Der BEE begrüßt, dass das BMWK mit dem Optionenpapier eine Grundlage für die lange überfällige Reform des Strommarktdesigns vorlegt. Der BEE hat schon 2021 in seiner Studie Klimaneutrales Stromsystem auf die Herausforderungen des Marktes hingewiesen und Vorschläge unterbreitet, wie diesen zu begegnen ist.
Diese Herausforderungen werden durch die im Optionenpapier aufgeführten Vorschläge nur teilweise gelöst und bergen zugleich Risiken, die es im Sinne der ambitionierten Ausbauziele für die Erneuerbaren Energien im Stromsektor dringend zu vermeiden gilt.
Der BEE bekräftigt in dieser Stellungnahme elementare Anforderungen an das Strommarktdesign der Zukunft, die in das Optionenpapier einfließen sollten:
Von den vier Optionen zur Neuausrichtung des Investitionsrahmens für (fluktuierende) Erneuerbare Energien sollten aus Sicht des BEE die Optionen 1 und 2 näher in Betracht gezogen werden, auch um innerhalb des von der EU vorgegebenen Zeitkorridors Ergebnisse zu liefern.
Auch die Möglichkeiten, durch geeignete kurzfristige Maßnahmen die drängendsten Probleme im bestehenden System zu lösen, sollten in den Blick genommen werden. Hierzu könnten u.a. betrachtet werden: Beseitigung von Fehlanreizen durch Berücksichtigung des Parkwirkungsgrades bei Windenergie, oder die Vermeidung von negativen Strompreisen durch die Umstellung auf eine mengenbasierte Absicherung. Diese bewirken die zügigere notwendige Stabilisierung des Stromsystems.
Die Optionen 3 und 4 sind nach aktueller Analyse des BEE über mehr als einhundert Windparks durch einen produktionsunabhängigen CfD erhebliche Mengen- und Preisrisiken ausgesetzt, was die Finanzierungskosten stark erhöhen bzw. auch in einigen Fällen sogar die Finanzierung vollständig verhindern würde. Durch die Analyse konnte gezeigt werden, dass selbst unter optimalen Bedingungen (Referenzanlage: gleicher Standort, gleicher Anlagentyp, gleiche Nabenhöhe, usw.) eine Mengendifferenz zwischen realer Einspeisung und der Referenzeinspeisung von 5 bis 25% besteht, was bewertet mit dem Spotpreis (Option 4) zu einer Rückzahlung der Kapazitätsprämie in Höhe von im Mittel über alle Windparks von ca. 40% führt. Einige Windparks müssten nur 5% während andere über 100% zurückzahlen. Für PV-Anlagen sind ähnliche Knock-Out-Szenarien im Rahmen einer üblichen Risikoüberprüfung, insbesondere bzgl. der Banken („bankability“), zu erwarten. Daher sind weder Option 3 noch Option 4 gangbare Finanzierungselemente.
Der nachvollziehbare Wunsch der Politik die negativen Strompreise zu vermeiden, kann mindestens gut durch eine Kombination einer Mengenabsicherung mit produktionsabhängigen CfDs, erfüllt werden. Die im PKNS-Prozess mehrfach diskutierte Umstellung einer zeit- in eine mengenbasierte Absicherung wird im Optionspapier nur rudimentär thematisiert.
Das Argument des BMWK hinsichtlich Intraday-Verzerrungen bei produktionsabhängigen CfD ist nicht relevant, da dieses nur zum Tragen käme, wenn überhaupt deutlich höhere Marktwerte der fluktuierenden Erneuerbaren Energien (Wind und PV) gegenüber der EEG-Vergütung existierten. Weder die Realität mit sinkenden Marktwerten noch die Studienlage für die kommenden 10 Jahre sehen solche Zeitfenster.
Der BEE schlägt schlussfolgernd eine eigene Option als Weiterentwicklung der Option 1 vor, die auf einem auf der Abschöpfung realer Erlöse basierenden CfD-Mechanismus mit Marktwertkorridor in Kombination mit einer mengenbasierten Absicherung fußt. Diese Option würde Planungssicherheit und Flexibilität in den Vermarktungswegen in den Markt bringen und gleichzeitig die Kosten senken.
Steuerbare Erneuerbare Energien brauchen einen Rahmen, der die höheren Betriebskosten adressiert und ihre Stärken befördert. Allein ein Kapazitätsmechanismus ist nicht ausreichend. Auch steuerbare Erneuerbare Energien brauchen einen Investitionsanreiz im 1. Handlungsfeld. Dies kann am besten über einen CfD mit Marktwertkorridor adressiert werden. Der Markwertkorridor muss dabei so ausgestaltet werden, dass Marktanreize nicht ausgeblendet werden. Ein passender Investitionsrahmen kann auch in anderen Optionen (z.B. Kapazitätszahlung mit Rückfinanzierungskomponente) gebildet werden. Deshalb müssen Anpassungen an den BMWK-Vorschlägen erfolgen und zwingend auf reale Erlöse abgestellt werden.
Oberstes Ziel eines Kapazitätsmechanismus muss die Mobilisierung steuerbarer erneuerbarer Kapazitäten und Speicher sein. Ein Level-Playing-Field muss zwingend mitgedacht werden. Da die Wirkung der CO2-Bepreisung dies aktuell nicht garantiert, müssen steuerbare Erneuerbare zwingend wie oben beschrieben im Investitionsrahmen der Erneuerbaren Energien mitgedacht werden.
Der BEE begrüßt, dass das BMWK die einheitliche Strompreiszone beibehalten möchte. Die Vorschläge zu lokalen Signalen gilt es teilweise durch Steuerungselemente zu verfeinern. Regionale Steuerung ist aus Sicht des BEE kein geeignetes Modell. Der BEE hat hierzu mit anderen Verbänden ein Positionspapier verfasst.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat am 2. August 2024 das seitens der Branche lange erwartete Optionenpapier für die grundlegende Überarbeitung des künftigen Strommarktdesigns zur Konsultation gestellt. Der BEE begrüßt, dass mit Vorlage des Optionenpapiers eine Übersicht geschaffen wurde, auf deren Basis es jetzt umsichtig, transparent und unter engmaschiger Einbindung der Verbände und Branchenakteure der Erneuerbaren Energien über eine Neuordnung des Strommarktdesigns zu diskutieren und zu entscheiden gilt.
Die Erneuerbaren Energien sind systemsetzend für den Strommarkt der Zukunft. Bereits heute (Stand 1. Halbjahr 2024) können ca. 57 Prozent des gesamten in Deutschland verbrauchten Stroms durch Erneuerbare Energieträger gedeckt werden. Aus Sicht des BEE ist es unabdingbar, diesen Anteil schnellstmöglich auf 100 Prozent zu steigern. Dies ist klima- und umweltpolitisch, wirtschafts- und industriepolitisch gegeben. Nur Erneuerbare Energien liefern uns sauberen, günstigen und sichere Energie.
Benötigt wird ein Marktumfeld, bei dem die Erneuerbaren Energien ihre jeweiligen Stärken im Zusammenwirken vollumfänglich ausspielen können und Anreize für ausreichende Flexibilitäten auf Verbrauchs-, Speicher- und Angebotsseite geschaffen werden. Die aktuellen Herausforderungen am Strommarkt belegen dies eindrucksvoll, sind aber auch seit langem bekannt. Der BEE hat bereits 2021 in seiner Studie „Klimaneutrales Stromsystem“ auf die Herausforderungen hingewiesen und Lösungsansätze skizziert.
