Hydrogen production – Global Hydrogen Review 2024 – Analysis - IEA. Von diesen 520 GW haben jedoch zum jetzigen Zeitpunkt erst 4 % der Projekte die finale Investmententscheidung (FID) getroffen.
3 Deloitte 2023.
5 Der BEE hat in seiner Strommarktdesignstudie (2021) gezeigt, dass die benötigte steuerbare Leistung im Stromsektor zum großen Teil durch Bioenergie, Wasserkraft, Batteriespeicher und KWK Anlagen realisiert werden kann und H2-Gaskraftwerke nur eine sehr untergeordnete Rolle spielen sollten. Für die Defossilisierung von KWK-Anlagen, in denen keine Bioenergieträger eingesetzt werden, kommt vor allem synthetisches Methan, also methanisierter Wasserstoff, infrage.
6 Wuppertal-Instiut/LEE NRW 2024.
7 GPE 2020
8 Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Netzdienliche Wasserstofferzeugung“ zum Nutzen kleiner, dezentraler Elektrolyseure des Reiner Lemoine Instituts (2022).
9 Zu diesem Ergebnis kommt auch die vom BMWK im Rahmen der Systementwicklungsstrategie in Auftrag gegebene Studie „Systemdienliche Integration von grünem Wasserstoff”: BMWK 2023.