Der Zeit- und Handlungsdruck für die bereits im Koalitionsvertrag angekündigte Neuordnung des Strommarkts wächst, dennoch ist von Schnellschüssen, die zu Investitions- und Planungssicherheit führen können und den weiteren Ausbau Erneuerbarer Energien empfindlich gefährden würden, abzusehen. Auch von bestimmten, prämissenabhängigen Vorfestlegungen ist Abstand zu nehmen, solange nicht alle Prämissen sorgsam geprüft sind.
Im Folgenden legt der BEE seine vorläufige Einschätzung des Optionenpapiers dar.
Aus Sicht des BEE ist Flexibilität die Leitwährung in unserem künftigen Energiesystem. Bereits 2021 hat der BEE daher in seiner Strommarktstudie gefordert, der Mobilisierung flexibler Lasten, steuerbarer Erneuerbarer, Speicherlösungen und Stromsenken oberste Priorität einzuräumen, um den Zubau fluktuierender Erneuerbarer angemessen und systemdienlich zu flankieren. Flexibilität ist die Klammer, die übergeordnet alle Handlungsfelder umgreifen sollte. Sie ist zudem der Schlüssel, um aktuelle Probleme im Strommarkt wirksam kurz- bis mittelfristig zu lösen. Zahlreiche im Optionenpapier aufgeführte Maßnahmen und Eingriffe in das Marktgeschehen wären nicht erforderlich oder nicht mit Zeitdruck behaftet, wenn stattdessen konsequent der Aufbau steuerbarer Lasten und Erzeugungseinheiten, Elektrolyseanlagen, Speichern und Power-to-Heat-System vorangetrieben bzw. Hemmnisse abgebaut würden. Der BEE hat im Juli 2024 ein entsprechendes Maßnahmenpaket zur Erhöhung der Flexibilität und Senkung der Kosten der Energiewende skizziert.
BEE-Empfehlungen
Der BEE fordert das BMWK auf, die angekündigte Flexibilitäts-Agenda prioritär anzugehen und erste Maßnahmen zügig auf den Weg zu bringen, um dem Energiesystem kurzfristig dringend benötigte Flexibilität zur Verfügung zu stellen.
Um den marktgetriebenen Ausbau von Flexibilitäten anzureizen, gilt es folgende Maßnahmen zu ergreifen:
Um die erfreuliche Ausbaudynamik der fluktuierenden Erneuerbaren Energien im Stromsektor nicht zu gefährden, ist Planungssicherheit insbesondere für Investitionen der Projektierer und Betreiber entscheidend. Vor diesem Hintergrund muss zwingend sichergestellt werden, dass es zu keinem Fadenriss aufgrund eines nicht ausreichend erprobten neuen Systems beim Investitionsrahmen für Erneuerbare Energien kommt. Insbesondere in der aktuellen Hochlaufphase der Energiewende wäre ein komplett anderes System ein riskanter Schritt, der einem Systembruch gleichkommen und die bislang erreichten Fortschritte gefährden könnte. Während beispielsweise im Windbereich die Zubauziele bei weitem noch nicht erreicht werden, nähern sich zumindest die Genehmigungszahlen den Zielvorgaben. Bei der Photovoltaik in der Freifläche und bei PV-Gewerbedächern ist mindestens noch eine Verdopplung der jährlich installierten Leistung notwendig, um die gesetzlichen Ausbauziele des EEG zu erreichen. Nun mit zusätzlichen Risiken die Finanzierung der anstehenden Investitionen zu gefährden, wäre aus Sicht der Branche fahrlässig.
Manche der vorgestellten Optionen verursachen zusätzliche Investitionsrisiken und Kapitalkosten (wie z.B. produktionsunabhängige CfD) und sind mit hohem Bürokratieaufwand verbunden. Weniger bürokratische, weitgehend erprobte und kostengünstigere Instrumente (wie z.B. produktionsabhängige CfD) sollten daher weiter verfolgt werden. Pragmatische Ansätze zur Behebung von Problemen bei der bisherigen Marktprämienförderung, wie die Verhinderung von negativen Strompreisen durch Umstellung von einer zeit- in eine mengenbasierte Absicherung, Anreize zur optimierten Anlagenauslegung (z.B. Schwachwindanlagen), Netzanschlussüberbauung und Absicherungsbürgschaften, sollten stärker in den Blick genommen werden.
Der BEE hält es angesichts der Komplexität der Thematik für erforderlich, alle verschiedenen Optionen hinsichtlich ihrer Wirkungsweise vollumfänglich zu erproben und in Reallaboren ausreichend Daten und Erfahrung zu sammeln. Dies wird mehr Zeit benötigen als vom BMWK vorgesehen, wodurch selbst eine vom BMWK gewünschten Einführung von produktionsunabhängigen CfD ab 2027 nicht realistisch umsetzbar ist. Umso wichtiger ist es, die bestehende Systematik durch geeignete Anpassungen bereits jetzt EU-konform (Claw-Back) zu gestalten und Fehlanreize zu beseitigen.
Die verschiedenen Erneuerbaren Energieträger weisen unterschiedliche Stärken auf, sehen sich aber auch unterschiedlichen strukturellen Herausforderungen ausgesetzt hinsichtlich der Finanzierung, der Betriebsführung und -kosten, der Geschäftsmodelle, der typischen Akteurstruktur, etc. Hier fehlt bislang eine Differenzierung bei der Bewertung der einzelnen Optionen hinsichtlich ihrer Tauglichkeit für die verschiedenen erneuerbaren Klimaschutztechnologien. Optionen, für die eine Technologie passend sind, können für eine andere Technologie überhaupt nicht passend sein.
BEE-Empfehlung
Der BEE appelliert an das BMWK, im weiteren Prozess der Neugestaltung des Förderrahmens die Spezifika und Besonderheiten jeder erneuerbaren Technologie angemessen zu berücksichtigen. Reallabore sind für alle Energieträger gesondert und ggf. auch im Zusammenspiel aufzusetzen.
Es ist allgemein anerkannt, dass die bisherigen Erfolge der Energiewende in Deutschland insbesondere auf ihren hohen Grad der Akteursvielfalt zurückzuführen sind. Ihr Erhalt und ihre Stärkung sollten im Optionenpapier des BMWK nach Auffassung des BEE stärker beachtet werden. Es gilt sicherzustellen, dass die zu wählende Option eines neuen Förderrahmens die Akteursvielfalt schützt und stärkt. Ein neues Fördersystem muss für die unterschiedlichen Investorentypen (Projektierer, Einmalinvestoren) attraktiv sein und sollte auch die EU-rechtlich zulässige Bagatellgrenze von 200 kWp enthalten.
BEE-Empfehlung
Der BEE erwartet vom BMWK, Aspekte der Akteursvielfalt eine hohe Priorität bei der Bewertung der verschiedenen Optionen eines neuen Förderrahmens einzuräumen. Modelle, die die Akteursvielfalt einschränken und bürgernahe Energiewendemodelle erschweren, sind aus Sicht des BEE ein großes Risiko für das Fortschreiten der Energiewende. Zudem gilt es, Möglichkeiten auszuloten, wie die Akteursvielfalt gezielt gestärkt werden kann.
Im Optionenpapier betont das BMWK, dass Investitionen nicht durch steigende Kapitalkosten oder eine Eintrübung des Investitionsklimas aufgrund von Verunsicherungen gefährdet werden dürfen. Dies begrüßt der BEE. Dem widerspricht allerdings, dass Maßnahmen vorgeschlagen werden, die systemverändernd wirken und auch zu höheren Kapitalkosten führen könnten.
Aus Sicht des BEE fehlt eine detaillierte Erläuterung, auf welcher Basis das BMWK die Kapitalkosten bewertet. Dabei ist es von entscheidender Bedeutung, jede der vorgeschlagenen Optionen auch in Hinblick auf ihre Auswirkungen auf die Finanzierung des weiteren Ausbaus der Erneuerbaren Energien zu bewerten. Die Optionen 3 und 4 (produktionsunabhängige CfD) könnten zu erhöhten Eigenkapitalforderungen durch die Banken führen, was wiederum womöglich Auswirkungen auf die Akteursvielfalt hätte und die Finanzierung insgesamt erschweren und verteuern könnte.
Erste Rückmeldungen finanzierender Kreditinstitute haben bereits ergeben, dass eine Systemumstellung hin zu produktionsunabhängigen CfD in jedem Fall zu erhöhtem Prüfaufwand, reduziertem Kreditvolumen sowie höheren Eigenkapitalanforderungen und Kapitalkosten führen würde. Eine Abschöpfung fiktiver Erlöse auf Basis von Referenzanlagen wird dabei als deutlich risikoerhöhend betrachtet.
Auf der anderen Seite äußert sich das BMWK kritisch zu CfD mit Marktwertkorridor im Vergleich zu anderen Optionen. Dies ist bei fluktuierenden und steuerbaren Erneuerbaren Energien zu hinterfragen, da Flexibilität dann nicht mehr belohnt wird.
BEE-Empfehlung
Die Bankability der Optionen ist fokussiert zu untersuchen. In dieser wichtigen Phase der Richtungssuche sollte das BMWK einen Abstimmungsprozess mit Kapitalgebern, insbesondere Banken und Finanzierungsinstitutionen, einrichten. Die Ergebnisse hinsichtlich Kapitalkosten, Eigenkapitalanforderungen, Akteursvielfalt und zeitlicher Auswirkungen müssen dabei entscheidend für die Auswahl der Optionen sein. Vor der endgültigen Bewertung sollten keine Entscheidungen zu den Optionen getroffen werden. Dasselbe gilt für die Einführung von Reallaboren, die auf alle Optionen anwendbar sein müssen.
Mit ihrer Wachstumsinitiative hat die Bundesregierung erste Eckpunkte einer Reformrahmens der künftigen Förderung der Erneuerbaren Energien skizziert und dabei sowohl Investitionszuschüssen als auch einen Kapazitätsmechanismus vorgeschlagen. Mit dem Optionenpapier werden weitere Instrumente in die Diskussion gestellt und zugleich vorfestlegend priorisiert.
Der BEE gibt zu bedenken, dass die Europäische Kommission für die künftige Förderung des Zubaus der Erneuerbaren Energien das Förderinstrument eines CfD oder gleichgeartete Systeme vorschreibt. Um langwierige beihilferechtliche Verfahren und damit einhergehende zusätzliche Unsicherheiten zu vermeiden, sollte Deutschland einen Rahmen entwickeln, mit dem sich die gesetzlichen Ausbauziele sicher erreichen lassen. In dem Zusammenhang ist zu prüfen ob fluktuierende und steuerbare Erneuerbare Energieträger jeweils einen eigenen Förderrahmen benötigen, um ihre spezifischen gesetzlichen Ausbauziel im Interesse der Systemstabilität sicher zu erreichen.
Alle genannten Optionen basieren auf einer Abschöpfung von fiktiven Erlösen. Aus Sicht des BEE birgt die fiktive Bewertung von Erlösen im Vergleich zur realen Bewertung ein inhärentes Erlösrisiko, da Abweichungen ggü. den realen Erlösen unvermeidlich sind.
Innerhalb der produktionsunabhängigen CfD wird dies zudem ein weiteres Mal fiktiv bewertet, da nicht die reale Einspeisung, sondern eine fiktive Einspeisung zugrunde gelegt wird. Da die daraus entstehenden Mengenabweichungen zudem nicht mit einem festen Marktwert, sondern mit dem volatilen Strompreis bewertet werden, entsteht zusätzlich ein inhärentes Preisrisiko in Option 4. Beide Risiken erzeugen höhere Finanzierungsrisiken und resultieren damit auch in höheren Finanzierungskosten. Das besondere Merkmal der Flexibilität Erneuerbarer Energien, sich auf unterschiedlichen Märkten einzubringen, wird dadurch stark eingeschränkt. Der BEE plädiert daher für eine Abschöpfung auf Basis realer Erträge (vgl. 2.4.1) bzw. noch besser auf realen Erlösen sowie für einen Marktwertkorridor, bei dem marktkonformes Verhalten in gewissem Maße belohnt wird. Die Bewertung von realen Erlösen zur Bestimmung von Abgaben ist eine gängige und bewährte Praxis des Steuersystems in Deutschland seit fast 80 Jahren.
Ein weitreichender Systemwechsel, wie er Option 3 (produktionsunabhängiger doppelseitiger CfD) und Option 4 (financial CfD) entspricht, müsste mit Weitsicht vorbereitet und erprobt sein. Bei diesen beiden Optionen bestehen offene Fragen, vor allem mit Blick auf die Praxisauswirkungen der Systemumstellung. Insbesondere die Sammlung von belastbaren Erfahrungswerten für eine reibungslose Einführung eines produktionsunabhängigen Modells sieht der BEE bis 2027 als unrealistisch an.
Prinzipiell sieht der BEE große Risiken für die Anlagenbetreiber in der doppelt fiktiven Abschöpfung von Erlösen bei produktionsunabhängigen CfD. Er hält die Option 3 für ungeeignet und appelliert an das BMWK, diese nicht weiter zu verfolgen. Die Option 4 stellt bisher ein theoretisches Denkmodell dar, welches die entscheidenden Fragen zur praktischen Umsetzung nicht ausreichend adressiert. Diese offenen Fragen sollten zunächst umfassend abgeklärt werden.
Zumindest müsste eine etwaige Umgestaltung hin zu einem Systemwechsel in ein produktionsunabhängiges Modell umfassend vorbereitet und erprobt werden. Diese sollte jedoch nicht mit der definierten Zeitschiene der europäischen Regelungen verknüpft werden. Um gefährliche Experimente zu vermeiden und einen möglichen Fadenriss beim Ausbau auszuschließen, ist eine ausgiebige Testphase der neuen Modelle unbedingt erforderlich. Für die Optionen 3 und 4 schätzt der BEE die Zeitspanne bis 2027 für eine sinnvolle Testphase als deutlich zu knapp ein. Die Sammlung von ersten Erfahrungen durch ein Reallaborgesetz inkl. ersten Ausschreibungen ohne praktische Anwendungserfahrungen kann nicht die alleinige Basis für eine grundlegende Systemumstellung sein. So müssen auch Erfahrungen in der Realisierung gesammelt werden. Aktuell liegt die Realisierungsdauer nach Ausschreibungszuschlag jedoch bei circa 24 Monaten. Damit ist eine planbare Umstellung basierend auf belastbaren Erfahrungswerten bis 2027 nicht realistisch.
Der Aufwand zur Berechnung des Produktionspotenzials dürfte bei der Vielzahl an PV-Anlagen hoch und die Abweichungen zwischen der realen Stromerzeugung und des Produktionspotenzials dürften signifikant sein. Bei Rückgriff auf meteorologische Berechnungen aus Wettermodellen werden diese Abweichungen noch einmal deutlich zunehmen, z.B. bei leichter Bewölkung mit einzelnen Wolkenfeldern.
Bei anlagenscharfer Berechnung wären einerseits zusätzliche Messinstrumente, u.a. zur Messung der Sonneneinstrahlung mit Kosten von mehreren Tausend Euro notwendig, was insbesondere eine Herausforderung für PV-Dachanlagen darstellt. Selbst bei dieser Berechnungsweise besteht die Gefahr von signifikanten Abweichungen nach unten, d.h. die reale Stromerzeugung ist niedriger als das berechnete Produktionspotenzial. Denn jede Solaranlagen ist individuell, was Technik, Leistungskurven, Ausrichtungen, Belegungspläne und Verschattungen angeht. Dies gilt insbesondere auch für Gewerbe-Dach-Anlagen, die sich am Dach ausrichten und individuelle Verschattungen aufweisen. Zu den Faktoren gehören u.a. (Teil-)Verschattungen der Anlage durch Wolken oder Dachaufbauen, Moduldegression, anlageninterne Verluste durch Kabel, Wechselrichter und Transformatoren, Temperatureffekte, Anlagenausfall und Wartungen.
Zudem muss gewährleistet werden, dass Eigenverbrauchsmodelle (u.a. Mieterstrom, gemeinschaftliche Gebäudeversorgung, KMU-Eigenverbrauch) als wesentlichen Treiber des aktuellen PV-Zubaus weiterhin erfolgreich umgesetzt werden können und hinreichend attraktiv sind. Es reicht dabei nicht aus, dass Eigenverbrauchsmodelle in den Optionen 3 und 4 zulässig sind, wenn der Eigenverbrauchsanreiz massiv beeinträchtigt wird. Zudem verhindern die mit den Optionen 3 und 4 verbundenen Abschöpfungsrisiken sowie deren Komplexität eine Installation von Eigenverbrauchsanlagen.
Vor diesem Hintergrund ist nach Überzeugung des BEE zeitlich eine Erfüllung der EU-Strommarktvorgaben nur mit den Optionen 1 (Gleitende Marktprämie + CfD mit Marktwertkorridor) und 2 (Gleitende Marktprämie + CfD ohne Marktwertkorridor) grundsätzlich möglich.
Die gleitende Marktprämie mit Marktwertkorridor in Option 1 sieht der BEE als das zielführendste Modell an. Eine Berechnung des Marktwerts auf der Grundlage des monatlichen oder jährlichen Durchschnittswerts wäre eine Lösung, um den Anreiz zum Bau effizienter Anlagen und zur Einspeisung dann zu erhalten, wenn die Energie am meisten benötigt wird, d. h. in Hochpreisphasen. Ein Marktwertkorridor statt einem harten Cap würde zudem dazu beitragen, dass innerhalb des Korridors Anlagen vollkommen dem Marktpreissignal ausgesetzt sind und durch Investitionen in markt- und netzdienliches Verhalten refinanzieren können. Zudem könnte das Mengenrisiko durch eine Umstellung von einer zeitbasierten auf eine mengenbasierte Förderung reduziert werden.
Im Falle einer Mengenförderung werden EE-Anlagen ein kaskadiertes Angebot an der Börse abgeben (also bei 0 €/MWh), sodass keine negativen Strompreise entstehen. Für Strommengen, die dann keinen Zuschlag erhalten, könnten Betreiber ggf. vor Ort zusätzliche Abnehmer (z.B. Windwärme) oder andere Geschäftsfelder suchen. Falls es keine Abnehmer geben sollte, würden die Strommengen abgeregelt werden, könnten aber in der Betriebslaufzeit der Anlage nachgeholt werden.
Die Mengenförderung hätte den Vorteil, dass negative Strompreise vermieden werden könnten und somit keine finanziellen Risiken durch den §51 EEG entstehen würden. Zusätzlich würde die Maßnahme durch die Anhebung negativer Strompreise auf 0 €/MWh bei hoher EE-Einspeisung zu steigenden Marktwerten führen (vergleiche Ausführungen in 2.4.10). Da auch andere Minderproduktionen (z.B. Stillstände, Störungen, Auflagen, usw.) mit der Mengenförderung nachgeholt werden können, würde dies zu einer deutlichen Reduktion der Finanzierungskosten führen.
Die Umstellung von einer zeit- auf eine mengenbasierte Absicherung ist eine No-regret-Maßnahme und sollte in jedem Fall umgesetzt werden.
Oberstes Ziel bei einer Umstellung auf einen potenziellen CfD-Förderrahmen muss es sein, die geringsten Risiken für Erneuerbare Energien mit geringen negativen Effekten auf die Strommärkte zu vereinen.
Der BEE hatte bereits im April 2022 ein Positionspapier zu einem CfD-Förderrahmen veröffentlicht, das vor potenziell entstehenden Risiken und Marktverwerfungen bei falscher Ausgestaltung warnt.
Nachfolgend beschreibt der BEE einige elementare Anforderungen an einen CfD-Rahmen, die es aus seiner Sicht dringend bei der Ausgestaltung zu berücksichtigen gilt.
Einer der wichtigsten Aspekte für die sinnvolle Ausgestaltung eines CfD-Förderrahmens ist die Abschöpfung auf Basis von realen Erlösen, da die Abschöpfung von fiktiven Erlösen offensichtlich die beiden formulierten Hauptziele (geringste Risiken für EE, keine negativen Effekte auf Strommärkte) verfehlt.
Abweichungen der realen Erlöse gegenüber fiktiven Erträgen können zu erheblichen Risiken und somit auch Mehrkosten für die Erneuerbaren Energien führen. Wenn zum Beispiel Anlagenbetreiber ihre Strommengen über kurzfristige PPA (bilaterale Verträge mit Endkunden) abgeschlossen haben, um unter anderem den günstigen Strom direkt an Endkunden (z.B. über Bürgerstromprojekte) zu liefern, käme es mit steigenden Marktwerten des Referenzmarktes (Spotmarkt) zu massiven Risiken. Im schlimmsten Fall könnten die Betreiber mit den Einnahmen aus dem PPA nicht einmal die Rückzahlungen der „fiktiven“ Überschüsse decken und der Anlagenbetreiber müsste für jede eingespeiste Strommenge in dem Zeitraum effektiv Geld bezahlen. Somit führt eine Abschöpfung von fiktiven Erlösen nicht nur zu höheren Risiken für die Betreiber, sondern auch zu massiven Marktverwerfungen, da Erneuerbare Energien gezwungen wären, nur noch auf dem Referenzmarkt (Spotmarkt) zu handeln. Andere wichtige Märkte (Terminmärkte, Kurz- und Mittelfristige PPA, usw.) wären ausgegrenzt.
Der Gesetzgeber hat nach langer Diskussion zur der Strompreisbremse den §18 StromPBG geschaffen, um bestehende PPA-Verträge von der fiktiven Erlösabschöpfung auszunehmen. Im Rahmen eines CfD-Förderrahmens ist diese Regelung vollständig auch auf neu zu schließende PPA-Verträge auszuweiten.
Zudem ermöglicht die Abschöpfung von realen Erlösen auch die Einbindung weiterer wichtiger Strommärkte wie die Terminmärkte oder den PPA-Markt. Somit werden bei einer Abschöpfung von realen Erlösen beide Hauptziele erreicht.
Die Umsetzung einer Abschöpfung auf Basis realer Erlöse ist eine seit fast 80 Jahren bewährte Praxis im Rahmen des Steuersystems in Deutschland, das genau darauf ausgelegt ist.
Auch in der zeitlichen Berechnungsperiode liegt ein wichtiger Hebel für die sinnvolle Ausgestaltung eines Cfd-Förderrahmens.
Ist die Berechnungsperiode zu klein gewählt, ist eine Optimierung der Anlagentechnik (z.B. höhere Nabenhöhe, Schwachwindanlagen, OST/WEST-Ausrichtung, usw.) nicht möglich, was unter Umständen den markt- und netzdienlichen Anlagenausbau einer solchen Ausrichtung verhindert. Ist die Berechnungsperiode zu lang gewählt (Jahresebene) wirkt unter anderem das Phänomen der vorgehaltenen Liquidität immer stärker.
Es gilt daher, eine Berechnungsperiode zu wählen, die beide beschriebenen negative Effekte möglichst begrenzt. Der BEE sieht die monatliche Basis als zielführend an. Sie stellt eine überschaubare Zeitperiode dar, die dennoch Raum für Optimierungen und somit einen markt- und netzdienlichen Anlagenbau ermöglicht. Zudem ist diese Berechnungsperiode bereits seit über 12 Jahren in der Direktvermarktung gängig.
Wie bereits bei der Ausgestaltung der Strompreisbremse sollte zudem ein potenzieller CfD-Förderrahmen mit einem Cap & Floor als auch einem Puffer ausgestattet sein. Dies dient zur Refinanzierung von markt- bzw. netzdienlicher Anlagentechnik (z.B. höhere Nabenhöhe, Schwachwindanlagen, OST/WEST-Ausrichtung, usw.) und somit der volkswirtschaftlich optimaleren Ausgestaltung. Zusätzlich führt dies zu einem ausgewogenen Verhältnis von Kosten und Nutzen im System.
Der Cap & Floor muss nach den Erfahrungen bei der Strompreisbremse energieträgerspezifisch ausgestaltet werden. Steuerbare Optionen wie Biomasseanlagen, Wasserkraftanlagen und perspektivisch auch Geothermie haben größeres Verlagerungspotenzial. Mehrerlöse aus dem systemdienlichen Vorgehen dürfen nicht bestraft werden. Der Mechanismus muss mit einem größeren Korridor ausgestaltet werden.
Ein sinnvoller CfD-Förderrahmen muss Kostensteigerungen berücksichtigen. Gerade die Jahre 2022 und 2023 haben eindrücklich gezeigt, weshalb dies dringend geboten ist.
Am Beispiel der Direktvermarktungskosten für die Anlagenbetreiber ist dies sehr gut darstellbar. Während in den Jahren 2012 bis 2021 die Direktvermarktungskosten für die Anlagenbetreiber größtenteils bei 1 bis 3 €/MWh lagen, sind diese im Zuge der massiv gestiegenen Marktwertrisiken als auch der Ausgleichsenergiekosten um mehr als das Zehnfache gestiegen. Dieser Anstieg ist direkt auf den Preisanstieg am Strommarkt zurückzuführen, welcher gleichzeitig potenzielle Überschüsse ermöglicht. Wenn die Überschüsse in Folge eines CfD-Förderrahmens abgeschöpft werden, müssen die damit einhergehenden Kostensteigerungen entsprechend in den CfD-Förderrahmen inkludiert werden. Zur besseren Integration erscheint die Wahl eines geeigneten Indizes sinnvoll.
Ein nicht unerheblicher Teil der Erneuerbaren Energieerzeugung, vor allem bei der Photovoltaik, basiert unter anderem auf dem Geschäftsmodell des Eigenverbrauchs. Dieses ermöglicht die Partizipation an der Energiewende für jeden einzelnen und ist zeitgleich Sinnbild für eine dezentrale Umsetzung der Energiewende mit entsprechend hoher Akzeptanz in der Gesellschaft.
Auch innerhalb eines CfD-Förderrahmens muss Eigenverbrauch folglich möglich sein. Mit Umsetzung der Abschöpfung über reale Erlöse ist dieses Ziel bereits erfüllt, da Mengen, die selbst verbraucht werden, nicht der Abschöpfung unterliegen. Auch der erweiterte Eigenverbrauch über den Verkauf der Energiemengen an Endkunden in räumlicher Nähe wäre abgebildet, da hierbei bilaterale Verträge geschlossen werden müssen, welche die Ausweisung des Verkaufs- preises zwingend erfordern. Liegt dieser Verkaufspreis oberhalb der Abschöpfungsgrenze, würde die Differenz, ähnlich wie auch direkt vermarktete Strommengen über die Strombörse, bei der Abschöpfung herangezogen.
Ein wesentlicher Treiber für Innovationen ist das Ausprobieren von Geschäftsmodellen. Dies gilt insbesondere für die Erneuerbaren Energien und die Energiewende. Für die Finanzierung von kapitalintensiven Projekten ist eine Absicherung über einen staatlichen Fördermechanismus sinnvoll. Damit Anlagenbetreiber aber auch weitere Wege der Finanzierung erproben und lernen können, ist eine Wechselmöglichkeit, ähnlich wie der im heutigen EEG vorgesehene Wechsel zwischen Förderung und sonstiger Direktvermarktung, notwendig.
Das häufig angeführte Argument gegen eine Wechselmöglichkeit des „Rosinenpickens“ ist gerade vor dem zu erwartenden geringen Marktwertniveau in den kommenden 5 bis 10 Jahren nicht stichhaltig. Ein Kompromiss zwischen den Extremen der aktuellen monatlichen Wechselmöglichkeit im EEG und der einmaligen Entscheidung vor Inbetriebnahme (Förderung oder keine Förderung ohne Umkehr) wäre sinnvoll. So könnte eine Verlängerung der Zeitspanne in der jeweiligen Art der Vermarktung (mit Förderung bzw. ohne Förderung) angesetzt werden. Ein ein- bzw. zweijähriger Verbleib in der jeweils gewählten Art der Vermarktung könnte das Risiko für Anlagenbetreiber ausreichend reduzieren, um andere Vermarktungswege für sich zu erproben und gleichzeitig, wie auch in den Jahren 2022 und 2023 gezeigt, ein potenzielles „Rosinenpicken“ verhindern.
Ein einzuführender Claw-Back-Mechanism könnte zudem auch dann und solange gelten, wie Anlagenbetreiber sich eine Rückkehr in die geförderte Vermarktung vorbehalten, sodass auch in Zeiträumen ohne Förderung unzulässig hohe Erlöse unterbunden werden könnten.
Aufgrund des nicht zu rechtfertigenden Aufwands bei der Abwicklung von Kleinstanlagen für Anlagenbetreiber („Einmalinvestoren“, keine gewerblichen Projektierer) und Netzbetreiber gegenüber den potenziellen Erlösabschöpfungen ist eine De-minimis-Regel einzuführen. Die EU-rechtlichen Vorgaben sehen eine verpflichtende Abschöpfungskomponente erst für Anlagen ab 200 kWp vor, weshalb Kleinstanlagen unterhalb dieser Leistungsklasse von der Abschöpfung ausgeschlossen werden sollten. Dies würde auch auf den Erhalt der Akteursvielfalt und damit auf die Akzeptanz der Energiewende einzahlen.
Wie in der Strompreisbremse deutlich geworden, führt die Abschöpfung zu einem erheblichen Mehraufwand für sowohl Anlagen- als auch Netzbetreiber. Dies ist zudem unabhängig von der Tatsache, dass nur sehr wenige Anlagen oberhalb der Abschöpfungsgrenze lagen.
Lernend aus diesem Umstand sollte ein potenzieller CfD-Förderrahmen eine vereinfachte „0“- Meldung vorsehen. Anlagenbetreiber, die nachweisen, dass ihre Erlöse unterhalb der Abschöpfungsgrenze liegen, (z.B. bei reiner Spotvermarktung mit einem Marktwert unterhalb der EEG-Vergütung) sollten dies mit einer einfachen Meldemöglichkeit abwickeln können.
Altanlagen sind nach Ablauf des Förderzeitraums nicht mehr unter die Abschöpfung zu setzen. Neben der Tatsache, dass diese Anlagen dann nicht mehr unter den CfD-Förderrahmen fallen, ist es auch zielführend, die Risiken und Kosten für die Altanlagen auf ein Minimum zu setzen, um sie möglichst lange betreiben zu können.
Um die Klimaziele in Deutschland zu erreichen, ist ein starker Ausbau Erneuerbarer Energien bis hin zu einer Vervielfachung an installierter Leistung gegenüber der maximalen Stromlast notwendig. Ein solch starker Überbau an Installation von dargebotsabhängigen Erneuerbaren Energien führt temporär zu deutlich größeren Einspeisungen, als Strom in Deutschland verbraucht wird. Dies würde ohne ausreichende Flexibilitäten zu einer Ausweitung an stark niedrigen bzw. negativen Strompreisen führen.
Aufgrund der fehlenden Vergütung in Zeitfenstern negativer Strompreise (§51 EEG 2021) würde es in Folge einer solchen Ausweitung negativer Strompreiszeitfenster zu einer fehlenden betriebswirtschaftlichen Grundlage der fluktuierenden Erneuerbaren Energien führen, was deren dringend benötigten Ausbau begrenzt.
Für eine erfolgreiche Energiewende ist es daher notwendig, dass im Markt ausreichend Flexibilitäten zur Verfügung stehen, welche bei solchen hohen Einspeisungen die Preise stabilisieren. Wie in der Strommarktdesignstudie der Fraunhofer Institute IEE und ISE vom Dezember 2021 im Auftrag des BEE gezeigt, würden selbst unter optimalen Bedingungen hinsichtlich der Entstehung von Flexibilitäten im Verbraucher- und Speicherbereich nicht ausreichende Flexibilitäten zur Marktstabilisierung entstehen. Es verblieben weiterhin jährlich 300 bis 500 Stunden mit negativen Strompreisen, was z.B. im PV-Bereich dazu führen würde, dass 10 bis 20% der eingespeisten Strommengen keine EEG-Förderung erhielten.
Auf Basis dieser Erkenntnis ist es notwendig, auch die Erzeugerflexibilität in Form der Erneuerbaren Energien zu schaffen. Der Fördermechanismus über eine feste Zeitdauer verhindert dies jedoch und sollte deshalb angepasst werden hin zu einer mengenbasierten Absicherung über die Betriebslaufzeit.
Wie der BEE bereits in seinem Positionspapier im Mai 2023 gezeigt hat, ist dieser Vorschlag ohne größere Herausforderung umsetzbar und zudem kostensenkend. Er führt zudem nicht nur zu einer Verhinderung negativer Strompreise, was unter anderem das politische Ziel mit Blick auf den §51 EEG 2021 war, sondern stabilisiert zusätzlich die Marktwerte der Erneuerbaren Energien. Dies ermöglicht einen Weiterbetrieb von Altanlagen als auch den zeitlich früheren förderfreien Betrieb von Anlagen. Eine Stabilisierung der Marktwerte führt damit sogar zu einer Verringerung des staatlichen Finanzierungsbedarfs der EEG-Zahlungen.
Zudem senkt eine Mengenförderung die Investitionsrisiken, was den beschleunigten klimapolitisch notwendigen Ausbau der Erneuerbaren unterstützt und gleichzeitig die Finanzierungskosten senkt.
Wie eingangs bereits aufgezeigt, bedarf es einer dezidierten Betrachtung aller Erneuerbarer Energieträger. Dies wird bei den steuerbaren Erneuerbaren wie Bioenergie, Wasserkraft und Geothermie besonders deutlich, da diese im Optionenpapier des BMWK fehlen. So ist die Einteilung in „Erneuerbare“ einerseits und „steuerbare“ andererseits aus Sicht des BEE nicht sachgerecht und erschwert eine fundierte Beurteilung der dargestellten Optionen. Vielmehr umspannen steuerbare Erneuerbare diese beiden Handlungsfelder und benötigen ggf. eine Mischform zur Absicherung der OPEX einerseits und Bereitstellung flexibler Kapazitäten andererseits.
Steuerbare erneuerbare Anlagen weisen fluktuierende, hohe OPEX-Kosten auf und müssen diese über den Markt refinanzieren. Ein Differenzvertragsmodell ohne Marktwertkorridor würde die potenziell zu erlösende Vergütung über die komplette Anlagenlaufzeit limitieren. Im Gegensatz zu fluktuierenden Anlagen können externe Faktoren beispielsweise bei Bioenergieanlagen dazu führen, dass sich der Anlagenbetrieb massiv verteuert. Ein aktuelles Beispiel sind z.B. die durch den Krieg in der Ukraine verursachten Marktverwerfungen.
Neben einer gleitenden Marktprämie mit Refinanzierungsbeitrag könnte damit die vorgestellte Option 4, eine Kapazitätszahlung mit Refinanzierungsbeitrag, eine gute Option sein, um steuerbare Technologien wie Bioenergieanlagen in ein neues Förderregime zu integrieren. Hierbei gilt es allerdings zu beachten, dass die gewählten Rahmenparameter nicht die Risiken künstlich steigern. Eine Möglichkeit wäre hierbei die Umsetzung der Option 4, allerdings unter dem Rahmen der realen Einspeisung (produktionsabhängiger CfD). Gleichzeitig darf der Refinanzierungsbeitrag nicht alle gewollten Mehrerlöse abschöpfen, sodass zum einen geeignete Referenzwerte gewählt werden müssen und zum anderen die Refinanzierung anteilig erfolgen.
Perspektivisch sollte in einem neuen System allerdings zwischen fluktuierenden und nicht-fluktuierenden Technologien unterschieden werden. Durch die Komponente eines Referenzertrages ist die vorgestellte Option 4 in der aktuellen Version für steuerbare Technologien nicht anwendbar, da keine Wetterdaten zur Referenzwertbildung genutzt werden können. Der Mechanismus einer Kapazitätszahlung als Investitionsschutz und die damit verbundene Vergütung je kW installierter Leistung wären hingegen gut geeignet, um auch nicht dargebotsabhängige Technologien wie Bioenergieanlagen zu fördern.
Der BEE steht dem Vorhaben, den Investitionsrahmen für steuerbare Kapazitäten mit einem Kapazitätsmechanismus weiterzuentwickeln, grundsätzlich offen gegenüber. Dabei ist aus Sicht des BEE aber oberste Prämisse, dass ein solcher Mechanismus sich daran messen lassen muss, inwieweit er dienlich ist, um steuerbare erneuerbare Kapazitäten für das künftige Energiesystem zu mobilisieren.
Der BEE sieht steuerbare erneuerbare Kapazitäten in einer Schlüsselrolle für die gesamte Energiewende. In einem im März 2024 veröffentlichten Positionspapier hat der Verband aufgezeigt, dass bis 2030 38 Gigawatt (GW) zusätzliche steuerbare erneuerbare Leistung erschließbar sind, bis 2045 sogar bis zu 100 Gigawatt. Dies würde dezentral, günstig und vor allem ohne klimaschädliches Erdgas oder fossilen blauen Wasserstoff erfolgen.
Technologieoffenheit begrüßt der BEE daher, Technologieneutralität hingegen lehnt der BEE entschieden ab. Es muss mindestens ein Level-Playing-Field zwischen steuerbaren erneuerbaren Lasten und fossilen Kapazitäten hergestellt werden. Die Vorzüge der Erneuerbaren, insbesondere ihre Klimaleistung, aber auch Aspekte wie die Defossilisierung, Reduzierung der Importabhängigkeit, Umweltleistungen und heimische Wertschöpfung, müssen in dem zu wählenden Kapazitätsmechanismus abgebildet sein. Dekarbonisierende Technologien weisen ggü. fossilen Alternativen höhere Betriebskosten auf. Diesen Nachteil gilt es abzubilden.
Zudem weist der BEE darauf hin, dass die Bezeichnung eines Kapazitäts“markts“ mit Vorsicht zu genießen ist. Auch die im Optionenpapier skizzierten Varianten sind Fördermechanismen. Es ist in besonderer Weise darauf zu achten, dass hier keine versteckten Subventionen entstehen, die eine Verlängerung fossiler Technologien und/oder Lock-in-Effekte zur Folge haben.
Im Übrigen sieht der BEE in diesem Kontext ähnliche Probleme der kurzfristigen Realisierbarkeit wie bei dem angestrebten neuen Investitionsrahmen für Erneuerbare Energien. Auch hier gilt, dass eine Implementierung bis 2027 höchst ambitioniert ist, und auch hier sind Systembrüche unter allen Umständen zu vermeiden. Es gilt, die tiefhängenden Früchte zuerst zu ernten, beispielsweise durch eine konsequente Flexibilisierung des bestehenden Biogasanlagenparks.
Eine abschließende Bewertung der Optionen bzw. derer Kombinationen ist anhand der vorliegenden ungenügenden Detailtiefe im Optionenpapier noch nicht möglich. Der BEE nimmt jedoch wahr, dass das BMWK nach seiner Auffassung zu einem sehr komplexen, mit hohem Bürokratieaufwand verbundenen Modell neigt. Wir bekräftigen daher unser Petitum der Weit- und Umsicht, mit der derartige Eingriffe in das Marktgeschehen zwingend verbunden sein müssen.
BEE-Empfehlungen
Im Rahmen eines erneuerbaren Strommarktdesigns mit limitierter Netzebene ist die Frage nach regionaler Steuerung von Erzeugungskapazitäten oder Flexibilitäten von zentraler Bedeutung.
Es ist sehr positiv hervorzuheben, dass das BMWK sich für die Beibehaltung der einheitlichen Strompreiszone ausspricht. Es folgt damit der Empfehlung des BEE.
Jedoch ist zu kritisieren, dass das BMWK weiterhin der Meinung ist, dass Erneuerbare nur dort errichtet werden sollten, wo optimale Bedingungen vorzufinden sind (also Wind vornehmlich im Norden) und dass das Netz dann als ausgleichender Faktor benötigt werden würde. Wie bereits diverse Studien belegt haben (u.a. auch die BEE-Strommarktstudie), kann man auch in Bayern und Baden-Württemberg Standorte mit 3.000 Volllaststunden und mehr realisieren und somit verbrauchsnah dezentral erzeugen. Somit ist eine Möglichkeit der lokalen Signale auch durch die Schaffung von erneuerbaren Projekten im regionalen Kontext gegeben, welche gleichzeitig auch andere Herausforderungen, u.a. des Redispatch-Bedarfs, lösen kann.
Die temporäre Abschaffung der Südquote im Biomassebereich ist richtig und zeigt, welchen Fehleinschätzungen solche regionale Fördermodelle häufig unterliegen.
Aktuell wird stark mit Redispatch-Maßnahmen gearbeitet, um Netzprobleme zu beheben. Zukünftig gilt es, dies neben dem Einsatz von lokalen Signalen auch stärker über Digitalisierung, Netzausbau und Netzoptimierung zu lösen.
Das Ziel lokaler Signale ist es, auch die Information des Netzzustandes in den Markt zu bringen und somit Markt und Netz zu koppeln. Dabei können, wie unter dem Punkt „Nutzen statt Abregeln“ ausgeführt, Möglichkeiten gefunden werden, regionale Flexibilitäten zur besseren Integration Erneuerbarer Energiemengen zu aktivieren. Die Diskussion nun losgelöst von den ineinandergreifenden Wirkmechanismen führen zu wollen, stellt daher einen ungeeigneten Ansatz dar. Auch wenn die Festlegung von Netzentgelten abschließend der Regulierungsbehörde obliegt, kann die Ausgestaltung im offenen Dialog sicher mehr Ertrag liefern, als die Umsetzung ausschließlich der Bundesnetzagentur zu überlassen.
Das Modell basiert darauf, dass in Zeiten und entsprechenden Regionen mit potenziellen EE-Überschüssen die Netzentgelte reduziert werden, um somit künstlich den Stromverbrauch anzuregen.
Der BEE sieht grundsätzlich, dass diese Option zu einer besseren Integration Erneuerbarer Energien führen kann. Netzentgelte und weitere verbrauchsbezogene Abgaben machen heute den weit überwiegenden Teil der Stromkosten aus und wirken als fixer Kostenblock, der auf jede genutzte Kilowattstunde aufgeschlagen wird. Damit werden die für flexiblen Verbrauch notwendigen Preissignale unterdrückt. Hingegen würde eine Dynamisierung der Netzentgelte (bspw. im Redispatch-Fall oder bei prognostizierten negativen Preisen auf bis zu 0 €) einen wirksamen Anreiz schaffen, Verbrauch auf Zeiten hoher erneuerbarer Stromerzeugung umzuschichten. Dabei müssen Risiken vermieden werden, die bei einer fehlenden steuernden Wirkung entstehen können, wie sie das BMWK offenbar plant. Das Netzentgelt muss diskriminierungsfrei ausgestaltet sein. Wird es in einer Region gesenkt, so gilt dies für alle Verbrauchergruppen derselben Spannungsebene. Jeder kann also unlimitiert teilnehmen. Dies birgt die Herausforderung, dass das System kippt und das Problem verschärft wird. In der eigentlich zu steuernden Region könnte plötzlich zu viel Strom nachgefragt werden, was im schlimmsten Fall durch die Aktivierung weiterer Flexibilitäten abgefangen werden müsste. Zudem wäre es wichtig, dass Bilanzkreisverantwortliche die Schaltung übernehmen, und nicht die Verbraucher selbst, wie im Optionenpapier vorgesehen. Andernfalls kommt es zu Abweichungen vom Fahrplan des Bilanzkreisverantwortlichen, die dann wiederum teuer am Intradaymarkt ausgeglichen werden müssten und somit dort wie Inflexibilitäten wirken.
Weitere zu klärende Aspekte wären die Vorlaufzeit des Ankündigungszeitpunktes eines reduzierten Netzentgelts, der hohe Koordinierungsund Kommunikationsaufwand zwischen ÜNB und VNB sowie die Finanzierung der Netzentgeltreduktion.
Der BEE betont an dieser Stelle allerdings die zwingende Notwendigkeit von flexiblen Netzentgelten, so dass die genannten noch offene Punkte nur der Vollständigkeit und des weiteren Diskussionsausblicks dienen und keine Ablehnung der Option 1 darstellen.
BEE-Empfehlung
Die Option ist durchaus sinnvoll und notwendig, um Flexibilitäten anzuregen. Um Gegeneffekte zu verhindern, sollte sie aber dringend um steuernde Elemente erweitert werden. Eine Option hat der BEE bereits 2021 mit seinem Auktionsmodell veröffentlicht. Zudem sollte die Schaltung in Händen des Bilanzkreisverantwortlichen liegen.
Das Modell basiert auf einer Anreizsteuerung zum Ausbau Erneuerbarer Energien und Flexibilitäten in bestimmten netzdienlichen Regionen. So kann mit einer regionalen Steuerung eine systemdienliche Ansiedlung oder auch eine technologiespezifische Steuerung ermöglicht werden. Dies birgt aus Sicht des BEE jedoch verschiedene Risiken:
BEE-Empfehlung
Die regionale Steuerung in Förderprogrammen weist erhebliche Risiken für die Ausbaudynamik der Erneuerbaren Energien auf und steht zudem neben der damit inhärenten höheren Komplexität auch unter dem Genehmigungsvorbehalt seitens der EU-Kommission. Der BEE empfiehlt daher, diese Option nicht weiter zu verfolgen.
Dieser Vorschlag basiert auf dem Ansatz, auch Stromlasten in das Engpassmanagement mit einzubeziehen. Einen sehr ähnlichen Vorschlag hatte der BEE bereits 2021 in seiner Strommarktdesignstudie unterbreitet.
Der Entwurf des BMWK ist hier jedoch in einer Welt fixer Stromtarife verortet und stützt sich bei der Bewertung einer objektive Kostenschätzung für Lasten im Redispatch auf diese Annahme bzw. sagt aus, dass dies kaum möglich sei. Ein Verbraucher mit viertelstündlicher Lastgangmessung und dynamischen/variablen Stromtarifen kann jedoch seine durch eine Abregelung entstandenen Opportunitätskosten quantifizieren, da der Verbrauch durch diesen steuernden Eingriff zu einem späteren Zeitpunkt und somit zu einem anderen Bezugspreis nachgeholt wird. Will man diesen Ansatz in Betracht ziehen, sollten die marktlichen Rahmenbedingungen auch mit Sorgfalt beachtet werden.
Eine Option in diesem Kontext ist das „Nutzen statt Abregeln“ im §13k EnWG. Dieses wurde bereits umgesetzt, doch zeigt sich, dass gerade die Ausgestaltung über Zusätzlichkeit oder andere Aspekte entscheidend dazu beigetragen haben, dass dieses Modell die Anbieter von Stromlasten vor große Herausforderungen stellt. Grundsätzlich sind auch die Digitalisierung und vor allem die Netzzustandsüberwachung von zentraler Bedeutung zur Umsetzung dieser Option. Es ist wichtig, das Thema „Nutzen statt Abregeln“ weiter zu forcieren, um neben der besseren Integration der Erneuerbaren Energien auch gleichzeitig die Flexibilität zu steigern. Ein weniger eng gefasstes operatives Zusätzlichkeitskriterium könnte den Anreiz zur Teilnahme von Batteriespeichern erhöhen. Ebenso würde die Einbindung bereits bestehender oder konzeptionierter Anlagen die Menge an systemdienlicher Flexibilität steigern. So könnte eine möglichst hohe Konzentration an zusätzlichen flexiblen Verbrauchern in den entsprechenden Regionen erreichbar werden.
Wie bereits eingangs beschrieben sieht der BEE Flexibilität als die Klammer, die alle anderen Handlungsfelder umspannt und daher prioritär verfolgt und handlungsfeldübergreifend gedacht werden sollte. Es sei daher an dieser Stelle auf die Ausführungen und die verlinkten Maßnahmenvorschläge des BEE verwiesen.
Dieser Vorschlag basiert auf dynamischen Strompreistarifen. Damit können Endkunden ihren Strombedarf in Zeiten niedriger Strompreise verschieben. Voraussetzung dafür ist wiederum die Digitalisierung der Endkunden. Eine wesentliche Herausforderung ist allerdings, dass das Signal, auf das die Endkunden reagieren, nicht mehr veränderlich ist und Basis war für die Fahrplananmeldung ihrer Bilanzkreisverantwortlichen. Das bedeutet, ändert der Endkunde seinen erwarteten Verbrauch, muss der Bilanzkreisverantwortliche am Intradaymarkt oder im schlimmsten Fall im Ausgleichsenergiemarkt diese Differenz ausgleichen. Somit kann diese Option im schlimmsten Fall zur Inflexibilität führen, da diese Ausgleichsgeschäfte ja nur getätigt wurden, um den angereizten Fehler wieder zu korrigieren.
Als Teil einer Lösung könnte auch eine „Teilflexibilisierung“ dienen, indem man z.B. zeitvariable Tarife mit festen Preisstufen (Time-of-use-Tarife) nutzt. Vollständig lösen wird es das Problem allerdings nicht, da die Gradienten zwar weniger stark ausgeprägt sein werden, aber dennoch bleiben.
Vollständig lösen kann das Problem nur die Möglichkeit der Steuerung über den Bilanzkreisverantwortlichen bzw. den Stromhändler, da dieser das direkt im Fahrplan einpreisen und Flexibilitäten untertägig auch an anderen Märkten realisieren kann.
BEE-Empfehlung
Dynamische Stromtarife sind essenziell. Dennoch ist sicherzustellen, dass damit nicht zusätzliche Risiken (Last- und Gradientenproblematik) durch die eigentlich angeregte höhere Gleichzeitigkeit der Lastverbräuche entstehen.
Da Netzentgelte die zweithöchste bzw. teilweise gar die höchste Komponente im Strompreis sind, kommt diesen eine besondere Bedeutung zu. In bestimmten Zeitfenstern können sie allerdings diametral zum Anreiz aus dem Strommarkt sein und somit flexibilitätshemmend wirken. Eine Ausgestaltung hin zu mehr dynamischen Netzentgelten kann Anreize schaffen, sich flexibel und somit systemdienlich zu verhalten. Das gilt sowohl für größere als auch für kleinere Verbraucher. Allerdings blickt Aktionsbereich 2 im Kleinverbrauchersegment ausschließlich auf zeitvariable Netzentgelte wie sie in der Festlegung der BNetzA zu §14a EnWG beschrieben werden. Hierbei muss jedoch beachtet werden, dass zeitvariable Netzentgelte zu wenig Anreize zur Verbrauchsänderung setzen und zu schnell zu ungewünschten Synchronisationseffekten (Gleichzeitigkeiten bei nachholendem Verbrauch) führen können. Etwaige Studien haben bereits nachweisen können, dass die gewünschte Wirkung – Systemstabilität verbessern, Flexibilität anreizen, Systemkosten senken – mit dieser Ausgestaltungvariante nicht erreicht werden kann.1 Um die gewollte Wirkung in einer Welt mit dynamischen Tarifen zu erzielen, sollten Netzentgelte dynamisch, also kapazitätsorientiert sein, und den tatsächlichen Netzzustand abbilden. Das Verbrauchsverhalten wird zukünftig nicht mehr über das SLP darstellbar sein.
Ziel dieses Aktionsbereichs ist es, industrielle Flexibilität zu ermöglichen. Diese wird aktuell unter anderem durch die „Bandverbrauchsprivilegien“ verhindert. Unternehmen mit mehr als
7.000 Vollbenutzungsstunden zahlen um teils 90% niedrigere Netzentgelte.
Somit lohnt es sich für viele Unternehmen selbst bei niedrigen oder negativen Strompreisen nicht, die Stromlast zu erhöhen bzw. diese in teureren Strompreisstunden zu reduzieren.
Der BEE begrüßt die vom BMWK skizzierte Lösung einer Netzentgeltbefreiung, die sich am Stromangebot der Erneuerbaren Energien und/oder der regionalen Netzsituation orientiert.
Zudem ist es sinnvoll, den industriellen Direktverbrauch von EE-Strom zu unterstützen. Hierfür müssen regulatorische Hürden abgebaut und die verbrauchsnahe Erzeugung auch von Windstrom durch Privilegierung in Gewerbe- und Industriegebieten ermöglicht werden.
1 Vgl. Agora Energiewende und Forschungsstelle für Energiewirtschaft e.V. (2023)
BEE-Stellungnahme zur Bewertung des Bidding Zone Review
BEE-Stellungnahme zur Änderung der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV)
BEE-Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung der integrierten Stadtentwicklung (BauGB)